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flüsterte sie, blickte zu ihrer Tochter Meira, die auf der Babydecke krabbelte, und presste sich das Sofakissen an den Bauch.

      »Das wissen wir nicht, aber die Abdrücke scheinen frisch.«

      »Was machen wir jetzt?«, fragte Olivia.

      »Ich rufe die Polizei.« Fredrik ging entschlossen zum Telefon und wählte die Nummer der USCP. »Hier Fredrik Haskins. Wir sind im Haus meiner Schwiegertochter. So wie es aussieht, wurde soeben eingebrochen. – Nein, es ist niemand mehr im Haus, also niemand Fremdes.« Fredrik diktierte die Adresse, dann legte er auf.

      Fünfzehn Minuten später hielt ein Streifenwagen in der Auffahrt. Zwei Officer begrüßten freundlich die Anwesenden mit einem »Merry Christmas«, um sich anschließend in allen Einzelheiten die Geschichte von Janette schildern zu lassen. Wenig später führten Marc und Fredrik die Beamten ins obere Stockwerk.

      »Seltsam.« Der Sheriff strich mit dem Finger über den Abdruck. »Ist klamm, Ed. Wie kommt jemand mit feuchten Schuhen bis hier nach oben? Heute hat es weder geregnet noch … Haben Sie im Garten oder vor dem Haus gegossen?«

      »Nein, wir sind seit gestern hier. Es ist alles trocken«, gab Marc Auskunft.

      »Und Sie sind sicher, dass sämtliche Fenster wie auch Türen verschlossen waren?«

      »Wir haben alles geprüft, Officer«, erwiderte Fredrik.

      »Der Schuhabdruck ist nur hier am Bett. Keine weiteren am Eingang oder an den Fenstern«, meinte Eds Partner. »Ist es für Sie in Ordnung, wenn wir uns nochmals umsehen? Wird nicht lange dauern, Sir.«

      »Ich bitte darum«, sagte Fredrik ernst und folgte den Polizisten nach draußen.

      Die beiden Cops besahen Raum für Raum der Villa. Als einer der Beamten in der Küche anlangte, wimmelte Rachel ihn rasch an der Tür ab und versicherte, dass nichts, schon gar nichts in der Küche zu entdecken sei. Die resolute Dame machte dem Polizisten mit einem Kopfnicken ins Rauminnere klar, dass sie die kleine Lea nicht verängstigen wollte.

      Nach zwanzig Minuten kamen die Beamten zu dem Ergebnis: »Alles okay im Haus. Wir konnten nichts feststellen. Weder Einbruchsspuren noch sonstige Hinweise. Könnte es sein, dass Ihre Tochter …«

      »… Schuhgröße 48 hat? Sicher nicht«, unterbrach Janette schnippisch, der die Situation immer unheimlicher wurde.

      »Gut, wir werden verstärkt Streife um Ihr Grundstück fahren, Ma’am. Bitte prüfen Sie, ob irgendetwas fehlt. Wenn etwas sein sollte, rufen Sie diese Nummer an.« Der Officer legte ein Kärtchen auf den Couchtisch. Danach verabschiedeten sich die Beamten und ließen ihren Wagen langsam die Zufahrt hinunterrollen.

      Wenig später schien sich die Aufregung ein wenig gelegt zu haben und so trug Rachel, Lea an ihrer Seite, den Schokoladenkuchen ins Wohnzimmer. Doch außer Lea hatte niemand in der Familie rechten Appetit.

       Kapitel 11: IMMERZEIT

      »Warum hast du das getan?« Chris sah Michail verständnislos an. Sie überquerten die Straße, die um diese Zeit ausgesprochen belebt war. Wie immer so kurz vor der Rushhour, versuchte ein jeder, noch vor dem allabendlichen Stau Washingtons rasch nach Hause zu kommen. Die fahrenden Autos kümmerten beide nicht. Ungeachtet derer liefen sie, ohne Aufmerksamkeit zu erregen, zur anderen Straßenseite.

      »Ich dachte, es wäre dir recht, Meister.«

      »Wie kommst du darauf?«

      Michail schwieg. Er wusste, dass er einen Fehler begangen hatte.

