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in jeder Lebenslage ist eine Aussprache über die Beziehungsebene angebracht. Besonders von sachlich orientierten Menschen wird die Beziehungssprache als distanzlos gesehen. Die Du/Sie-Botschaft kann aber ganz gezielt für einen sehr positiven Gesprächsverlauf eingesetzt werden – beim positiven Bewerten des Gesprächspartners, sprich dem Lob!

      REAKTIONEN DES EMPFÄNGERS

      Wir alle wissen, dass wir auf Bewertungen über unsere Person sehr unterschiedlich reagieren. Je nachdem wer uns bewertet, in welcher Gefühlslage wir sind und wie wir bewertet werden.

      Welche Reaktionen zeigen wir?

      1. Akzeptieren

      Wenn der Empfänger die Bewertung als stimmig ansieht, wird er diese ohne Weiteres akzeptieren. Mit den Worten „Ja, so bin ich“, „Aha, so siehst du mich“ könnte er die Bewertung kommentieren.

      2. Durchgehen lassen

      Dabei stimmt der Empfänger nicht zu, lässt die Botschaft jedoch durchgehen. Mögliche Worte: „Ja, wenn du mich so siehst, dann soll es so sein.“

      3. Zurückweisen

      „Nein, so sehe ich unsere Beziehung nicht“ oder „Nein, so brauchst du nicht mit mir reden“ sind mögliche Aussagen, wenn die Bewertung zurückgewiesen wird. Eine Zurückweisung ohne Worte kann auch wie eine Ohrfeige sein.

      4. Ignorieren

      Ignorieren ist eine Form, die ich nicht empfehle. Dabei wird signalisiert: „Du bist Luft für mich.“ Bei Spontaneitäts-Trainings wird das Ignorieren als mögliche Antwort auf verbale „Tiefschläge“ gesehen. Der Angegriffene sollte den anderen mit Ignoranz zeigen, dass er verbal zu weit gegangen ist. Jedoch: Kommunikation zu verweigern, führt meist zu einer Vertiefung der Gräben.

      Wenn Sie andere bewerten, kann sich dies beim anderen einprägen. Nach dem Motto: „So sieht mich der andere – so einer bin ich also.“ Hier kommt besonders Lehrinnen und Lehrern und den Vorgesetzten in der Berufswelt eine große Bedeutung zu. Die Bewertung der Schüler im Unterricht und die des Mitarbeiters beim Mitarbeitergespräch können sich langfristig in der Psyche des Empfängers einprägen. Die Gespräche mit meinen Mitarbeitern waren immer mit einer besonderen Spannung verbunden. Nervosität – beiderseits – war an der Tagesordnung. Denn in meinen Firmen war die Bewertung meist mit Prämien verbunden. Es ging nicht nur um die Kritik, sondern auch ums Geld! Eine zusätzliche Brisanz. Ich bin kein Freund von der Verbindung „Geld“ und „Bewertung der Leistung“. Eine Falsch-Interpretation des Empfängers könnte lauten: „Na klar hat er mich so negativ bewertet, er wollte sich Geld sparen!“ Ich war immer wieder erstaunt, wie genau sich meine Mitarbeiter an das letzte Gespräch erinnern konnten, obwohl bereits mehrere Monate, zum Teil Jahre vergangen waren.

      Ich kann mich noch genau an eine Begebenheit mit meinem Rechtsprofessor erinnern. Nach einer Rechtsklausur sagte mir der Professor: „Studieren Sie Marketing. Sie beschreiben so umfassend Rechtsfälle – werden Sie lieber Marketing-Experte als Jurist.“ Ich habe nicht nur wegen der Aussagen des Professors Marketing studiert – diese Worte haben jedoch meine Studienwahl beeinflusst.

      EIN SELBSTKONZEPT BILDEN

      Durch laufende Bewertungen bilden wir ein Selbstkonzept: „So einer bin ich also.“ Dieses Selbstkonzept wird im Laufe eines Lebens immer wieder neu definiert. Menschen, die nicht gerne bewertet werden, umschiffen wie das Schiff den Eisberg diese Bewertungen, indem sie diese entweder verzerren oder vermeiden.

      Vermeiden

      Vor allem Menschen mit geringem Selbstbewusstsein vermeiden Bewertungen. „Ich traue mich nicht, vor so vielen Leuten zu reden“, heißt es oft. Ein guter Freund ist ein Vielredner, der gerne auch seine Meinung äußert. Bei Diskussion fällt er jedoch durch Zurückhaltung auf. Ich bin darüber verwundert. Nach einer durchzechten Nacht beichtete er mir, dass er sich einfach nicht traut, denn er hat Angst, dass seine Meinung negativ bewertet wird.

