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stieß einen Ruf der Verwunderung aus bei ihrem Anblick.

      »Aber gewiß. Das sind der Hut und der Rock der Dame. Zweifellos – ich kann mich unmöglich irren.«

      »Und diese Kassette?«

      »Ja, es scheint mir – – –« er betrachtete sie genau und sagte dann in bestimmtem Ton: »Ja, das ist auch die Kassette, in der der Brillant verwahrt war.«

      Der Fund schien ihn sehr aufzuregen und er sah vom Kommissar zum Richter fragend:

      »Ich verstehe nur nicht,« bemerkte Richter Becker, »warum Heubner nicht die Schlüssel benutzte, sondern sich die schwere Arbeit mit dem Brechwerkzeug gemacht hat. Übrigens müßte er demnach die nötigen Werkzeuge bei sich geführt haben. Bemerkten Sie etwas derartiges bei ihm, Herr Stahl?«

      »Ich habe nichts Verdächtiges bemerkt.«

      Alle drei schwiegen. Amtsrichter Becker saß in seinem Stuhl, den Kopf schwer in die Handflächen gestützt.

      Hoffmann erinnerte sich an die Worte des Geheimpolizisten Lehnert von gestern: ›Vielleicht sind alle Wege falsch, die man bisher begangen hat, vielleicht war’s ein internationaler Verbrecher, an den wir gar nicht denken – –‹

      Der Kommissar schüttelte den Kopf.

      Richter Becker unterbrach die Stille.

      »Vielleicht wollte der Dieb uns nur irre führen, uns auf eine falsche Fährte locken.«

      »Das glaube ich nicht, wenn es auch denkbar wäre. Meine Ansicht geht dahin – der Dieb konnte dem Tresor nicht öffnen.«

      »Aber er hatte doch die Schlüssel.«

      »Ja, wenn er sie hatte.«

      Stahl und der Richter sahen ihn gespannt an bei diesen Worten.

      »Der Dieb hatte eben nur Kenntnis von dem Schlüssel, den er Herrn Stahl gestohlen hatte und fand den andern nicht – –«

      »Dann ist also nicht Heubner der Dieb?« riefen beide wie aus einem Munde, und Richter Becker sagte in fast triumphierendem Ton zu Hoffmann:

      »Ach, Herr Kriminalkommissar, kommen Sie zu meiner Anschauung zurück?!«

      Und Stahl murmelte:

      »Wäre es denn möglich, daß Heubner unschuldig ist? Ja, aber, was ist dann mit Heubner geschehen? Sollte er erm… – –«

      Er sprach es nicht vollständig aus und erbleichte bei seinen eigenen Worten. Und er war noch immer blaß, als er mit Hoffmann zusammen nach dieser Unterredung die Treppen hinabstieg.

      Richter Becker steckte sich eben, allein in seinem Arbeitszimmer zurückbleibend, eine Zigarette an und sah gedankenvoll in den aufsteigenden, dünnen, blauen Rauch.

      Wenn der Dieb den Tresor nicht aufschließen konnte, dann war also Heubner nicht der Dieb, wie er es gleich geahnt, und Becker hatte ein triumphierendes Gefühl der Befriedigung. Aber das Rätsel war dadurch nur noch schwieriger und es kam wieder vollständig Unerklärliches hinzu: Das spurlose Verschwinden Heubners – – –

      4. Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Hoffmann hatte sich vorgenommen, sich in der Wendlandschen Erbschaftsangelegenheit noch näher zu orientieren und begab sich deshalb zum Rechtsanwalt des Verstorbenen, um sich die nötigen Informationen einzuholen.

      ›Dr. Leuthold, Rechtsanwalt‹, las er auf dem Schild, das an dem eleganten Hause in der Kurfürstenstraße angebracht war. Er traf auf einen außerordentlich liebenswürdigen, eleganten Herrn. Dr. Leuthold nicht nur der Vermögensverwalter sondern auch der Freund Dr. Wendlands gewesen und konnte daher am besten Auskunft geben.

      »Ein Testament hat mein verstorbener Freund leider nicht hinterlassen,« erwiderte er auf die Frage Hoffmanns.

      »Hat denn dieser Herr Dekker überhaupt Aussicht auf einen Teil der Erbschaft?«

      »Nachdem er mütterlicherseits ungefähr ebensoviel oder ebensowenig mit Dr. Wendland verwandt ist wie Herr Stangen väterlicherseits, so hat er vielleicht etwas weniger Aussichten als dieser.«

      Hoffmann erhob sich. Er bedankte sich für die erteilte Auskunft und ging gedankenvoll von dannen.

