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rief Stefan, doch sein Freund hatte schon aufgelegt.

      Die richtige Entscheidung. Stefan wußte genau, was Gerrit damit meinte.

      Spontan wählte er noch einmal die Nummer der Waldsee-Klinik, in der Hoffnung, doch von irgend jemandem die gewünschte Auskunft zu bekommen, aber schließlich landete er wieder beim Chefarzt.

      »Denkst du, ich würde es mir anders überlegen, wenn du mich noch länger nervst?« fragte Dr. Scheibler. »Du irrst dich, mein Junge. Ich weiß ganz genau, was mit dir los ist. Du versuchst nur, dein schlechtes Gewissen zu beruhigen, aber das werde ich nicht unterstützen. Entscheide dich, was dir wichtiger ist – Paris oder Darinka.«

      »Gerrit!« rief Stefan, doch der Oberarzt hatte schon wieder aufgelegt, und Stefan war klar, daß ein weiterer Anruf zwecklos wäre.

      Er überlegte kurz, dann wählte er die Nummer seines Vaters. Natürlich wußte er, daß Dr. Daniel in der Waldsee-Klinik war, aber vielleicht hatte er die Möglichkeit, mit Manon oder Karina zu sprechen.

      Seine Schwester war es dann auch, die in der Villa den Hörer abnahm.

      »Karina, ich… Papa hat mir gesagt, daß Darinka operiert wird, und Gerrit gibt mir keine Auskunft…« Er stockte, weil er plötzlich bemerkte, welches Durcheinander er da hervorsprudelte.

      Seine Schwester hatte dennoch schon verstanden, worum es ging.

      »Ich fürchte, ich kann dir da nicht helfen, Stefan«, meinte sie. »Über Darinkas Zustand weiß ich nichts.« Sie schwieg kurz. »Im übrigen bin ich der Meinung, daß du alt genug bist, um zu wissen, was du tun willst.«

      »Fang du nicht auch noch an!« brauste Stefan auf. »So etwas ähnliches durfte ich mir gerade von Gerrit anhören.«

      »Stefan, ich habe diese Frau nur flüchtig gesehen, als sie Papas Praxis betrat«, fuhr Karina fort. »Sei mir nicht böse, aber… sie sieht nicht so aus, als würde sie einen Mann fürs Leben suchen. Vielmehr fürchte ich, daß sie nur mit dir spielen wird, und dafür setzt du eine ernsthafte Beziehung aufs Spiel, die…«

      »Hör auf!« rief Stefan wütend. »Du hast ja keine Ahnung!«

      »Kann schon sein«, räumte Karina achselzuckend ein. »Aber wenn du dir deiner Sache so sicher bist, weshalb rufst du dann überhaupt an?«

      »Darf ich mir um Darinka vielleicht keine Sorgen machen? Menschenskind, Karina, ich war eine ganze Weile mit ihr zusammen, und…« Er stockte kurz. »Sie ist mir schließlich nicht gleichgültig.«

      »Du möchtest beides haben, Stefan, aber das geht nicht«, entgegnete Karina. »Entscheide dich, was dir wichtiger ist.«

      »Ihr habt euch doch alle gegen mich verschworen«, knurrte Stefan, dann legte er auf. Er war wütend, ohne genau zu wissen, auf wen. Und er war unsicher geworden.

      Entscheide dich, was dir wichtiger ist…

      Sein Flug wurde aufgerufen. Stefan ging ein paar Schritte, dann hielt er unschlüssig inne. Entscheide dich…

      Der zweite Aufruf erfolgte. Stefan lief los. Minuten später ließ er sich atemlos auf den rechten Fensterplatz der Maschine fallen und starrte in den grauen Tag. Ganz leicht begann es zu schneien. Entscheide dich…

      Ja, er hatte sich entschieden, doch tief in seinem Innern wußte er, daß er die falsche Entscheidung getroffen hatte. Er wollte es nur nicht wahrhaben.

      *

      Währenddessen spitzte sich die Situation im Operationssaal dramatisch zu, obwohl es zuerst noch recht gut ausgesehen hatte, denn Dr. Scheibler war nach der Untersuchung der Zyste mit einer guten Nachricht ins OP zurückgekehrt.

      »Der Befund war negativ«, erklärte er, woraufhin das gesamte Team aufatmete. Negativ! Das bedeutete, daß sich in dem entnommenen Gewebe keine Krebszellen befunden hatten.

      Dr. Scheibler trat wieder an den OP-Tisch und half mit, den Eingriff zu beenden.

