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Adam das Fest bei Freunden verbringen, wobei ich mir jedoch kaum vorstellen konnte, dass Adam überhaupt Freunde besaß. Mir war es jedenfalls mehr als recht. Dafür kündigten sie allerdings an, diesen Samstag zu Besuch kommen zu wollen, wie Lukas mir mitgeteilt hatte. Glücklicherweise war ich an diesem Tag bereits mit Poppy verabredet.

      Da weder die Großeltern meines Dads noch die meiner Mom noch lebten, waren es heute Abend nur Dad, Lukas, Mia und ich. Zu viert saßen wir schließlich am Tisch und warteten darauf, dass Dad zu sprechen begann. Einer der wichtigsten Bräuche an diesem Feiertag war das Dankgebet zu Tisch. Dieses wurde meistens vom Familienoberhaupt gesprochen. Daraufhin offenbarte jeder Anwesende reihum wofür er danken wollte, was ihn in dem vergangenen Jahr hat aufhorchen lassen und was er sich für die Zukunft wünschte.

      Dad griff nach unseren Händen. Stille senkte sich über den Tisch und ich wartete gespannt darauf, was Dad zu sagen hatte. Selbst Mia reichte Lukas und mir jeweils eine Hand und sah aufmerksam zu Dad auf.

      »Zunächst einmal bin ich froh, dass wir alle hier zusammensitzen«, Dad lächelte jeden einzelnen von uns mit seinen warmen braunen Augen an. Das Alter zeichnete sich bereits auf seinem Gesicht ab. Doch noch immer erkannte man sein gutes Aussehen. Die kurzen, dunklen Haare, die feinen Gesichtszüge. In jungen Jahren mussten ihm die Frauen wohl zu Füßen gelegen haben.

      »Ich danke Gott für jedes einzelne meiner Kinder. Ihr seid wunderbar. Am Morgen genügt mir schon ein einziges Lächeln von euch, um mir den restlichen Tag mit Freude zu erfüllen. Ihr seid alles was ich habe und alles was ich brauche. Ich möchte, dass es euch gut geht und dass all eure Träume in Erfüllung gehen, dass ihr glücklich seid«, Dad hielt kurz inne und senkte den Blick. Seine Ansprache berührte mich zutiefst, insbesondere, da Dad für gewöhnlich kein Mann der großen Worte war.

      »Die letzten Monate waren nicht leicht für unsere Familie. Ihr habt eure Mutter verloren und mir wurde meine große Liebe genommen. Das war ein schmerzhafter Einschnitt in unser Leben. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an sie denke, sie nicht vermisse und ich glaube, euch ergeht es nicht anders«, in diesem Moment bemerkte ich schockiert, wie eine einzige Träne Dad über die Wange rollte. Ich hatte ihn noch nie weinen sehen. Noch nie. Dad weinen zu sehen, war eines der traurigsten Dinge, die ich jemals gesehen hatte und so dauerte es nicht lange, bis auch bei mir die erste Träne kullerte.

      »Aber eure Mutter würde sicherlich nicht wollen, dass wir in Trauer versinken. Sie hätte gewollt, dass es uns gut geht, dass wir glücklich sind und das Leben genießen. Denn Beth war das pure Leben. Sie hat mir beigebracht, dass es nicht nur schwarz und weiß gibt, sie hat mir gezeigt, wie bunt das Leben sein kann. Sie war großartig. Und dank ihr, habe ich hier drei weitere großartige Menschen vor mir sitzen. Ich danke Gott dafür, dass ich die Liebe kennenlernen durfte. Ich danke Gott dafür, dass er mir diese drei wundervollen Kinder geschenkt hat. Ich danke ihm dafür, dass es uns allen gut geht und ich hoffe für die Zukunft, dass ihr alles erreicht, was ihr euch vornimmt und dass all eure Träume und Wünsche in Erfüllung gehen.«

      Dad beendete seine Ansprache.

      Unzählige Tränen rannen mir übers Gesicht. So viele Emotionen wirbelten in mir. Trauer, Glück, Dankbarkeit. Dads Worte hatten mich sehr bewegt. Ich konnte die Liebe, von der er gesprochen hatte, förmlich spüren. Ich drückte Dads Hand für einen kurzen Augenblick etwas fester. Wärme durchströmte meinen ganzen Körper. Noch nie hatte ich ihn derart emotional erlebt oder ihn so über Mom sprechen hören. Jedes seiner Worte war eine Metapher, aus der man heraushören konnte, wie sehr er Mom geliebt hatte.

      Nämlich aus tiefstem Herzen.

      Das, was Mom und Dad geteilt hatten, musste tatsächlich wahre Liebe sein und ich hoffte, dass ich sie eines Tages ebenfalls finden würde. Dad gab das Wort an mich weiter.

