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Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther Kabel
Читать онлайн.Название Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band
Год выпуска 0
isbn 9788075831101
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Es kam nämlich eine Depesche aus Amsterdam von der Firma Blijdenstein & Co., der Diamantenschleiferei, in der Heubner und Stahl angestellt waren. Man telegraphierte folgendes interessante:
Soeben folgendes Telegramm erhalten: Heubner schwer krank in N., Post … bei Dr. Wohlenberg.
Blijdenstein & Co.
Diese Drahtnachricht wurde natürlich sofort Hoffmann übermittelt, der erregt von ihrem Inhalt Kenntnis nahm. Was bedeutete das?
Die Staatsanwaltschaft, der natürlich diese neue Wendung sofort mitgeteilt worden war, gab Hoffmann den Auftrag, nach N. zu fahren und Heubner zu vernehmen.
Hoffmann brannte darauf, das angefangene Werk zu Ende zu bringen. Schnell hatte er die anliegenden Arbeiten angeschlossen, die erforderlichen Befehle gegeben und alles zur Abreise vorbereitet. Der gefundene Hut, der Damenrock und der erbrochene Tresor wurden eingepackt, desgleichen die von ihm und Lehnert gemachten photographische Aufnahmen Dekkers – man konnte diese Dinge eventuell gebrauchen.
* * *
Der Zug fuhr gegen Morgengrauen in Hannover ein. Hier mußte Hoffmann umsteigen. Der von ihm bis jetzt benutzte Schnellzug hielt nicht in … und er mußte deshalb den Personenzug von hier ab benutzen. Aber bald war auch dieser Teil der Reise überstanden.
Es war ein herrlicher Tag, echtes, rechtes Frühlingswetter mit warmem Sonnenschein, lauen Winden und erquickenden Düften. Als er die letzte Bahnstation erreicht hatte, stieg er in einem Wagen, der ein unbeschreibliches Zwischending zwischen einem Landauer und einem Erntewagen war. Durch den knospenden, grünenden Wald ging es Richtung N. Der Weg war schlecht, der Wagen elend gefedert, und die beiden alten Gäule stolperten nur bedächtig vorwärts, so daß man jeden Ruck und Stoß bis auf die Neige gründlichst auskosten mußte.
So war Hoffmann froh, als sie endlich vor einem freundlichen Landhaus hielten, das, von einem Garten umgeben, eigentlich im Walde lag. Nur nach der einen Seite sah man freies Land und darauf zerstreut und unregelmäßig die bescheidenen Häuschen von N. Die Villa Dr. Wohlenbergs lag allein, und zum nächsten Haus brauchte man wohl gut zehn Minuten.
Hoffmann stieg ab und entlohnte den Kutscher. Auf sein Klingeln öffnete der Diener, der Hoffmann, nachdem dieser ihm seine Karte gegeben, zum Hausherren melden ging.
Hoffmann hatte seine Ankunft von Berlin aus bereits angezeigt, so daß Dr. Wohlenberg ihn eigentlich erwartete. So mußte der Kommissar nicht lange in dem Zimmer, in das er von dem Diener geführt worden war, warten. Schon nach einigen Sekunden trat durch eine andere Tür ein hoher, stämmiger Herr, dem man auf den ersten Blick ansah, daß er der Herr des Hauses sei. Hoffmann sprang auf und sagte mit leichter Verbeugung:
»Kriminalkommissar Hoffmann aus Berlin.«
»Sehr erfreut. Wohlenberg. Womit kann ich Ihnen dienen?«
»Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich in den Frieden Ihres Heims eindringe, Herr Doktor,« erwiderte Hoffmann, »aber die Pflicht zwingt mich dazu. Dürfte ich Sie um einige Augenblicke Gehör bitten?«
Dr. Wohlenberg nötigt ihn, in sein Arbeitszimmer einzutreten.
Die beiden Männer setzten sich einander gegenüber; der Arzt in den weiten Schreibtischstuhl, Hoffmann in einen bequemen Lutherstuhl mit hoher Rückenlehne. Eine Zigarre, die Dr. Wohlenberg ihm anbot, nahm er dankend an. Er betrachtete sein Gegenüber forschend. Es war eine breitschultrige, wohlgebaute Erscheinung, straff und energisch in jeder Bewegung; der Kopf scharfgeschnitten, mit einer kräftigen, gebogene Nase, die Augen klar und kühn.
»Ich komme wegen des Herrn Heubner, der sich ja bei Ihnen befindet, Herr Doktor,« sagte endlich Hoffmann nach einigen Sekunden des Schweigens, während dem sie die Zigarren entzündeten. Dr. Wohlenberg nickte.