      »Jeff, bringen Sie Darinka auf die Intensivstation«, ordnete Dr. Daniel schließlich an. »Ich wasche mir nur die Hände, dann werde ich mich um sie kümmern.«

      »In Ordnung«, stimmte der Anästhesist zu, extubierte die junge Patientin und legte dann die vom Chefarzt angeordnete Antibiotika-Infusion. Im nächsten Moment begann Darinka zu röcheln. Erschrocken sah Dr. Parker sie an, dann stoppte er sofort die Antibiotika-Infusion.

      »Verdammt«, entfuhr es ihm.

      Dr. Daniel, der vom Waschraum aus mitbekommen hatte, daß es Probleme gab, kam im Laufschritt in den Operationssaal zurückgeeilt.

      »Antibiotika-Allergie«, gab Dr. Parker Auskunft, während er schon begann, Darinka wieder zu intubieren. Er hatte Probleme damit, weil Zunge und Rachen in rasender Geschwindigkeit anschwollen.

      Währenddessen zog Dr. Daniel bereits eine Adrenalinspritze auf und injizierte sie, doch Da-rinka sprach nicht darauf an.

      »Blutdruck fällt rapide«, stellte Dr. Parker fest.

      In fliegender Hast, aber mit peinlicher Genauigkeit bereitete Dr. Daniel eine Infusion vor, die als Flüssigkeitsersatz dienen sollte.

      »Ich brauche zweihundertsiebzig Milligramm Theophyllin«, ordnete er an, schloß die Infusion an und regelte die Tropfgeschwindigkeit so, daß die Flüssigkeit innerhalb von zwanzig Minuten in Darinkas Körper gelangen würde.

      »Blutdruck fällt noch immer«, meldete sich Dr. Parker. »Das Herz spielt nicht mehr lange mit.«

      Dr. Daniel brauchte keine Sekunde, um sich zu entscheiden.

      »Geben Sie ihr Metarminol.«

      Dr. Parker aber zögerte. »Der Schuß kann leicht nach hinten losgehen.«

      »Wir haben keine andere Wahl. Also los, Jeff, tun Sie, was ich sage!«

      Sehr vorsichtig injizierte Dr. Parker das Metaraminol, um einen überschießenden Blutdruckanstieg zu vermeiden. Aufmerksam überwachte Dr. Daniel Blutdruck und Puls, doch beides

      schien sich jetzt zu normalisieren.

      Dr. Daniel nahm die leere Infusionsflasche ab und injizierte siebzig Milligramm Diphenhydramin.

      »Ich glaube…«, begann Dr. Parker, doch es gelang ihm nicht, den Satz zu beenden, denn in diesem Moment zeigte der Herzmonitor plötzlich Unregelmäßigkeiten.

      Dr. Daniel spritzte ihr einen Milliliter Atropin, doch für Da-rinkas Herz schienen die Belastungen der vorangegangenen Operation und des nachfolgenden anaphylaktischen Schocks zuviel zu sein.

      »Multifokale Extrasystolen!« rief Dr. Parker in einem Ton, der seine innere Anspannung deutlich verriet. Er war durch und durch Profi, der auf Notsituationen dieser Art eingestellt war, doch heute zeigte sogar er Nerven.

      Allerdings ging es auch Dr. Daniel kaum anders. Die Angst, Darinka nach der gelungenen Operation aufgrund des anaphylaktischen Schocks zu verlieren, schnürte ihm regelrecht die Kehle zu.

      »Robert, sie stirbt uns weg!« Dr. Parkers Stimme überschlug sich beinahe.

      »Hundert Milligramm Lidocain intravenös!« ordnete Dr. Daniel an. Er hatte noch nicht ausgesprochen, als es zum Herzstillstand kam.

      »Nein!« stöhnte er auf und holte den Defribrillator, während Dr. Parker schon mit der Herzmassage begann.

      Dr. Daniel preßte die Defibrillatorpaddel auf Darinkas Brust.

      »Auf 260 laden!« rief er, und die OP-Schwester, die die ganze Zeit über den beiden Ärzten assistiert hatte, kam seiner Aufforderung sofort nach.

      »Zurücktreten!«

      Dr. Parker reagierte geistesgegenwärtig auf Dr. Daniels Befehl und nahm die Hände von der Patientin. Im selben Moment jagte der Stromstoß durch Darinkas zarten Körper, und der Monitor zeigte an, daß das Herz seine Arbeit wieder aufnahm.

      Die beiden Ärzte atmeten auf, dann injizierte Dr.

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