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dass sie entweder etwas ausgefressen hatte oder irgendwelche bestimmten Absichten verfolgte. Misstrauisch drehte ich mich um und sah sie erwartungsvoll an.

      »Können wir unterwegs nicht noch eine heiße Schokolade mitnehmen? Ich hätte sooo gerne eine! Am besten mit Marshmallows. Bitte!«, ihre flehenden braunen Rehaugen wirkten noch größer, als sie es ohnehin schon waren und ihre Unterlippe hatte sie zu einem Schmollmund verzogen. Bereits mit ihren gerade mal vier Jahren hatte sie den Dreh bereits raus, wie man andere um den Finger wickelte. Ich staunte nicht schlecht.

      Ganz in der Nähe befand sich ein Starbucks, das ich gelegentlich mit Mia besuchte. Allem Anschein nach hatte sie es sich gemerkt. Nach einem weiteren Blick in ihr schmollendes Gesichts, lenkte ich mit einem ergebenen Seufzen ein.

      »Na schön. Du hast mich überredet«, gab ich klein bei und startete den Motor.

      Da es furchtbar kalt war, schaltete ich rasch die Heizung im Auto an. Draußen war es bereits stockdunkel, doch überall zogen die verschiedenen bunten Weihnachtslichter an uns vorbei. Sei es die geschmückten Bäume oder die Geschäfte, die ihre Schaufenster mit blinkenden Neonlichtern dekoriert hatten.

      Wenngleich ich diese Jahreszeit nicht besonders ausstehen konnte, so mochte ich dennoch die romantische und gemütliche Stimmung, die mit ihr einherging. Es gab nichts Schöneres, als an einem kalten Wintertag mit einer heißen Schokolade Zuhause am Kamin zu sitzen und ein gutes Buch zu lesen, während draußen ein Schneesturm herrschte.

      Aus der Ferne erkannte ich schon die grünen Neonschilder von Starbucks. Glücklicherweise fand ich auch direkt vor dem Café einen Parkplatz.

      Wäre ich nicht so in meine Tagträumereien vertieft gewesen, hätte ich den schwarzen Mercedes, der zwei Parkplätze neben mir stand wohl bemerkt. Doch ich achtete nicht darauf und so lief ich nichtsahnend mit Mia an der Hand auf den Eingang des Cafés zu.

      Kurz vor der Tür blieb Mia plötzlich stehen und sah hinauf, in den dunklen Abendhimmel.

      »Sieh nur, Drea, es schneit wieder!«, rief Mia aufgeregt und hüpfte begeistert auf und ab. Ich tat es ihr gleich und hob das Gesicht gen Himmel, der einen wunderschönen, violetten Farbton aufwies.

      Ein wirklich schöner Anblick.

      Dicke Schneeflocken rieselten herab und verfingen sich in meinem Haar und meinen Wimpern. Ich blinzelte ein paar Mal, bis sich meine Sicht wieder klärte.

      Im nächsten Augenblick hörte ich, wie sich die Eingangstür zu dem Café öffnete und ich vernahm zwei lachende Stimmen. Zwei mir durchaus bekannte Stimmen.

      Ich löste meinen Blick vom Himmel und sah in ein paar eisblaue Augen.

      Vor mir stand niemand Geringeres, als Logan Black und seine Schwester Joanna Black. Mein Herzschlag setzte für ein paar Sekunden aus.

      Und dann geschah es. Unaufhaltsam. Ich konnte nichts dagegen tun. Ich blickte Logan Black nach zwei Monaten Herzschmerz zum ersten Mal wieder ins Gesicht. Auch Logan entdeckte mich, ging noch zwei weitere Schritte und blieb dann wie angewurzelt stehen. Er erwiderte meinen Blick.

      Zum ersten Mal seit Wochen schauten wir uns in die Augen.

      Es schien als würde die Zeit stillstehen. Ich nahm nichts anderes mehr wahr, als ihn. Weder seine Schwester, noch Mia, noch die Weihnachtsmusik, die entfernt an meine Ohren drang.

      Ich sah nur Logan.

      Die blinkenden Lichterketten des Schaufensters beleuchteten seine makellose Haut und färbten sein goldenes, zerzaustes Haar, das ihm in alle Richtungen stand, in ein buntes Meer aus blau, rot und grün.

      Schneeflocken verfingen sich in seinen Strähnen.

      Er trug einen grauen Rollkragenpullover und schwarze Jeans. Das Ganze wurde abgerundet durch einen dunklen Mantel, der sich lässig um seinen Körper schmiegte. Doch seine gesamte Körperhaltung schien angespannt und auf seinem Gesicht lag ein undurchdringlicher Ausdruck.

      Die glühenden eisblauen Augen hatte er zusammengekniffen und seine Lippen waren leicht geöffnet.

