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3 Weil aber der größere Teil seiner Soldaten auf Urlaub abwesend war, da sie es nicht weit nach Italien hatten, andere sich gleichfalls in eigenen Angelegenheiten anderswohin entfernt hatten und die Eingeborenen, diesen Augenblick benutzend, einen unerwarteten Angriff auf ihn machten, wurde er durch Verzweiflung zur Tollkühnheit getrieben. 4 Plötzlich brach er aus seinem Winterlager hervor, setzte durch das tollkühne Wagstück die ihn umgebenden Feinde in Bestürzung und schlug sich mitten durch sie zu den Höhen durch. Sobald er in Sicherheit war, rächte er sich an ihnen und bezwang sie, behielt jedoch seine Winterquartiere nicht mehr hier, sondern zog in das Land der Allobroger. Dies geschah in Gallien.

      (6) Währenddessen hatte Pompeius durch einen Volksbeschluss die Rückberufung Ciceros bewirkt. Durch Clodius hatte er ihn verbannt, und diesem zum Trotz brachte er ihn jetzt zurück. So wenig bedarf es, den Sinn der Menschen zu ändern, und von denen, von welchen man Vorteil oder Nachteil erwartet, widerfährt einem oft das Gegenteil. – 2 Es unterstützten ihn auch mehrere Prätoren und Volkstribune, unter anderen Titus Annius Milo, welche den Antrag auch dem Volk vorlegten, desgleichen Konsul Publius Cornelius Lentulus Spinther, teils aus Gefälligkeit gegen Pompeius, teils auch um seine Privatrache an Clodius zu befriedigen. Aus diesem Grund hatte er ihn auch als Richter des Ehebruchs für schuldig erklärt. 3 Diesem dagegen standen außer anderen Staatsbeamten auch sein Bruder, der Prätor Appius Claudius, und Konsul Quintus Metellus Nepos, der Letztere aus besonderer Feindschaft gegen Cicero, bei.

      (7) Da sie die beiden Konsuln an ihrer Spitze hatten und auch die anderen Bürger in der Stadt für oder wider Partei nahmen, erneuerten sich die Unruhen und waren noch heftiger als zuvor. Hieraus entstand viel Unordnung, und Clodius, der voraussah, dass bei der Abstimmung die Menge für Cicero sein würde, 2 stürmte mit den Gladiatoren, welche sein Bruder für die Leichenspiele zu Ehren ihres Verwandten Marcus in Bereitschaft hatte, in die Versammlung, verwundete und tötete viele. 3 So kam der Vorschlag nicht zur Abstimmung, und von jenen als Leibwächtern umgeben wurde er allen ein Graus. Daher bewarb er sich nun um die Ädilität, um sich durch seine Wahl der Anklage wegen Gewalttat zu entziehen. 4 Denn Milo hatte ihn zwar angeklagt, aber noch nicht vor Gericht gestellt, weil die Quästoren, durch welche die Auslosung der Richter geschehen musste, noch nicht gewählt waren; und Nepos verbot dem Prätor, vor deren Wahl Gericht zu halten. Die Ädile mussten aber vor den Quästoren gewählt werden, und hauptsächlich deshalb trat der Verzug ein.

      (8) Milo veranlasste durch seinen Widerstand gegen eben dieses vielfache Unruhen, und zuletzt sammelte auch er Gladiatoren und andere Parteigenossen um sich und lag in beständigem Kampf mit Clodius, und durch die ganze Stadt hin entstanden Schlägereien. 2 Nun aber begann Nepos, sich vor seinem Amtsgenossen, vor Pompeius und den anderen Großen zu fürchten und trat zur Gegenpartei über. Jetzt kam die Rückkehr Ciceros auf Spinthers Vorschlag im Senat auf die Tagesordnung und wurde vom Volk auf Antrag beider Konsuln genehmigt. 3 Zwar widersprach ihnen Clodius, aber Milo trat ihm so kräftig entgegen, dass er keine Gewaltschritte wagte und seine Gegenpartei, teils von anderen, teils und hauptsächlich von Pompeius unterstützt, bei Weitem die Oberhand gewann.

      (9) So kehrte Cicero zurück und dankte, mit Bewilligung der Konsuln, dem Senat und dem Volk in der Curie und auf dem Forum. Er söhnte sich mit Pompeius, dem er wegen seiner Verbannung gegrollt hatte, aus und vergalt ihm sogleich seinen Freundschaftsdienst. 2 Da in Rom eine große Hungersnot herrschte und die ganze Volksmenge in das Theater, ein Gebände der Art, wie man es damals zu Festversammlungen gebrauchte, und von da gegen die auf dem Capitol versammelten Väter strömte und sie bald in Stücke zu reißen, bald samt den Tempeln zu verbrennen drohte, bewegte sie Cicero, Pompeius die Beschaffung des Getreides zu übertragen und ihm zu diesem Zweck die Prokonsulargewalt in und außerhalb Italiens auf fünf Jahre zu erteilen. Wie also früher im Seeräuberkrieg, so sollte er auch jetzt über den ganzen unter den Römern stehenden Erdkreis gebieten.

