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      Manche von Ihnen werden einwenden, dass dadurch versteckte Konflikte sichtbar werden könnten, nach dem Motto: „Du hast nie Zeit, wenn ich dich brauche.“ Ich begegne solchen Einwänden mit einer Aussage des Psychologen Schulz von Thun: „Der offene Appell begünstigt eine klare Lösung und eine ‚klare‘ Luft, in der sich atmen und leben lässt.“

      4.5 Alle vier Ebenen der Kommunikation

      Jetzt dringen wir noch tiefer in unsere Sprache ein. Jeder Mensch übermittelt diese Ebenen in unterschiedlicher Ausprägung. Wir können Menschen grob einteilen in Sachtypen, Selbstmitteilungstypen, Beziehungstypen oder Appelltypen. Eine klare Ausprägung haben die wenigsten Menschen. Denn meist erfolgt eine Aussage auf einer, meist jedoch auf zwei, drei oder auf allen vier Ebenen.

      BEISPIEL

      Das Ziel des Senders ist, dass der Empfänger die ungeordneten Ordner im Büro wegräumt:

      Sachebene (SA):

      „Im Büro liegen Ordner herum.“

      Selbstmitteilung (SM):

      „Ich bin ein Freund von einem aufgeräumten Büro.“

      Beziehung (B):

      „Du bist schlampig.“

      Appell (A):

      „Bitte räume die Ordner weg!“

      Wie könnten die Aussagen des Senders lauten?

      ■ „Im Büro liegen Ordner herum. Bitte räume die Ordner weg.“ (SA + A)

      ■ „Ich bin ein Freund von einem aufgeräumten Büro. Bitte räume die Ordner weg.“ (SM + A)

      ■ „Du bist schlampig. Bitte räume die Ordner weg.“ (B + A)

      ■ „Im Büro liegen Ordner herum. Du bist schlampig. Bitte räume die Ordner weg.“ (SA + B + A)

      ■ „Im Büro liegen Ordner herum. Ich bin ein Freund von einem aufgeräumten Büro. Bitte räume die Ordner weg.“ (SA + SM + A)

      ■ „Im Büro liegen Ordner herum. Du bist schlampig. Ich bin ein Freund von einem aufgeräumten Büro. Bitte räume die Ordner weg.“ (SA + SM + B + A)

      ■ „Bitte räume die Ordner weg.“ (A)

      Sie merken, dass der Appell in unserer Kommunikation eine wesentliche Rolle spielt. Wir wollen auf unseren Gesprächspartner mit Worten einwirken – meist positiv, manchmal auch manipulativ. Dazu sind Appelle ein legitimes Mittel. Es kommt jedoch darauf an, mit welchen Worten ich Appelle formuliere und mit welchen Ebenen ich Appelle verbinde: Mit lediglich „Bitte räume die Ordner weg“ werden die wenigsten auf Dauer erfolgreich sein. Verbunden mit anderen Ebenen ist die Erfolgsquote wesentlich höher.

      VOM DU ZUM ICH

      Im Beruf und in der Partnerschaft treffen wir immer wieder auf einen autoritären Sprachstil. Beschuldigungen, Herabsetzungen und Beurteilungen stehen an der Tagesordnung. Wir sprechen dabei von Du/Sie-Aussagen.

      BEISPIELE

      „Du kommst immer zu spät.“

      „Sie haben mir noch nie gute Arbeitsergebnisse geliefert.“

      Du-Botschaften sind eindringlicher. Besonders bei sehr emotionalen Menschen bleiben Du-Botschaften lange im Gedächtnis. Ein persönliches Beispiel: Beim 10-jährigen Abiturjubiläum erzählten wir uns viele Geschichten aus unserer gemeinsamen Gymnasialzeit. Dabei bemerkte ein Schulkollege: „Ich kann mich noch gut an eine Kritik erinnern, die du mir bei einem Fußballspiel im Turnunterricht gabst.“ Ich sah ihn erstaunt an und fragte ihn nach meinen Worten. „Dick und unbeweglich bist du – als ein ‚Walross im Trockenen‘ hast du mich damals bezeichnet.“ Er zeigte mir dabei genau jene Stelle, an der ich ihn beschimpfte – drei Meter links neben der Eckfahne. Ich schluckte und fragte: „An das kannst du dich nach zehn Jahren noch erinnern?“ Ein bedrückendes „Ja, da hast du mich so richtig verletzt“, war seine Antwort. Wie hätte die Kritik in der Ich-Botschaft lauten können? „Ich bin über deine Schwerfälligkeit beim Fußballspielen enttäuscht“ oder ähnlich. Ich bin überzeugt, dass mein Schulkollege diese Bemerkung innerhalb weniger Stunden vergessen hätte.