      »Also, wie kommst du darauf, Michail? Du musst dir dabei doch etwas gedacht haben?«

      »Ich wollte der Erste sein, der die heilige Mutter zu Gesicht bekommt.«

      »Reicht es dir nicht, wenn ich mich dir anvertraue?«

      »Doch, Meister, es ist nur …«

      »Und dann warst du noch nicht einmal bei Sandra. Nein, du musstest Lea einen Riesenschrecken einjagen.«

      »Verzeih mir.«

      »Da gibt es nichts zu verzeihen. Aber halte dich zurück, sonst wird es lange dauern.«

      »Willst du damit sagen, ich muss noch warten?«

      »Was bedeutet Zeit, Michail? Hier ist die Zeit von morgen die von jetzt. Und die Zeit von gestern ebenso. Immerzeit. Du weißt das.«

      Michail nickte.

      »Lea ist sehend, doch sie ahnt nichts davon. Daher auch dein Erscheinen als ihresgleichen. Deswegen fand Janette auch den Schmutz deiner Stiefel. Du hast die Grenze überschritten.«

      »Wann wird meine Zeit sein, Meister?«

      »Thron wird entscheiden, es liegt nicht bei mir. Ich werde dich brauchen, das weißt du. Drei Siegel sind gebrochen, seither stehst du nach Jahrtausenden deines Irrweges endlich an meiner Seite. Raphael dagegen nicht. Er und seine Schergen werden die Apokalypse vorantreiben, wenn wir sie nicht aufhalten.«

      Neben einem Hotdog-Stand dache Michail, wie gerne er jetzt eines dieser weichen Brötchen mit Wurst, getrockneten Zwiebeln, Ketchup, Senf und extraviel Käsesoße essen würde. Doch der Hotdog-Verkäufer sah ihn nicht.

      »Michail«, unterbrach Chris seine Gedanken, »du hast die Seite gewechselt. Jetzt übe dich in Geduld.«

       Kapitel 12: Krieg und Terror

       Syrienkrieg, Juni 2016

      Die Kämpfe hielten unvermindert an. Kurz vor Weihnachten hatte der amerikanische Präsident den Entschluss gefasst, neben den Bodentruppen Russlands und den im Herbst 2015 entsandten 50 US-Elitesoldaten weitere 1.300 Mann der US Army, davon knapp 500 US Marines, nach Syrien zu entsenden. Zum einen zeigten die bisherigen Luftangriffe nicht den gewünschten Erfolg, zum anderen hoffte er auf elementare Informationen der russischen Manöver direkt vor Ort.

      Seit über einem Jahr gab es Streitigkeiten, da russische Kampfjets Stellungen in der Nähe von Homs sowie im Westen Syriens angriffen. Diese lagen außerhalb der vom IS besetzten Zonen und wurden von den Rebellen, die gegen das Assad-Regime kämpften, beherrscht. Daher die Vermutung, mehr noch der Vorwurf, der russische Präsident stärke durch seine Offensive die Regierungstruppen von Baschar al-Assad, indem er die Widerstandskämpfer des jetzigen Regimes schwächte.

      Die Lage war äußerst kompliziert, da die syrische Opposition aus unterschiedlichen Rebellengruppierungen bestand: unter ihnen radikal-islamische Gruppen wie Ahrar al-Scham sowie die Nusra-Front, die sich zu al-Qaida bekannte. Andererseits kämpften in den bombardierten Gebieten auch Einheiten, die zur Freien Syrischen Armee (FSA) zählten, einem losen Verband Oppositioneller, die seit dem Arabischen Frühling Assad attackierten.

      Bemerkenswert erschien die Tatsache, dass in der globalen Presse nur noch vereinzelt über die Kämpfe und deren Zusammenhänge berichtet wurde. Noch im November 2015, als die Terrorakte von Paris der Bedrohung eine neuartige tragische Dimension verliehen, war ein weltweiter Aufschrei durch die sozialen Medien gegangen. Die Anteilnahme schien immens, ebenso die angekündigten Vergeltungsschläge Frankreichs – ja der gesamten westlichen Welt. Jene unmenschliche Tat verängstigte nun auch Europäer, Amerikaner, einfach alle, die an Demokratie und freien Glauben appellierten. Der Krieg war vor der eigenen Haustür angelangt!

      Und dennoch: Von Journalisten gesteuert, gerieten all diese Themen, wie der seit 2011 währende Krieg Syriens, für die Masse der Leser in den Hintergrund. Man kann es sogar so ausdrücken: Der Mensch stumpft mit der Zeit ab, gerade dann, wenn es um Ereignisse geht, die Hunderte, gar Tausende Kilometer von ihm entfernt stattfinden. Über Jahre hinweg ein und dieselben Meldungen in den Nachrichten. Kein Garant für hohe Auflagen. Jungfräuliche Schlagzeilen müssen gemeldet werden, die Entsetzen und Angst auslösen. Dies weckt Interesse und generiert entsprechende Einschaltquoten.

      Die letzte große

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