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Hause, Elias an seine Arbeit. Claudius bemerkte Jeschuas Wahrnehmung über Lucius. „Lucius ist kein Mann vieler Worte, Jeschua,“ sagte er. Und Jeschua wurde klar, dass Lucius Anwesenheit eine Bedeutung hatte, sonst wäre er nicht hier. Jeschua führte Bezalel direkt zu den Schriftrollen, deren Siegel und Schriften er nicht verstand. Die Römer warteten vor dem Gebetshaus.

      „Gibt es einen Katalog der hier gelagerten Schriftrollen?“ Erkundigte sich Bezalel. „Ja, Bezalel.“ Und Jeschua gab ihm die Schriftrolle. „Ich habe sie durchgesehen und mit den gelagerten Rollen verglichen. Ich fand keine Abweichungen.“

      „Die Weisen in Nazaret haben Dich gut gelehrt, Jeschua,“ befand Bezalel. „Ist Dir bei Deiner Ankunft hier etwas aufgefallen?“

      „Was meinst Du?“

      „Irgendetwas, was sich von dem unterscheidet, wie Du das Amt gelernt hast?“ Jeschua dachte nach, doch er konnte nichts dazu sagen. „Wenn Dir noch etwas einfallen sollte, lass es mich bitte wissen.“ Jeschua nickte.

      Bezalel nahm den Katalog und die Rollen mit den fremden Schriften und Siegeln an sich und sie gingen zu den Römern. „Seht, Claudius und Lucius, was sich im Schreibraum des Gebetshauses fand,“ sagte Bezalel. Die Mienen der Römer schienen sich für Jeschua für die Dauer eines Wimpernschlages zu verfinstern, doch dann erschienen sie ihm wieder wie vorher. „Kennt Ihr diese Schrift?“ Jeschua musste einfach fragen. „Das ist parthisch,“ sagte Lucius. „Und dies sind parthische Siegel.“

      Jeschua wusste von den Weisen, dass die Parther seit vielen Generationen die erbittertsten Gegner Roms im Osten des Reiches waren. Es ging beiden Seiten um politische Macht, aber vor allem um die aufkommenden Handelsmöglichkeiten mit dem fernen Indien und China. Eine für ihn unvorstellbar hohe Anzahl von Menschen hatte in den Kriegen auf beiden Seiten schon ihr Leben verloren oder sie waren versklavt worden. Jeschua kannte aus den Schriften natürlich die alten Geschichten und Legenden um die Diaspora sehr gut. Vor vielen Jahrhunderten wurden abertausende Aramäer aus dem besiegten Königreich nach Babylon verschleppt, das nun zum Partherreich gehörte. Für ihn war es gut möglich, dass dort noch aramäisches Leben war. Hatte Elias nicht gesagt? Wie aus dem Nichts waren Simon und seine Frau eines Tages im Dorf erschienen. Es blieb Jeschua keine Zeit für weitere Gedanken, denn Claudius drängte darauf, das Anwesen des Simon zu sehen.

      „Was geschieht mit den Schriftrollen?“ Wollte Jeschua noch wissen. „Wir nehmen sie mit nach Tiberias. Dort können wir sie in Ruhe studieren,“ sagte Claudius. Der dritte Römer brachte die Pferde und sie gingen zu Simons Anwesen. Als sie dort ankamen, wurden sie bereits von den Weingärtnern, den Mägden und von Kenan und Johannes erwartet. Die Weingärtner zeigten dem bewaffneten Römer den Weg zu den Ställen, die Mägde hatten Brot, Salz und Wasser vorbereitet und sogar etwas Obst. „Wir wollen die Buchhaltungsrollen des Simon sehen,“ sagte Lucius und Jeschua brachte sie ihm. „Das ist alles?“ Fragte Lucius. „Ja,“ antwortete Jeschua „mehr habe ich nicht gefunden. Sie lagen im Schreibraum des Gebetshauses.“ Claudius wandte sich an Kenan und Johannes. „Wo habt ihr gedient?“ Auf den ersten Blick hatte der Römer die körperliche Verfassung der beiden richtig eingeschätzt. „Bei der Zwölften, Herr!“ Sagten sie fast gleichzeitig. „Du hast sehr tapfere Begleiter, Schriftgelehrter,“ sagte Claudius mit einem Lächeln. „Ich bevorzuge das Wort der Gottheit, Claudius,“ sagte Jeschua und „es ist genauso mächtig wie ein Schwert.“

      „Ich wünschte, die Menschen ließen sich so regieren,“ sagte Claudius. Dann besah er zusammen mit Lucius und Bezalel die Buchhaltung. Nach einer Weile fragte Bezalel: „Wo ist das Geld des Simon?“ Und Jeschua brachte ihm eine Schatulle, die er am Abend seiner Ankunft sichergestellt hatte. „Was hast Du daraus entnommen?“

      „Ich habe die Arbeit von Rebecca, Esther, Daniel, Aaron und Nataneel entlohnt und es in den Büchern vermerkt. Wir haben die Lebensmittelvorräte aufgefüllt und wir bezahlen die Ausgaben für das Weingut. Alles ist, so gut ich es konnte, aufgeschrieben.“ „Du bist ein ehrlicher Mann, Jeschua, und Ihr seid gottesfürchtige Menschen. Wohl habt Ihr getan!“ Lobte Bezalel sie und sie waren erleichtert über dessen Urteil. Dann sagte Claudius: „Ruft mir den Petronius!“ Und der Gerufene kam und er sprach auch Johannes und Kenan an. „Petronius, geh bitte mit Johannes und Kenan in die Umgebung des Anwesens und seht sie bis zum Abendessen gründlich durch.“

