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Die wichtigsten Werke von Julius Wolff. Julius Wolff
Читать онлайн.Название Die wichtigsten Werke von Julius Wolff
Год выпуска 0
isbn 9788027225194
Автор произведения Julius Wolff
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»Wir halten uns vorgenommen, Euch über Repgows Buch genauen Bericht zu erstatten, und nun ist uns Fred damit zuvorgekommen. Aber es gibt ein Mittel, Euch gründlicher in das Werk einzuführen als es die weitschweifigste Belehrung vermöchte. Ich habe Euch nämlich einen dringenden Wunsch ans Herz zu legen, dessen Erfüllung Ihr mir schwerlich versagen werdet, Dowald.«
»Ich kann mir keinen Wunsch denken, den ich Euch nicht mit Freuden erfüllen würde, Graf Hoyer,« versicherte der Ritter mit einem Tone, der auf bedingungslose Bereitwilligkeit zu allem schließen ließ.
»Das freut mich, und ich habe auch nichts anderes von Euch erwartet,« fuhr der Graf fort. »Seht mal, wir beide, Repgow und ich, haben mit dem Gesetzbuch alle Hände voll zu tun und wissen gar nicht, wie wir allein damit fertig werden sollen, denn die Sache drängt zur größten Eile. Wie wäre es nun, wenn Ihr uns einige Wochen lang beim Schreiben fleißig helfet?«
Dem Ascharier blieb vor Schreck der Bissen im Munde stecken. Er legte das Messer nieder und starrte den Grafen sprachlos an. Dann ermannte er sich und brachte nun stotternd vor:
»O wie gerne, wie sehr gerne tät’ ich das, lieber Graf! Aber - jammerschade! leider, leider muss ich heut’ Nachmittag fort nach der Heimburg, wo mau mich bestimmt und ungeduldig erwartet, denn ich habe dem zweitgeborenen Regensteiner, der dort oben auf dem Kegel horstet, meinen Besuch hoch und heilig versprechen müssen.«
Graf Hoyer wiegte das Haupt hin und her wie mit dem tiefsten Bedauern und in der bittersten Enttäuschung.
»Das trifft sich schlecht,« sprach er, sich mühsam beherrschend, »ich hatte schon meine Hoffnung auf Euch gesetzt. Dass Ihr des Schreibens kundig seid, weiß ich, und es braucht ja nicht so schön zu werden wie eine kunstvoll gedrechselte Mönchschrift. Könnt Ihr uns nicht wenigstens heute Nachmittag noch ein paar Stunden helfen?«
»Nein, nein! Es geht nicht, es geht nicht,« beteuerte Dowald, Angstschweiß auf der Stirn. »Es ist ein weiter Ritt nach der Heimburg und schon die höchste Zeit zum Aufbruch, ich sollte längst in den Bügeln sein. — Folkmar,« rief er dem Diener zu, »lass’ mir mein Ross satteln, aber schnell! — Mit diesem Abschiedstrunke dank’ ich Euch, Graf Hoyer, und Euch, Gräfin Gerlinde! Ich wäre so gern noch geblieben und weiß, Ihr hättet mich gern hier behalten, aber diesmal geht’s nicht, ich komme bald einmal wieder und dann will ich bleiben so lange wie Ir wollt; heute geht’s nicht, ich muss fort, muss gleich fort.« —
Als kaum ein Viertelstündchen später Ritter Dowald aus der Burg hinaus war, jubelte Eike:
»Der Streich wäre gelungen, Graf Hoyer! Nun heraus mit der Fahne am Bergfried!«
»Nein!« entschied der Graf, »ich ärgere mich.«
»Worüber?«
»Dass der alte Schwätzer durch Freds alberne Prahlerei von deinem Buche weiß.«
»Ja, den berühmten Kodex konnten wir ihm danach freilich nicht aufbinden.«
»Ach, das ist Nebensache, aber der Ascharier kann’s Maul nicht halten,« stieß Graf Hoyer grimmig hervor.
»Er wird es allenthalben herum tratschen, dass hier auf dem Falkenstein ein neues Gesetzbuch geschrieben wird, und nun werden sie uns von allen Seiten mit törichten Fragen und aufdringlichen Ratschlägen kommen.«
»Mögen sie kommen!« sprach Eike, »dagegen bin ich gefeit, und den unbequemen Einlieger sind wir glücklich los.«
»Fein eingefädelt habt ihr Euer boshaftes Fürnehmen gegen ihn,« bemerkte die Gräfin.
