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wie sehr dir deine bezaubernde Freundin fehlt. Aber noch ist dein Dienst nicht so anstrengend, daß du dich abends nicht mehr mit Darinka treffen könntest.«

      Heiße Verlegenheit stieg Stefan ins Gesicht. »Es… es ist nicht Darinka.«

      Erstaunt sah Dr. Sommer ihn an. »Nicht? Aber… ich dachte… zwischen euch sah es doch bereits so ernst aus. Margit und ich hatten mit einer baldigen Verlobung gerechnet.«

      Stefan wich seinem Blick aus. »Bitte, Onkel Schorsch, ich möchte nicht darüber sprechen.« Unwillkürlich mußte er an die Worte seines Vaters denken: »Du wirst es noch bereuen, daß du ein anständiges Mädchen wie Darinka gegen eine Frau wie Chantal Ferraut eingetauscht hast.« Sein bester Freund, der Oberarzt Dr. Gerrit Scheibler, hatte es noch drastischer formuliert: »Einen so wertvollen Menschen wie Darinka behandelt man anständiger.« Stefan hatte sich zuvor in Grund und Boden geschämt, doch die Leidenschaft, die Chantal in ihm entfachte, ließ ihn einfach nicht mehr los. Er konnte sich nicht dagegen wehren, selbst wenn er es gewollt hätte, aber er wollte es auch gar nicht. Ihr zärtliches »Etienne« ließ ihn förmlich da-hinschmelzen. Er wußte, daß er diese Frau nie wieder missen wollte.

      *

      Als Dr. Daniel am Abend aus der Waldsee-Klinik nach Hause kam, fiel ihm sofort das Polizeiauto auf, das auf dem Patientenparkplatz stand. Unwillig runzelte er die Stirn. Was mochte die Polizei von ihm wollen?

      Dr. Daniel hatte die Villa noch nicht richtig betreten, da kam seine Frau Manon schon die Treppe heruntergestürzt. Ihr Gesichtsausdruck war ernst und besorgt.

      »Robert, oben wartet ein Polizeibeamter auf dich«, erklärte sie sofort. »Was hat denn das zu bedeuten?«

      »Ich habe keine Ahnung«, gestand Dr. Daniel, dann küßte er Manon flüchtig, bevor er – zwei Stufen auf einmal nehmend – die Treppe hinaufging.

      Karl Huber, der schon seit vielen Jahren in der Polizeiinspektion Steinhausen tätig war, erwartete ihn im Wohnzimmer und stand höflich auf, als Dr. Daniel hereintrat.

      »Es tut mir leid, daß ich Sie belästigen muß, Herr Doktor«, entschuldigte er sich, und dabei war ihm anzusehen, wie peinlich ihm sein Auftrag war.

      Mit einer Handbewegung bedeutete Dr. Daniel ihm wieder Platz zu nehmen, dann setzte auch er sich.

      »Es ist hoffentlich nichts Unangenehmes, was Sie zu mir führt«, begann Dr. Daniel das Gespräch.

      Karl Huber rieb sich das Kinn. Er wußte anscheinend gar nicht, wie er das, was er zu sagen hatte, vorbringen sollte.

      »Leider ist es sogar etwas sehr Unerfreuliches«, antwortete er schließlich. »Wir haben eine Anzeige bekommen, die ich persönlich für Unsinn halte«, beeilte er sich hinzuzufügen. »Aber Tatsache ist, daß ich der Sache nicht nur nachgehen muß, sondern… ich bin gezwungen, den Fall an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten.«

      »Das hört sich ja gefährlich an«, meinte Dr. Daniel, konnte sich aber immer noch nicht denken, worum es eigentlich ging.

      Karl Huber nickte, dann atmete er tief ein. »Herr Dr. Daniel, Sie werden beschuldigt, eine illegale Abtreibung vorgenommen zu haben.«

      Der Arzt war so vor den Kopf gestoßen. Dieser Vorwurf war so ziemlich das letzte, woran er gedacht hatte.

      Fassungslos schüttelte er den Kopf. »Wer behauptet denn so etwas?«

      Die Anzeige stammt von einem gewissen Norbert Krämer«, antwortete Karl Huber. »Ich bin leider gezwungen, Sie zu den Vorwürfen zu vernehmen und ein Protokoll zu erstellen. Des weiteren muß ich die Akten an die Staatsanwaltschaft weiterleiten, die in dieser Sache ermitteln wird.«

      Dr. Daniel seufzte. »Sehr viel werde ich dazu nicht sagen können, denn ich unterliege der Schweigepflicht, und davon hat mich die betroffene Patientin noch nicht entbunden.«

      »Doch«, antwortete Karl Huber und legte Dr. Daniel eine schriftliche Schweigepflichtsentbindungserklärung vor, die von Katharina Bertram unterzeichnet worden war. Dr. Daniel war wie vor den Kopf gestoßen. Die Tatsache, daß Katharinas Freund Nobert ihn angezeigt hatte, war für ihn noch irgendwie nachvollziehbar gewesen, schließlich hatte ihm der junge Mann nie besondere Sympathie entgegengebracht, aber daß Katharina mit ihm an einem Strang zog, war für Dr. Daniel schon ein schwerer Schlag.

