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auf, nicht weil man ihnen misstraute, sondern weil sie es für unter ihrer Würde hielten, anderen Geiseln zu geben. Sie wollten nichts weiter von Unterhandlungen hören, rückten vor, empfingen Caesars Reiterei, welche dem Fußvolk zu weit vorgesprengt war und selbst ihre Nachhut hinter sich gelassen hatte, mit ihren Reitern und besiegten sie. 2 Hierdurch ermutigt und in der Meinung, Caesar fliehe, weil er sich sowohl wegen seines Verlustes als auch aus Mangel an Lebensmitteln zu einer abgelegenen Stadt122 hingewendet hatte, zogen sie nicht weiter, sondern setzten ihm nach. 3 Als Caesar dies sah und ihr Ungestüm und ihre Überzahl fürchtete, besetzte er mit dem Fußvolk eine Anhöhe und warf ihnen die Reiter entgegen, um sie so lange hinzuhalten, bis er sich an einem tauglichen Ort in Schlachtordnung aufgestellt hätte. Als jene sie noch einmal warfen und mutig auf die Anhöhe stürmten, brach er plötzlich gegen sie los und trieb sie von oben her, mit geschlossenen Gliedern die Zerstreuten angreifend, ohne Mühe zurück. 4 Als diese flohen, fielen andere, die noch nicht gekämpft hatten (denn ihrer Menge und ihres Ungestüms wegen waren nicht alle zugleich angelangt), den Verfolgern in den Rücken und brachten sie in Unordnung, richteten aber sonst weiter nichts aus, 5 denn Caesar überließ den Reitern die Flüchtigen, warf sich mit den Legionen auf jene, besiegte und verfolgte sie bis zu ihrer Wagenburg, wohin beide Heeresteile sich geflüchtet hatten, und schlug sie nach mutiger Gegenwehr noch einmal. Nach diesem Verlust trennten sich die Barbaren in zwei Parteien. 6 Die einen verhandelten mit Caesar, kehrten in ihre Heimat zurück und bauten ihre Städte wieder auf, die anderen wollten ihre Waffen nicht niederlegen und zogen zum Rhein, als könnten sie von da in ihr Vaterland zurückkehren, wurden aber von den Bundesgenossen der Römer, durch deren Gebiet sie vordrangen, schwach an Zahl und gerade erst besiegt, mit wenig Mühe aufgerieben. So beendigte Caesar seinen ersten Krieg.

      (34) Nach einem solchen Anfang ruhte er nicht mehr, sondern suchte die eigenen Pläne auszuführen und zugleich den Bundesgenossen einen Dienst zu erweisen. Denn die Sequaner und die Haeduer, welche seine Lust zum Krieg und seine Hoffnungen von so glücklichem Erfolg begleitet sahen, wünschten, sich ihm gefällig zu zeigen und sich zugleich an ihren Nachbarn, den Kelten zu rächen. 2 Diese waren vor langer Zeit über den Rhein gegangen, hatten sie nach Wegnahme eines Landstrichs zinsbar gemacht und Geiseln von ihnen genommen. Deshalb kamen sie mit der Bitte um Beistand ganz seinen Wünschen entgegen.

      3 Über jene Kelten herrschte Ariovist,123 die Römer hatten ihn als König bestätigt und unter Caesars Konsulat unter ihre Freunde und Bundesgenossen aufgenommen. Lüstern nach Kriegsruhm und daraus erwachsender Macht nahm er darauf nicht weiter Bedacht, als dass er von ihnen selbst Anlass zum Streit bekommen wollte, um den Schein zu vermeiden, als habe er den ersten Schritt wider sie getan. 4 Deshalb lud Caesar ihn zu sich ein, als habe er etwas mit ihm zu besprechen. Da dieser nicht gehorchte, sondern erwiderte: »Wenn Caesar mit mir sprechen will, so komme er zu mir. Wüsste ich doch nicht, dass ich weniger wäre als er! Wer des anderen bedarf, muss zu ihm gehen!«, 5 war jener sehr darüber aufgebracht, als hätte er damit alle Römer beschimpft, forderte sogleich die Geiseln der Bundesgenossen zurück und verbot ihm, weder deren Land weiter zu betreten, noch auch Verstärkungen aus der Heimat an sich zu ziehen. Damit wollte er ihn nicht so sehr einschränken, als vielmehr aufreizen, um dadurch einen gültigen und scheinbaren Vorwand zum Krieg zu erhalten, was denn auch geschah. 6 Denn entrüstet über diese Befehle ließ ihm Ariovist viel Unangenehmes melden, worauf Caesar alle Unterhandlungen abbrach und sogleich Vesontio,124 die Hauptstadt der Sequaner, bevor man es vermutete, besetzte.