»Herr Heubner ist nämlich,« fuhr Hoffmann vor, »schwer verdächtig, einen Diebstahl unter sehr raffiniert ersonnenen Umständen ausgeführt zu haben, und ich bin beauftragt, hierüber zu recherchieren.«
Mit finsterer Miene und fest geschlossenem Mund hörte er ohne ihn zu unterbrechen, die Erzählung Hoffmanns an, der ihm den Bericht des Diebstahles gab und die besondere Umstände hervorhob, die Heubner belasteten.
»Und nun,« endete Hoffmann, »möchte ich Sie bitten, mir möglichst genau das Datum anzugeben, seitdem Heubner sich bei Ihnen befindet, unter welchen Umständen er zu Ihnen kam und unter welchem Vorwand.«
Eine kurze Weile erwiderte Dr. Wohlenberg gar nichts. Er sah nur still vor sich hin und dachte nach – die Erzählung Hoffmanns schien ihn eigenartig berührt zu haben. Der Kommissar glaubte sogar zu sehen, schmerzlich, so zuckte es einmal über das wettergebäunte Gesicht ihm gegenüber.
Noch immer schweigend griff der Arzt nach einem der Bücher, die auf dem Tisch lagen. Es schien sein Patientenbuch zu sein. Eine Weile suchte er darin.
»Heubner ist seit dem … März bei mir,« sagte er.
»Das ist also ein Tag nach dem Diebstahl,« meinte Hoffmann, »und unter welchem Vorwand kam er in Ihr Haus?«
»Unter einem ziemlich triftigen. Er wurde von Bauern im bewußtlosen Zustand mit schweren Verletzungen zu mir gebracht.«
»War er überfallen worden?«
»Das schien mir nicht. Die äußeren Verletzungen, es schienen nur Abschürfungen zu sein, waren nicht so schlimm wie die inneren.«
»Und darf ich fragen, warum Ihr Telegramm erst so spät an Blijdenstein & Co. in Amsterdam abgesandt wurde?«
»Gewiß – Heubner war wochenlang bewußtlos und vernehmungsunfähig. Er konnte kein Wort sprechen, ich telegraphierte sofort, als er mir Auskunft geben konnte.«
»Ich verstehe, Herr Doktor, aber Sie hätten doch die Polizei benachrichtigen können, das wäre sogar Ihre Pflicht gewesen.«
»Darum habe ich mich nicht gekümmert, da ein Verbrechen mir nicht vorzuliegen schien und war froh, daß der arme Kerl gerettet werden konnte. – Übrigens können Sie mich ja in Strafe nehmen, Herr Kommissar,« sagte er sarkastisch und trocken.
Hoffmann schien das letzte zu überhören oder er tat wenigstens so.
»Und ist Heubner vernehmungsfähig?«
»Das schon, obwohl ich ihm Aufregungen noch gerne ersparen möchte.«
Hoffmann zuckte mit den Achseln.
»Ich halte ihn nämlich für unschuldig.«
Das klang seltsam, halb fest und halb – wie um sich selbst etwas einzureden. Hoffmann konnte nichts darauf erwidern, denn in diesem Augenblick öffnete sich die Tür und ein Mädchenkopf zeigte sich in der Spalte.
»Komm nur herein, Else,« sagte der Doktor. Er stellte das junge Mädchen Hoffmann vor.
»Meine Tochter Else – Herr Hoffmann aus Berlin.«
Der verneigte sich vor ihr, und sie begrüßte ihn mit einem entzückenden Lächeln. Sie war schlank und zierlich gebaut, gar kein Ebenbild des Vaters. Sie mochte wohl mehr der Mutter ähneln, und vielleicht war es deshalb, daß der Blick ihres Vaters mit so unendlicher Liebe auf ihr ruhte. Aus der Art, wie sich Vater und Tochter einander gegenüber stellten und behandelten, glaubte Hoffmann entnehmen zu können, daß Dr. Wohlenberg Witwer und seine Tochter das einzige weibliche Wesen hier im Hause sei. Er täuschte sich nicht.
»Nun, wie geht’s deinem Patienten?« fragte der Hausherr und strich über den schimmernden blonden Kopf seines Kindes. Es lag etwas wie Bedauern in seiner Stimme.
»Er schläft.«
Sie huschte wieder hinaus.
»Vielleicht, daß sie erst die Bauern vernehmen, Herr Kommissar, oder liegt Ihnen besonders an einer anderen Reihenfolge?«
»Nein, durchaus nicht.«
»Ich