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möchte ich noch seltner sehn.

      LEOPOLD. Er hat ein unglückseliges Gesicht. –

      MATHILDE. Mich wirft sein ernster glühender Blick zusammen, ich halte es oft nicht aus, wenn er mir gegenüber sitzt. – Er ist nun bald Besitzer dieses Schlosses. – Ach! wie wird die Zukunft aussehn!

      LEOPOLD. Man muß in der Gegenwart nie daran denken, – laßt sie werden, wie sie will; indem wir darauf gefaßt sind, besiegen wir das Schicksal. – Kommt, das Wetter ist trüb und regnigt. – Heut Abend seh' ich Euch in Eurem Zimmer, aber Ihr müßt heiter sein. sie gehn ab.

      (Rüstkammer.)

      KARL allein. Nein, kein Meuchelmord, nein, ich will ihm offen entgegen treten und mein Leben gegen das seinige wagen. – Wie schlägt mein Herz, da ich hier die Panzer und die Schwerter aller meiner Ahnherrn vor mir sehe. – Hier sprechen mich Thaten und Geister an; – o ihr edlen Reste aus einer alten Zeit, als man euch noch gebrauchte, und diese Aexte und Schwerter im Getümmel klangen – wer dachte damals beim Feldgeschrei an jenen trüben Nachkommen, der hier unter Euch wandeln würde, um sein Herz zu einer guten That zu erweitern. – Dies ist vom ganzen Geschlechte übrig geblieben, – wie vertraut war die Hand meiner Väter mit diesen Griffen an den Lanzen, – o wie lieb' ich diese stummen, unbeseelten, mir reliquientheuren Waffenbildungen! – Welches dieser Schwerter mag wohl das älteste sein? – Dieses mit der wunderbaren Handhabe, mit der fein getriebenen Goldarbeit? – ja, du sollst von nun an das meinige werden.

      CONRAD tritt herein.

      CONRAD. Seid Ihr hier, Ritter? – Ich habe Euch allenthalben gesucht, es ist nicht recht, wenn Ihr jetzt allein seid.

      KARL. Warum? – was meinst Du, daß daraus entstehen kann, wenn ich mit mir allein bin?

      CONRAD. Ach Gott! es ist mir selbst ängstlich zu Muthe, ich habe keinen hier im Schlosse, mit dem ich sprechen, mit dem ich umgehn könnte; da bin ich nun so dreist, mich immer noch zu Euch zu halten, weil ich Euch schon als Knabe kannte und liebte, und Ihr mir, wie ich glaube, auch immer etwas gut waret. Alle Gesichter hier in der Burg sind mir fremd und zuwider, den Knechten und Knappen bin ich mit meinem Alter zum Gespötte, – o wenn doch mein Sohn, mein Wilhelm mit seinem Herrn aus dem gelobten Lande zurückkehrte!

      KARL. Bleib immer bei mir, Conrad. – Horch! donnert es nicht fern ab in den Bergen?

      CONRAD. Ich glaube, ja, die Winde rauschen gewaltig durch die Bäume, ungeheure Wolken arbeiten sich durch den Himmel und schwarze Schatten liegen in den Thälern. Ich glaube, es kömmt ein Gewitter herauf. – Seht, es leuchtet schon heftig aus der Ferne – nun, Gott im Himmel sei uns gnädig. –

      KARL. Fürchtest Du Dich beim Gewitter, Conrad?

      CONRAD. Ja, Herr.

      KARL. Ich nicht.

      CONRAD. Und doch solltet Ihr's. Es ist die Stimme des Herrn selbst, die dann über die Wolken hinfährt, und die arme zitternde Welt in banger Erwartung festhält; seht, Bäume, Wälder und Felsen fürchten sich, warum sollte es dem Menschen nicht ziemen?

      KARL. Wie lange hast Du meinen Vater gekannt?

      CONRAD. Von seiner Jugend auf.

      KARL. Und Du hast ihn geliebt?

      CONRAD. Daß ich's Euch nicht sagen kann. – Seht, wenn ich ganz zu Euch aufrichtig sein soll, so fährt mir's durch Mark und Gebein, so oft ich nur den Fremden sehe. Gott hatte in der vorigen Woche sein Angesicht so sehr von mir gewendet, daß ich ihm gern Gift in den Becher geschüttet hätte, als ich ihn bei Tische bedienen mußte.

      KARL. Du bist mein wahrer Freund. – Und sage mir, wie denkst Du von meiner Mutter?

