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Käse, von denen einer allerdings zwei bis drei Pfund wog, aber die Nahrung für mindestens drei bis vier Tage bildete; daß alles schwere Material wie Wasser, Stein, Eisen vermieden wurde, daß die Leiter, in beträchtlicher Länge, aus dem leichtesten Stoff, Hanf, war; daß die junge Frau, die sich der kühne Architekt hinaufholte, eine leichte Person war: Kunstreiterin; ja, ich hin überzeugt, daß er, als seine Frau im Wochenbett lag, ihr fortwährend vorpredigte: »Leichte Kinder, hörst Du, leichte Kinder!« – Nachdem also alles nach dieser Richtung, und nach diesem einzigen Gesichts-Punkt vorgesehen war – und die faktisch fothane Einrichtung des Mondhauses erlaubt mir doch, die wesentlichen Züge auf mein theoretisches Haus zu übertragen, – was verbietet denn die Annahme, daß der Zigeuner sein Haus nur als Gondel zu einem drüber schwebenden Ballon betrachtete? – »Nein, – welche Versteigung! » wird der Leser ausrufen. – Gut, ich behaupte ja nicht, daß es so war, ich rede nur von der Möglichkeit; – mit anderen Worten: das Haus des Zigeuners wurde durch einen zehn oder zwanzigmal größeren Ballon, der mit irgend einer leichten Gas-Art gefüllt war, in Schwebe erhalten. – »Nein – das wäre das Höchste!« – Das Höchste? – nun freilich, – insofern, als der Ballon höher war, als das Haus; – aber will mir der Leser erlauben, einige Fragen an ihn zu richten: Hat der Leser je vom Mondfenster aus direkt in die Höhe geblickt? – »Nein!« – Ich auch nicht. – Konnte also der Leser überhaupt einen etwa über dem Mondhaus schwebenden Ballon vom Fenster aus sehen? – »Nein!« – Gut. – Noch eine Frage: Um welche Zeit stiegen wir damals am Samstag hinauf? – »Bei Nacht!« – Sieht man bei Nacht einen Ballon? – »Nein!« – Darf demnach aus dem Umstand, daß wir nicht in der Lage waren, einen vielleicht über dem Mondhaus befestigten Ballon zu sehen, darauf geschlossen werden, daß keiner da war? – »Nein!« – Gut! – »Aber wo soll der Mensch das Gas zur Füllung des Ballons herbekommen?« – wird der Leser fragen. – Das weiß ich nicht, obwohl die Anwesenheit von Steinkohlenteer, einer Masse, aus der mehrere leichte Gas-Arten ohne Mühe dargestellt werden können, zu denken gibt. – »Aber da droben in so beträchtlicher Höhe!« – Da droben handelt es sich vielleicht nur um Ersetzung kleiner, durch mangelhafte Dichtigkeit der Ballonwände entstandene Entweichungen von Gas, und die erstmalige Füllung fand auf dem Erdboden statt. – »Von einem Zigeuner?« – Die Zigeuner sind ein alter, grundgescheiter, in eine Menge Geheimnisse eingeweihter Volksstamm; sie reichen höchst wahrscheinlich über die Assyrer und Chinesen zurück, die ihrer bereits erwähnen; auf ihren tausendjährigen Wanderzügen mögen sie eine große Menge von Erfahrungen aufeinandergehäuft, aus den Kulturen der wichtigsten Völker geschöpft haben; wieviel Erfindungen wurden außerdem schon zweimal gemacht; die Chinesen hatten bereits das Schießpulver entdeckt: warum soll den ältesten Zigeunerstämmen unbekannt gewesen sein, durch Benutzung einer leichteren Gasart, als die Luft, und Abschließung derselben in einem dünnwandigen Raum, Körper herzustellen, die sich vom Erdboden in die Luft erheben können?! – »Demnach will der Verfasser glauben machen, daß die Zigeuner vor den Franzosen im Besitz der Luftschiffahrt waren, und daß Niemand davon etwas merkte?« Möge es der Leser nicht für ungut nehmen, wenn ich hier abbreche. – Ich liege unter dem Mondbett und habe Hunger; seit vier Tagen habe ich nichts gegessen; die Mondfrau mit den Kindern vielleicht noch länger; aber letztere brauchen keine Theorien zu ersinnen, um skeptischen Lesern ihr allerdings wunderbares und dabei doch ärmliches Heim begreiflich zu machen; während dies die Pflicht des Verfassers ist; und ich fürchte, schon die letzten Seiten haben in ihrer Beweisführung, in ihren Repliken und Antithesen unter meinem leeren Magen gelitten. Möge übrigens der Leser meinen Standpunkt nicht verkennen; nicht meinetwegen habe ich die, ich gestehe, etwas gewagte Zigeuner-Theorie unternommen, sondern seinetwegen; was konnte mir daran liegen, die Vorgeschichte des Mondes zu erklären, und der Kant-Laplace’schen Theorie über die Entstehung der Himmelskörper die so notwendige Ergänzung zu verschaffen? – Analyse ist meine Stärke so wie so nicht. – Für mich war es die Hauptsache, dieses ärmliche Mondheim, dieses wunderbare Etwas, welches so und so viel Nächte im Monat verhöhnend auf uns Erdbewohner herunterglänzt, entdeckt und beobachtet zu haben. Und dies verdanke ich einer großen Dosis Courage; denn, offen gestanden, wer von den Lesern hätte damals auf dem Felde von D’decke Bosh den Mut gehabt, in die Strickleiter zu greifen und einem unbestimmten Etwas entgegenzusteigen?