      (35) Als aber die Kunde kam, dass Ariovist sich gewaltig rüste, dass viele andere Kelten teils schon über den Rhein gesetzt waren, um ihm zu helfen, teils sich dicht am Fluss gesammelt hätten, um plötzlich über sie herzufallen, sank den Soldaten der Mut. 2 Denn die Körpergröße, die Menge, der Mut und die daraus sich ergebenden Drohungen derselben hatten sie dermaßen in Furcht gesetzt, dass sie nicht mehr mit Menschen, sondern mit wilden, unbändigen Tieren zu tun zu haben glaubten. Sie ließen verlauten, sie hätten einen unrechtmäßigen, vom Senat nicht beschlossenen Krieg für den Ehrgeiz Caesars zu führen, und drohten ihn zu verlassen, wenn er auf seinem Plan bestünde. 3 Als er dies vernahm, sprach er nicht an die Masse des Heeres (denn er hielt es für unpassend, darüber mit der Menge zu verkehren, zumal es dem Feind zugetragen werden könnte; auch fürchtete er, sie möchten, wenn er sie nicht überreden könnte, sich auflehnen und Gewaltschritte unternehmen). Dagegen berief er die Unterbefehlshaber und die untergeordneten Hauptleute und hielt an sie folgende Rede:

      (36) »Ganz anders, ihr Freunde, müssen wir meines Erachtens über die eigenen als über die Staatsangelegenheiten zurate gehen; denn die Einzelnen haben für sich und die Gesamtheit hat für den Staat verschiedene Ziele. Wir für uns haben das Billigste und Sicherste, das Volk hat das Beste zu wählen und in Ausführung zu bringen. 2 Zwar darf man auch in privaten Dingen nicht nachlässig sein, da sonst auch ein mäßiger Glücksstand nicht bestehen bliebe, doch glaubt sich der Einzelne, wenn er nichts unternimmt, am gesichertsten; ein Staat aber, zumal wenn er nach außen herrscht, würde dadurch gar bald zugrunde gehen. 3 Denn dies ist keine Satzung von Menschen, sondern ein Gesetz der Natur, welches galt, gilt und gelten wird, so lang es Menschen gibt. Ist dem so, so darf auch keiner von euch die eigene Bequemlichkeit oder Sicherheit mehr als aller Römer Ehre und Vorteil vor Augen haben. 4 Denn bedenkt vor allem, dass wir, so befähigt und in solcher Zahl aus dem Senat und den Rittern mit so vielen Streitern und Geldmitteln nicht hierhergekommen sind, um zu tändeln, um die Hände in den Schoß zu legen, 5 sondern der Untertanen Angelegenheiten wohl zu ordnen, die Verbündeten zu schützen, die Eingriffe der Feinde zurückzuweisen und unsere Macht zu vergrößern. 6 Wenn wir nicht so gesinnt hierhergekommen sind – warum sind wir überhaupt ausgezogen und nicht lieber zu Hause bei den Unseren geblieben? Denn immer war es noch besser, in den Kriegsdienst gar nicht einzustehen, als die uns nun obliegende Pflicht zu verraten. 7 Wenn nun aber die einen von den Gesetzen zur Erfüllung der Gebote des Vaterlands berufen, die anderen und meisten von uns freiwillig, der Ehren und Vorteile wegen, die der Krieg erwirbt, zugegen sind, wie vertrüge es sich mit Ehre und Pflichtgefühl, die Hoffnungen derer, die uns ausgesandt haben, aber unsere eigenen nicht zu erfüllen? 8 Denn keiner ist wohl so vom Glück gestellt, dass das Verderben des Staats nicht das seinige würde; das Glück des Ganzen aber hebt alles Unglück, selbst das der Einzelnen, auf.

      (37) Ich spreche dies nicht vor allem gegen euch, ihr Genossen und Freunde, die ihr hier zugegen seid (denn weder verkennt ihr dies, um der Belehrung, noch verachtet ihr es, um der Ermahnung zu bedürfen), sondern weil ich höre, dass einige der Soldaten sich äußern, dass der Krieg nicht rechtmäßig sei, und die anderen zum Ungehorsam anstiften, 2 auf dass ihr selbst durch meine Rede euren Eifer für das Vaterland bestärkt und jene auf ihre Pflicht verweist. Denn mehr nützt es, wenn sie es von euch einzeln und wiederholt erfahren, als wenn ich sie einmal darüber zu belehren suche. 3 Stellt ihnen vor Augen, dass unsere Vorfahren nicht durch Daheimsitzen, durch Scheu vor dem Kriegsdienst, durch Furcht vor Kriegen, durch sorgloses Hindämmern unsere Stadt zu solcher Größe erhoben haben, sondern dadurch, dass sie mit dem Geist jede kühne Tat erfassten und mit dem Körper die gefassten Beschlüsse aufs Eifrigste ausführten, 4 dass sie das Ihrige, als wäre es Fremdes, dafür einsetzten und über den Besitz der Nachbarn, als wäre es der ihrige, verfügten, dass sie kein anderes Glück als die Erfüllung ihrer Pflichten und kein anderes Unglück kannten, als im Glück müßigzugehen. 5 Auf diese Weise haben sie, eine Handvoll Leute in der kleinsten Stadt, die es im weiten Umkreise gab, die Latiner überwunden, die Sabiner besiegt, die Tyrrhener (Etrusker), Volsker, Opiker, Lucaner, Samniten überwältigt, in kurzer Zeit das ganze Land diesseits der Alpen bezwungen und alle fremden Völker, die sie angriffen haben, aus dem Felde geschlagen.

      (38) Ihnen nacheifernd haben die späteren Römer, unsere Väter, sich nicht mit dem begnügt, was sie besaßen und ererbt hatten, sondern in der Überzeugung, dass träge Ruhe ihr gewisses Verderben, ihr sicherstes Heil aber Mühe und Beschwerde sei, aus Furcht, ihre Macht

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