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Sie nahmen sich nur für einen kurzen Augenblick die Zeit, sich zu orientieren.

      Es schien so, als habe die Galeere nur wenig von ihrer Kampfkraft eingebüßt. Sie war mit dem gewaltigen Rammsporn an der steinernen Mauer entlanggeschrammt und hatte sich dann zur Seite gedreht. Jetzt schwamm sie allerdings wieder und hatte auch keine Schräglage mehr. Wasser war anscheinend auch nicht eingedrungen.

      Der Galeone, die von weitem nur noch ihr Heck zeigte, schenkten sie nur einen flüchtigen Blick.

      An Deck kämpften Männer miteinander. Etliche andere lagen auf den Planken, über die sie hinwegsteigen mußten. Aber Offiziere und Wachmannschaften waren wieder Herren der Situation.

      Jetzt wurde es allerdings höchste Zeit, zu verschwinden, denn die Ruderer des Oberdecks, die keine Gefangenen waren, griffen die anderen an und prügelten auf sie ein.

      Ali Mustafa und Ahmed liefen ein paar Schritte nach achtern und sprangen dann mit einem gewaltigen Satz über Bord.

      Als sie wieder auftauchten, war die Bordwand immer noch gefährlich nahe.

      „Tauchen und schwimmen“, sagte Ali. „Du mußt tauchen und solange unter Wasser schwimmen, wie du kannst. Wir werden versuchen, den kleinen Fischerhafen zu erreichen.“

      „Ja, da kommen die Soldaten auch nicht hin. Sicher werden sie alles absuchen.“

      Bevor Ali untertauchte, hörte er einen hallenden Schuß und zog den Kopf ein. Aber er hörte auch noch etwas anderes, das ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ.

      Ahmed schrie auf, hob die Arme aus dem Wasser und drehte sich halb zur Seite. Dann stieß er ein Gurgeln aus und ging unter.

      Eine der Musketenkugeln hatte ihn getroffen.

       9.

      Aus der Sicht der Arwenacks sah das alles ganz anders aus. Es waren nicht viele an Bord. Die meisten sahen sich noch Istanbul an und trieben sich auf den bunten Märkten herum, die soviel Abwechslung boten.

      Die anderen Arwenacks standen an Deck und sahen dem lebhaften Treiben im Hafen zu, das ebenfalls viel Abwechslung bot.

      Hasards Blick galt einer Galeone, die die Innenreede anlief und dort vor Anker ging. Da sie keine Flagge zeigte, tippte der Seewolf auf einen Portugiesen, was Ferris Tucker auch bestätigte.

      Gleich darauf änderte sich das Bild.

      Die große Galeere nahm Kurs auf die Galeone, und dort reagierte man sichtlich nervös.

      „Seltsam“, sagte Hasard, „das scheint sich zu wiederholen. Oder die Portugiesen haben erfahren, was sich hier getan hat.“

      „Sieht aus, als wollen sie die Galeone kontrollieren“, meinte Don Juan nachdenklich. „Aber wenn sie gleich mit einer Galeere aufkreuzen, versetzen sie die Leute nur in Angst und Schrecken. Sehr gastfreundlich ist das jedenfalls nicht. Sie haben doch ihre Schaluppen.“

      „Das verstehe ich auch nicht.“

      Auf der Galeone ging das gleiche Theater los wie auf der Dhau. Als die Besatzung das mächtige Schiff mit dem Rammsporn sah, das direkt auf sie zulief, kappte man das Ankertau und setzte in aller Eile die Segel.

      Daraufhin erhöhten die Ruderer auf der Galeere die Schlagzahl, und so wurden die Arwenacks erneut Zeugen eines sich zuspitzenden Dramas.

      Doch diesmal lief alles ganz anders ab.

      Die Galeone schaffte es gerade noch, vor der Galeere abzulaufen, aber sie hatte keine Chance. Es war nur eine Frage der Zeit, wann der Rammstoß erfolgen würde, denn die Galeone war schwerfällig mit ihren Segelmanövern. Sie segelte in Richtung einer steinernen Mole, wo es eine Durchfahrt gab, aber sie war immer noch langsam.

      Eine harte Kursänderung der Galeere folgte, die jetzt der Galeone achtern aufzulaufen versuchte.

      Innerhalb kurzer Zeit würde sie die flüchtende Galeone gestellt haben, daran bestand kein Zweifel.

      Doch nun geschah etwas, das die Arwenacks verblüffte.