      Es war unter meinem Bett sehr kalt geworden. Die Entfernung der glühenden Monddächer hatte unser dünnes Holzhaus ziemlich rasch abgekühlt. Zwar war auf die stockfinstere Nacht während der letzten vierzehn Tage vor Weggang des Mondmannes eine kleine Dämmerung gefolgt, welches ich mit dem Wiederherannahen der Sonne auf der Rückseite des Mondes in Zusammenhang brachte, aber dies war nicht genügend, um die Temperatur merklich zu erhöhen. Die Kinder lagen alle wieder in den Betten; vor Hunger und vor Kälte; die Mondfrau, in dicke Shawls eingewickelt, schleppte aus dem Mondkeller Teer-Pappen herauf; beim Heruntergehen nahm sie die von den Kindern fertiggesponnenen Reservestücke für die Strickleiter mit; ein intensiver Uringeruch erfüllte jedesmal beim Öffnen der Kellertür das ganze Mond-Zimmer; offenbar hatte die Alte unten im Keller irgend ein verschließbares Blechreservoir, worin sie die zum Löschen der Monddächer bestimmten Pipi-Mengen sammelte, und hatte, da der Geruch ihre Nase nicht weiter affizierte, den Deckel offen gelassen. – Am liebsten wär’ ich jetzt vorgekrochen und hätte mit der Mondfrau ein offenes Wort geredet, welches ihr die Lauterkeit meiner Absichten bewiesen, und den plötzlichen Schreck über mein Erscheinen in Abwesenheit ihres Mannes gemildert hätte, wenn ich nur die kleinste Aussicht gehabt hätte, irgend etwas Eßbares zu finden. Die Leute hatten ja selbst nichts zu essen. Ich konnte doch keines von den, – nebenbei gar nicht fetten, – Kindern anbeißen. Und der Ekel über den Urin-Geruch überwog noch bei weitem mein Hungergefühl. – In diesem Zustand lag ich gewiß noch zwei bis drei Stunden, und ich war eben im Begriff in meiner Verzweiflung den Strohsack der Mondfrau nach irgend etwas Eßbarem zu durchwühlen, als ich plötzlich aus meiner halb erhobenen Stellung mit großer Wucht mit dem Kopf auf den Boden zurückgeworfen wurde; mehrere Potschamber unter den anderen Betten fielen um; die Mondfrau unten im Keller stieß einen verwunderten Ruf aus, in dem etwas wie Beifall lag, und der etwa »Ho!« klang; die Kinder schrieen alle gleichmäßig auf, und einige riefen »der Papa kommt, – der Papa kommt!« – In der Tat, es waren wieder dieselben Oszillationen wie heute Morgen, als der Mondmann die Strickleiter verlassen, nur in umgekehrter Ordnung, indem der erste Stoß das Mondhaus auf der Seite, auf der ich lag, also bei der Eingangstür herunterschleuderte, welcher Bewegung ein ebenso energischer Rückstoß nach aufwärts folgte, und so alternierend weiter, bis die anfängliche Bewegung sich in kleine wellenförmige Oszillationen auflöste. – Ja, der Papa kam allerdings, aber es dauerte gewiß noch an die acht Stunden, bis man das Schlürfen seiner Sohlen auf den Teersprossen hörte, welches harte Geräusch zuerst nach oben drang. Eine Viertelstunde später hörte man ihn auch keuchen, und als er wirklich unterhalb der Eingangstür erschien und den ersten Halt machte, war es nach meiner Schätzung schon wieder Abend geworden, obwohl wir wieder in jener Phase gleichmäßiger Dämmerung lebten, wie sie während der ersten vierzehn Tage meines Mondaufenthaltes herrschte. Inzwischen hatten sich sämtliche Kinder angezogen, die Betten wurden gemacht, Potschamber und Pantoffeln in gleichmäßiger Ordnung unter das Bett plaziert, das Mondfenster wurde geschlossen, damit es beim Öffnen der Haupttüre keinen Zug gebe, die Kellertüre zugemacht, Tisch und Bänke gerade hingestellt, und endlich stellte sich die Alte umgeben von sämtlichen Kindern an die offene Eingangstür in Erwartung des Papa. Es war eine großartige Überraschung und ein großartiger Empfang. Als ich sah, daß ich hinter den Kindern vollständig sicher vor Entdeckung sei, kroch ich unter meinem Bett hervor, und nahm meinen Aussichtspunkt. Bevor ich den Mondmann zu Gesicht bekam, sah ich eine große Menge von Stangen, Paketen, Rollen, Kästen, Töpfen, die sich nach aufwärts bewegten: der Mondmann hatte einen ganzen Tändler-Laden auf seinem Buckel; ein Lastträger im Gebirge konnte nicht stärker bepackt sein; erst geraume Zeit später entdeckte ich über den Köpfen der Kinder hinweg tief drunten das kleine aber heftig gerötete Gesicht des Mondmannes; es glänzte vor Freude und Entzücken, und in einem Moment des Stillhaltens rief er mit schwacher, heiserer Stimme, fortwährend wie ein Asthmatiker von kurzen Atemstößen unterbrochen, herauf: »Mutter, – dies–mal – hab’ ich – große – Ernte ge–halten.« »Ja, komm nur herauf, Herzensmännchen!« sagte die Alte, welchem Willkomm ein großes Geschrei und Gejubel der Kinder folgte. – Der Alte glotzte fortwährend herauf, obwohl er sich dabei zweifellos viel schwerer atmete, als wenn

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