      (10) Caesar und Crassus, die sonst nicht gerade Ciceros Freunde waren, blieben, da sie sahen, dass er auf jeden Fall zurückkehren würde, für ihn nicht untätig; auch in seiner Abwesenheit hatte Caesar ihm Beweise seines guten Willens gegeben, aber sie ernteten keinen Dank von ihm. 2 Denn Cicero wusste, dass sie es nicht aus lauterer Absicht getan hatten, und glaubte, dass sie die Hauptschuld an seiner Verbannung trügen. Er erkühnte sich aber öffentlich nicht, wider sie zu reden, da er noch jüngst die Früchte seines zu ungezügelten Freimuts geschmeckt hatte, sondern schrieb eine geheime Geschichte, die eine Rechtfertigung seiner Ratschläge sein sollte, 3 worin er viele nachteilige Aufschlüsse über sie und andere Männer gab.128 Damit sie aber nicht noch zu seinen Lebzeiten bekannt würde, übergab er sie versiegelt seinem Freigelassenen mit dem Auftrag, sie vor seinem Tod weder zu lesen noch herauszugeben.

      (11) So kam Cicero wieder empor, und er erhielt nicht nur sein übriges Vermögen, sondern auch die Baustelle seines Hauses zurück, obschon sie von Clodius der Göttin der Freiheit geweiht und ihre Entheiligung mit einem Fluch belegt worden war. 2 Denn Cicero stieß, indem er das Curiatsgesetz, nach welchem Clodius von den Patriziern zum Volk übergetreten war, deshalb als gesetzwidrig verwarf, weil es nicht zu der nach den Satzungen der Väter bestimmten Zeit vorgebracht war, das ganze Tribunat des Clodius, unter welchem der Beschluss wegen seines Hauses gefallen war, um und erklärte jede Verfügung unter dessen Tribunat für ungültig, da dessen Übertritt zum Volk auf ungesetzlichem Weg stattgefunden habe. 3 Durch diese Gründe überzeugte er die Oberpriester, ihm seine Hausstelle, als weder dem Staat noch den Göttern verfallen, zurückzugeben. So bekam er nicht nur diese, sondern auch Geld zum Wiederaufbau seines Hauses und als Vergütung sonstiger etwaiger Verluste.

      (12) Hierauf kam es wegen König Ptolemaios zu neuen Unruhen. Er hatte nämlich an mehrere Römer teils aus eigenen Mitteln, teils mit geborgten Summen von hohem Betrag verschwendet, um die Bestätigung seiner Herrschaft und den Titel eines Freundes und Bundesgenossen zu erhalten. Dieses Geld hatte er von den Ägyptern mit Gewalt eingetrieben. 2 Sowohl hierdurch als auch durch seine Weigerung, ihrem Verlangen gemäß Zypern von den Römern zurückzufordern oder seine Freundschaft abzusagen, war er bei seinen Untertanen sehr verhasst. Als er keine Söldner hatte und daher nicht imstande war, sie durch Güte oder mit Gewalt zu beschwichtigen, 3 entwich er aus Ägypten nach Rom, klagte seine Untertanen an, als hätten sie ihn aus dem Reich vertrieben, und bewirkte, dass Spinther, dem Kilikien als Provinz zugefallen war, ihn zurückführen sollte.

      (13) Inzwischen hatten die Alexandrier, welche nicht wussten, dass der sich nach Italien begeben hatte, oder glaubten, er sei tot, seine Tochter Berenike auf den Thron gesetzt; dann aber, als sie die Wahrheit erfuhren, sandten sie hundert Männer nach Rom ab, um sich wegen seiner Beschuldigungen zu rechtfertigen und ihn seiner Bedrückungen wegen anzuklagen. 2 Auf die Kunde davon ließ der König, der noch in Rom war, den Gesandten vor ihrer Ankunft an verschiedenen Punkten auflauern und die meisten unterwegs, von den Übrigen einige in der Stadt selbst, ermorden, die anderen aber schüchterte er ein oder bestach sie, dass sie vor den Behörden in Rom weder mit ihrer Sendung erschienen, noch auch die Ermordung ihrer Gefährten in Erwähnung bringen konnten.

      (14) Dessen ungeachtet wurde die Sache so ruchbar, dass der Senat in heftigen Unwillen geriet, besonders auf die Vorstellung des Marcus Favonius, dass schon viele Abgesandte der Bundesgenossen gewaltsam ermordet worden seien und noch jetzt viele Römer sich bestechen ließen. 2 Sie beschieden also den noch überlebenden Dio, als Haupt der Gesandtschaft, vor sich, um von ihm den wahren Verlauf der Sache zu erfahren. Allein die Bestechungsmaßnahmen des Königs waren so allmächtig, dass Dio weder vor dem Senat erschien noch auch, solange er in Rom war, der Ermordeten weitere Erwähnung geschah. 3 Ja als selbst Dio nachher meuchlings ermordet worden war, zog man den Ptolemaios doch nicht zur Verantwortung, wozu unter anderem nicht wenig beitrug, dass Pompeius ihn zu sich ins Haus aufgenommen und mit seinem ganzen Einfluss unterstützte. 4 Zwar wurden in der Folge mehrere deshalb angeklagt, aber nur wenige schuldig gefunden. Denn der Bestochenen waren sehr viele, und aus Furcht wegen der eigenen Schuld suchte immer einer dem anderen durchzuhelfen.

      (15)

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