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Ich habe das Bild bei unserem letzten Urlaub in ihrer Heimat gemacht. Sozusagen bin ich hier der Künstler.“

      Ich spreche ihm meine Bewunderung aus, und muss sagen, er ist ein netter Typ. Wir unterhalten uns, als ob er mich schon ewig kennt. Dann kommt auch noch Selma dazu, und führt mich durch ihre Ausstellung. Sie hat alles, was man sich von einer Mexikanerin vorstellt. Wunderschöne dunkle Haare und Augen, und einen bestechenden Teint, samt beneidenswerter Figur, und ihr Temperament lässt sich kaum verbergen. Nach drei Martins fühle ich mich ganz leicht und beschwingt, langsam leeren sich die Räumlichkeiten.

      „Wir werden auch aufbrechen“, flüstert mir Max ganz sanft ins Ohr.

      Wir verabschieden uns, und verlassen die Galerie in Richtung Auto, wo Toni mir bereits die Autotür aufhält.

      „Ich glaub ich hatte einen Martini zu viel“, lächle ich Max an.

      Er erwidert mein Lächeln. „Soll ich dich schon nach Hause bringen? Ich dachte wir könnten uns noch etwas unterhalten, nur wir zwei.“

      „Nur wir zwei… das klingt sehr gut“, erwidere ich.

      „Toni, bitte bringen Sie uns in die Skyrise Bar.“

      „Sehr gerne Sir.“

      Die Skyrise Bar kenne ich nur von außen, ich war noch nie zuvor in dem Lokal, schien mir bisher immer zu nobel und versnobt, aber vielleicht kann ich heute meine Meinung ändern. Es sieht alles sehr elegant aus. Eine lang gezogene indirekt blau beleuchte Bar erstreckt sich durch den sonst eher dunklen Raum. Im hinteren Bereich spielt ein Piano und einige Paare tanzen. Rundherum stehen Glastische mit gemütlichen Polstersesseln. Wir setzen uns an einen Tisch, direkt neben dem langen Glasfenster, von dem aus man einen guten Blick nach draußen hat. Die Lichter der Bar spiegeln sich in der nebelnassen Straße. Max bestellt sich einen Whisky, und ich nehme ein Glas Champagner. Zugegeben, meine Füße sind keine High Heels gewohnt, und so lehne ich mich gemütlich im Sessel zurück, um meinen Beinen etwas Erholung zu gönnen. Max sitzt seitlich neben mir, gerade so, dass er mich berühren könnte, wenn er das wollte.

      „Ich hätte dich im Auto nicht so anfahren dürfen. Es tut mir leid, aber ich möchte keine Missverständnisse.“

      Ich wundere mich, dass er noch einmal davon anfängt, vor allem, weil ich nach drei Martins befürchte nicht mehr so gefasst wie vorhin zu sein. Deshalb sprudelt es auch gleich unkontrolliert aus mir heraus.

      „Die will ich auch nicht. Max bitte versteh mich nicht falsch, aber ich bin vor ein paar Wochen dreißig geworden, und an einem Punkt in meinem Leben angekommen, an dem ich gewisse Dinge einfach nicht mehr erleben möchte. Ich bin doch ganz normal und du…du bist…“ Ich stocke kurz, kann mich aber nicht mehr zurückhalten. „Ich bin doch keine Frau für dich, ich passe gar nicht in deine Welt, keine Ahnung was du suchst, aber ich will und kann keine Geliebte sein, und unsere Konfrontation vorhin bestätigt eigentlich nur, was mir mein Kopf seit unserer ersten Begegnung sagt.“

      Hab ich das wirklich gesagt? Ich merke wie mein Gesicht heiß wird. Er schaut mich überrascht an, mein Ausbruch dürfe unerwartet gekommen sein. Er wartet kurz bis ich mich beruhigt habe.

      „Was sagt dir denn dein Kopf Luisa?“, fragt er ganz ruhig, er lehnt sich erwartungsvoll ob meiner Antwort auf seinem Sessel zurück, und schlägt die Beine übereinander.

      „Was mir mein Kopf sagt? Ein Mann wie du kann alle Frauen haben. Du siehst gut aus, du bist erfolgreich und gebildet, und vermögend noch dazu, ich kann mir nicht vorstellen dass du gerade auf mich gewartet hast. Also entweder bist du verheiratet, oder du suchst keine fixe Beziehung, keine Ahnung.“

      Er nimmt seine Krawatte ab, und öffnet den ersten Knopf vom weißen Hemd, fast so als bräuchte er mehr Luft zum Atmen.

      „Also das sagt dir dein Kopf. Verstehe, du hast dir also schon ein konkretes Bild von mir gemacht?“

      Er nippt an seinem Drink. Ich zucke mit den Schultern, darauf will ich wirklich nicht antworten, aber er fährt fort, ohne auf eine Antwort von mir zu warten.