»Bedanke dich bei Eike!« bedeutete sie der Graf, »der hat’s ausgeheckt.«
»Ein Meisterstück, Herr von Repgow! Aber hartherzig und grausam.«
»Schmerzt Euch sein Scheiden?«
»Durchaus nicht! Aber der arme Mensch dauert mich. Ihr habt ihn verjagt und vertrieben durch Eure schändliche List, indem Ihr ihn bei seiner schwachen Seite fasstet wo soll er nun hin, der nicht Heim, nicht Herd, kein Obdach und keinen Gastfreund hat, dem er willkommen wäre!«
»Du hast Recht, Gerlinde,« sprach der Graf. »Ein armer, bedauernswerter Mensch ist, wer keinen Freund, keinen wahren Herzensfreund hat. Innerlich einsam geht er durchs Leben, ob er auch hundert Gesellen hat, die mit ihm bechern und bankettieren, ihn umschwärmen und umschwänzeln, ihn aber nicht lieben und achten.«
Fünftes Kapitel.
Von dem kleinen Garten innerhalb der Burgumwallung führten Stufen zu einem geräumigen Altan empor, der mit einer gemauerten Brustwehr umgürtet war. Aus dieser erhoben sich in gleichmäßigen Abständen steinerne Säulen, ein Gitterwerk von Latten tragend, das den ganzen Altan mit einem luftig durchbrochenen Dach überspannte. Denn sowohl die Säulen als auch das waagerechte Spalier waren mit Efeu und anderen Schlinggewächsen berankt, deren Blätter zwar hier und da den Sonnenstrahlen einen Durchschlupf erlaubten, aber den größten Teil der Plattform beschatteten. Nur wenn sich die Sonne am Spätnachmittage tiefer senkte, konnte sie ungehindert eindringen, jedoch befanden sich zwischen den Säulen leinene Vorhänge, die zugezogen werden konnten und dann vor Blendung schätzten.
Hier von der Hochwacht hatte man einen herrlichen Blick in das Tal und auf den dichten, krausen Wald, dessen Laub vom hellsten bis zum dunkelsten Grün in wohltuendem Gemisch und Wechsel üppig prangte. Weit umfassend war die Aussicht nicht, weil sie durch die Krümmungen des Tales und die sich voreinander schiebenden Berge beschränkt war. Fern im Westen aber zeigte sich bei klarem Wetter der Gipfel des Brockens, mit seiner stolz geschwungenen Linie die nahen Berge hoch überragend.
Außer unermüdlichen Vogelstimmen jeglicher Art, rufend und flötend, lockend und girrend, tönte kein Laut von unten herauf. Nur in den vom Winde geschaukelten Wipfeln und Zweigen der Bäume regte sich zuweilen ein Brausen und Rauschen oder ein Lispeln und Säuseln wie Liebesgeflüster oder wie geheimnisvolles Raunen von alten Mären und Sagen. Wer das deuten und verstehen wollte, hörte bald ein Grollen und Drohen, bald ein heißes Sehnen und leises Klagen heraus, oder legte der Lauschende das alles selber hinein, wie es in den von Gefühlen bewegten Saiten seines eigenen Herzens erklang?—
Gräfin Gerlinde stand an der Brüstung, und ihre schlanke Gestalt in hellem Gewande hob sich von dem satten Waldesgrün drüben wirkungsvoll ab.
Sie gedachte der unwilligen Äußerungen ihres Gemahls heute Mittag nach dem Abzuge des Ritters Dowald von Ascharien und konnte sich seinen Verdruss über dessen Mitwissen von dem Gesetzbuche nicht erklären.
Enthielt es denn etwas Verfängliches, Gefährliches, dessen Bekanntwerden den Männern Sorgen schaffen konnte? Es war doch nach seiner Vollendung für die weiteste Verbreitung im Sachsenlande bestimmt, und jetzt wollte man es vor dem keineswegs scharfsinnigen Ascharier wie ein Geheimnis hüten?
Allerdings, sie wusste so gut wie nichts davon. Der Graf hatte sie schon bei seiner Ankündigung von Eikes Besuch vertröstet, dass sie alles, was ihr von dem Inhalt zu wissen nötig oder wünschenswert wäre, aus des Verfassers eigenem Munde hören sollte, und ihre verzeihliche Neugier wäre gewiss schon gestern befriedigt worden, wenn das Hereinplatzen jenes ungebetenen Gastes di offene Aussprache nicht unterdrückt hätte.
Heut’ Abend jedoch und hier auf dem Altan stand ihr der Genuss bevor, in das groß angelegte Werk, wie es ihr Gemahl genannt hatte, eingeweiht zu werden. Der Genuss? Wird es wirklich ein Genuss für sie werden? fragte sie sich. Trockene Rechtsgelehrsamkeit zählte nicht zu ihren Liebhabereien, und sie konnte dem Dozierenden keineswegs ein aufmerksames Gehör versprechen.
Indessen