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Die wichtigsten Werke von Julius Wolff. Julius Wolff
Читать онлайн.Название Die wichtigsten Werke von Julius Wolff
Год выпуска 0
isbn 9788027225194
Автор произведения Julius Wolff
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Sie gingen zu einer buschigen Stelle des Gartens, wo sie den Weg vom Tore zum oberen Burghof übersehen konnten, ohne selbst gesehen zu werden, und erblickten nun zwei Damen zu Pferde mit einem höfischen Begleiter und zwei reisigen Knechten.
Albrechts Lippen entfuhr ein Ausruf höchsten Erstaunens, und Oda, als hätte es ihr jemand gesagt, wußte sofort, wer die Damen waren. Doch frug sie: »Die Äbtissin, Herr Graf?«
»Ja, die Äbtissin von Quedlinburg, Gräfin Jutta von Kranichfeld, und zur Linken die Kanonissin, Gräfin Adelheid von Hallermund,« lautete die Antwort.
Oda überlief es eiskalt. »Sie wollen mich holen,« sagte sie bebend.
Albrecht hörte die Worte nicht. Ihm erschien es wie ein Wink des Schicksals, daß ihn Jutta gerade an dem heutigen Tage, an dem sich seine Gedanken auch mit ihr schon so lebhaft beschäftigt hatten, zum erstenmal auf seiner Burg besuchte. Er eilte, sie zu begrüßen und vor dem Palas vom Pferde zu heben, was sie sich leicht errötend mit einem zufriedenen Lächeln gefallen ließ.
Oda, die ein wenig zurückgeblieben war, weil sie dem Grafen nicht so schnell folgen konnte oder wollte, sah es, wie er den stolzen Leib der Äbtissin behend umfaßte und sie in seinen Armen haltend sanft zur Erde setzte. Es war ihr wie ein Stich ins Herz.
Der schönen Kanonissin leistete denselben Ritterdienst der vertraute Begleiter der Damen, der lustige Stiftsschreiber Florencius.
Als die Äbtissin die zögernden Schrittes näher kommende Oda bemerkte, warf sie einen musternden Blick auf dieselbe und sagte leise zu Albrecht: »Ist das Eure Lilie? So schön und stattlich hätte ich sie mir nicht gedacht.« Dann ging sie ihr entgegen und bot ihr die Hand.
Bei aller Höflichkeit und Freundlichkeit der Begrüßung witterte doch jede der beiden in der anderen etwas ihr Feindliches, mit dem sie im Leben vielleicht noch einmal hart zusammenstoßen könnte. Juttas selbstbewußtes und gewandtes Wesen half indessen ihr sowohl wie Oda schnell über die Verlegenheit der ersten Begegnung hinweg. Sie schlug sofort gegen ihre ausgebliebene Kapitularin, wie sie Oda scherzweise nannte, einen heiter vertraulichen Ton an, auf welchen diese, soviel sie es über sich vermochte, auch bereitwillig einging.
Alle fünf begaben sich nun auf Albrechts Einladung in den Saal, wo die Äbtissin, die sich draußen schon einige Male wie suchend umgesehen hatte, Albrecht mit scharfem Blicke frug: »Wo ist Graf Siegfried?«
Albrecht, den Sinn der Frage wohl verstehend, antwortete mit einer merklichen Verstimmung darüber: »Er ist schon früh nach Gersdorf geritten, doch erwarte ich ihn zu Mittag zurück.«
»Schade!« bemerkte Jutta einlenkend und sichtlich erleichtert, »ich hätte ihn gern zum Zeugen gehabt bei dem, was ich Euch zunächst zu sagen haben, Herr Graf. Florencius, mein kunstfertiger Freund, gebt her!« wandte sie sich an den Stiftsschreiber und nahm aus seinen Händen ein zusammengefaltenes Pergament, das dieser bis jetzt verborgen gehalten hatte. »Herr Graf,« fuhr die zu Albrecht, ihm das Schriftstück überreichend, fort, »hier bringe ich Euch den von mir unterschriebenen und besiegelten Lehensbrief über die Lauenburg als Dank und Lohn Eurer fürsorglichen Mühe, sie Eurer Euch wohlgewogenen Fürstin vor den Gelüsten der Blankenburger und Quedlinburger großmütig gerettet zu haben. Nehmt, mein edler Schirmvogt, und schützt sie mir gut gegen Leute, die sie etwa vor Tau und Tag beschleichen und sich mit Gewalt darin festsetzen wollen!« schloß sie mit einem schelmischen Lächeln.
»Allen freundlichen und dienstlichen Dank, gnädigste Domina!« erwiderte Albrecht, hoch erfreut, daß diese erst so stürmisch verlaufene Angelegenheit nun einen so friedlichen und für ihn günstigen Abschluß fand. »Hat denn Florencius auch hineinschreiben müssen, daß kein Graf Regenstein Vogt auf der Lauenburg sein darf?« Diesen kleinen Spott konnte er ihr als Antwort auf den ihrigen nicht ersparen.
