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lange liegt dein Unfall nun auch noch nicht zurück.«

      Dr. Parker seufzte. »Du bist in dieser Weoche schon die zweite, die das sagt.«

      »So? Wer ist denn außer mir noch so besorgt um dich? Muß ich da etwa eifersüchtig sein?«

      Jeff lachte auf. »Um Himmels willen, nein! Besorgt war der Knabe ganz bestimmt nicht um mich. Jan hat sich aufgrund meines Unfalls Chancen ausgerechnet. Er hätte mich beim letzten Karate-Training nur zu gern auf die Matte geschickt.«

      Karina lächelte. »Was ihm aber nicht geglückt ist.«

      »Ich könnte mich einglasen lassen, wenn ich als Träger des 4. Dan von einem grünen Gürtel besiegt werden würde.« Er winkte ab. »Reden wir nicht mehr davon. Auch wenn ich nur Aushilfstrainer bin, dürfte ich mich nicht von Gefühlen leiten lassen, aber dieser Jan ist ein ziemlich unsympathischer Zeitgenosse…« Er seufze. »Es sollte nicht so sein, aber es hat mir fast Spaß gemacht, ihn mal gehörig auflaufen zu lassen.«

      »Du kannst ja richtig böse sein«, urteilte Karina lächelnd, dann nahm sie ihn bei der Hand. »Komm, das Essen ist fertig. Du wirst einen Bärenhunger haben.«

      »Es geht«, meinte Jeff und sah auf die Uhr. »Ich muß noch rasch telefonieren, aber in fünf Minuten sitze ich bestimmt am Tisch.«

      »Ich werde das kontrollieren«, prophezeite Karina, während sie in die Küche zurückkehrte.

      Dr. Parker folgte ihr schon nach kurzer Zeit, und Karina sah ihm sofort an, wie besorgt er war.

      »Was ist denn los, Schatz?« fragte sie und stellte nebenbei den Topf mit dampfendem Gulasch auf den Tisch.

      »Wenn ich das nur wüßte«, murmelte Dr. Parker, dann seufzte er. »Seit dem letzten Karate-Training versuche ich Manfred zu erreichen, aber er ist nie zu Hause.

      »Ist das so ungewöhnlich?«

      Jeff nickte. »Für Manfred gibt es nur Arbeit und Karate, sonst nichts.« Er seufzte. »Er ist ein armer Kerl.«

      Karina runzelte die Stirn. »Sprichst du von Manfred Steiner?«

      »Ja, kennst du ihn?«

      »Nein, eigentlich nicht. Seine ältere Schwester Anita und ich sind die ersten vier Jahre gemeinsam zur Grundschule gegangen. Später hat Anita dann in München gearbeitet, und da haben wir uns gelegentlich getroffen. Im übrigen kennt man in ganz Steinhausen die Familienverhältnisse der Steiners. Frau Steiner ist damals bei der Geburt ihres sechsten Kindes gestorben. Zwei Jahre darauf hat ihr Mann wieder geheiratet und noch drei Kinder in die Welt gesetzt, dabei hatten sie kaum genug Geld, um sich selbst zu ernähren.«

      »Davon hat mir Manfred noch nie etwas erzählt«, meinte Parker erschüttert. »Ich weiß nur, daß er unmittelbar nach der Schule arbeiten mußte. Er durfte nicht mal eine Lehre machen. Was mich weit mehr beunruhigt, ist die Tatsache, daß er sich auf nicht ganz ungefährliche Weise Geld dazuverdient. Ich befürchte, daß er mal wieder in dieser kleinen Klinik ist und Versuchskaninchen spielt.«

      Verständnislos runzelte Karina die Stirn. »Was soll das heißen, Jeff?«

      »Das weiß du nicht?« Er zuckte die Schultern. »Hier in der Nähe gibt es ein Krankenhaus, wo die Wirkung… besser gesagt, die unangenehmen Nebenwirkungen neuer, noch nicht zugelassener Medikamente erforscht werden. Wer sich dafür freiwillig zur Verfügung stellt, kann sich ein paar Mark nebenbei verdienen, indem er über einen gewissen Zeitraum hinweg diese Medikamente schluckt oder sich spritzen läßt.«

      »Meine Güte«, stieß Karina hervor. »Das kann ja lebensgefährlich werden.«

      Dr. Parker nickte. »Ich habe ihm schon so oft gesagt, daß er es bleiben lassen soll, aber er macht es immer wieder.« Er seufzte noch einmal. »Dazu kommt seine unglückliche Liebe zu der kleinen Greiff.«

      »Martina ist ja auch ein armes Ding«, urteilte Karina teilnahmsvoll. »Sie ist unehelich geboren, und ihre Mutter hat sich gleich nach der Geburt ins Ausland abgesetzt. Martina wuchs bei ihrer Oma auf, und die hat sie als Entschädigung für verlorene Mutterliebe mit Süßigkeiten vollgestopft.«

      Dr. Parker ergriff Karinas Hand und drückte sie sanft.

