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Jim mehr beeindrucken als Zivilcourage. Und Cora`s Haltung hatte ihm gewaltig imponiert. Sie konnte nicht ahnen, daß ihr Mut, mit dem sie seine Frage nach der Richtigkeit seiner Entscheidung beantwortete, ihr letztendlich das Leben gerettet hatte.

      Jim drückte die Zigarette aus und ließ den Wagen an. - So war er jetzt also selbst zum Verräter geworden. Er machte sich nichts vor. Wenn aufkam, was er getan, respektive n i c h t getan hatte, ging es nicht nur um Cora´s, sondern auch um sein Leben.

       *

      Langsam kam Cora zu sich. In einem wirren Zustand zwischen Wachen und Träumen nahm sie ein fremdes Zimmer und eine Gestalt, die sich wiederholt über sie beugte, wahr. Ihre Arme schmerzten leicht und, so sehr sie sich auch anstrengte, sie konnte sie nicht bewegen, so als würden sie über ihrem Kopf festgehalten. Immer wieder fiel sie in ihren Dämmerzustand zurück.

      Doch plötzlich hatte sie es dann geschafft. Ihr Verstand arbeitete wieder. Langsam, ganz langsam, kam die Erinnerung zurück. Ihr erstes Empfinden war maßloses Staunen: Sie lebte ! Sie war nicht in die Schlucht gestürzt worden.

      Warum ? Was war passiert?

      Sie versuchte, sich aufzurichten. Jetzt wurde ihr auch klar, warum sie ihre Arme nicht bewegen konnte. Sie war am Kopfende mit Handschellen an das Bett gefesselt. Sofort stieg erneut Panik in ihr auf. Verzweifelt zerrte sie an den Fesseln, unterließ es aber schnell wieder, als der Stahl in ihre Handgelenke schnitt. Mit einem gequälten Laut ließ sie sich zurück auf das Kissen fallen.

      „ Nun, ausgeschlafen ?“

      Cora riß erschrocken den Kopf herum, in die Richtung, aus der die Stimme kam. Sie hatte Jim nicht bemerkt, der an der gegenüberliegenden Seite des Zimmers am Fenster lehnte und sie schon eine Weile beobachtete. Als er jetzt sah, daß sie wieder voll bei Bewußtsein war, kam er herüber.

      Verängstigt sah sie zu ihm hoch. Die Position, in der sie sich befand, ließ sie ihre Hilflosigkeit in vollem Umfang spüren. Viel ändern konnte sie daran jedoch nicht, da ihr Bewegungsspielraum sehr begrenzt war.

      Jim wirkte müde und erschöpft. Die nervliche Anspannung , der auch er in den letzten Stunden ausgesetzt war, hatte sich in sein Gesicht gegraben. Er ließ sich auf der Bettkante nieder.

      „ Entspannen Sie Sich ein wenig. Es gibt keinen Grund, schon wieder Panik zu schieben. Ich habe Sie bestimmt nicht hierher gebracht, um irgendwelche sadistischen oder perversen Neigungen ausleben zu können. “

      „ Was soll das? Was wollen Sie von mir ?“

      Instinktiv versuchte sie, ein Stück von ihm abzurücken, was Jim jedoch nur mit einem, leicht amüsierten, Lächeln quittierte :

      „ Nun, wie wär’s mit einem ´ Danke, Jim ` , - immerhin leben Sie noch, oder ? “

      „ Ich lebe - - - !“

      Cora hob leicht die Hände an :

      „ SO ?“

      „ Das läßt sich ändern. Versprechen Sie mir, vernünftig und ruhig zu sein, dann nehme ich Ihnen die Dinger ab.“

      Ohne ihre Antwort abzuwarten holte er einen Schlüssel aus der Tasche und kettete sie los. Cora richtete sich langsam auf und kauerte sich wie ein scheues Tier in die Ecke. Vorsichtig rieb sie ihre Handgelenke.

      „ Was haben Sie jetzt mit mir vor ? “

      „ Nicht viel fürs Erste “,

      wieder erschien dieses, leicht spöttische, Lächeln auf seinen Gesichtszügen:

      „ Da Sie etwas zerknittert wirken, würde ich vorschlagen, Sie gehen jetzt dort durch diese Tür, da machen Sie Sich etwas frisch. Duschen Sie, es wird Ihnen gut tun. Alles was sie brauchen finden Sie dort drüben. Kleidung zum Wechseln kann ich Ihnen allerdings noch nicht bieten. Inzwischen werde ich uns etwas Eßbares suchen. Wenn sie fertig sind, kommen Sie nach unten. Sie werden sehen: etwas gesäubert und mit vollem Magen sieht alles schon nicht mehr ganz so schlimm aus. - Nach dem Essen werden wir uns unterhalten. Okay ? “

      Er ging zur Tür, wandte sich dann aber nochmals um :

      „ Ach ja, und noch etwas ! “

      Diesmal sah er Cora scharf an :

      „ Versuchen Sie jetzt keine Dummheiten. Es würde Ihnen mit Sicherheit nur schaden.“

      Damit ließ er sie endgültig allein.