Die Äbtissin errötete bis an das Stirnhaar, aber die Kanonissin kam ihr zu Hilfe. »Es steht nicht im Lehensbrief,« sprach Gräfin Adelheid, »aber unsere Domina hat es den Quedlinburgern versprechen müssen; sie waren es, die das von Anfang an verlangten, sonst niemand.«
Albrecht lächelte dazu und sagte: »Ist das das Einzige, was sie verlangten?«
»O nein!« entgegnete die Äbtissin, »und ich habe Euch manches darüber zu sagen.«
Sie setzten sich auf die Holzbank, die an den Wänden des Saales entlang lief, während die anderen drei plaudernd in einen der tiefen Fensterbogen traten, und die Äbtissin berichtete nun dem Grafen: »Vor allen Dingen begehren sie die Befreiung von Eurer Schutzvogtei und eigenes Gericht über Hals und Hand. Mehr als einmal kamen Abgesandte des Rates zu mir mit immer neuen Vorschlägen und Anerbieten. Mir wollten sie hold und untertänig sein, sagten sie, aber nicht Euch, und wollten mir beinah das Doppelte an jährlichem Schoß und Zöllen geben, wenn ich ihnen zu ihrer städtischen Freiheit verhülfe, und als das bei mir nicht verfing, wagten sie sogar zu drohen und ließen durchblicken, daß sie mächtige Bundesgenossen hätten, unter deren Beistand sie sich mit Gewalt nehmen würden, was sie nicht in gutem Frieden erreichen könnten.«
Dem Grafen schwoll die Zornader bei diesen Mitteilungen. Unwirsch frug er: »Und was habt Ihr ihnen darauf erwidert?«
»Ich haben ihnen meinen Unwillen über ihren Hochmut wahrlich nicht verschwiegen,« sagte Jutta mit stolzem Zurückwerfen des Kopfes, als säße ihr nicht der Graf von Regenstein, sondern der rebellische Rat von Quedlinburg gegenüber, »habe sie gebührendermaßen an ihr beschworenes Weichbildsrecht erinnert und sie letztlich mit ihren Forderungen an Euch verwiesen, Ihr würdet Ihnen schon die rechte Antwort darauf geben.«
»Bei allen Heiligen und Verdammten! das will ich!« brauste der Graf, »es scheint, sie haben meine Hand lange nicht gefühlt, ich muß mich einmal wieder bei ihnen blicken lassen.«
»Aber nicht ohne eine erkleckliche Zahl Gepanzerter!« warnte die Äbtissin, »denn Ihr habt Euch von unseren Lieben und Getreuen in Quedlinburg nichts Gutes zu versehen.«
»Von diesen Pfeffersäcken und Trinkstubenhelden?« erwiderte Graf Albrecht mit verächtlichem Lachen.
»Schreibt es nicht in den Sand!« sagte die Äbtissin. »Glaubt mir, sie führen etwas gegen Euch im Schilde und würden das Haupt nicht so frech erheben, wenn sie nur auf eigene Faust handelten und nicht einen im Rücken hätten, der sie aufstachelt und Euch zu schaden sucht, wo er weiß und kann.«
»Ihr meint den mit dem langen Krummstabe?« lachte Albrecht aufs neue.
»Lachet nicht!« mahnte Jutta noch einmal, »der scheut kein Mittel, keines, sag' ich Euch!«
»Ich glaub' es schon und behalte ihn in gutem Andenken,« versetzte der Graf sorglos. »Ihr waret ja bei ihm in Halberstadt.«
»Ja, das war ich,« sprach sie verlegen, »ich bedurfte seines Rates in stiftischen Dingen, und –«
»Genug, Domina! genug!« unterbrach er sie vertrauensvoll. »Und was unsere lieben Quedlinburger angeht, so weiß ich doch nun, wie ich mit ihnen dran bin.«
»Deshalb kam ich her, Graf Albrecht«, erwiderte sie. »Den Lehensbrief konnte Euch Florencius bringen, aber ich wollte Euch selber sprechen, denn mir bangt um Euch, und ich habe schwere Träume.«
Voll und freudig glitt sein Blick über ihre schöne Gestalt, und lächelnd sprach er: »Ihr habt böse Träume, Domina? – ich habe dafür desto schönere und hoffe, daß sie in Erfüllung gehen.«
Sie sah überrascht und fragend auf, wo er denn damit hinaus wollte, und sagte: »Das kommt auf ihre Deutung an.«
»Deutung wie Erfüllung liegen bei Euch«, erwiderte er leise. Da funkelten und blitzten ihre Augen und hingen erwartungsvoll an seinen Lippen, was er weiter sprechen würde.
Aber sehr zur ungelegenen Zeit rief die Kanonissin in diesem Augenblick: »Wenn du den unvergleichlichen Ritter Bock von Schlanstedt sehen willst, Jutta, so komm schnell her!«
»Den könnt Ihr nachher sehen, gnädige Frau,« sprach Albrecht, »ich werde ihn