      »Dafür, daß du dich in den vergangenen Jahren überwiegend in München und Freiburg aufgehalten hast, weißt du über das, was in Steinhausen so passiert, glänzend Bescheid«, stellte er lächelnd fest.

      Auch Karina lächelte. »Es gibt eben nichts, was den Daniels entgeht.« Dann wurde sie ernst. »Als Martina geboren wurde und auch in den Jahren danach war ich ja noch zu Hause und habe von den Dingen, die in der Praxis meines Vaters vorgingen, mehr mitbekommen, als es vielleicht den Anschein hatte.«

      Jeff stupste sie zärtlich an der Nase. »Neugierde, dein Name ist Weib.«

      »Du bist gemein«, konterte Karina, hatte dabei aber Mühe, ernst zu bleiben. Dann deutete sie auf das Gulasch. »Ich fürchte, das war das erste und letzte Mal, daß ich für dich gekocht habe.«

      »Angesichts solcher Drohungen muß ich wohl versuchen, mich wieder einzuschmeicheln«, meinte Jeff, zog Karina zu sich her und küßte sie liebevoll.

      Sie grinste schelmisch. »War das schon alles?«

      »War das denn nicht genug?« fragte Dr. Parker zurück.

      Zärtlich schmiegte sie sich an ihn. »Noch lange nicht.«

      *

      Ein befriedigtes Lächeln glitt über Martinas Gesicht, als sie sich auf die Waage stellte und erkannte, daß sie schon wieder zwei Kilo abgenommen hatte. Beschwingt trat sie vor den Spiegelschrank im Badezimmer und drehte sich, um sich von allen Seiten betrachten zu können. Der Bauch war schon fast weg, und auch der Po wurde von Tag zu Tag straffer und knackiger.

      »Martina! Frühstück!« rief ihre Großmutter aus der Küche.

      »Ich komme!« antwortete Martina und warf einen Blick auf die Uhr. Sie war spät dran. Eigentlich konnte sie es sich gar nicht mehr erlauben, nach dem Frühstück noch zur Toilette zu gehen, um das Essen wieder auszuspucken.

      Rasch kleidete sie sich an und schob die Schachtel mit den Abführtabletten in ihre Hosentasche. Fünf Stück waren noch drin. Die würden reichen, um das Frühstück rasch wieder nach draußen zu befördern.

      Martina setzte sich an den Tisch und zwang sich, möglichst wenig zu essen, obwohl sie schrecklich hungrig war. Unmittelbar nach dem letzten Bissen griff sie nach dem Glas Orangensaft und warf ihrer Großmutter einen prüfenden Blick zu, doch Rosalinde Greiff war schon damit beschäftigt, Martinas Jacke bereitzulegen. Rasch holte das junge Mädchen die fünf Tabletten hervor und spülte sie mit Orangensaft hinunter.

      Die Tabletten wirkten diesmal erstaunlich schnell. Kaum in der Schule angekommen, mußte Martina schon zur Toilette. Das Pausenbrot warf sie in den Abfall, obwohl es sie große Überwindung kostete. Vor Hunger konnte sie sich kaum noch auf den Unterricht konzentrieren, und als sie nach der Schule heimkam und ihr der Duft von Hackbraten, Kartoffelbrei und Salat entgegenschlug, schaffte sie es gerade noch, ihre Schuhe abzustreifen und die Jacke an den Garderobenhaken zu hängen. Mit wahrend Heißhunger verschlang sie drei Riesenportionen.

      »Kindchen, du bist ja halb verhungert«, stellte Rosalinde Greiff besorgt fest. »Ich glaube, ich muß dir mehr Pausenbrot mitgeben.«

      »Nein, Oma, das ist wirklich nicht nötig«, wehrte Martina ab. »Ich will ja noch immer abnehmen.« Sie seufzte. »Aber einmal am Tag muß ich richtig essen, sonst verhungere ich.«

      »Das meine ich auch.« Rosalinde betrachtete das kleine Stückchen Hackbraten, das noch übriggeblieben war. »Ich bin sowieso nicht sicher, ob es gut ist, wenn du bei einer Mahlzeit solche Unmengen verschlingst. Besser wäre es doch, du würdest mehrmals täglich kleine Portionen zu dir nehmen.«

      Martina errötete ein wenig. Sie mußte jetzt aufpassen, wenn sie sich nicht verdächtig machen wollte.

      »Ach, weißt du, Oma, das ist bei dieser Diät nicht so wichtig«,

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