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verzweifelter Ausdruck lag dieses Mal in seinen Augen und ich wurde das Gefühl nicht los, das er etwas sagen wollte. Aber es kam kein Ton über seine Lippen.

      Sekunden vergingen, in denen wir uns einfach nur anstarrten. Je länger ich jedoch in seine vertrauten blauen Augen blickte, desto tiefer riss die Wunde in meinem Innern auf, die ich seit Wochen mit Mühe und Not zu verschließen versuchte.

      Im Augenwinkel erkannte ich, dass Joannas Blick unsicher zwischen Logan und mir hin und her wanderte.

      Mein Herz begann zu schmerzen. Es tat weh, ihn zu sehen. Es tat sogar so weh, dass ich es kaum noch aushielt. Unwillkürlich wurde mein Kopf nur noch von einem einzigen Gedanken beherrscht.

      Ich musste hier weg.

      Ich räusperte mich und schluckte den Kloß in meinem Hals herunter. Dann endlich schaffte ich es und riss meinen Blick von Logan los. Ich zwang mich dazu, Joanna noch ein letztes freundliches Lächeln zu schenken, ehe ich die erlösenden Worte aussprach.

      »Wir müssen weiter, schönen Abend euch noch«, mit diesen Worten und ohne einen weiteren Blick schlängelte ich mich mit Mia an der Hand an Joanna und Logan vorbei, bis hin zum Eingang des Cafés.

      Mit einem lauten Quietschen öffnete ich die Tür und trat ein. Sofort schlug mir der aromatische Duft von Kaffee, Zimt und Gebäck in die Nase. Der Boden war übersät von matschigen Schuhabdrücken, welche die Leute von draußen mit hereintrugen.

      Im Vergleich zu der eisigen Kälte draußen, war es hier im Café mollig warm. Trotz dieser Tatsache fröstelte ich noch immer. Innerlich.

      Mein Herz klopfte nach wie vor in einem beunruhigenden Tempo in meiner Brust und meine Knie fühlten sich so weich wie Butter an. Warum meine Beine unter mir nicht einfach nachgaben, war mir ein Rätsel. Die Begegnung mit Logan wühlte mich völlig auf. Ich war total durcheinander. Alles drehte sich.

      Ich nahm einen tiefen Atemzug, um mich zu sammeln. Ich durfte jetzt nicht schwach werden und mich gehen lassen, immerhin war ich hier mit meiner kleinen Schwester! Ich musste stark bleiben und weitermachen. Für sie. Also setzte ich ein Lächeln auf und marschierte mit Mia zur Theke. Da es bereits relativ spät war, war die Auswahl an Süßspeisen in der Glasvitrine recht spärlich. Allerdings war mir aufgrund des Aufeinandertreffens mit Logan ohnehin der Appetit vergangen.

      »Hallo, willkommen bei Starbucks, was darf´s denn sein?«, fragte die Bedienung hinter der Theke. Eine junge Frau mit blondem Zopf und einer Hornbrille auf der Nase. Auf ihrem Schild an der Brust stand der Name Katy.

      »Hallo, ich hätte gerne zweimal eine große heiße Schokolade mit Marshmallows«, daraufhin sah ich meine kleine Schwester fragend an.

      »Möchtest du auch noch etwas essen?«

      Mia schüttelte verneinend den Kopf und ich drehte mich wieder zu der Bedienung.

      »Das war’s dann«, entgegnete ich und nannte ihr noch unsere Namen. Katy bediente die Kasse, tippte ein paar Mal darauf herum und nannte mir dann den Preis. Ich zückte mein Portemonnaie und war gerade im Begriff das Geld herauszufischen, als plötzlich jemand neben mir ein paar Dollarscheine auf den Tresen legte. Meine Augen richteten sich auf den in schwarz gekleideten Arm und wanderten hinauf. Noch ehe ich ein Gesicht vor Augen hatte, erkannte ich die Person.

      »Stimmt so«, hörte ich Logan sagen, während ich auch schon in seine eisblauen Augen blickte. Im ersten Moment war ich völlig erstarrt und in meinem Bauch schlugen die Schmetterlinge Purzelbäume. Dann richtete ich meinen Blick wieder auf die Theke, auf der Logans Dollarnoten lagen. Ich war selbst überrascht über die Worte, die mir daraufhin über die Lippen kamen.

      »Ich brauche deine Almosen nicht«, um meiner Aussage Nachdruck zu verleihen, warf ich mein eigenes Geld auf die Theke und schob Logans Geld zu ihm zurück. Die Bedienung blickte unsicher zwischen Logan und mir hin und her. Dann schien sie nach meinem Geld greifen zu wollen, doch Logan machte ihr einen Strich durch die Rechnung.

