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Metzler. »Du hast recht, Robert, es ist tot.«

      Niedergeschlagen ließ Dr. Daniel den Schallkopf sinken, dann schaltete er das Gerät aus. Im selben Moment schlug Katharina die Augen auf.

      »Herr Doktor«, stammelte sie leise. »Mein Baby… ich wollte gerade zu Ihnen… es ist so komisch… so… als wäre mein Bauch leer…«

      Dr. Daniel trat zu ihr und griff tröstend nach ihrer Hand.

      »Sie wissen also schon, daß mit Ihrem Baby etwas nicht in Ordnung ist«, begann er behutsam. »Ich nehme an, Sie haben in den letzten Tagen auch keine Bewegungen mehr gespürt.«

      Katharina nickte, dann erschrak sie. »Sie können ihm doch helfen, oder?«

      Dr. Daniel kämpfte sekundenlang mit sich. Katharina war in einer ziemlich schlechten Verfassung, und sie hatte sich so sehr auf ihr Kind gefreut… andererseits konnte er ihr die Wahrheit auch nicht verschweigen. Der abgestorbene Fetus mußte geholt werden, und zwar so schnell wie möglich, und es gab keine sanften, behutsamen Worte, um ihr diese schreckliche Wahrheit zu sagen.

      »Katharina, Ihr Baby… es ist tot«, erklärte Dr. Daniel, und jedes Wort tat ihm dabei weh.

      Aus entsetzten Augen starrte Katharina ihn an, dann schüttelte sie den Kopf. »Nein… nein, das ist nicht wahr.«

      Dr. Daniel schluckte. Es war so unsagbar schwer, dieser jungen Frau zu sagen, was gesagt werden mußte.

      »Es tut mir schrecklich leid, Katharina, aber… ich kann nichts mehr für Ihr Baby tun.« Er zögerte, obwohl er wußte, daß er jetzt weitersprechen mußte. Es war dringend nötig, Katharina die Wahrheit zu sagen… von ihr die Einwilligung zu dem unvermeidlichen Eingriff zu bekommen. »Ich muß es herausholen.«

      Ein Zittern lief durch ihren Körper, dann schrie sie auf.

      »Nein!«

      Sanft umschloß Dr. Daniel ihre Hände. »Katharina, das Baby ist tot, und wenn es noch länger in Ihrem Körper bleibt, dann geraten auch Sie in Lebensgefahr.«

      Hilflos begann die junge Frau zu schluchzen. »Herr Doktor… bitte…«

      »Sie werden nichts spüren, Katharina«, versprach Dr. Daniel, obwohl er wußte, daß das für die junge Frau jetzt nur von nebensächlicher Bedeutung war.

      »Sie dürfen mir das Baby nicht wegnehmen«, stammelte Katharina unter Tränen.

      »Es ist tot«, wiederholte Dr. Daniel eindringlich. »Und ich will nicht, daß Sie auch noch sterben, Katharina, bitte, lassen Sie mich tun, was nötig ist.«

      Aus tränennassen Augen sah sie ihn an, dann nickte sie. Dr. Daniel wandte sich der Oberschwester zu. Lena Kaufmann, die früher als Sprechstundenhilfe für Dr. Daniel gearbeitet hatte, war noch immer in der Lage, sich nur durch Blicke mit ihm zu verständigen. Jetzt trat sie an die Untersuchungsliege, auf der Ka-tharina lag, hielt ihre Hände und streichelte immer wieder tröstend über ihr dichtes dunkles Haar.

      Währenddessen zog Dr. Daniel eine Spritze auf und injizierte sie in Katharinas Gesäßmuskel, dann beugte er sich noch einmal über die junge Frau.

      »Ich bin gleich wieder zurück, Katharina«, versprach er. »In der Zwischenzeit wird sich Oberschwester Lena um Sie kümmern.«

      Er wartete Katharinas zaghaftes Nicken ab, ehe er die Notaufnahme verließ und sich auf die Suche nach Dr. Erika Metzler machte. Sie war die Ehefrau des Chefarztes, die hier in der Klinik neben Dr. Jeffrey Parker als zweite Anästhesistin arbeitete.

      »Ich habe in der Notaufnahme eine Missed abortion«, erklärte er. »Ich habe ihr gerade Prosta-glandine gespritzt, aber ich will nicht, daß sie das Einsetzen der Wehen noch mitbekommt. Au-ßerdem ist zu befürchten, daß ich den Uterus zusätzlich noch instrumentell ausräumen muß.«

      Erika nickte. »Ich hole die Patientin in den OP hinüber und leite sofort eine leichte Narkose ein.«

      Das geschah dann auch keine Minute zu früh. Die Spritze wirkte bei Katharina weit schneller, als Dr. Daniel angenommen hatte. Sie war unter Einwirkung der Narkose gerade eingeschlafen, als die Gebärmutter erste Kontraktionen zeigte. Dr. Daniel, der sich inzwischen keimfrei gemacht hatte, begann vorsichtig, mit Dehnungsstiften die Zervix zu weiten, dann nahm er die Sprengung der Fruchtblase vor.

