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Die wichtigsten Werke von Julius Wolff. Julius Wolff
Читать онлайн.Название Die wichtigsten Werke von Julius Wolff
Год выпуска 0
isbn 9788027225194
Автор произведения Julius Wolff
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Die Reisigen und Knechte waren bis auf den letzten Mann guten Mutes, dann Graf Albrecht war ja bei ihnen. Seine Ruhe und Festigkeit, sein sicherer Blick und die Klarheit und Bestimmtheit seiner Befehle flößten ihnen ein unbegrenztes Vertrauen ein. Die schwächsten Punkte der Feste wurden am stärksten besetzt und am reichlichsten mit Kriegsgerät versehen, auch am Burgtore die sorgfältigsten Vorkehrungen getroffen; aber es erfolgte noch kein ernsthafter Angriff. Nur ein leichtes Schützengefecht entspann sich allmählich; aus dem Gebüsch und hinter den Klippen hervor schwirrten Armbrustpfeile zu den Zingeln hinauf und ebenso von dort hinunter. Die Belagerten sandten den Feinden auch größere Wurfgeschosse von mächtigen Fischbeinbogen, die auf hölzernen Gestellen ruhten, weil sie zum Halten viel zu schwer waren. Auch Fußangeln streuten sie, soweit sie von der Mauer werfen konnten, rings umher in das Gebüsch, vierspitzige eiserne Dornen, die, wie sie auch fielen, stets mit einem Stachel nach oben lagen, für Mann und Roß gefährlich.
Hätte Graf Albrecht nur sich und seine Burg zu verteidigen gehabt, so wäre seine Sorge nicht halb so groß gewesen als sie war, weil er Oda zu schützen hatte, die ja der Preis des Kampfes war. Ihn marterte der Gedanke, wenn die Einschließung lange dauerte, auch ihr Entbehrungen auferlegen und sie zuletzt, wenn kein Entsatz kam, vom Hunger zum äußersten getrieben, doch noch ausliefern zu müssen. Am liebsten hätte er ihr auch jetzt noch verschwiegen, daß nur um ihretwillen der Feind vor der Burg lag. Aber das war nicht möglich; sie würde es erraten, wenn er es ihr verhehlte, und es hatten zu viele Knechte die Aufforderung des Ritters Bosse von Silda gehört, als daß sie ein Geheimnis bleiben konnte.
Wirklich erfuhr auch Oda die Wahrheit schon in den ersten Stunden, und nicht in schonender Weise von Albrecht oder Siegfried, sondern von der darüber aufs höchste bestürzten Eilika.
Als der würdige Ritter Bock von Schlanstedt im Vollgefühl seiner Unersetzbarkeit, die Sturmhaube auf dem Kopfe und die eisengeflochtene Helmkapuze um Hals, Kinn und Ohren, so daß nur das Gesicht mit den Kampfmut blitzenden Augen daraus hervorsah, wie besessen zwischen der Mauer und dem Rüsthause hin und her rannte, begegnete ihm auf dem Burghofe sein angebetetes Ehrenwadel, der die Unruhe am frühen Morgen auffiel, so daß sie nach der Ursache derselben frug.
»Ha! für Euch! Alles für Euch, liebholdeste Jungfrau!« rief Bock begeistert. »Wir sind eingeschlossen, Graf Hoyer verlangt Eure Auslieferung. Die Falkenstein'schen, die Blankenburger, Wernigeröder und Bischöflichen liegen draußen und wollen uns berennen, um Euch herauszuholen!«
»Ach du mein Himmel, das ist ja fürchterlich! Herr Ritter, liebster, bester Herr Ritter! Habt Erbarmen und liefert uns nicht aus!« jammerte die geängstigte Zofe händeringend. »Sie wollen uns ins Kloster stecken, ach du lieber Gott, ins Kloster!«
»Habt keine Bange, liebe Jungfer Eilika,« erwiderte Bock großartig, »dieser Arm und dieses Schwert schützen Eure Unschuld! Wir liefern Euch nicht aus, so lange wir etwas zu brechen und zu beißen haben und dann – –« die letzten Worte verhallten im Innern des Rüsthauses, in welches der Vielbeschäftigte eilfertig verschwunden war.
Eilika lief zu ihrer jungen Herrin und überbrachte dieser die bedrohliche Kunde. Auch Oda erschrak und warf sich mit zitternder Hast in die Kleider, um mit dem Grafen Albrecht zu sprechen.
