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du ihr schuldig.«

      »Danach wird sie mich hassen«, befürchtete Tobias, und seine Stimme klang dabei so traurig, daß Patrick Mitleid fühlte.

      Spontan legte er ihm beide Hände auf die Schultern. »Nein, Tobias, sie wird dich nicht hassen. Sie wird Verständnis haben – genauso wie ich.«

      »Wer hat für wen Verständnis?«

      Wie aus dem Boden gewachsen, stand Mareike vor ihnen.

      Patricks Augen wurden wieder hart und kalt. »Du solltest besser verschwinden, Mareike – und zwar auf Nimmerwiedersehen. Dein Plan ist gescheitert, und du bist diejenige, die jetzt im Regen stehenbleiben wird.«

      Wütend funkelte Mareike Tobias an. »Er hat die ganze Schuld also auf mich abgewälzt!«

      »Nein, absolut nicht«, entgegnete Patrick. »Aber im Gegensatz zu dir hat Tobias das schlechte Gewissen keine Ruhe gelassen. Er hat mir die Wahrheit gesagt, und das ist das einzige, was im Moment für mich zählt. Und nun verschwinde, Mareike. Ich will dich nie wiedersehen, und ich bin sicher, daß ich da auch für Sabrina spreche.«

      »Das werde ich euch heimzahlen!« kreischte Mareike.

      »Nein, damit ist es endgültig vorbei«, entgegnete Patrick ruhig. »Hör zu, Mareike, du wirst deine Stellung kündigen und weit weg von München ein neues Leben beginnen. Tust du das nicht, dann werde ich ein einziges Mal von dem Reichtum Gebrauch machen, den ich durch meine Heirat mit Sabrina bekommen werde, und dich auf sehr unerfreuliche Weise dazu zwingen.«

      Mareike kochte vor Wut, doch sie war klug genug, um zu wissen, wann sie verloren hatte. Ihre so schlau eingefädelte Intrige gegen Sabrina und Patrick war gescheitert, und sie würde keine zweite Chance mehr bekommen, um die beiden zu trennen, denn dazu hatte sie die wichtigsten Voraussetzungen verloren – Sabrinas Vertrauen.

      »Du hast gesiegt«, bekannte sie, dann warf sie Tobias einen kurzen Blick zu. »Aber nur, weil du diesen Schwächling zum Bruder hast.«

      Da schüttelte Patrick den Kopf. »Die Liebe hat gesiegt, Mareike, aber das wirst du nie verstehen, denn du weißt ja gar nicht, was Liebe eigentlich ist.«

      *

      Sabrina glaubte ihren Augen nicht zu trauen, als die Tür ihres Zimmers aufgerissen wurde und Patrick hereinstürzte, aber noch bevor sie auch nur ein Wort sagen konnte, hatte er sie schon in die Arme genommen und ihr Gesicht mit zärtlichen Küssen bedeckt.

      »Patrick«, stammelte Sabrina atemlos, als sie endlich zu Wort kam.

      »Tobias wird dir alles erklären«, meinte Patrick. »Im Moment will ich nur eines wissen: Liebst du mich?«

      »Das fragst ausgerechnet du? Ich habe doch nie aufgehört, dich zu lieben, aber du…«

      »Ich liebe dich mehr als mein Leben, Sabrina, und von nun an wird nie wieder jemand zwischen uns treten.«

      Sabrina verstand kein einziges Wort. Sie begriff nur eines: Das Warten hatte sich gelohnt. Patrick war zu ihr zurückgekommen, das allein zählte.

      *

      Währenddessen wartete Tobias draußen auf dem Flur und hatte dabei das Gefühl, zu seiner Hinrichtung geführt zu werden. Patrick die Wahrheit zu gestehen, war schwierig genug gewesen, aber bei Sabrina… der Frau, die er liebte, war es noch schwieriger.

      Ruhelos ging Tobias auf und ab.

      »Warten Sie auf jemanden?«

      Erschrocken fuhr Tobias herum und sah sich einem großen blonden Mann mit markantem Gesicht und gütigen blauen Augen gegenüber. Der weiße Kittel, den er trug, verriet den Arzt, und Tobias hatte das Gefühl, als hätte er diese Stimme schon einmal gehört.