       *

      Cora lauschte seinen Schritten nach, als er die Treppe hinunterstieg.

      Sie mußte das alles erst einmal verdauen. Zuviel war in den letzten Stunden geschehen. Der Schock des Erlebten saß tief in ihr und sie konnte sich noch nicht vorstellen, daß sie wirklich in Sicherheit sein könnte.

      Sie schlang ihre Arme um ihren Oberkörper und zwang sich zur Ruhe. Langsam ließ das Zittern in ihr nach.

      Jetzt sah sie sich zum ersten mal richtig im Zimmer um.

      Es war sehr gemütlich im Country - Stil eingerichtet. Die Vorhänge und die Bezugstoffe der Zierkissen auf dem Schaukelstuhl neben dem Fenster, waren ebenso wie die Tagesdecke des Messingbettes, auf dem sie saß, in rustikalen Erdfarben gehalten. Die dunkelgebeizten Eichenmöbel rundeten den gemütlichen Eindruck des Raumes ab.

      Langsam stand sie auf, so als hätte sie Angst , damit etwas Verbotenes zu tun , und ging zum Fenster. Als erstes fiel ihr auf, daß die Griffe an den Fensterflügeln fehlten. Nun, damit hatte sie wohl auch rechnen müssen. Der Blick hinaus zeigte ihr, daß sie sich in irgendeiner Hochwaldgegend befinden mußte. So weit sie sah fand sich auch nicht die Spur einer menschlichen Behausung.

      Cora hatte schon von solch einsam gelegenen Häusern, die bei Unwetter sehr schnell von Strom oder Telefon abgeschnitten waren, gehört.

      Die Vorstellung, hier in dieser Einsamkeit einem Fremden ausgeliefert zu sein, war nicht gerade geeignet, sie zu beruhigen.

      Sie wandte sich der Türe zu, hinter der sich das Badezimmer befand. Zu ihrer Verwunderung sah sie ein modern eingerichtetes, in Grautönen gehaltenes Marmorbad vor sich, das nichts an Service vermissen ließ. Sie wußte zwar nicht, was sie direkt erwartet hatte, aber mit Sicherheit nicht diesen Luxus. Cora ließ sich auf dem Rand der Badewanne nieder, unfähig, auch nur einen klaren Gedanken zu erfassen. Tausend Dinge schossen ihr durch den Kopf. Was war eigentlich geschehen? Warum war sie hier? Was hatte dieser Fremde vor? Wie sollte das alles weiter gehen? Ihr Kopf dröhnte und auch die Übelkeit stellte sich wieder etwas ein.

      Daß sie versuchen mußte, von hier wegzukommen, war ihr klar, aber sie hatte noch keine Vorstellung, wie das zu bewerkstelligen wäre. Nach einer Weile gab sie ihre unfruchtbaren Grübeleien auf. Nun, sie würde das Denken eben noch vertagen.

      Sie zog sich aus und stieg in die Duschkabine. Das heiße Wasser löste ihre verkrampften Muskeln und linderte ihre Kopfschmerzen. Nachdem sie kalt nachgeduscht hatte, fühlte sie sich wie neugeboren. Nur widerwillig stieg sie wieder in ihre, nicht mehr ganz sauberen, Kleider. Sie fönte ihr Haar und verließ das Bad.

      Als sie auf den Flur hinaus trat, sah sie in einer Nische eine große Pendeluhr. Erstaunt stellte sie fest. daß es mittlerweile fast Mittag war.

      Vom Erdgeschoß stieg ihr der Duft von Kaffee und gebratenem Speck entgegen. Ihr Magen reagierte entsprechend und drängte damit auch ihre Angst etwas in den Hintergrund.

      Cora ging die Treppe hinunter und sah sich suchend um.

      Von der großen Eingangshalle, in der sie stand, gingen nach beiden Seiten je zwei Türen ab.

      Sie wandte sich nach rechts, wo sich, den Geräuschen nach, hinter einer halboffenen Tür die Küche befinden mußte, wagte aber dann nicht einzutreten.

      „ Was ist los ? Haben Sie keinen Hunger? “

      Jim`s Stimme riß sie aus ihrer Erstarrung. Zögernd betrat sie den Raum, der von einer modernen Einbauküche aus Kiefernholz beherrscht wurde. Unmittelbar neben

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