      Auf der Suche nach einer partnerschaftlichen Sprache führt an Ich-Aussagen kein Weg vorbei. Dabei steht folgende Grundaussage im Mittelpunkt: Ich teile dir mit, was dein Verhalten, deine Sprache bei mir auslöst. Dadurch mache ich mich transparent und öffne mich. Die Ich-Botschaft ist ehrlich, partnerschaftlich und menschlich.

      Beispiel: „Rauchen“ bei Jugendlichen

      Mit dieser Situation werden viele Eltern bei ihren Kindern konfrontiert. Meist erfolgt ein klarer Appell „Bitte rauche nicht!“. Betrachten wir nun verschiedene Kombinationen mit der Appellebene:

      ■ Die Sachebene hat die Wirkung, dass der Appell durch Information erklärt wird: „Laut der Studie sterben Raucher durchschnittlich elf Jahre früher. Ein Viertel der Raucher stirbt vor dem 70. Lebensjahr. Rauchen altert schneller die Haut. Viele Fakten, die gegen das Rauchen sprechen. Bitte nicht rauchen.“

      ■ Bei der Selbstmitteilung sind Selbsterfahrungen mit dem Appell verbunden: „Ich habe selbst 10 Jahre geraucht. Meine Haut war fahl und unrein. Ich habe mir daher zum Ziel gesetzt, gesund zu bleiben. Das tut mir gut. Daher mein großer Wunsch: Bitte rauche nicht!“

      ■ Bei der Beziehungsebene kann eine positive Bewertung über den Empfänger mit dem Appell verbunden werden: „Du hast mir schon mehrmals mitgeteilt, dass dir dein Aussehen sehr wichtig ist. Du hast eine reine Haut und einen ansprechenden Teint. Rauch bitte nicht, dann wirst du dein gutes Aussehen erhalten!“

      RESPEKTVOLLES STREITEN AUF DER ICH-EBENE

      Der respektvolle Streit wurde uns nicht in die Wiege gelegt. Oft machen wir unserem Ärger Luft und sprechen emotional die Beziehungsseite des Streitpartners an. Emotional beruhigt uns ein Zurechtweisen auf der Beziehungsebene. Jedoch entwickelt sich dadurch ein regelrechter Kampf der Beziehung und der Emotionen.

      BEISPIEL

      „Unterbrich mich nicht dauernd!“

      Antwort: „Ich unterbreche dich doch nicht. Du bist derjenige, der immer unterbricht!“

      Keiner wird in seinem Verhalten und Gefühlen gerne kritisiert.

      Wie können wir nun antworten? Marshall Rosenberg spricht von gewaltfreier Kommunikation. „Gewaltfrei“ ist für mich allerdings nicht das passende Wort. Ich spreche von „respektvoller Kommunikation“. Wie kann dies gelingen?

      Respektvolles Streitgespräch

emotionales Streitgesprächrespektvolles Streitgespräch
„Du unterbrichst mich dauernd!“„Darf ich zu Wort kommen, damit ich dir meinen Standpunkt sage?“
„Das ist doch alles ein Blödsinn!“„In diesen Punkt bin ich anderer Meinung!“
„Warum hast du die Unterlagen nicht fertig?“„Wir haben vereinbart, dass heute die Unterlagen fertig sein sollen!“
„Du bist immer so unpünktlich!“„Du kommst 15 Minuten zu spät. Ich finde es nicht höflich mir/den anderen gegenüber!“
„Stör mich bitte nicht durch diese Fragen!“„Ich habe jetzt für deine Fragen keine Zeit. Bitte um 16 Uhr.“
„Lass bitte diese Untergriffe!“„Ich finde, dass wir dadurch zu keinem Ergebnis kommen!“

      Es gibt eine

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