      „Ja, Herr. Und nach was sollen wir suchen?“

      „Nach allem, was nicht so ist, wie es sein sollte.“ Und sie eilten davon. Claudius und seine Begleiter machten auf Jeschua immer mehr den Eindruck, dass sie mit diesen Untersuchungen erfahren waren. Ihre Handlungen erschienen ihm überlegt und einem vorbereiteten Plan zu folgen. Und Claudius ermutigte Jeschua seine Verpflichtungen einzuhalten und so ging er zurück in das Dorf. Einige Menschen waren bereits wieder auf dem Dorfweg. Dort traf er auf Elias: „Wie gehen die Untersuchungen voran?“ Wollte er wissen. Und Jeschua berichtete Elias von seinen Eindrücken. „Was hatte es mit Schriftrollen auf sich?“ Fragte Elias. „Sie sind parthischen Ursprungs. Mehr sagten sie nicht dazu.“ „Gütige Gottheit!“ Rief Elias. „Das wird ja immer verrückter!“ „Ja, Elias.“ Und sie gingen wieder ihrer Wege.

      Jeschua ging in den Schreibraum und er entrollte den ersten Teil der Tora und er las laut vor: „Das sind die Namen der Söhne Israels die nach Ägypten gekommen waren mit Jakob waren sie gekommen jeder mit seiner Familie: Ruben, Simeon, Levi, Juda, Issachar, Sebulon, Benjamin, Dan, Naftali, Gad und Ascher. Es waren siebzig Personen. Sie alle stammten von Jakob ab. Josef aber war bereits in Ägypten. Josef alle seine Brüder und seine Zeitgenossen waren gestorben. Aber die Söhne Israels waren fruchtbar, sodass das Land von ihnen wimmelte.“

      „Die Hebammen aber fürchteten die Gottheit und taten nicht, was ihnen der König von Ägypten gesagt hatte, sondern ließen die Kinder am Leben,“ (Das Buch Exodus, Kapitel 1) hörte Jeschua auf einmal eine Stimme. Es war die Stimme von Bezalel. „Ich hoffe ich störe nicht, Jeschua.“ Sagte Bezalel. „Nein, Bezalel, tritt ein,“ antwortete Jeschua. „Es ist gut, die Worte der Gottheit mit Deiner klaren Stimme zu hören, Jeschua.“ „Und es ist gut, sie zu lesen. Was führt Dich zu mir?“ „Erzähle mir von Dir.“ „Ist dieses Gespräch ein Teil Deiner Untersuchungen?“ „Ja und Nein, Jeschua. Aber immer der Reihe nach.“

      Und Jeschua erzählte Bezalel über sein bisheriges Leben, wie er aufwuchs und wie er schließlich nach NaÏn kam. „Doch das wusstest Du schon, Bezalel,“ endete Jeschua. „Mag sein, Schriftgelehrter. Immerhin unterscheidet sich die eigene Wahrnehmung oft von der, die andere Menschen haben. Ich danke Dir für Deine Schilderungen.“ Es entstand eine kurze Pause. „Du bist ein gelehrter und kluger Mann, Bezalel. Was ist es im Leben, das Dich antreibt?“

      „Gerechtigkeit vor der Gottheit, Jeschua!“ Sagte Bezalel mit fester Stimme. „Steht nicht geschrieben? Du wirst nicht morden! Sieh, was hier in NaÏn geschehen ist. Das ist es, was mich antreibt!“

      Jeschua konnte im Herzen und in der Seele von Bezalel lesen und er spürte darin keine Widersprüche. „So arbeiten wir beide auf dem gleichen Weinberg, Bezalel. Ich zeige den Menschen, wie sie den Weinberg vor der Gottheit und ihrem Wort gerecht bestellen können. Deine Berufung ist es, Dich derer anzunehmen, die daran scheitern. Doch ich frage Dich: Welches Interesse haben die Römer an unserem Weinberg?“

      „Die Römer, Jeschua, wollen, dass Ruhe in ihrem Machtbereich herrscht. Denn das bedeutet, dass Waren und Steuern reichlich fließen. Ein ermordeter Schriftgelehrter kann sogar Unruhe unter das Volk bringen, obwohl er bereits tot ist. Und bei Unruhe fließen meist weniger Waren und Steuern und das Wenige auch noch langsamer. Die Römer trauen uns einfach nicht.“

      „Doch Eure Untersuchung, Bezalel, bringt Simon nicht ins Leben zurück, und die Untersuchungen können eine mögliche Unruhe auch nicht verhindern. Viele von uns haben zwar nicht so schnelle Pferde, wie Ihr, doch ich bin sicher, dass sich die Kunde bereits weit verbreitet hat. Was also sind die wahren Gründe Eurer und der Römer Anwesenheit?“

      „Du sprichst leidenschaftlich, Jeschua.“ Jeschua wusste, dass die Bevölkerung auf dem Land vielen, wenn nicht allen Stadtmenschen vorwarf, dass sie mit den Besatzern zusammenarbeiteten. Die Landbevölkerung,

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