      So wanderte er in Gedanken versunken die Kurfürstenstraße entlang, bis dorthin, wo sie mit dem Kurfürstendamm zusammenstieß, ging bis zur Kirche und bog in die Kantstraße ein. Es war schon Abend geworden. Hoffmann ging bis zum dem Haus, das die Nummer 20 trug, und blickte sich um. Auf der anderen Seite vor einem Herrenmodengeschäft stand ein ziemlich großer, behäbiger Herr. Er sah aus wie ein gutmütiger Provinziale. Hoffmann trat zu ihm hinüber und stellte sich neben ihn.

      »Nun, Lehnert, etwas entdeckt?«

      »Nein, Herr Kommissar, absolut nichts. Herr Dekker ist noch zuhause,« antwortete ruhig der Geheimpolizist, nicht im geringsten erstaunt, seinen Vorgesetzten so plötzlich neben sich zu sehen. Hoffmann betrachtete durch einen Spiegel, der im Schaufenster stand, das gegenüberliegende Haus. Zwei Treppen hoch in einem zweifenstrigen Erkerzimmer brannte Licht. Dort wohnte Dekker. Das wußte Hoffmann von seinem Besuch bei Frau Schmidt her. Da er nicht vor dem Schneidergeschäft stehen bleiben wollte, setzte er sich in eine kleine Konditorei nebenan, von deren Fenstern aus er das Haus, in dem Dekker wohnte, gut beobachten konnte.

      So saß er vielleicht zwei Stunden. Dann erlosch das Licht im Zimmer Dekkers, und Hoffmann zahlte.

      Nach wenigen Minuten öffnete sich das Tor, und Dekker trat heraus. Er wählte die Richtung auf den Bahnhof Zoologischer Garten zu und in einiger Entfernung hinter ihm ging der Geheimpolizist. Auch Kommissar Hoffmann schlug dieselbe Richtung wie die beiden ein und beobachtete von der anderen Straßenseite aus scharf, jedoch unauffällig. Der so Überwachte war eine ziemlich hohe schlanke Erscheinung, gut gewachsen und recht elegant gekleidet. Seine ganze Erscheinung machte den Eindruck eines selbstbewußten Mannes.

      Dekker schien ziellos umherzuwandern.

      Manchmal drehte er sogar und ging wieder er ein Stück zurück, dann trat er in eins der Kaffeehäuser, die unter den Linden lagen und wo eine Kapelle einem dankbaren Publikum ihr buntes Repertoire darbot. Die beiden Beamten, Kommissar Hoffmann und der Geheimpolizist Lehnert, folgten ihm auch hierher und nahmen unauffällig in gehöriger Entfernung von ihm Platz, doch so, daß sie ihn bequem beobachten konnten. Es war nichts Auffälliges zu bemerken, und Dekker brach allein, wie er gekommen war, nach einer Stunde wieder auf und verließ das Lokal. Er mischte sich wieder in den Menschenstrom der Friedrichstraße, schritt sie entlang, bis er endlich in eine der Nebenstraßen einbog, die mehr interessant als sympathisch waren. Es trieb sich hier ein recht übles Publikum um die Nachtzeit herum, ein Gesindel, das um so unangenehmer war, als es nicht einmal die äußere Form zu wahren vermochte.

      In eine wenig einladende Kneipe trat Dekker ein.

      Lehnert kam von der anderen Seite der Straße zu Hoffmann herüber.

      »Bleiben Sie draußen,« sagte Hoffmann, »und behalten Sie das Lokal im Auge. Kommen Sie nur im äußersten Notfall hinein, es wird schon genügen, wenn ich eintrete. Ich werde hier kaum bekannt sein. Ich bin nur neugierig, ob Herr Dekker sich nur Berlin ansieht, oder ob er hier vielleicht ›zu tun‹ hat.«

      Er betonte das ›zu tun‹ besonders. Lehnert zuckte mit den Achseln, und Hoffmann folgte Dekker ins Lokal ›Zur schönen Emma‹. Ein widerlicher Geruch schlug dem Kommissar entgegen, der Dunst von Speisen, Tabak, Bier, Schnaps und schwitzenden, erhitzten Menschen.

      Dekker ging ruhig durch die Reihen der dicht besetzten Tische, von denen aus man ihn neugierig betrachtete, auf einen leeren zu und setzte sich hin. Es war, als ob ihn diese seltsame Umgebung, in der er durch sein Benehmen und seine Kleidung abstach, nicht sonderlich berührte. Er bestellte etwas beim Kellner, steckte sich eine Zigarette an und sah prüfend im Kreis umher, wie wenn er jemand suchte.

      Ein

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