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Die wichtigsten Werke von Julius Wolff. Julius Wolff
Читать онлайн.Название Die wichtigsten Werke von Julius Wolff
Год выпуска 0
isbn 9788027225194
Автор произведения Julius Wolff
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Empor ob meinem Haupte.
Ich folgte seinem hohen Flug,
Weil Sehnsucht hin zu ihm mich trug,
Der meine Ruh mir raubte.
Nun aber über Berg und Tal
Ist er zu meines Herzens Qual
Von dannen doch gezogen.
Wann kehrest du zu mir zurück
Wie weit, mitnehmend all mein Glück
Hast, Falk’, du dich verflogen?
Bei dem einen Liede blieb es nicht. Sie behielt die Harfe im Arm, drückte sie an ihre wogende Brust und starrte, auf der Wolfsbank sitzend, mit feucht schimmern den Augen ins Leere. Dann hub sie wieder an:
Vergebens in die Ferne
Tauch’ ich den müden Blick,
Umsonst frag’ ich die Sterne:
Wie lenkt ihr mein Geschick?
O lasst dies Leben enden
Und schiebt den Riegel vor,
Nichts hat mehr zu verschwenden,
Wer alles schon verlor.
Ich wandelte auf Wegen,
Beglänzt von Sonnenschein,
Jetzt möchte’ ich still mich legen,
Ins dunkle Kämmerlein.
Mir blühten ringsum Rosen
In funkelhellem Tau,
Jetzt ist in Sturmes Tosen
Der Himmel wolkengrau.
Und aus den Saitensträngen
Kein Lied mehr davon schallt,
Was mir mit Wunderklängen
Im Traum nur widerhallt.
Auch damit hatte sie noch nicht genug; es lag ihr zu vieles auf der Seele, was herunter musste, und noch einmal begann sie in ihrer Gefühle wehmutsvollem Drang:
Blätter fallen nieder
Blumen welken auch,
Doch sie kommen wieder
Mit des Frühlings Hauch.
Ist das Herz gebrochen,
Blüht es nimmer neu,
In den Wind gesprochen
Waren Lieb und Treu.
Was man nie besessen,
Lässt man leicht zurück,
Schwer ist zu vergessen
Ein verlor’nes Glück.
Mein kann ich nicht nennen,
Was so lockend gleißt,
Dass man soll erkennen,
Was entsagen heißt.
Ach, ich will entsagen,
Aller Hoffnung bloß,
Schweigend will ich tragen
Mein verzweifelt Los.
Dürft darum nicht wähnen,
Dass mein Herz versteint,
Saht ja nicht die Tränen,
Die ich nachts geweint.
Ganz leise nur waren die Worte ihren Lippen entflohen, und es war ihr, als hätte nicht sie mit dem Spiel ihrer Finger die Töne aus den schwirrenden Saiten hervorgebracht, sondern als wäre die Harfe wie eine andere, teilnehmende Sängerin mit eigener, lebendiger Stimme zur Begleitung eingefallen. Danach erhob sie sich langsam, hängte die Harfe wieder an die Wand und sprach schmerzbewegt:
»Verstumme nun, du traute Genossin meines Leides! Dies wird das letzte Lied gewesen sein, das wir zwei miteinander gesungen haben.« —
Die Fanfare des Türmers erklang noch immer nicht, so sehr auch alles, was Ohren hatte in der Burg, darauf wartete und horchte. Denn der Wächter auf der Plattform des Bergfrieds hatte es allen gesagt:
»Wenn ihr mich jetzt einmal recht laut und lustig tuten hört, so bedeutet das: unser Ritter kommt wieder. Die Gräfin hat’s befohlen, ich soll ihn in alle vier Winde ankündigen, dass die Füchse im Bau und die Ratten in ihren Löchern die Lauscher spitzen.«
»Da könnt ihr lange warten!« hatte Wilfred dazu listig in sich hineingekeckert. »Den bläst hier kein Hornstoß wieder an.« Seit er unbeschränkte Freiheit hatte, war der Leichtfuß voll Übermut und lief, wann und wo es nur anging, Melissa nach, bei der er jetzt mehr denn je in Gunst stand, weil er zu ihrer Freude in der Dirnitz öfter mit ihr getanzt hatte als mit der ihr verhassten Müllerstochter. Nun hatte er sie aber jüngst einmal belauert, wie sie aus dem obersten Ausguck des Schlosses nach der Stelle hinlugte, wo die Landstraße um die Berge in das Tal einbog. Das verdross ihn, und als sie auf den Burghof herabkam, warf er ihr vor:
»Ich habe dich gesehen, wie du dir da oben den Hals ausrecktest nach einem, in den du verliebt bist, du falsche Katze! aber das nützt dir nichts, er kommt nicht wieder, der versessene Rechtsklitterer.«
»Erstens, Fred, bin ich keine falsche Katze, zweitens bin ich nicht verliebt in den Ritter, und drittens kommt er allerdings wieder; er holt sich nur neue Schriftstücke von seinem Lehngute,« erwiderte Melissa.
»Jawohl! Das hat er mir auch aufgebunden, nichts als eitel Flunkerei!« höhnte Wilfred. »Ich sage dir, er kehrt nicht auf den Falkenstein zurück.«
»Warum sollte er denn nicht zurückkehren?« fragte Melissa. »Er ist ja in Fried’ und Freundschaft von hier geschieden.«
»Er wird schon wissen warum.«
»Ach was, dummes Zeug, eine rein aus der Luft gegriffene törichte Einbildung von dir!«
»Wollen wir wetten, dass er nicht wiederkommt?«
»Ja! Um was?«
»Um sieben Küsse.«
»Gleich sieben auf einmal?«
»Auf einmal! Einen nach dem andern natürlich.«
»Aber warum just sieben? Einer wäre wohl auch genug,« meinte Melissa.
»Weil sieben eine heilige Zahl ist. Sieben Sakramente gibt es, sieben Todsünden, sieben Planeten, sieben Weltwunder und sieben freie Künste. Sieben Tage hat die Woche und sieben Heerschilde das Lehnrecht,« dozierte er großartig.
»Der gut abgerichtete Klosterschüler spukt dir noch im Kopfe, Fred, aber von dem Rechtsklitterer scheinst du doch auch was gelernt zu haben,« hänselte ihn Melissa.
»Mehr als mich verlangte,« lachte er. »Also gilt’s? Sieben Küsse! Wenn er von heute binnen zweimal sieben Nächten nicht hier ist, hab’ ich die Wette gewonnen.«
»Meinetwegen!«
»Topp!« sagte Wilfred, »er kommt nicht.«
»Topp! Er kommt,« behauptete die Streitlustige.
Er hielt ihr die Hand hin, und Melissa schlug ein.
»Was habt ihr euch denn so feierlich gelobt?« fragte herzutretend Goswig, der, hinter einer Säule des Brunnens verborgen, die miteinander Tuschelnden heimlich beobachtet hatte.
»Wollt ihr freien? Du hast nichts, und sie hat auch nichts als ihr hübsches Lärvchen und ihr schnippisches Schleckermäulchen.«
»Aber viel mehr Verstand als unter einer gewissen Marderpelzmütze zu finden ist,« trumpfte Melissa den sich ungerufen Einmischenden ab, der von der Wette und ihrem Preise glücklicherweise nichts gehört hatte.
»Wir haben gewettet,« fügte Wilfred hinzu, »ob einer, den wir