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als die kleine Tessa auch schon auf ihn zustürzte.

      »Papa! Endlich!«

      Im nächsten Moment hing sie an seinem Hals.

      Liebevoll drückte Dr. Daniel sein Töchterchen an sich. »Ich weiß schon, Mäuschen, heute bin ich furchtbar spät dran.« Bedauernd sah er in Tessas strahlendes Gesicht. »Und ich muß leider in einer halben Stunde wieder weg.«

      Schlagartig erlosch das glückliche Lächeln der Kleinen.

      »Warum mußt du immer soviel arbeiten, Papa?« fragte sie traurig.

      Dr. Daniel bekam bei diesen Worten direkt ein schlechtes Gewissen. »Ja, weißt du, Mäus-chen, heute waren zwei junge Frauen bei mir, die waren furchtbar traurig. Sie verlassen sich jetzt darauf, daß ich ihnen helfe.«

      Tessa nickte zwar, doch so ganz einsehen konnte sie das nicht, was ihre nächsten Worte auch bewiesen. »Warum mußt immer du ihnen helfen?«

      »Jetzt bin ich aber gespannt auf deine Antwort«, erklärte Manon, die sich in diesem Augenblick zu ihnen gesellte. Lä-chelnd legte sie einen Arm um Dr. Daniels Hüfte und schmiegte sich einen Moment zärtlich an ihn.

      »Ihr macht es mir ja heute ganz schön schwer«, urteilte Dr. Daniel. »Ich reiße mich schließlich auch nicht darum, die Abende woanders zu verbringen als im Kreis meiner Familie. Aber manchmal geht es einfach nicht anders. Und wenn eine Ehe in Gefahr ist, dann muß ich eben auch mal auf meinen Feierabend verzichten.«

      Liebevoll streichelte Manon sein Gesicht. »Du weißt genau, daß ich dafür Verständnis habe.« Dann wandte sie sich Tessa zu. »Weißt du, Kleines, zu deinem Papa haben fast alle Menschen sehr viel Vertrauen, und deshalb muß er meistens mehr arbeiten als andere.«

      Tessa dachte eine Weile dar-über nach, dann richtete sich der Blick ihrer großen Augen auf Dr. Daniel.

      »Aber morgen abend mußt du daheim sein, Papa, sonst bin ich ganz traurig.« Und um ihrer Drohung noch mehr Gewicht zu verleihen, fügte sie hinzu. »Dann muß ich nämlich weinen.«

      Dr. Daniel lächelte. »Das will ich natürlich nicht riskieren, mein Mäuschen. Morgen nehme ich mir ganz viel Zeit für dich, das verspreche ich dir.«

      Das glückliche Strahlen kehrte auf Tessas Gesichtchen zu-rück. Zärtlich umarmte sie ihren Vater.

      »Darauf freue ich mich schon.«

      Dr. Daniel gab ihr einen liebevollen Kuß auf die Wange, dann stellte er sie wieder auf den Boden. Hastig aß er ein paar Happen, dann machte er sich auf den Weg zu Gerda und Ferdinand Rauh. Pünktlich um acht Uhr erreichte er die Wohnung des jungen Ehepaars und drückte auf den Klingelknopf.

      Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis Gerda ihm öffnete, und an ihrem Gesichtsausdruck konnte er unschwer erkennen, daß dieses Gespräch wirklich keinen längeren Aufschub mehr geduldet hätte.

      »Bitte, nehmen Sie Platz, Herr Doktor«, bot Gerda an, als sie das Wohnzimmer betreten hatten. In diesem Moment erhob sich auch Ferdinand und kam auf Dr. Daniel zu, um ihn zu begrüßen.

      »Es ist mir schon ein bißchen unangenehm, daß Sie unseretwegen Ihren Feierabend opfern müssen«, erklärte Ferdinand.

      »Machen Sie sich darüber mal keine Gedanken«, entgegnete Dr. Daniel, während er sich auf das gemütliche Sofa setzte. »Wenn jemand meine Hilfe braucht, dann stelle ich mein Privatleben auch gern mal zu-rück.« Er betrachtete das junge Ehepaar. »Und ich glaube, Sie haben diese Hilfe dringend nötig.«

      Ferdinand warf seiner Frau einen kurzen Blick zu, dann seufzte er. »Was wir seit Monaten führen, ist keine Ehe mehr. Wir haben uns in Zeugungsmaschinen verwandelt – und die funktionieren noch nicht einmal.«

      »So sollten Sie das nicht sehen, Herr Rauh«, entgegnete Dr. Daniel. »Wir wußten von Anfang an, daß es schwierig werden würde. Ihre Frau verfügt nur noch über einen Eileiter, und das Problem, das bei Ihnen vorliegt, ist auch nicht zu unterschätzen. Schon bei zwei intakten Eileitern würde es aufgrund des geringen Anteils an Samenfäden für Sie nicht einfach sein, ein Kind zu zeugen.«