      »Wenn das so ist«, murmelte er, dann lehnte er sich auf seinem Sessel zurück. Er hatte Mühe, sich wieder zu fassen. »Bei Fräulein Bertram lag eine Schwangerschaft vor, die zumindest von ihrer Seite erwünscht war und die bis vor zehn Tagen auch ohne Komplikationen verlief. Aufgrund eines Unfalls kam Fräulein Bert-ram in die Waldsee-Klinik, und ich führte eine gynäkologische Untersuchung durch, bei der sich ein zweifelhafter Befund ergab, so daß ich eine Ultraschalluntersuchung vornahm. Dabei zeigte sich, daß die Leibesfrucht bereits abgestorben war. Um das Leben der Patientin zu retten, nahm ich einen sofortigen Eingriff vor, der nicht ungefährlich war, da es wegen des toten Fetus bei Fräulein Bertram bereits zu Blutgerinnungsstörungen gekommen war. Jetzt geht es der Patientin den Umständen entsprechend gut. Was den toten Fetus angeht, so kann Chefarzt Dr. Metzler meine Angaben bestätigen, weil er bei der Untersuchung zugegen war.«

      »Ich glaube Ihnen das alles«, bekräftigte Karl Huber. »Ich hielt diese Anzeige von Anfang an für aus der Luft gegriffen, aber es ist meine Pflicht, diesen Vorwürfen nachzugehen.«

      Dr. Daniel nickte. »Dafür habe ich Verständnis, Herr Huber.«

      Der Polizeibeamte war sichtlich erleichtert. »Ich bin sicher, die ganze Geschichte wird im Sande verlaufen.« Dann stand er auf. »Bis morgen früh werde ich Ihre Aussage aufschreiben. Wenn Sie sich dann bitte im Laufe des Tages bei mir einfinden, um sie nochmals zu lesen und – wenn keine Einwände Ihrerseits bestehen – zu unterschreiben.« Er verabschiedete sich von Dr. Daniel und verließ die Villa.

      Nachdenklich blieb der Arzt zurück. Er verstand das alles nicht. Wie konnte ihm Katharina nur so in den Rücken fallen?

      Gleich morgen früh werde ich mit ihr sprechen, beschloß Dr. Daniel irritiert.

      *

      Das geplante Gespräch mit Katharina mußte am nächsten Morgen allerdings warten, denn Dr. Daniel begegnete in der Eingangshalle der jungen Darinka Stöber und erschrak vor ihrem blassen, abgezehrten Aussehen.

      »Darinka!« rief er, doch sie registrierte es überhaupt nicht. Langsam und schleppend setzte sie ihren Weg fort und machte dabei den Eindruck, als würde sie im nächsten Moment zusammenbrechen.

      Mit wenigen Schritten hatte Dr. Daniel das junge Mädchen eingeholt und hielt es am Arm fest. Erschrocken fuhr Darinka herum.

      »Komm, Mädchen«, bat Dr. Daniel mit sanfter Stimme. »Ich glaube, wir müssen dringend miteinander sprechen.«

      Doch Darinka schüttelte den Kopf. »Ich habe so viel Arbeit.«

      »Die kann warten«, entgegnete Dr. Daniel bestimmt, dann brachte er das junge Mädchen zu seinem Büro. »Setz dich, mein Kind.«

      Darinka ließ sich auf den Sessel fallen, und Dr. Daniel bemerkte, wie sie die Hände auf ihren Bauch preßte.

      »Hast du Schmerzen?« wollte er wissen.

      Darinka schüttelte den Kopf. »Es ist nichts, Herr Doktor, nur…« Hilflos schluchzte sie auf. »Stefan. Er fehlt mir so… o Gott, er fehlt mir so sehr.«

      Für einen Augenblick ergriff Dr. Daniel gehörige Wut auf seinen Sohn, aber dann zwang er seine Konzentration wieder auf Darinka.

      »Einen geliebten Menschen zu verlieren, tut sehr, sehr weh«, meinte er, »und ich fürchte, es wird noch eine ganze Weile dauern, bis du diesen Verlust verwinden kannst.«

      »Ich kann ihn ja verstehen«, flüsterte Darinka unter Tränen.

      »So? Ich nicht«, knurrte Dr. Daniel ärgerlich.

      Langsam hob Darinka den Kopf. Ihre dunklen, wie Samt anmutenden Augen schwammen in Tränen.

      »Ich bin doch noch so jung und

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