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natürlich.« Dann sah sie Dr. Daniel verzweifelt an. »Wenn ich wirklich ein Baby von Patrick bekomme… wie soll es denn dann weitergehen?«

      »Warten wir erst mal das Ergebnis des Schwangerschaftstests ab«, riet Dr. Daniel ihr, doch der Test war dann tatsächlich eindeutig positiv, und damit stellte sich die Frage, wie es jetzt weitergehen sollte, für Sabrina erst recht.

      »Vielleicht sollten Sie in diesem Fall zuerst Patricks Bruder informieren«, meinte Dr. Daniel. »Es ist ja immerhin möglich, daß Patrick zuerst dorthin zurückkehrt.«

      Aus großen, traurigen Augen sah Sabrina ihn an. »Ich will nicht nur wegen des Babys geheiratet werden. Wenn Patrick mich noch liebt, dann ist es mir egal, wie lange ich auf ihn warten muß, aber wenn sein Herz wirklich der anderen Frau gehört, dann… dann bleibe ich mit dem Kind lieber allein.«

      Dr. Daniel sagte zwar nichts darüber, aber es imponierte ihm, daß diese junge Frau trotz der schwierigen Situation, in der sie steckte, nicht einen Augenblick an Abtreibung dachte. Sicher, Sabrina würde auch mit dem unehelichen Kind keine finanziellen Probleme haben, doch die Gewißheit, allein mit einem Baby dazustehen… voller Sehnsucht nach dem geliebten Mann, war auch für eine wohlhabende Frau schwierig genug. Schließlich sollte ein Kind nicht nur mit Geld erzogen werden, sondern vor allem mit Liebe… mit der Liebe von Vater und Mutter.

      *

      Natalie Meinhardt befolgte den Rat der jungen Apothekerin und machte sich gleich am nächsten Morgen auf den Weg nach Steinhausen. Im Betrieb hatte sie sich krank gemeldet, und irgendwie stimmte das ja auch. Sie hatte nachts wieder diese entsetzlichen Schweißausbrüche ge-habt, und auch auf der Fahrt nach Steinhausen überkam sie das schreckliche Hitzegefühl.

      Dann erreichte sie den adretten Vorgebirgsort und hielt vor einem kleinen Gemischtwarenladen an. Sie war sicher, daß man ihr hier weiterhelfen könnte.

      »Ich suche einen Frauenarzt, der in Steinhausen praktizieren soll«, erklärte sie.

      »Das kann nur unser Dr. Daniel sein«, antwortete die Besitzerin des Gemischtwarenladens, dann eilte sie geschäftig um den Verkaufstresen herum und wies die Straße entlang. »Sie fahren einfach geradeaus hinunter, an der Kirche vorbei und links den Kreuzbergweg hinauf. Da können Sie die Praxis dann schon sehen.«

      Natalie bedankte sich und fuhr in die angegebene Richtung. Sie hatte ein ungutes Gefühl, als sie auf die stattliche weiße Villa zuging. Warum sollte dieser Arzt so anders sein als die vielen, bei denen sie zuvor gewesen war?

      Doch als sie nach kurzer Wartezeit ins Sprechzimmer gerufen wurde und Dr. Daniel ihr mit einem herzlichen Lächeln die Hand reichte, fühlte sie, wie ihr Vertrauen zu dem sympathischen Arzt erwachte.

      In wenigen Worten schilderte sie ihm ihre Beschwerden und den Rat der Apothekerin.

      »Seit wann haben Sie diese Schweißausbrüche?« wollte Dr. Daniel wissen.

      »Seit meiner Operation vor knapp sechs Wochen.« Sie senkte einen Moment den Kopf, dann blickte sie Dr. Daniel wieder an. »Ich war wegen Unterleibsschmerzen bei unendlich vielen Ärzten, aber keiner konnte mir helfen. Dann hat mir meine Schwester geraten, ich solle doch mal zu Herrn Hilgert gehen. Er ist Heilpraktiker und…«

      »Siegfried Hilgert?« vergewisserte sich Dr. Daniel.

      Erstaunt sah Natalie ihn an. »Sie kennen ihn?«

      »Ja«, antwortete Dr. Daniel und hätte gern »leider« hinzugefügt, doch er verbiß es sich im letzten Moment. »Was hat Ihnen Herr Hilgert geraten?«

      »Er hat mich in eine kleine Privatklinik geschickt. Dort arbeitet ein Arzt, den er gut kennt. Dr. Kreutzer.«

      Unwillkürlich hielt Dr. Daniel den Atem an. Dr. Kreutzer war damals doch auch in den Skandal um Siegfried Hilgert verwickelt gewesen, aber man hatte ihm nichts nachweisen können. Sein Ruf als Chirurg war zumindest damals noch unantastbar gewesen.