      Zunächst stockte ich. Dann nahm ich einen tiefen Atemzug, und begann zu sprechen. Ich berichtete davon, dass ich dankbar dafür war, Teil dieser Familie zu sein. Ich erzählte sogar von Mom, dass ich oft an sie dachte und darüber, wie sehr ich sie vermisste.

      Zum ersten Mal seit sie gestorben war, konnte ich vor Dad über sie sprechen, konnte meine Trauer vor seinen Augen zulassen. Es tat unglaublich gut und war befreiend. Ich spürte, wie auch er meine Hand für einen kurzen Moment etwas fester drückte. Diese schlichte Geste gab mir unendlich viel Kraft. Zum Schluss teilte ich noch meine Zukunftswünsche mit; dass ich hoffte mein letztes High School Jahr erfolgreich abzuschließen und eine Zusage an einem geeigneten College zu erhalten. Ich hatte mich an mehreren Universitys im Umkreis beworben, Hauptfach selbstverständlich englische Literatur.

      Als nächstes war Lukas an der Reihe. Auch er bedankte sich für den Zusammenhalt in unserer Familie, der immer vorhanden war, egal wie holprig es auch sein mochte. Schließlich äußerte er noch seine Wünsche und Ängste bezüglich der Zukunft, insbesondere was unsere Firma anbelangte. Doch im Großen und Ganzen machte Lukas einen zufriedenen Eindruck.

      Die letzte in der Reihe war Mia. Ich war mir unschlüssig, ob sie all das, worüber wir geredet hatten verstand. Die ganze Zeit über war sie recht still gewesen und hatte unseren Reden lediglich gelauscht. Mia sah auf und grinste breit, dann begann sie zu reden.

      »Ich danke Gott auch für unsere Familie. Ich vermisse Mom und bin traurig darüber, dass sie nicht mehr da ist«, ihre braunen Kulleraugen nahmen für einen kurzen Moment einen traurigen Ausdruck an. »Aber ich denke, dass es ihr gut geht im Himmel und für die Zukunft hoffe ich, dass alles was wir uns wünschen in Erfüllung geht«, sie hielt kurz inne, dann wanderte ihr Blick zu mir. »Und dass alle glücklich werden.« Sie lächelte mich an und für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, dass sie diesen letzten Satz explizit an mich richtete. Ich erinnerte mich daran, wie traurig sie mich zuletzt erlebt hatte wegen Logan und schluckte schwer. Wie kam es, dass meine vierjährige kleine Schwester nur so scharfsinnig sein konnte?

      Nach Mias Rede bedankte Dad sich für unsere tollen Worte und eröffnete das Essen. Trotz dass wir alle so viel aßen, blieb jede Menge übrig. Als es zum Nachtisch überging, stopfte ich mit Mühe das letzte Stückchen Kürbiskuchen in mich hinein und hatte das Gefühl, gleich zu platzen.

      Ich zwang mich zum Aufstehen und half Dad und Lukas noch beim Aufräumen. Anschließend ließen wir uns alle gemeinsam im Wohnzimmer nieder, plauderten noch etwas und spielten alte Brettspiele. Der Abend tat unheimlich gut und erst jetzt bemerkte ich, wie sehr ich es vermisst hatte, mit meiner Familie Zeit zu verbringen.

      Kurz nach Mitternacht teilte Dad uns mit, dass er Mia, die inzwischen auf dem Sofa eingeschlafen war, zu Bett bringen würde. Auch ich verabschiedete mich und ging nach oben.

      Nachdem ich meine übliche Routine erledigt hatte, lag ich hellwach im Bett und konnte nicht einschlafen. Ich hatte die Ohrstöpsel meines Ipods in den Ohren und lauschte der Musik. Natürlich hatte ich wieder auf meine Liebeskummer Playlist zurückgegriffen. Es lief gerade My Type von The Chainsmokers.

      And I'm foolin' myself, 'cause I know that I'll never change ya

      But you told me the truth, so I guess I can't really blame ya

      No, you're not the one, but you're all I want, yeah

      People say I'll get hurt, I don't know what they're so afraid of

      But you're just my type

      The kind that only calls me late at night

      You can't decide if you'll be yours or mine

      I hate to say it, but you're just my type

      Yeah, you're just my type, yeah, yeah

      Ich hatte die lästige Angewohnheit bei Liedern immer auf den Songtext zu achten. Selbstverständlich fand ich demnach immer Parallelen zu meiner eigenen Situation.

      Unwillkürlich musste ich an Logan denken. Logan Black. Einzig und allein der Gedanke an seinen Namen ließ mein Herz höherschlagen. Gleichzeitig jedoch spürte ich eine unerschütterliche Sehnsucht und einen Schmerz, der sich tief in mein Herz grub. Es hieß immer Liebe war ein Geschenk, Liebe würde nichts kosten. Doch wenn man sich in die falsche Person verliebte, konnte es einen alles kosten.

      Ja, ich lachte und ich weinte. Ich war fröhlich

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