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Staub. „Was tust Du, Schriftgelehrter?“ Fragte Gallech. „Hast Du dieses Zeichen schon einmal gesehen, Gallech?“ Fragte Claudius. „Nein, Römer,“ sagte Gallech. „Wir danken Dir, Gallech. Friede sei mit Dir,“ sagte Jeschua und Gallech ging zu seinem nächsten Patienten. „Eine gute Idee, den Arzt nach dem Zeichen zu befragen,“ befand Claudius. „Ich dachte, es wäre einen Versuch wert,“ sagte Jeschua. „Doch nun muss ich mich um die Vorbereitungen für den Sabbat kümmern. Treffen wir uns nach dem Mittag vor dem Gebetshaus?“ „Ja, Jeschua,“ sagte Claudius und er ging zurück zu Simons Anwesen.

      Im Schreibraum des Gebetshauses besah Jeschua die Schriftrollen und er überlegte, welche er für die Lesungen verwenden sollte. Er entschied sich für das fünfte Buch Mose, denn es enthielt Moses Testament, an das sich die Menschen zu halten hatten. Er befreite den Gebetsraum vom Staub der vergangenen Tage und er war darauf bedacht, dass auch sonst alles reinlich war. Die Schriftrollen mit dem fünften Buch Mose legte er auf das Pult an der Kopfseite des Gebetsraumes. Zufrieden verließ er das Gebetshaus. Dann ging er langsam an den Marktständen vorbei und er begrüßte jeden Händler. Unter den Menschen war Jeschua in seinen Elementen. Er lobte das Aussehen und die Festigkeit von Äpfeln, Birnen, Feigen und getrockneten Weintrauben, andere boten Pistazien, Mandeln, Oliven, aber auch wild gepflückte Beeren an. Einige Frauen standen vor den Ständen der Mehl und Salzhändler, andere begutachteten angebotene Stoffe. Die kleinen Mädchen waren in der Nähe ihrer Mütter und sie sahen und hörten ihnen zu. Die Buben sprangen umher und verursachten einigen Lärm. Er sah und hörte Männer, die Werkzeug für ihre Arbeiten suchten und die mit den Händlern feilschten. In der Luft war der Duft von Gewürzen. Getrennt von den Lebensmitteln wurden Tiere für den Verzehr und solche als Nutztiere angeboten. Und er dachte an Claudius Worte: Hier war Alles so, wie es sein sollte. Der Gang über den Markt hatte Jeschua hungrig gemacht und so ging er zum Dorfwirt. Dort nahm er einen Imbiss und einen Becher frisches Wasser zu sich, wofür er einen Viertel Sesterz bezahlte (Antikes römisches Zahlungsmittel auf Messingbasis.).

      Im Schreibraum hatte Simon einen Schlafplatz errichtet. Jeschua ging nach dem Imbiss dorthin, um etwas Mittagsschlaf zu halten. Die vielen Eindrücke und die Anspannung der vergangenen Tage fielen etwas von ihm ab. Geräusche am Eingang des Gebetshauses weckten ihn auf. Es war Claudius, der wie besprochen, nach dem Mittag zu ihm gekommen war. „Nun, Jeschua,“ sagte Claudius. „Sind die Vorbereitungen für Eure Feiern getroffen?“

      „Ja, Claudius,“ sagte Jeschua. „Was werden wir jetzt tun?“

      „Zeig mir bitte den Ort, an dem Simon begraben ist,“ sagte Claudius und sie gingen zum Gräberfeld, das zweieinhalb Stadien außerhalb des Dorfes in der Nähe eines kleinen Wäldchens angelegt worden war. Schon aus einiger Entfernung konnten sie die Grabsteine sehen. „Darf ich diesen Ort betreten, Jeschua?“ Fragte Claudius. „Ja, Claudius,“ sagte Jeschua.

      Nach kurzer Suche fanden sie das Grab des Simon, denn es sah noch nicht verwittert aus, wie die anderen und es war noch kein Grabstein aufgestellt. Auf dem Grabhügel lag eine kleine Tontafel mit dem grob eingeritzten Namen des Simon und zum Zeichen dafür, dass er Schriftgelehrter war, waren dort auch zwei ausgebreitete Hände mit gespreizten Fingern angedeutet. Jeschua befand, was er sah, für gut und er sprach ein leises Gebet für Simon. Auf dem Rückweg zum Dorf fragte Jeschua: „Werden wir die Geheimnisse um Simons Tod jemals entschlüsseln?“

      „Das ist schwer zu sagen, Jeschua. Meiner Meinung nach liegt der Schlüssel dafür aber nicht in NaÏn oder bei seinen Menschen, sondern in Orten und bei Menschen, die wir noch nicht kennen.“ Und er fügte hinzu: „Nach Eurem Sabbat werden wir zurück nach Tiberias reiten, Jeschua. Ein Gefühl sagt mir, der Fisch wird uns zum Schlüssel führen und Fische können ohne Wasser nicht leben.“ Und Jeschua nickte nachdenklich, denn er verstand Claudius, der damit das galiläische Meer meinte.

