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vorbei«, meinte Stefan beruhigend, dann legte er Dr. Parker einen dünnen Pastikschlauch vor die Nase. Aus zwei kleinen Löchern strömte kühler Sauerstoff, der dem jungen Arzt das Atmen ein wenig erleichtern sollte.

      »So, jetzt bist du endlich erlöst von meinen Quälereien«, meinte Stefan, dann verließ er die Intensivstation.

      Dr. Parkers Blick richtete sich auf Karina, die jetzt wieder an sein Bett trat. Er streckte eine Hand aus, und die junge Frau ergriff sie.

      »Karina«, flüsterte Dr. Parker, und dabei begann es in seinem Gesicht wieder zu zucken. Das Sprechen tat noch höllisch weh – jeder Ton verursachte Schmerzen im Hals und in seiner Brust.

      Zärtlich streichelte Karina sein Gesicht.

      »Nicht, Jeff«, erwiderte sie leise. »Es ist nicht nötig, daß du dich so quälst.«

      »Aber… es gibt so viel… was ich dir sagen muß…« Jedes Wort tat weh, trotzdem zwang sich Dr. Parker weiterzusprechen. »Ich habe so viel… falsch gemacht…«

      Sehr sanft legte Karina ihre Finger auf seine Lippen.

      »Nicht, Jeff«, wiederholte sie. »Das Sprechen tut dir jetzt nur weh. Im übrigen lagen die Fehler bei mir.« Sie sah die Abwehr auf seinem Gesicht und fügte lächelnd hinzu: »Oder bei uns beiden. Aber darüber können wir sprechen, wenn du wieder gesund bist.«

      Mit den Lippen berührte sie seine Wange.

      »Ich muß zur Uni«, meinte sie bedauernd, dann lächelte sie ihn an. »Aber ich komme wieder, sobald ich aus München zurück bin.«

      Sie winkte ihm noch zu, dann verließ sie die Intensivstation. Sie mußte sich beeilen, wenn sie pünktlich in der Uni sein wollte.

      Dr. Parker sah ihr nach, dann breitete sich eine seltsame Leere in ihm aus. Karina war noch nicht einmal eine Minute weg, doch sie fehlte ihm jetzt bereits.

      Er schloß die Augen und versuchte zu schlafen, doch die Schmerzen tobten wieder in seinem Körper. Langsam öffnete er die Augen und sah direkt in Dr. Daniels Gesicht.

      »Nun, Jeff, wie fühlen Sie sicht?« wollte Dr. Daniel wissen.

      »Schreckliche Schmerzen«, flüsterte Dr. Parker.

      »Das glaube ich Ihnen aufs Wort«, meinte Dr. Metzler, der ebenfalls hereingetreten war und die Worte des jungen Anästhesisten gehört hatte. »Sie wurden ja mehr oder weniger in Einzelteilen hier eingeliefert.« Er injizierte ein Schmerzmittel direkt in die Infusionskanüle, dann untersuchte er Dr. Parker gründlich.

      »Auch wenn Sie es sich nicht vorstellen können, Ihr Zustand ist sehr zufriedenstellend«, meinte Dr. Metzler schließlich. »Wenn Sie weiter solche Fortschritte machen, dann können wir Sie bald auf die normale Station verlegen.«

      »Fortschritte…« murmelte Dr. Parker. »Na, ich weiß nicht.«

      Lächelnd setzte sich Dr. Daniel zu ihm auf die Bettkante. »Ein bißchen Geduld werden Sie schon noch haben müssen, Jeff, aber ich denke, daß Ihnen ab morgen die Zeit nicht mehr ganz so lang werden wird.« Er lächelte. »Karina hat dann nämlich Semesterferien.«

      Ein Lächeln huschte über Dr. Parkers Gesicht. »Sie hat… so viel… für mich getan.«

      »Karina hatte große Angst um Sie.«

      »Zu Recht«, mischte sich Dr. Metzler ein. »Sie waren in einem entsetzlichen Zustand, als Sie hier eingeliefert wurden, und deshalb werden Sie jetzt auch schön schlafen, Jeff. Sie brauchen noch viel Ruhe.«

      Dr. Parker nickte gehorsam. Die Schmerzen hatten dank des Medikaments, das der Chefarzt ihm gespritzt hatte, nachgelassen, und jetzt kehrte die Müdigkeit von vorhin zurück. Der junge Arzt schlief ein – in der Gewißheit, daß Karina wieder da sein würde, wenn er aufwachte.

      *

      Mit einem Mini-Christbaum in der einen und einem liebevoll verpackten Geschenk in der anderen Hand machte sich Karina am Nachmittag des Heiligen Abends auf den Weg zur Waldsee-Klinik. In der Eingangshalle begegnete ihr Dr. Metzler und sah sie überrascht an.

