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Die wichtigsten Werke von Julius Wolff. Julius Wolff
Читать онлайн.Название Die wichtigsten Werke von Julius Wolff
Год выпуска 0
isbn 9788027225194
Автор произведения Julius Wolff
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Albrecht war sehr böse auf Siegfried und machte ihm zu seinem dröhnenden Kopfe noch bittere Vorwürfe. Von der Stärke des Feindes hatte er sich nun überzeugt; an ein Zurückdrängen desselben im offenen Kampfe war nicht zu denken.
Auch Bock hatte eine Beule an der Schulter davongetragen und einen Stich in den Oberschenkel erhalten, den aber der Kettenpanzer am Eindringen gehindert hatte, so daß er aus beiden nicht viel machte und nur Eilika gegenüber stolz darauf war, ein paar Tropfen Blut für sie verloren zu haben. Er schonte sich nicht und blieb in seinem rastlosen Dienste, während sich Siegfried Odas Pflege gefallen lassen mußte. Er blickte selig lächelnd zu ihr auf, wenn sie ihm mit leichter, sanfter Hand nasse Tücher auf die Stirn legte, und auch sie war glücklich, ihm die Schmerzen, die er für sie erduldete, lindern und sich nützlich machen zu können. Aber in ihrem innersten Herzen dachte sie: wenn sie doch Albrecht einmal so pflegen könnte! und war doch wieder sehr froh, daß er's nicht nötig hatte.
Am nächsten Tage antworteten die Belagerer auf den Ausfall endlich mit einer Berennung der südöstlichen Mauern, die aber nach hartnäckigem Ringen und ohne Verlust für die Belagerten zurückgeschlagen wurde. Siegfried durfte zu seinem größten Leidwesen dabei nicht mitkämpfen, weil er die Stahlhaube noch nicht wieder aufsetzen konnte.
Beide Teile hatten nun, der eine durch den erfolglosen Ausfall, der andere durch den mißglückten Sturm, die Stärke des Gegners erprobt und ließen sich von jetzt ab unbehelligt. Albrecht erkannte aus dem Verhalten der Feinde ihre Absicht, ihn auszuhungern, was ihn mit wachsender Sorge erfüllen mußte, denn nach Berechnung der vorhandenen Lebensmittel konnte er sich kaum länger als zwei Wochen halten; ein Glück noch war der abgrundtiefe, unversiegliche Brunnen auf dem Burghof.
Sehnsüchtig schauten Albrecht, Siegfried und Oda von der Höhe des Felsens nach einem heranziehenden Ersatz aus. Oda blieb den größten Teil des Tages oben wie ein ausgestellter Wachposten, hielt die Hand über die Augen und spähte, ob sich in der Ferne nicht blitzende Helme und ragende Speere zeigen wollten. Sie malte es sich so lustig aus, wie sie die Stufen hinab fliegen und Albrecht zujubeln wollte: Sie kommen, sie kommen, zu Roß und zu Fuß! Aber sie kamen nicht, und Oda wurde mit jedem Tage niedergeschlagener. Um ihretwillen war die Fehde entbrannt, um ihretwillen war Blut geflossen, hatte es Verwundete und Tote gegeben, zu welchen letzteren um ein Haar Siegfried gehört hätte, und wer wollte ermessen, welche Opfer der Kampf noch kosten würde. Sie wagte es nicht, Albrecht noch einmal den Vorschlag zu ihrer Auslieferung zu machen, aber es las es ihr vom Gesichte, wie sie sich grämte und härmte.
Das konnte er nicht länger mehr mit ansehen, und er strengte seine Gedanken an und sann und suchte, wie er durch Kriegslist oder Gewaltstreich sich und die Seinen aus ihrer Notlage befreien könnte.
Endlich tauchte ihm ein Plan auf, fast traumhaft und abenteuerlich, aber wie er ihn näher und näher erwog und durchdachte, da reifte ihm der Plan zum Entschlusse und stand nun fest in ihm als ein unbeugsamer Wille. Es war eine überaus kühne Tat, und wer sie wagte, der wagte sein Leben; aber wie oft hatte Albrecht das schon getan! und diesmal war es für Oda.
»Siegfried,« sprach er zum Bruder, »wenn uns von selber keine Hilfe kommt, so müssen wir welche herbeiholen, und ich werde es sein, der das auf sich nimmt. – Wie ich durchwill, meinst du? höre mich an! Wir haben nur einen Weg, der offen und frei ist, den der Feind nicht sperrt und bewacht, an den der gar nicht denkt, und diesen einzigen Weg werde ich gehen, – dort, den Felsen hinab!«
»Albrecht! ist das Scherz oder Ernst?« frug Siegfried verblüfft.