      Verzerren

      Bei der verzerrenden Wahrnehmung werden Botschaften so verzerrt, dass sie trotzdem wieder zum Selbstkonzept passen. Als Beispiel dient wieder mein Freund. Nach seinem Diskussionsbeitrag lobte ich ihn: „Dein Beitrag hat das Thema auf den Punkt gebracht“. Er interpretierte diese Aussage als „Eh klar, er möchte mich motivieren, mehr in der Öffentlichkeit zu reden – ich bin und bleibe jedoch ein schlechter Redner“.

      4.4 Die Appell-Ebene

      Wer sich äußert, will in der Regel auch etwas bewirken. Die Appell-Botschaft soll den Empfänger veranlassen, bestimmte Dinge zu tun oder zu unterlassen. Einflussnahme kann mehr oder weniger offen (Bitten, Auffordern, Befehlen, Anordnen, Ersuchen ...) oder verdeckt (Manipulation) erfolgen. Ist der Anteil der Appellebene in der Kommunikation zu hoch, wirken wir wie eine Befehlszentrale. Solche Menschen werden langfristig kaum akzeptiert, egal in welcher Position. Bei meinen Seminaren wird die Appellebene oft von den Teilnehmern negativ bewertet. Das sehe ich nicht so. In unserer arbeitsteiligen Welt geht es nicht ohne Koordinieren. Koordination ist eng mit Führen und Appellieren verbunden. Die Appellebene ist besonders bei Menschen angebracht, die einen gering(er)en Wissensstand haben.

      BEISPIEL

      Als Abteilungsleiter waren mir in den Unternehmen auch Lehrlinge zugeteilt. Eines meiner Ziele in der Ausbildung war die Selbstständigkeit. Daher bat ich einmal einen Lehrling, das Prospektlager aufzuräumen und die Prospekte zu ordnen. Der Lehrling starrte mich an und fragte, nach welchem Schema geordnet werden soll. Ich machet ihm Mut und sagte: „Du kannst das sicher, erarbeite dir selbst ein Schema und leg die Prospekte danach ab – ich vertraue dir.“ Meine motivierenden Worte halfen jedoch nichts. Rasch merkte ich, dass der Lehrling überfordert war. Ich versuchte es nun mit Appellen: „Mach das nach dem Schema XY, dann …, dann …, dann …“ Der Lehrling bedankte sich für die Appelle und verrichtete die Arbeit ausgezeichnet.

      Auch in der Kindererziehung sind Appelle eine wichtige Ebene der Kommunikation. In der Pubertät sollten Sie mit Appellen jedoch vorsichtig sein: „Du hast mir überhaupt nichts zu befehlen“, „Spiel nicht den Oberlehrer“, „Schau doch selbst, wie zu zusammenkommst“ sind häufig verwendete Repliken der heranreifenden Erwachsenen. Versuchen Sie in dieser Phase, den Appell mit Sach- und Ich-Aussagen zu verbinden. Eine Seminarteilnehmerin sagte mir, dass es ihr zu viel Mühe macht, „um den heißen Brei herumzureden“. Sie werden sehen, der Aufwand umfangreicherer Kommunikation macht sich mehr als bezahlt.

      Appelle sind also nicht gleich Appelle. Schauen wir uns verdeckte und offene Appelle genauer an:

      VERDECKTE APPELLE

      Verdeckt ist ein Appell, wenn der Gesprächspartner den Appell nicht sprachlich äußert. Wenn Kinder ohrenbetäubenden Lärm machen, Wutanfälle bekommen und brüllen, dann appellieren sie durch ihr Verhalten: „Ich will deine Aufmerksamkeit!“ Wenn kein Empfänger da ist, verschwindet die kindliche Darbietung rasch.

      Auch bei Erwachsenen werden mit einem bestimmten Verhalten verdeckte Appelle gesendet. Ein Weinen, ein aggressiver Blick können dem Empfänger den unausgesprochenen Appell „Lass mich bitte in Ruhe!“ mitteilen. Sicher kennen Sie Menschen, die Sie „mit Samthandschuhen“ angreifen und solche, denen Sie schroff begegnen. „Ich weiß, wie weit ich bei dem gehen kann“, heißt dazu eine landläufige Aussage.

      Verdeckte Appelle sind oft erfolgreicher als ausgesprochene. Schon als Kind haben wir gelernt, dass wir durch ein wehleidiges Gesicht eher zu Schokolade kommen als durch einen offenen Appell: „Bitte gib mir eine Schokolade!“ Bei verdeckten Appellen übernimmt der Sender keine Verantwortung, da er diese nicht ausgesprochen hat. Die große Herausforderung ist jedoch, das Gegenüber emotional so zu beeinflussen, dass der Appell auch Wirkung zeigt.

      Sie

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