      »Sag bloß, du willst damit zur Intensivstation.«

      Karina nickte. »Richtig, und ich hoffe, du wirst nicht versuchen, mich davon abzuhalten.«

      Dr. Metzler seufzte tief auf. »Ein Weihnachtsbaum auf der Intensivstation.« Er schüttelte den Kopf. »Eigentlich dürfte ich das nicht erlauben.«

      »Es ist kein echter Baum«, wandte Karina ein. »Außerdem werde ich ihn nicht neben Jeffs Bett stellen.« Bittend sah sie den Chefarzt an. »Ach komm, Wolfgang, mach mir jetzt keine Schwierigkeiten. Jeff muß noch wochenlang hier in der Klinik sein, und er kann sein Bett nicht verlassen. Da könntest du ihm wenigstens ein bißchen Weihnachtsstimmung gönnen. Heute ist doch Heiligabend.«

      Abwehrend hob Dr. Metzler beide Hände. »Na schön, du hast gewonnen.« Aufmerksam sah er Karina an. »Wirst du bei ihm bleiben?«

      Sie nickte ohne zu zögern. »Selbstverständlich. Gerade heute soll er nicht allein sein.«

      Da lächelte Dr. Metzler. »Ich schätze, er wird in Zukunft ohnehin nur noch selten allein sein.« Er drückte Karinas Hand. »Ich freue mich für euch.«

      Da senkte Karina den Kopf. »Du redest, als wäre zwischen Jeff und mir schon alles klar, dabei…«

      »Schau ihm mal in die Augen«, riet Dr. Metzler ihr. »Dann weißt du nämlich, daß alles klar zwischen euch ist.« Er lächelte wieder. »Und jetzt geh hinauf zu ihm. Er wartet schon ganz sehnsüchtig auf dich.«

      Damit hatte Dr. Metzler recht. Jeff konnte Karinas Eintreffen tatsächlich kaum noch erwarten. Durch die Fenster der Intensivstation sah er, daß es schneite, und er wünschte, er könnte jetzt mit Karina einen Spaziergang machen… sie bei der Hand nehmen und ihr alles gestehen, was er in seinem Herzen fühlte.

      Wieder wanderte sein Blick zum Fenster. Er versuchte, sich ein wenig aufzurichten, doch der stechende Schmerz, der dabei durch sein gebrochenes Bein und seinen Kopf jagte, ließ ihn dieses Vorhaben gleich wieder vergessen. Er seufzte tief auf, doch auch das verursachte ihm Schmerzen – in seiner Brust.

      Mißmutig wandte er den Kopf zur Seite. Er haßte die Unbeweglichkeit, zu der er hier verdammt war.

      »Frohe Weihnachten.«

      Rasch wandte Dr. Parker sein Gesicht zur Tür, ignorierte den Schmerz, der dabei wieder in seinen Kopf fuhr, und genoß nur einfach das Bild, das sich seinen Augen bot: Wie ein Engel stand Karina vor ihm. Das lange, goldblonde Haar fiel weit über ihre Schultern, ihre wunderschönen blauen Augen strahlten, und in der Hand hielt sie einen kleinen, mit zarten Kugeln und winzigen Kerzen geschmückten Weihnachtsbaum.

      »Karina«, brachte Dr. Parker leise hervor. Das Sprechen tat ihm noch immer weh.

      Sie stellte das Weinachtsbäumchen auf das Fensterbrett, wo Dr. Parker es gut sehen konnte, dann kam sie zu ihm und setzte sich auf die Bettkante.

      »Wie geht es dir heute?« fragte sie besorgt.

      »Gut«, antwortete er, obwohl jedes Wort in seiner Kehle brannte und jeder Atemzug in seiner Brust schmerzte, dann fügte er hinzu: »Weil du da bist.«

      Karina lächelte, dann stupste sie ihn an der Nase. »Alter Schmeichler.«

      Doch Dr. Parker schüttelte den Kopf. »Es ist nicht geschmeichelt, Karina. Wenn du bei mir bist, kann ich meine Schmerzen fast vergessen.« Sein Blick wurde traurig. »Manchmal denke ich, es wird nie wieder anders sein.«

      Spontan legte Karina beide Hände um sein Gesicht. Es war noch immer heiß, und Karina wußte auch, daß er seit der schweren Operation ständig erhöhte Temperatur hatte, doch Dr. Metzler meinte, das sei eine normale Reaktion des Körpers und würde in ein paar Tagen wieder vergehen.

      »Du mußt Geduld haben, Jeff«, erklärte sie eindringlich. »Als die Feuerwehrmänner dich aus dem Auto geholt hatten, da dachte ich…« Mit

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