»Mein voller Ernst,« erwiderte Albrecht. »Ihr laßt mich in der Nacht an Seilen hinab, ich schleiche mich nach Ditfurt, schicke von dort nach den Burgen, nehme selber ein Pferd, hole den Grafen Burchard von Mansfeld, der wieder Boten nach Stolberg und Hohnstein senden muß, und in drei, längstens vier Tagen bin ich mit einem stattlichen Haufen zur Stelle und mache euch frei. So lange könnt Ihr euch halten, und komme ich glücklich und unangetastet durch, so kann es nicht fehlen; also vorwärts, rufe Bock!«
»Aber warum mußt du es denn sein, der auf diesem fürchterlichen Wege sein Leben einsetzt und durch Nacht und Nebel als Bote schleicht?« hielt ihm Siegfried entgegen, »das kommt doch viel eher mir zu als dir, unser aller Herrn. Denke, wenn du stürztest oder gefangen würdest! Was fingen wir an ohne dich?«
»Ich muß es sein,« sprach Albrecht. »Du bleibst bei Oda, bist ihr Schirm und Schutz fürs ganze Leben, darfst nicht fallen, sie nicht zur Witwe machen, ehe sie mal dein Weib war.«
Aber Siegfried bat noch einmal: »Laß mich hinabsteigen, Albrecht! Du bist hier nötiger als ich. Mit Freuden übernehm ich's. Albrecht, laß mich auch einmal etwas Ordentliches tun!«
»Kein Wort mehr!« gebot Albrecht. »Ich will es sein, der den Weg geht und mit einem Heere wiederkommt, das ich führen und im Kampfe befehligen kann, aber nicht du.«
Das mußte Siegfried zugeben. »Noch eins!« sprach Albrecht. »Oda erfährt heute nichts davon! erst morgen, wenn ich fort bin, sagst du es ihr.«
Nun wurde Bock in das Geheimnis eingeweiht; auch er erbot sich sofort zu dem Wagnis an Stelle seines Herrn, wurde aber von diesem ebenso entschieden davon zurückgewiesen wie Siegfried. Dann schritt man in aller Stille zu den Vorbereitungen.
An der Kette des Ziehbrunnens, die von der Welle abgelöst und noch durch starke Taue verlängert, hoffentlich ausreichte, sollte Albrecht etwas vor Mitternacht an der schroffsten und glattesten Stelle des Absturzes in Gegenwart Siegfrieds und Bocks von dem Waffenmeister Klinkhard und zwei Knechten hinabgelassen werden. So lange auf dem Regenstein alles gut stände, sollte Siegfried den roten Wimpel vom Turme flattern lassen, damit Albrecht bei seiner Rückkehr mit den Bundesgenossen schon von weitem sähe, daß er nicht zu spät käme. Ein eigenartiger Hornruf sollte dann das Zeichen zum Angriff sein, den Siegfried durch einen Ausfall der ganzen Besatzung unterstützen sollte.
So war alles verabredet und bestimmt, und es hatte auch keine Schwierigkeit, Albrechts gefahrvolles Vorhaben bis zur vollendeten Ausführung Oda zu verheimlichen, um sie nicht in Aufregung und Angst zu versetzen. Seit Beginn der Belagerung hielten Albrecht, Siegfried und Bock der Reihe nach abwechselnd Nachtwache, so daß einer von ihnen in Wehr und Waffen die Nacht aufblieb und öfter einen Rundgang machte, um die Wachen zu beaufsichtigen. Die anderen beiden leisteten diesem stets noch eine gute Weile über die gewöhnliche Schlafenszeit hinaus Gesellschaft. Es hatte daher für Oda nichts Auffälliges, da sich die Grafen noch nicht zur Ruhe begaben, wenn sie ihnen Gute Nacht sagte. Albrecht, der mit der Nachtwache an der Reihe war, antwortete ihr auch heute nicht anders, als er allabendlich tat, nur daß er ihr einen unsäglich liebevollen Blick schenkte; konnte er doch nicht wissen, ob es nicht der letzte war.
Als die Stunde gekommen war, stiegen die drei Männer zum Felsen empor, Albrecht in Panzer und Sturmhaube, mit Schwert und Dolch bewaffnet und in einen dunklen Mantel gehüllt. Oben harrten ihrer schon Klinkhard, Nothnagel und Schatte mit der bereitgelegten Kette.
Die Nacht war sternenklar, der Mond sollte nach Mitternacht aufgehen, und es war hell genug, um mehrere Schritte weit sehen zu können. Die Tiefe aber lag schwarz und unergründlich vor den Lauschenden da, und trotz der vollkommenen Stille drang nicht der leiseste Ton von unten herauf. Am Ende der Kette war ein Querholz befestigt, auf das sich Albrecht rittlings setzen sollte; ein damit verbundenes Seil ward ihm um den Leib geschlungen, so