      »Blutdruck fällt, Pulsfrequenz steigt«, meldete sich Erika in diesem Moment. »Schockgefahr.«

      »Blutgruppenbestimmung und Kreuzprobe«, ordnete Dr. Daniel an. »Danach Dauertropf mit PPL und Venenkatheter. Sobald genügend blutgruppengleiches gekreuztes Blut bereitsteht, Transfusion einleiten.« Er wandte sich der OP-Schwester zu. »Holen Sie den Oberarzt.«

      Es dauerte keine fünf Minuten, bis Dr. Gerrit Scheibler zur Stelle war.

      »Ich brauche eine Bestimmung des Fibrinogengehalts, außerdem Thrombozythen- und Thrombinzeitbestimmung«, erklärte Dr. Daniel.

      »In Ordnung«, entgegnete Dr. Scheibler, entnahm von Katharina eine Blutprobe und eilte damit ins Labor.

      »Blutdruck steigt weiter, Puls fällt«, meldete sich Erika.

      Inzwischen war das tote Kind durch die Wehentätigkeit in den Geburtskanal gepreßt worden. Blut strömte nach, und Dr. Daniel vermutete, daß die heftigen Blutungen durch die sich ablösende Plazenta verursacht wurden.

      »Fibrinogengehalt liegt bei 90 mg%«, erklärte Dr. Scheibler im Hereinkommen. »Ich würde sagen, das bedeutet eine massive Gerinnungsstörung.«

      Dr. Daniel nickte. »Geben Sie der Patientin zehn Milligramm Humanfibrinogen als Infusion. Wenn Sie die Trockenampulle in ein Wasserbad von 37 Grad stellen, verkürzt sich die Lösungszeit. Das Fibrinogen schnell einlaufen lassen. Ich muß inzwischen den Uterus ausräumen.«

      Dr. Scheibler nickte nur, dann machte er sich an die Arbeit. Er hatte die Infusion gerade angeschlossen, als Dr. Daniel fortfuhr: »Bluttransfusion anschließen. Wenn das Fibrinogen eingelaufen ist, spritzen Sie in die Armvene zweihunderttausend Einheiten Trasylol. Anschließend Dauertropf-Infusion von Trasylol, hunderttausend Einheiten pro Stunde – vorerst für vier Stunden.«

      Während Dr. Scheibler diese Anordnungen befolgte, holte Dr. Daniel das tote Kind mit Hilfe der Zange, dann nahm er eine vorsichtige intrumentelle Ausräumung vor, wobei er besonders darauf achtete, den brüchigen Gebärmutterhals nicht zu verletzen.

      Mit Bewunderung sah Dr. Scheibler ihm zu. Er hatte selbst lange im gynäkologischen Bereich gearbeitet und wußte, daß die Ausräumung bei Missed abortion einer der riskantesten Eingriffe der Abortbehandlung war, eben weil es infolge der Gerinnungsstörung zu lebensbedrohlichen Blutungen kommen konnte und auch wegen der gefährlichen Brüchigkeit der Zervixwand.

      »Die Blutung kommt zum Stehen«, stellte Dr. Scheibler fest.

      Dr. Daniel nickte nur. Der lange und sehr riskante Eingriff hatte ihn stark mitgenommen, dazu kam seine Niedergeschlagenheit, weil es ein totes Baby war, das er hatte holen müssen.

      »Ich bringe den Fetus in die Pathologie«, bot Dr. Scheibler an, weil er Dr. Daniel gut genug kannte, um zu wissen, wie nahe ihm ein solcher Zwischenfall ging.

      »Danke, Gerrit«, murmelte er. »Vielleicht können Sie auch Wolfgang Bescheid sagen, daß ich hier fertig bin, und er die Platzwunde am Kopf jetzt nähen kann.«

      »Wird gemacht«, stimmte Dr. Scheibler zu, dann wickelte er den toten Fetus vorsichtig ein, doch bevor er ihn aus dem Operationssaal trug, trat er noch einmal zu Dr. Daniel und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Robert, gehen Sie jetzt bitte nicht gleich in Ihre Praxis zu-rück. Sie sollten sich unbedingt eine kleine Pause gönnen, vielleicht einen Kaffee trinken und versuchen, ein bißchen abzuschalten.«

      Dr. Daniel seufzte. »Machen Sie sich um mich keine Sorgen, Gerrit. Ich habe so etwas schon öfter durchgestanden. Es ist immer wieder schwer, aber es gehört eben leider auch zu meinem Beruf.« Noch einmal kontrollierte er die Blutung, doch unter der Einwirkung der angeordneten Medikamente kam sie nun wirklich zum Erliegen.

      Dr.

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