      »Nein, ich bestehe darauf«, der Klang seiner Stimme war harsch und ließ keinen Widerspruch zu. Es war derselbe Tonfall, den er auch in der Schule nutzte, wenn Poppy mal wieder etwas ausgefressen hatte. Logan schob sein Geld wieder über den Tresen und meines zurück zu mir. Katy wirkte eingeschüchtert und warf mir einen entschuldigenden Blick zu, als sie Logans Scheine nahm und kassierte.

      In mir brodelte es. Was fiel ihm ein? Sollte das eine Art Entschuldigung dafür sein, dass er mir so weh getan hatte? Was sollte dieses Theater überhaupt? Schließlich hatte er unsere Beziehung beendet. Er wollte Abstand zu mir. Was also bezweckte er mit dieser Aktion?

      Ich warf einen Blick auf Mia, die zwischen uns stand und mit großen, fragenden Augen zwischen Logan und mir hin und her schaute. Doch in diesem Moment war ich viel zu aufgebracht, um mich vorbildlich, so wie es sich in Gegenwart einer Vierjährigen gehörte, zu verhalten.

      »Was soll das, Logan?«, brachte ich verärgert hervor, während ich mich ihm noch immer nicht zuwandte. Stattdessen hielt ich meinen Blick stoisch auf einen rosafarbenen Cupcake in der Glasvitrine gerichtet.

      Ich wollte und konnte ihn in diesem Moment nicht ansehen, denn ich wusste, sobald ich nochmals in diese wundervollen Augen sah, würde meine Wut verpuffen und sich in Luft auflösen.

      »Es ist schön dich zu sehen, Drea«, sagte er leise, fast schon flüsternd. Zischend sog ich die Luft ein und kämpfte gegen den inneren Drang an, in seine Augen zu schauen. Obgleich mein Herz bei diesen Worten einen Sprung machte und mein Bauch zu kribbeln begann, waren die Wunden, die er mir zugefügt hatte, zu tief und zu frisch.

      »Du siehst mich jeden Tag in der Schule«, entgegnete ich trocken, während ich die Bedienung dabei beobachtete, wie sie unsere Getränke zubereitete.

      »Drea…«, und da war es wieder. Die Art und Weise wie er meinen Namen aussprach, mit seiner dunklen, rauchigen Stimme und diesem traurigen, wehmütigen Klang.

      Weshalb hatte er so viel Macht über mich? Bei dem kläglichen Versuch, mich und mein hüpfendes Herz zu beruhigen, schloss ich die Augen für einen kurzen Moment. Als ich sie wieder öffnete, war unsere Bestellung fertig und Katy stellte gerade die namentlich beschrifteten Becher auf die Theke. Dann sah sie mich mit einen mitleidigen Ausdruck in den Augen an, ehe sie Logan einen Bei-der-hast-du-es-aber-ordentlich-verkackt Blick zuwarf. Wäre ich nicht so verdammt nervös, hätte mir Katys Reaktion auf unsere Konversation wohl ein Schmunzeln entlockt. Stattdessen griff ich mit zitternden Händen nach den beiden Bechern.

      »Es tut mir leid, ich wollte dich niemals verletzen, Drea«, versuchte Logan es erneut und trat ein Stückchen näher an mich heran. Ich spürte die Aufrichtigkeit seiner Worte, hörte Verzweiflung in seiner Stimme, hörte Hoffnungslosigkeit raus. Doch es änderte nichts an der Tatsache, was zwischen uns passiert war und dass ich ihm nichts bedeutete.

      Die Becher fest umklammert drehte ich mich nun doch zu ihm um und blickte ihm tief in die Augen.

      »Das hast du aber«, mit diesen Worten lief ich an ihm vorbei und ließ ihn stehen. Mia folgte mir eilig und gemeinsam verließen wir das Café, traten hinaus in die Kälte, die sich nun auch in meinem Herz ausbreitete. Eine Träne kullerte mir über die Wange. Ich ignorierte sie. Stattdessen reichte ich Mia ihren Becher und fischte die Autoschlüssel aus meiner Tasche.

      Ich öffnete meiner kleinen Schwester die Tür und sie krabbelte mit dem Becher in der Hand auf die Rückbank, ehe ich ihr beim Anschnallen half. Dann ging ich um das Auto herum und setzte mich hinters Steuer. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass mir weitere Tränen über die Wangen liefen. Energisch wischte ich sie mir aus dem Gesicht. Mein Herz fühlte sich an, als hätte es sich in Eis verwandelt und wäre dann erneut in tausend Stücke zersprungen.

      »Bist du in den Mann verliebt?«, hörte ich Mia plötzlich fragen. Gott, wie konnte ich mich vor meiner vierjährigen Schwester nur so gehen lassen? Nochmals wischte ich mit dem Ärmel meiner Jacke die salzigen Tränen weg. Dann setzte ich ein Lächeln auf, räusperte mich und drehte mich zu ihr um. »Wieso fragst du mich das, kleine Motte?«

      »Naja«, sie zuckte mit den Schultern. »Einfach so.«

      Mia

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