      Jetzt nickte er. »Ich warte darauf, daß mein Bruder herauskommt und ich… die Wahrheit bekennen muß.«

      Der Arzt lächelte. »Sie sind Tobias Scholz, nicht wahr?«

      »Woher wissen Sie das?«

      »Wir haben gestern miteinander telefoniert. Daniel ist mein Name.«

      Tobias errötete. »Sie mußten ja denken, ich sei verrückt. Mein Gestammel am Telefon…«

      »Sie waren ziemlich durcheinander«, räumte Dr. Daniel ein. »Und als ich eine Weile über unser Gespräch nachdachte, kam ich zu dem Schluß, daß irgend etwas an der Geschichte, die Sabrina mir erzählt hatte, nicht stimmen konnte.«

      »Es stimmte überhaupt nichts daran«, gestand Tobias.

      »Ich habe gestern nachmittag noch einmal bei Ihnen angerufen, aber es ging niemand ans Telefon«, erklärte Dr. Daniel. »Allerdings hätte ich es heute wieder versucht.«

      »Warum?« wollte Tobias wissen.

      »Weil ich mir Sorgen mache, wenn jemand so durcheinander ist, wie Sie es waren.«

      Tobias fühlte, wie sein Vertrauen zu diesem sympathischen Arzt wuchs. Er hatte plötzlich das dringende Bedürfnis, sich bei ihm auszusprechen.

      »Kommen Sie, Herr Scholz«, bat Dr. Daniel. »Ich habe Zeit, um Ihnen zuzuhören.«

      Tobias wurde verlegen. »Können Sie denn Gedanken lesen?«

      Dr. Daniel schüttelte den Kopf. »Nein, das nun nicht gerade, aber Ihnen sieht man nur zu deutlich an, wie schwer Ihnen das Herz ist.«

      »Sie haben recht«, murmelte Tobias. »Ich fühle mich wirklich ganz entsetzlich.«

      Er folgte Dr. Daniel in ein leerstehendes Zimmer, und dann sprudelte alles aus ihm heraus. Es war, als könnte er nie wieder aufhören zu sprechen, und Dr. Daniel hörte ihm geduldig zu.

      »Ich glaube, Patrick hat mir verziehen, obwohl ich es sicher nicht verdient habe«, schloß Tobias endlich. »Aber Sabrina mußte wohl noch mehr leiden als er.« Er wischte sich über die Stirn. »Mit meiner unerwiderten Liebe zu Sabrina könnte ich vielleicht irgendwie fertig werden, aber wenn sie mich für das, was ich getan habe, nun sogar haßt, dann… ich weiß nicht, wie ich das verkraften soll.«

      »Zum einen haben Sie es nicht allein getan«, entgegnete Dr. Daniel. »Wenn das auch nur eine unzureichende Entschuldigung ist. Zum anderen halte ich es für ausgeschlossen, daß Sabrina Sie hassen wird. Immerhin haben Sie wenigstens den Mut aufgebracht, die Wahrheit zu sagen.«

      Tobias zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht recht. Es ist doch…«

      Er stockte, als sich die Tür plötzlich öffnete und eine junge Frau in einem bunt gemusterten Morgenmantel hereinkam.

      »Oh, Entschuldigung«, murmelte sie. »Ich habe mich in der Tür geirrt.«

      Damit ging sie rasch hinaus. Unwillkürlich stand Tobias auf und trat einen Schritt auf die Tür zu, dann drehte er sich um.

      »Wer war das?« wollte er wissen.

      »Eine Patientin von mir«, antwortete Dr. Daniel. »Sie liegt im Zimmer nebenan.«

      Tobias’ Blick wanderte wieder zur Tür. »Sie sah so traurig aus.«

      »Das ist sie auch«, gab Dr. Daniel zu.

      Tobias zögerte, dann sprach er doch aus, was er dachte: »Glauben Sie… glauben Sie, es wäre sehr aufdringlich von mir, wenn ich sie mal… nun ja… ich könnte sie vielleicht besuchen.«

      »Ich denke, darüber würde sie sich sehr freuen«, meinte Dr. Daniel. »Aber am besten wird es wohl sein, wenn Sie sie selbst fragen.«

      Tobias nickte, dann verließ er den Raum. Dr. Daniel, sein Gespräch mit ihm, sogar Sabrina und Patrick waren plötzlich vergessen. Er konnte nur noch an die wunderschönen, so entsetzlich traurigen Augen der jungen Frau denken.

      Wie in Trance klopfte er an die Tür des Nebenzimmers, dann trat er ein. Erstaunt sah die junge Frau ihn an, und in diesem Moment wurde Tobias bewußt, was er da eigentlich tat. Er kannte die Frau doch überhaupt nicht.

      »Ich… ich wollte

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