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Angaben über Dekker machen würden, aber es war von dieser Seite noch keine Nachrichten eingelaufen.

      Für alle Fälle wollte Hoffmann noch einmal nach Amsterdam telegraphieren. Als er die Treppen hinunterstieg, begegnete er Stahl, der ihm entgegenkam.

      »Ah, Herr Stahl, Sie wollen sich wohl nach dem Stand unserer Ermittlungen erkundigen,« sagte er mit einem bitteren Lächeln, »Sie kommen noch etwas zu früh.«

      »Aber doch endlich eine Spur, Herr Kommissar,« meinte Stahl, »wenn Sie nur endlich einen Erfolg hätte; Sie können sich ja meine peinliche Situation vorstellen.«

      »Ja, ja, natürlich,« sprach etwas zerstreut der Angeredete, den irgendein Gedanke lebhaft beschäftigte. Und nur um etwas zu sagen, fragte er: »Bleiben Sie noch längere Zeit hier?«

      »Eigentlich war das der Grund meines Kommens, Herr Kommissar, denn ich habe meine Adresse gewechselt, habe mir ein Zimmer genommen, da ich vorderhand Berlin nicht verlassen werde. Ich hoffe, abwarten zu können, bis der Täter ausfindig gemacht ist. Ich habe Urlaub von meiner Firma verlangt und auch bewilligt bekommen, da ich in der letzten Zeit durch Überbelastung sehr nervös geworden bin. Ich werde mich hier vielleicht einer Kur unterziehen. Da man mich vielleicht noch vorladen dürfte, wollte ich meine neue Adresse –«

      »Ja, ich bitte um sie.«

      Der Kommissar holte sein Taschenbuch hervor und notierte. Während sie dann zusammen auf die Straße traten, fragte Hoffmann, als sich Stahl schon verabschieden wollte, mit Nonchalance:

      »Kennen Sie vielleicht durch Zufall einen Herrn Dekker in Amsterdam?«

      »Dekker, Dekker?« wiederholte Stahl und dachte nach.

      »Ach, bitte strengen Sie sich nicht an, so wichtig ist es mir nicht,« sagte Hoffmann nachlässig und knöpfte seinen Handschuh zu.

      »Ich erinnere mich schon,« fiel hier Stahl ein, »ich kenne den Herrn persönlich nicht, aber, wenn ich mich recht entsinne, nannte Heubner einmal die Namen.«

      5. Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      »Also zieht sich das Netz doch endlich zusammen!«

      Kommissar Hoffmann seufzte erleichtert auf. Man trug ja doch Punkt für Punkt zusammen, auch wenn es anfänglich so ausgesehen hatte, als ob die Arbeit vergeblich wäre. Natürlich – direkt Beweise hatte man noch nicht, aber immerhin schwerwiegende Anhaltspunkte und Verdachtsmomente. Immer drohender der Kreis um den Kopf Dekkers zusammen.

      Hoffmann pfiff ein lustiges Lied vor sich hin, und durch das geöffnete Fenster drang als Antwort das lärmende, frech lustige Frühlingsgezwitscher des Spatzenvolkes. Schon lange hatte Hoffmann nicht so vor sich hin gepfiffen mit jener inneren Befriedigung, die wir stets empfinden, wenn der Erfolg für lange und ehrliche Bemühungen nahe scheint.

      Er griff nach dem Brief der Amsterdamer Konfektionsfirma, der endlich gekommen war. Hoffmann hatte ihn schon ungeduldig erwartet, denn er konnte vielleicht etwas Aufklärung bringen. Er öffnete eilig den Brief und las:

      ›An das

       Kgl. Polizeipräsidium

       Berlin

      Zur Beantwortung Ihres Schreibens vom 17. März dieses Jahres teilen wir Ihnen erg. mit, daß der uns zugesandte Damenrock nicht nach Maß bei unserer Firma angefertigt wurde, sondern der Rock eines Modellkostüms ist. Leider konnte nicht festgestellt werden, wer der Käufer war, da das Kleid nicht in die Wohnung geschickt, sondern gleich aus dem Geschäft mitgenommen wurde. Eine unserer Damen glaubt, sich mit ziemlicher Sicherheit zu erinnern, daß das Kleid von einem einzelnen Herrn gekauft wurde, dessen Äußeres sie als schlank, gut mittelgroß und brünett angibt. Er dürfte einen schwarzen Schnurrbart getragen haben. Er nahm das Kleid in einem Wagen, in dem er gekommen war, mit sich. Inwieweit diese Angaben mit der Wirklichkeit übereinstimmen, vermögen wir nicht zu ermessen, und teilen wir sie Ihnen – trotz der glaubwürdigen Persönlichkeit unsere Verkaufsdame – mit einem gewissen Zweifel an ihrer Richtigkeit mit, da der Kauf bereits weit über einen Monat zurückliegt, und der große Verkehr in unserem Geschäft an und führt sich schon nicht angetan sein dürfte, derartige doch eher gleichgültig Einzelheiten dem Gedächtnis einzuprägen.