      Doch so attraktiv Logan Black auch war, er sah alles andere als gut aus. Unter seinen Augen, die ich so sehr mochte, zeichneten sich tiefe, dunkle Ringe ab, die Wangen wirkten eingefallen.

      Auf seinem Kinn und den perfekt geschwungenen Wangen lag der dunkle Schatten eines Bartes, der schon weit über seinen gewöhnlichen Drei-Tage-Bart hinausgewachsen waren. Er musste sich schon länger nicht mehr rasiert haben.

      Man sah Logan sofort an, dass es ihm zurzeit nicht besonders gut ging. Doch woran lag das? An seiner Vergangenheit? War in den zwei Monaten, seit denen wir nicht mehr miteinander sprachen, etwas vorgefallen? Oder lag es womöglich an mir? An unserem Streit? Vermisste er mich vielleicht?

      Meine Gedanken überschlugen sich wieder einmal und sofort versuchte ich, sie zu bremsen. Erinnerungen an unseren Streit vor zwei Monaten in seinem Klassenzimmer kamen in mir hoch.

      »Drea, du bist erst achtzehn«, er schnaubte verächtlich. »Du weißt doch noch gar nicht, was Liebe ist.«

      »Was willst du damit sagen?« Ich kniff die Augen zu Schlitzen zusammen und sah ihn mit einem argwöhnischen Blick an.

      »Der Tod deiner Mutter und diese Sache mit deinem Cousin. Du hast eine Menge durchmachen müssen. Nur weil ich nett zu dir war, denkst du jetzt, dass du in mich verliebt bist…«

      Logan hatte unmissverständlich klar gemacht, dass er mich nicht wollte, dass zwischen uns nicht mehr sein durfte, als bei einem üblichen Lehrer-Schüler-Verhältnis. Er hatte mich mit seinen Worten zutiefst verletzt. Wahre Liebe überstand alles, so schwer die Steine auch sein mochten, die sich ihr in den Weg legten. Logans und meine Situation zeigte mir daher lediglich, dass ich ihm nicht genügend bedeutete. Es war ihm nicht wichtig genug gewesen, um das was zwischen uns war zu kämpfen.

      Obwohl ich es schon die ganze Zeit gewusst hatte, schmerzte diese Erkenntnis in diesem Moment zutiefst. Es schmerzte, ihm gegenüberstehen und ihm nun in die Augen schauen zu müssen.

      Erinnerungen drangen an die Oberfläche. Bilder von Logan und mir. Bilder von Logan, wie er lächelte und seine Grübchen dabei zum Vorschein kamen. Bilder, wie wir gemeinsam in seiner Wohnung saßen und Pizza aßen. Bilder an unseren ersten Kuss auf seinem Balkon, in unserem Rücken die Skyline von Seattle.

      All diese Erinnerungen rasten in Sekundenschnelle durch meinen Kopf. Es war zu viel auf einmal und ich hatte das Gefühl, als würde ich die Kontrolle über meinen Körper und über meine Gedanken vollkommen verlieren. Mein Herz begann wie verrückt zu pochen und mein Puls schoss in die Höhe. Ich spürte wie meine Hände sich verkrampften, die Finger zu zittern begannen.

      »Hallo Drea!«, hörte ich Joanna sagen. Nur mit Mühe konnte ich meinen Blick von Logan losreißen und ihn auf seine Schwester richten. Sie kam näher und riss mich in eine herzliche Umarmung.

      Als sie sich von mir löste, fiel ihr Blick schließlich auf Mia, die sich etwas näher an mich gedrückt hatte und die beiden aus schüchternen Augen musterte.

      In diesem Moment wurde mir bewusst, dass ich ihre Hand, die noch immer mit meiner verschlungen war, wohl fast zerdrückte. Sofort beschlich mich ein schlechtes Gewissen und ich lockerte meinen verkrampften Griff um ihre zarten Finger.

      »Ist das deine Schwester?«, fragte Joanna und schenkte Mia ein strahlendes Lächeln. Zur Antwort nickte Mia und ergriff die ihr von Joanna dargebotene Hand.

      »Hallo Kleine, ich bin Joanna, das ist mein Bruder Logan«, sie deutete auf ihren Bruder.

      »Und wer bist du?«

      »Mia«, erwiderte sie scheu. Ihr Blick wanderte zu Logan und ihre Wangen begannen sich leicht rosa zu färben. Wow, Logan schien wohl nicht nur auf mich eine gewisse Wirkung zu haben. Diese Schwäche für ihn lag wohl in der Familie. Meine Augen wanderten wieder zu ihm.

      Er schenkte Mia ebenfalls ein Lächeln. Doch es war keins, das seine Augen

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