      CONRAD. Es kümmert mich Tag und Nacht, – (aber zürnt über meine Rede nicht) daß sie die Wege des Herrn verlassen hat. – Der Fremde hat sie verführt, – denn ehmals –

      KARL. Nun, er soll nicht wieder zu ihr gehn. – Da Dein Herz so viel leidet, Conrad, o so kannst Du fühlen wie das meinige zerrissen wird, da ich von diesem ermordeten Vater der Sohn bin, da diese Entehrte meine Mutter ist. Er soll ihr Schlafgemach nicht wieder betreten, ich will es nicht länger dulden.

      CONRAD. Ach, ich zittre für Euch. Er ist ein geübter Ritter.

      KARL. Mag ich doch sterben, wenn er nur gestraft wird; und zu wessen Freude sollt ich auch weiter leben? Mein Bruder und meine Mutter hassen mich, kein ander Wesen fragt nach mir, – Dich ausgenommen, Conrad, darum weine nicht; Dich ausgenommen.

      CONRAD. Nun da seht Ihr, daß Ihr doch einer Seele lieb und theuer seid, und so werdet Ihr noch mehrere finden, recht wackre brave Menschen. Laßt's nur gut sein, jeder findet doch endlich seinen Bruder aus diesem irdischen Getümmel heraus.

      KARL. Hast Du ihn herausgefunden?

      CONRAD. Nein.

      KARL. Nun so schweig davon. Ich fühl's, daß sich alles vor mir zurückneigt; schon als Kind, wenn man meinem Bruder schmeichelte, ließen mich alle einsam stehn und meine Mutter ließ mich aus dem Zimmer führen, wenn ich dann in Unmuth schrie und weinte. Mein Bruder Reinhard schien mich zu lieben, als er ein Knabe war, kaum war er zu Verstande gekommen, als er mich auch haßte.

      CONRAD. Wollt Ihr denn Euer ganzes Leben unter diesen traurigen Phantasieen aufzehren?

      KARL. Sieh, Conrad, so steh ich in einer schrecklichen Einsamkeit; ich bin nicht leicht, gewandt und schnell, ich habe keinen behenden Verstand, ich habe keinen Ruf, Niemand weiß von mir, Niemand mag von mir wissen. –

      CONRAD. Liebster Karl!

      KARL. Und so mag denn das Gewitter heraufziehn! Warum sollt' ich mich fürchten? Mich wird es nicht suchen!

      CONRAD küßt ihm die Hand. Hört auf, so zerbrecht Ihr mir doch nur das Herz.

      KARL, der ihn in die Arme nimmt und herzt. Alter Mann! siehst Du, Du bist der einzige, der mich liebt und Dich lieb' ich auch dafür von ganzer Seele. Du bist meine Welt, mein Nachruhm, meine Geliebte, Du bist mir Mutter und Vater. Glaube ja nicht, daß ich es Dir je vergessen kann, wenn ich auch zuweilen ein verdrüßlich Gesicht machen, und Dich wie die übrigen anfahren sollte; so finster ich auch äußerlich sein mag, so steht mein Herz für Dich doch immer im Sonnenschein der Liebe.

      CONRAD. Wie soll ich mich darüber genug freuen?

      KARL. Aber dafür laß mich auch die übrige Welt so hassen, wie sie es verdient. – Sieh dies Schwert.

      CONRAD. Ich habe mich schon längst gewundert, wie es in Eure Hände kömmt.

      KARL. Warum?

      CONRAD. Hängt es wieder dort hin, ich bitte Euch.

      KARL. Du bist seltsam.

      CONRAD. Laßt es immer seltsam und thöricht klingen, wenn ich Euch sage, mir graut recht innerlich davor, aber es ist so.

      KARL. Desto besser; – siehst Du, Conrad, das ist das große Rachschwert, wodurch ich den Geist meines Vaters versöhnen will.

      CONRAD. O hängt es, hängt es weg. – Seht, es ist für Euch zu gewichtig.

      KARL. Hältst Du mich für einen Knaben?

      CONRAD. Es ist ein gefährliches, furchtbares Eisen.

      KARL. Das soll es sein.

      CONRAD. Es ist, o laßt mich nicht vergeblich bitten, es ist ein Mörderschwert.

      KARL. Ich will's behalten, Conrad, ich habe es mir zur Rache auserlesen und eingeweiht.

      CONRAD. Komm' ich mir doch selbst als ein Kind vor, daß mir so viel dran liegt. – Aber so muß ich Euch denn sagen, es ist dasselbe Schwert, mit dem Ulfo seinen Bruder erschlug. – Ihr wißt doch die Geschichte?

      KARL nachdenkend. Ja.

      CONRAD. Und darum ist es ein ruchloser Stahl und zu keinem edlen Werke brauchbar.

      KARL. Laß ihn, er soll geadelt werden, ich will das Bruderblut mit dem Blut eines Mörders und Ehebrechers

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