      Mit vorzüglicher Hochachtung

      Gebr. Tellmann Nachf.‹

      Hoffmann hatte den Brief mit Aufmerksamkeit gelesen. Er schob ihn jetzt ärgerlich von sich.

      »Na, Gott sei Dank,« brummte er wütend vor sich hin. »Es ist rein zum ›Aus der Haut fahren!‹ Wenn man so etwas liest, wird einem das Einfachste wieder kompliziert und das Klarste unverständlich.«

      Endlich beruhigte er sich halbwegs, nahm den Brief wieder vor und sah ihn noch einmal durch. Er schüttelte den Kopf, als ob ihm etwas unverständlich bliebe.

      Welche Gründe hatte der Käufer, ein fertiges Kleid zu kaufen, ohne daß die Person, für die es bestimmt war, es anprobierte? Kleider passen doch nicht so ohne weiteres und bei einem so teuren wie das vorliegende gewesen sein mußte, legte man doch sicher Wert darauf, daß es passe! Vermutlich sollte doch die Dame, für die es bestimmt war, nicht gesehen werden – Man hatte wohl triftige Gründe dazu. Oder? Ja, was ›oder‹? – –

      Hoffmann kam auf einen ganz neuen Gedanken. Dieser war mehr neu als angenehm, denn er schaffte keine Klärung, sondern eher eine neue Verwicklung. Aber der Gedanke war nun mal da und beunruhigte Hoffmann. Wie, wenn der Herr das Kleid nicht für eine Dame gekauft hatte, sondern – für sich?? Oder auch einen andern; jedenfalls aber für einen Mann.

      Hoffmann war beinahe verblüfft über seine eigenen Einfall, obgleich bei näherer Überlegung dieser gar nicht so absurd war.

      Gewiß – Rositta konnte die von Stahl beschriebene Damen sein. Aber es war doch nicht ausgeschlossen, daß diese Dame – – –

      Hier wurde Hoffmanns Gedankengang durch das Eintreten seines Freundes und Kollegen, des Kriminalkommissars Wiemer, unterbrochen.

      »Na, was brütest du?« rief ihm der Eintretende fröhlich zu. »Möchtest du nicht mit mir etwas Essen kommen. Es ist schon höchste Zeit, und ich habe einen mordsmäßigen Hunger.«

      »So? Na, ich komme mit, spüre auch schon ein menschliches Rühren, und habe mir mein Essen redlich auch verdient. Ich habe eben eine neue Entdeckung gemacht.«

      »Hast wohl eine falsche Fährte entdeckt – sei ruhig, das passiert mir jetzt alle Tage,« sagte der etwas sarkastisch angehauchte Wiemer, der andere aber auch sich gern ein wenig bespöttelte.

      »Nein, nein – ohne Spaß. Ich bin auf eine neue Idee gekommen in der Diamantenaffäre,« fuhr Hoffmann fort, während er sich den Mantel anzog. »Du kennst doch die Angelegenheit?«

      »Und ob – als ob ich selbst der Dieb wäre.«

      »Macht keine Witze – sag mir lieber deine Meinung. Du weißt doch, daß im Kupee beim Diebstahl eine Dame mitgefahren ist, deren Persönlichkeit wir bisher nicht feststellen können. Ich bin nun zu der Ansicht gekommen, daß diese Dame eben keine Dame war – –«

      »Was denn – vielleicht das Moto Girl aus dem Zirkus?«

      »Nein – aber ein Herr!«

      Sie waren während dieses Gesprächs auf die Straße hinuntergegangen und nahmen ihren Weg nach einem gemütlichen, kleinen Restaurant, wo die beiden Freunde oft zusammen zu essen pflegten. Bald saßen sie am sauber gedeckten Tisch einander gegenüber, ihren Hunger und Durst stillend.

      »Nun, du wolltest mir beweisen –«

      »Richtig,« meinte Hoffmann. Er erzählte den Inhalt des vorhin erhaltenen Amsterdamer Briefes, der diesen Gedanken in ihm erzeugt hatte.

      »Schon sonderbar, aber es genügt doch nicht zu dieser Schlußfolgerung – –« war Wiemers nachdenkliche Antwort.

      »Aber

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