      Niedergeschlagen senkte Ger-da den Kopf. »Es ist wohl besser, wir geben auf und finden uns eben damit ab, daß wir kein Kind haben können.« Ein wenig unsicher tastete sie nach der Hand ihres Mannes. »Bevor unsere Ehe kaputtgeht, verzichte ich lieber auf ein Baby.«

      »Uns steht immer noch die Möglichkeit einer künstlichen Befruchtung offen«, erwiderte Dr. Daniel. »Ob Sie diesen Weg einschlagen wollen, ist natürlich Ihre Entscheidung, aber es wäre meiner Meinung nach durchaus eine reelle Chance für Sie.«

      Ferdinand und Gerda tauschten einen langen Blick, dann nickten sie beide.

      »Einverstanden«, faßte Gerda die Entscheidung, die sie und ihr Mann gerade in stummem Einvernehmen getroffen hatten, zusammen.

      »Gut«, meinte Dr. Daniel, dann holte er einen Kalender hervor. Er erkundigte sich bei Gerda, wann sie zuletzt ihre Tage gehabt hatte, notierte das Datum und rechnete kurz.

      »Ich würde vorschlagen,

      daß Sie nächsten Mittwoch in die Waldsee-Klinik kommen«, meinte er. »Sie werden ein Medikament bekommen, das sicher einen Eisprung auslöst. Dann wird der Samen Ihres Mannes mit Hilfe einer speziellen Spritze in die Gebärmutter eingebracht, an drei bis vier aufeinanderfolgenden Tagen.« Er lächelte das junge Ehepaar an. »Danach heißt es abwarten.«

      »Und… wenn es nicht klappen sollte?« fragte Gerda zögernd.

      »Wir können dieses Verfahren fünfmal wiederholen«, erklärte Dr. Daniel

      Wieder tauschten Gerda und Ferdinand einen langen Blick, doch keiner von ihnen wagte es, etwas darauf zu erwidern. Dr. Daniel war sicher, daß die Rauhs maximal drei Versuche durchstehen würden, aber mehr würden ja vielleicht auch gar nicht nötig sein.

      »Haben Sie noch Fragen?« wollte der Arzt jetzt wissen.

      Ferdinand seufzte. »Ja, vermutlich noch tausende, aber im Moment fällt mir keine einzige ein.«

      »Mir geht’s genauso«, gestand Gerda mit einem verlegenen Lächeln.

      »Überschlafen Sie das Ganze, und unterhalten Sie sich in den folgenden Tagen noch einmal darüber. Dabei werden sich die offenstehenden Fragen von ganz allein einstellen, und Sie wissen ja, wo Sie mich erreichen können. Ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung.«

      »Danke, Herr Doktor«, entgegnete Gerda. »Ich weiß nicht, wie wir das alles ohne Sie schaffen würden.«

      *

      Mit sehr gemischten Gefüh-len ging Gerda Rauh in der folgenden Woche in die Waldsee-Klinik. Nach Dr. Daniels Besuch und dem ausführlichen Gespräch hatte sie noch dreimal in seiner Praxis angerufen, um dringende Fragen loszuwerden, und Dr. Daniel hatte sich jedesmal viel Zeit für sie genommen. Trotzdem hatte sie Angst vor dem, was jetzt auf sie zukommen würde.

      Dr. Daniel nahm sie in der Gynäkologie gleich persönlich in Empfang und betrat mit ihr das Ärztezimmer.

      »Soll ich mich gleich… freimachen?« fragte Gerda zögernd.

      »Nein, Frau Rauh, immer mit der Ruhe«, entgegnete Dr. Daniel, und seine tiefe Stimme verfehlte auch diesmal nicht ihre Wirkung. Gerda entspannte sich, wenn sie die Angst auch nicht ganz unterdrücken konnte.

      »Sie haben die Medikamente, die ich Ihnen gegeben habe, ja weiter eingenommen«, fuhr Dr. Daniel fort. »Damit stellen wir sicher, daß ein Eisprung erfolgt. Wie wir vereinbart haben, wird sich Ihr Mann heute nachmittag hier einfinden, und dann nehme ich die erste künstliche Befruchtung an Ihnen vor. Die zweite erfolgt morgen, die dritte übermorgen. Möglicherweise planen wir auch noch eine vierte ein, aber das wird sich dann ergeben. Danach können Sie nach Hause gehen, und in spätestens drei bis vier Wochen wissen wir, ob es geklappt hat oder nicht.«

      Gerda zögerte, stellte die Frage, die ihr am Herzen lag, aber doch. »Was glauben Sie, Herr Doktor?«

      »So etwas läßt sich

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