      Ohne jeden erkennbaren Grund wurde auf der Backbordseite das Rudern eingestellt. Es war, als hätten alle Männer schlagartig die Riemen losgelassen.

      „Was ist denn da los?“ fragte Don Juan erstaunt. „Was hat das seltsame Manöver zu bedeuten?“

      „Das ist mir auch unerklärlich“, sagte Hasard. „Fast sieht das nach einer Meuterei aus, Ungehorsam, oder was weiß ich. Jedenfalls ist das nicht üblich. Die Galeere muß aus dem Kurs laufen.“

      An Steuerbord wurde weitergepullt, als sei nichts geschehen. In gleichmäßigem Takt wurden die Riemen durchgezogen, und das mit einem direkt atemberaubenden Tempo. Auf der anderen Seite dagegen herrschte Chaos, als die Riemen wild durchs Wasser pflügten.

      Auf dem Oberdeck pullten sie stehend mit wildem Schlag. Dann war lautes Gebrüll zu hören.

      „Himmel, die rennen auf die Mole zu“, sagte Ferris Tucker. „Das ist kein Zufall mehr, da steckt wirklich Meuterei dahinter, zumindest aber eine gezielte Absprache.“

      Innerhalb kurzer Zeit herrschte eine unglaubliche Wuhling auf dem Riesenschiff, und alles ging drunter und drüber.

      Der Rammsporn zielte auf die Steinmole, und unter Gebrüll und Geschrei streifte er sie hart. Holzsplitter flogen durch die Luft, ein entsetzliches Krachen war zu hören, als das Schiff die Mole rammte. Dann wurde es jäh gestoppt. Die Masten wackelten und schwankten, der ganze riesige Kasten wurde hart durchgeschüttelt.

      Danach ging das Gebrüll erst richtig los. Die Galeone segelte davon und zeigte das Heck, die Galeere saß fest.

      Schüsse krachten. Auf dem Oberdeck prügelten sich Männer. Aber das Bild wurde immer undeutlicher in der beginnenden Dämmerung. Es wirkte jedoch wie ein Alptraum.

      „Die haben tatsächlich gemeutert!“ rief Old O’Flynn. „Jetzt haben sie sich von den Ketten befreit und springen über Bord!“

      Überall im Hafen war man jetzt aufmerksam geworden, denn was sich an der Mole abspielte, war einfach unglaublich.

      Es dauerte auch nicht lange, da rückten wieder Soldaten an, und zwei Schaluppen lösten sich von der Pier, die zu der Galeere hinübersegelten.

      Das Geknatter von Musketen übertönte jedes andere Geräusch. Dort drüben kochte und brodelte ein Hexenkessel. Verzweifelte Gefangene kämpften sich mit den Fäusten einen Weg zum Oberdeck frei und schlugen auf alles ein, was ihnen im Weg stand. Die meisten trugen noch ihre eisernen Manschetten. Damit sprangen sie ins Wasser.

      Hasard zählte mindestens zwei Dutzend Männer, die sich befreit hatten und nun ihr Heil in der Flucht sahen. Aber etliche von ihnen tauchten nicht mehr auf.

      Mit zusammengepreßten Zähnen Sah er zu und konnte doch nichts unternehmen. Außerdem wurde es jetzt zunehmend dunkler und die Sicht immer schlechter.

      Das ganze Spektakel dauerte keine halbe Stunde. Dann hatten die Schaluppen etliche Männer aus dem Wasser gefischt. Es waren auch ein paar Tote dabei, die den Musketenkugeln zum Opfer gefallen waren.

      Die Galeere war inzwischen vor Anker gegangen. Von außen sah man ihr keine Beschädigung an, bis auf die zersplitterten Riemen, die auf der Backbordseite zu Bruch gegangen waren.

      Hasard und seine Männer waren so in den Anblick versunken, daß sie nicht bemerkten, wie sich eine triefende Hand an der Bordwand festkrallte. Ein ausgelaugter Mann hielt sich fest und atmete langsam und bedächtig ein und aus. Dann zog er sich unendlich langsam an Deck, robbte dort ein Stück entlang, entdeckte eine Kammer und verschwand darin, ohne daß ihn jemand bemerkte.

      Die Bordhündin Plymmie hätte ihn ganz sicher bemerkt, aber die war mit Smoky, Jung Philip und ein paar anderen ebenfalls an Land.

      Ali Mustafa hatte ganz erbärmliche Angst. Hinzu kam der Schock, als Ahmed unterging, nachdem ihn eine Musketenkugel getroffen hatte.

      Er

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