      „Glaub mir, die meisten Frauen nehmen liebend gern die Rolle einer Geliebten ein, träumen von Geld und Reichtum, und den Annehmlichkeiten die dieser Umstand mit sich bringt.“

      „Du kennst dich also gut aus mit den Geliebten…Hast du für deine Geliebten die Parfums gekauft?“, unterbreche ich ihn.

      In Anbetracht seiner Antwort, nehme ich vorsorglich einen großen Schluck Champagner.

      „Ja, ich kenne mich sehr gut mit Geliebten aus. Leider willst du keine von ihnen sein, was ich sehr bedaure, denn in Anbetracht der Tatsache, wie du dich dagegen wehrst, hätte das sehr reizvoll werden können.“

      Ich verschlucke mich an meinem Getränk, und die Kohlensäure steigt mir in die Nase, kurz muss ich nach Luft schnappen. Er klopft mir zärtlich auf den Rücken, und nachdem ich wieder Luft bekomme, streicht er weiter über meinen Arm, bis zu meiner Hand.

      „Das war ein Scherz, es gibt keine Geliebte. Ich habe nur Weihnachtsgeschenke für unsere Chefsekretärinnen gekauft“, schmunzelt er.

      Mir ist gar nicht zum Lachen zumute, langsam normalisiert sich meine Atmung wieder. Er lehnt sich wieder am Sessel zurück.

      „Aber wenn du es ganz genau wissen willst, ich war verheiratet.“

      Ok, er ist geschieden, jetzt weiß ich das auch. Ich hoffe wir sind endlich mit dem Thema durch, unbewusst klopfe ich mit meinen Fingerspitzen auf der Sessellehne.

      „Du musst dich nicht rechtfertigen“, entgegne ich knapp.

      „Nein das muss ich nicht.“ Kurze Stille. „Meine Frau ist vor zwölf Jahren gestorben.“

      Wieder Stille. Shit. Ich weiß nicht, ob ich jetzt etwas sagen soll, oder nicht.

      „Das tut mir Leid…ich wollte nicht…“

      Ich muss lernen meinen Mund zu halten.

      Er hebt seine Hand, und schließt kurz die Augen, ich habe das Signal, nichts mehr zu sagen, verstanden.

      „Als Laura die Diagnose Gehirntumor bekam, war sie im vierten Monat schwanger. Eine Behandlung war somit nur unter Gefährdung des Ungeborenen möglich, das wollte sie auf keinen Fall riskieren, ich konnte ihr das nicht ausreden. Sie wollte das Kind unbedingt, und nach der Geburt mit der Chemotherapie beginnen. Leider hat sie das nicht mehr geschafft, zwei Monate später fiel sie ins Koma, und starb einige Wochen darauf, und unser Kind mit ihr.“

      Er blickt auf, ich kann ihm kaum in die Augen sehen, ich fühle mich einfach nur schlecht, ich würde mich am liebsten in Luft auflösen. Es herrscht kurz Stille zwischen uns, bevor ich einfach nicht mehr still sein kann.

      „Ich wollte dich nicht in diese Situation bringen.“ In diesem Moment fühle ich mich ihm so nah wie nie zuvor. „Es tut mir leid.“

      Er legt seine Hand auf meine. „Laura war eine wundervolle Frau, und ich habe sie geliebt, es ist lange her. Es ist alles gut, mir geht es gut.“

      Ich kann nur mit Mühe unterdrücken, dass mir Tränen in die Augen steigen, ich presse meine Lippen fest aufeinander. Es kann ihm nicht gut gehen, niemandem kann es gut gehen, wenn er einen geliebten Menschen verliert, und ich weiß das nur zu gut. Er drückt meine Hand ein wenig.

      „Es muss einfach weitergehen. Das Leben legt uns viele Prüfungen auf, keiner weiß wozu, und doch hat alles einen Sinn.“

      Ich nicke. „Meine Mutter ist gestorben als ich vierzehn Jahre alt war. Sie hatte Krebs. Sie ist einfach gegangen, einfach so. Ich hätte sie noch gebraucht. Ich kann verstehen, was du fühlst.“

      Ich merke wie mir eine Träne, die sich nicht aufhalten ließ, über Wange rollt. Ich habe schon Jahre nicht mehr über meine Mutter gesprochen. Ich will einfach nicht daran denken, dass sie mich verlassen hat, außerdem ist das nur ein kleiner Teil aus meiner verkorksten Jugend, von all den Dingen, von denen mir lieber wäre, wenn er sie nicht erfährt, und sie ist nicht die einzige die ich verloren habe. Er streicht mir die Träne von der Wange,

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