      Am Abend versammelten sie sich alle um den Tisch und die Mägde entzündeten die Öllampen, den Sabbat zu begrüßen: „Gesegnet seist Du, Jehova, unser Jehova, König des Universums, der uns geheiligt hat durch Seine Gebote, und uns befohlen hat, das Licht des heiligen Sabbats zu entzünden,“ sagten Rebecca und Esther. Und die Aramäer schlossen ihre Augen und sie beteten still für ihre Nächsten. Dann öffneten sie ihre Augen und sagten: „Friede sei mit dir, Sabbat.“ Kenan und Bezalel waren gerade noch rechtzeitig von ihrem Ritt zurückgekehrt, doch bis zum Ende des Sabbat war es ihnen nicht erlaubt, über ihre Erlebnisse zu sprechen, da es sich ja um ihre Arbeit handelte und die Arbeit, außer in sehr dringenden Notfällen, ruhte am Sabbat. Claudius beobachtete die Riten. Die Mägde reichten allen Wein und es gab ein reichliches, sehr schmackhaftes Abendessen, das von allen sehr gelobt wurde. Zwischendurch wurden aramäische Lieder gesungen, Bezalel und Jeschua zitierten aus den Schriften und sie alle fühlten sich sehr wohl.

      Kapitel 6

      Am nächsten Morgen standen sie später auf als üblich, sie wuschen sich gründlich und nach einem kleinen Frühstück gingen die Aramäer zum Gebetshaus.

      Jeschua begann mit den Lesungen und die Klarheit seiner Stimme berührte die Gemeinde sehr. Dann wählte er sieben Männer und auch diese lasen aus dem fünften Buch Mose. Nach den gemeinsamen Gebeten und Lesungen gingen alle zu ihren Familien, es wurde ihnen ein zweites Frühstück gereicht. Danach gingen sie in der nahen Umgebung bis zum Mittagsschlaf spazieren. Und für Jeschua fühlte es sich fast so an, als ob er noch in Nazaret lebte, und er vermisste seine Mutter und seine Familie sehr.

      In diesen Stunden fiel auch von Claudius etwas von den Anspannungen der vergangenen Tage ab. Claudius kannte die Vorbehalte von hochgestellten Römern gegen viele aramäische Rituale und insbesondere gegen den Sabbat und er hatte sie bis zu diesem Tag mit seinen Landsleuten geteilt. Der Sabbat wurde mit Faulheit und Müßiggang gleichgestellt. Doch er dachte sich: Römern täte die Entspannung gut, sich der Familie zu widmen. Er spürte, wie ihm die Pause neue und zusätzliche Kraft verlieh.

      Am nächsten Morgen berichteten Bezalel und Kenan von den Gesprächen mit Simons Kunden. Sie waren in die nördlichen Richtungen geritten und hatten alle angetroffen, die sie antreffen wollten. Die Schuldner beglichen die Rechnungen, es wurde über die künftigen Geschäftsbeziehungen gesprochen, doch mehr konnten Bezalel und Kenan nicht sagen. „Keine Fischzeichen?“ Fragte Claudius. „Nein,“ sagten sie. „Nun gut, Ihr Frauen und Männer. Bezalel und ich haben gesehen, was wir sahen. Doch vor allem danken wir Euch für Eure Freundschaft, die wir niemals vergessen werden. Solltet Ihr eines Tages in Not sein, so kommt zu uns. Wir werden Eure Gastfreundschaft vergelten.“ Bezalel reichte allen Aramäern zum Zeichen von Claudius Worten ein mit seinem und Claudius Siegel versehenes Stück Papyrus, das ihnen umgehenden Zutritt zu den obersten Stellen in Tiberias gewähren würde. Und sie alle dankten Bezalel und Claudius.

      Im Dorf verabschiedeten sich Claudius und Bezalel von Elias und Aviel, der wieder zu Kräften gekommen schien und anschließend ritten sie so schnell, wie sie gekommen waren, davon. Und der Rhythmus, der die Menschen, ihre Sorgen und Hoffnungen, seit Jahrhunderten geprägt hatte, kehrte wieder in das kleine Dorf NaÏn in Galiläa zurück.

      Die Kornfelder und die Weinberge wurden bestellt, die Kaufleute betrieben ihren Handel, Kinder wurden geboren, Alte starben und wurden begraben, Männer und Frau heirateten und der Sabbat wurde gefeiert. Elias und Aviel waren sehr erfreut, dass der Spuk vorbei war und der Zorn der Gottheit sie doch nicht gerichtet hatte. In den Familien oder auf dem Marktplatz wurden die Ereignisse um Simons Tod jedoch noch lange besprochen und mit zunehmendem Abstand auch immer mehr ausgeschmückt. Und je weniger die Frauen oder Männer, die darüber sprachen, daran beteiligt waren, umso abenteuerlicher wurden die Berichte. Ein Bauer dichtete gar die Zerstörungen eines seiner Kornfelder, die in Wahrheit durch ein Gewitter verursacht waren, einer ganzen Kohorte von Römern an, die auf der Suche nach Simons Mörder auch die ganze Gegend verwüstet hatte. Wurde Jeschua Zeuge einer solchen Verklärungen, ermahnte er die Geschichtenerzähler sich an die Wahrheit zu halten, doch auch die eindringlichsten Bibelzitate oder Gleichnisse, die Jeschua wusste und ihnen zur Belehrung sagte, vermochten diesen Verlauf nicht mehr aufzuhalten. Manche Menschen ließ er jedoch gewähren, damit sie die Ereignisse verarbeiten konnten.

      Ein Tag nachdem Jeschua

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