      »Dr. Kreutzer hat mich untersucht und mir dann zur Operation geraten… das heißt… eigentlich war die Operation ein Teil der Untersuchung. Als ich aus der Narkose erwachte, sagte er mir, ich hätte Endometriose gehabt, und meine Beschwerden würden jetzt weg sein.« Sie schwieg kurz. »Das waren sie auch, aber dafür habe ich nun plötzlich diese Schweißausbrüche. Ach ja, und meine Tage sind auch ausgeblieben, aber da sagten Dr. Kreutzer und Herr Hilgert, das wäre nach einer solchen Operation ganz normal.«

      Ein eisiger Schauer lief Dr. Daniel über den Rücken. Allein aufgrund dieser Beschreibung ahnte er bereits, was dieser Dr. Kreutzer tatsächlich getan hatte.

      »Kommen Sie, Fräulein Meinhardt, ich muß mir das auf Ultraschall ansehen.«

      Er begleitete die junge Frau ins Nebenzimmer und bat sie, sich auf die Liege zu legen, doch die Ultraschalluntersuchung bestätigte nur seinen Verdacht.

      »Sie können sich wieder ankleiden, Fräulein Meinhardt«, erklärte Dr. Daniel.

      »Was ist denn mit mir?« wollte Natalie wissen. »Hat Dr. Kreutzer vielleicht irgendeinen Fehler gemacht?«

      Dr. Daniel zögerte.

      »Das möchte ich ihm nicht unterstellen, bevor ich die vollständigen Untersuchungsberichte kenne«, entgegnete er. »Möglicherweise war die Endometriose so schlimm, daß er keine andere Wahl hatte, aber das werde ich noch herausfinden.« Er machte eine kurze Pause, weil es ihm schwerfiel, dieser jungen Frau die grausame Wahrheit zu sagen, doch so sehr er auch überlegte, es gab keine schonende Art, ihr das beizubingen. Was der Chirurg getan hatte, ließ sich nicht in schöne Worte kleiden. »Dr. Kreutzer hat Ihnen bei der Operation Gebärmutter und Eierstöcke entfernt. Was in Ihrem Körper jetzt abläuft, ist die gleiche Reaktion wie bei einer Frau in den Wechseljahren.«

      Alle Farbe wich aus Natalies Gesicht. »Er hat… aber… dann kann ich ja nie mehr Kinder bekommen.« Verzweifelt schlug sie die Hände vors Gesicht. »Dieser Mensch hat meine ganze Zukunft zerstört!«

      *

      Dr. Daniel hatte Natalie Meinhardt persönlich in die Waldsee-Klinik gebracht, denn in ihrem momentanen Zustand konnte er für nichts garantieren. Kaum in ihrem Zimmer, bekam Natalie auf Dr. Daniels Anweisung ein starkes Beruhigungsmittel gespritzt, das rasch wirkte und die völlig verzweifelte junge Frau einschlafen ließ. Eine Weile blieb Dr. Daniel noch neben ihrem Bett stehen, dann verließ er das Zimmer, bat die Stationsschwester, ein besonders wachsames Auge auf die Patientin zu haben, und informierte auch die Gynäkologin der Klinik, Dr. Alena Reintaler.

      Anschließend trat er zum Telefon und rief seinen besten Freund, Dr. Georg Sommer an.

      »Hilgert und Kreutzer haben zugeschlagen«, erklärte Dr. Daniel. »Und diesmal so massiv, daß man sie wohl für immer aus dem Verkehr ziehen kann.« Er schilderte, was er von Natalie erfahren hatte und was er bei seiner ersten Untersuchung festgestellt hatte. »Sobald die Patientin in einer stabilen Verfassung ist, werde ich mir mit ihrem Einverständnis Einblick in die Akten verschaffen. Und wenn diese Totaloperation nicht ihre Berechtigung hatte, wird Kreutzer sein blaues Wunder erleben. Ob man Hilgert nachweisen kann, daß er davon wußte, ist fraglich, aber ich werde alles tun, um ihn auch zur Aufgabe seiner Heilpraktikertätigkeit zu zwingen.«

      »Mit meiner Unterstützung kannst du jedenfalls rechnen«, erklärte Dr. Sommer. »Es ist höchste Zeit, daß diese beiden nicht mehr praktizieren dürfen.«

      Allerdings merkte Dr. Daniel schon bald, daß sein Ziel nicht ganz leicht zu erreichen war. Mit einer von Natalie unterzeichneten Schweigepflichtentbindungserklärung machte er sich auf den Weg zu der kleinen Privatklinik und bat um ein Gespräch mit Dr. Kreutzer.

      »Herr Kollege, was verschafft mir das Vergnügen?« fragte der Chirurg mit gespieltem Wohlwollen.

      »Ein Vergnügen wird es ganz sicher nicht«, erwiderte Dr. Daniel ernst. »Es geht um eine Patientin, die jetzt bei mir in der Waldsee-Klinik liegt und von Ihnen operiert wurde. Natalie Meinhardt. Ich nehme an, der Name sagt Ihnen etwas.«

      Dr. Kreutzers Gesicht verschloß sich. »Tut mir leid, Herr Kollege, ich bin an die Schweigepflicht gebunden.«

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