Sie traf ihn gerüstet und gewappnet von den östlichen Werken kommend, und da er ihr auf den ersten Blick ansah, daß sie schon alles wußte, suchte er sie zu beruhigen, indem er lächelnd sagte: »Sorget Euch nicht, liebe Oda! Ihr seid hier sicher und geborgen. Der Regenstein ist nicht zu erstürmen, es kommt kein feindlicher Mann zum Tore herein oder über die Bauern; sie werden bald wieder abziehen, aber ohne Euch.«
»Laßt mich lieber mit ihnen ziehen, Herr Graf,« erwiderte sie traurig aber gefaßt, »um mich soll kein Schwertschlag fallen; ich gehe, damit Ihr Frieden habt.«
»Mitnichten, Gräfin Oda! Ihr werdet den Regenstein nicht verlassen,« sprach er bestimmt. »Ihr dient denen da draußen nur zum Vorwande. Das ist eine alte Feindschaft, und die Rechnung zwischen jenen und mir ist allmählich etwas aufgelaufen, sie muß endlich einmal beglichen werden.«
»So nehmet ihnen den Vorwand, indem Ihr mich ihnen übergebt,« erwiderte sie. »Ich bringe Euch nur Unglück ins Haus.«
»Oda!« – der Ton, mit dem er ihren Namen sprach, und der Blick, mit dem er sie dabei ansah, kamen ihm aus tiefstem Herzen. Sie blickte verlegen zu Boden.
»Gebt mir die Hand,« fuhr er fort, »bleibt, wie Ihr bisher auf meine Bitte geblieben seid! nicht wahr? Ihr tut es gern.«
Da konnte sie nicht widerstehen; sie wollte bei ihm aushalten, ihn auch in der Not nicht verlassen. Und wie sie schon mehr als einmal in demselben Streite der Gefühle getan hatte, reichte sie ihm auch heute wieder die Hand und dachte: Wenn du nicht mit ihm leben kannst, so kannst du vielleicht mit ihm sterben.
»Ihr wollt es, Herr Graf!« sprach sie mit schimmernden Augen, aus denen doch eine hingebende Freude glänzte, »und wenn diese schwache Hand Euch nützen kann, so gebietet; Ihr sollt mich zu jedem Dienste bereit und willig finden.«
»Wenn ich Euch nur heiter und zufrieden sehe,« erwiderte er freundlich; »mehr verlange ich nicht.«
Auf dem Wege zum Palas begegnete ihnen Siegfried, ebenfalls in voller Rüstung und mit strahlendem Gesicht, glücklich, für Oda kämpfen, sie mit Wagnis seines Lebens schützen zu können. Er sprach zuversichtliche, fröhliche Worte mit ihr, die zwar nicht so prahlerisch klangen, als wenn Bock seine vor dem Kloster zitternde Eilika trösten wollte und mit seinen hochtrabenden Redensarten von blutigen Taten und sich für sie in Stücke-hacken-lassen das Gegenteil erreichte, die aber voll überschäumender Streitlust auch nicht gerade zur Beruhigung Odas beitragen konnten. Ganz ärgerlich sagte er zu Albrecht: »Sie kommen nicht heran; ich glaube wahrhaftig, sie haben gar kein Sturmzeug mitgebracht!«
»Wohl möglich,« erwiderte Albrecht, obwohl er anderer Meinung war, die er nur in Odas Gegenwart nicht aussprechen wollte.
Siegfried wich und wankte nicht von den Mauern, war immer an den gefährlichsten Stellen und suchte die Feinde zu einem Angriff herauszufordern und zu reizen. Als aber ein solcher auch nicht am zweiten und nicht am dritten Tage der Einschließung erfolgte, wußte sich Albrecht dieses auffällige Zögern nicht zu erklären und glaubte, sich mit dem untätigen Abwarten und der strengsten Wachsamkeit bei Tag und Nacht nicht begnügen zu dürfen. Abgezogen war der Feind nicht; sollte er zu schwach sein, um einen Sturm zu wagen? Darüber mußte sich Albrecht Klarheit verschaffen, und er beschloß, zu diesem Zwecke einen Ausfall zu machen.
Die Belagerer hatten vor den Belagerten den großen Vorteil, daß der Regenstein zwar mehrere Angriffspunkte, aber nur ein einziges Ausfalltor hatte, so daß Albrecht den Feind nicht von zwei Seiten zugleich angreifen konnte.
In der Frühe des nächsten Morgens wurde der Ausfall unter Albrechts Befehl ausgeführt. Es sollte nur ein kleiner Vorstoß sein, und nur ein kleines Häuflein konnte dazu verwandt werden, um die Mauern nicht zu sehr von Verteidigern zu entblößen.
Die vordersten feindlichen Wachen wurden allerdings überrascht und geworfen, aber sie erhielten schnell von allen Seiten Beistand, und nach einem kurzen, heißen Gefecht mußte sich Albrecht vor der Übermacht eilig zurückziehen, um nicht umgangen und von der Burg abgeschnitten zu werden. Siegfried ging in blinder Wut so weit vor, daß er auf Albrechts endlich zornigen Ruf gar nicht mehr hörte und unzweifelhaft gefangen genommen wäre, wenn nicht Bock, der die Unvorsichtigkeit des Tollkühnen zur rechten Zeit bemerkte, ihm mit seinen Getreuen wie eine Leibwache gefolgt wäre und ihn mit großer Gefahr aus dem Gedränge herausgehauen hätte.