Скачать книгу

Donegal das sah, flitzte er mit einem heiseren Schrei aus der Kammer und rannte fast Ben Brighton um. Carberry standen ebenfalls die Haare zu Berge, als er unter die Koje blickte. Da lag doch wahrhaftig ein Wassermann drunter, zwar nicht mit einem grünen Fez auf „der Rübe“, und Tang an den Ohren, aber schwarzen Haaren und tropfnaß. Für Old O’Flynn war das natürlich ein Anlaß, wirklich an Wassermänner zu glauben, wenn die auch anders aussahen.

      „Mir geht langsam ein Licht auf“, sagte Hasard. „Dieser Mann muß von der Galeere stammen. Er ist herübergeschwommen und hat sich unbemerkt an Bord geschlichen. Niemand hat ihn bemerkt.“

      Er griff unter die Koje, hackte den „Wassermann“ an den Beinen und zog ihn hervor. Der Mann war noch jung. Er trug nur eine Hose und ein durchlöchertes verschwitztes Hemd.

      Hasard legte ihn vorsichtig auf die Koje und wandte sich an den Kutscher, der der Szene mit hochgezogenen Augenbrauen zusah.

      „Jetzt bist du dran, Kutscher.“

      Mittlerweile hatte sich Donegals Kammer mit Arwenacks gefüllt, die erstaunt auf den Mann blickten, dem es gelungen war, sich unbemerkt an Bord zu schleichen. So was gab es auch nur selten, aber es war darauf zurückzuführen, daß sie ausnahmslos auf die Vorgänge an Bord der Galeone geachtet hatten.

      Der Kutscher untersuchte Ali Mustafa rasch.

      „Totale Erschöpfung“, stellte er fest. „Der Mann ist vor Erschöpfung bewußtlos. Außerdem hat er Peitschenwunden.“

      „Was können wir tun?“

      „Vor allem dafür sorgen, daß wir keinen Ärger kriegen“, meinte der Kutscher. „Wir sollten ihn an Bord behalten und dann versuchen, ihn in Sicherheit zu bringen. Ich bin davon überzeugt, daß die Soldaten den ganzen Hafen durchkämmen werden. Finden sie ihn bei uns, dann dürfte das mit einigem Ärger verbunden sein. Aber im Augenblick sollten wir ihn schlafen lassen. Er ist nicht krank, nur total ausgelaugt und fertig.“

      Hasard nickte. Der Kutscher hatte recht. Sie durften den Mann nicht lange an Bord behalten, aber sie konnten ihn auch nicht einfach fortschicken, sonst war er erledigt.

      „Immerhin gehört er zu den Meuterern“, sagte Ben Brighton. „Das kann uns wirklich eine Menge Ärger einbringen.“

      „Schuldig oder nicht“, meinte Hasard. „Im Augenblick will ich keine Entscheidung treffen, nur die, daß wir ihn erst einmal an Bord behalten, bis er wieder auf den Beinen ist.“

      „Und wenn sie die Schiffe durchsuchen und ihn finden?“

      „Sie werden ihn nicht finden. Zwei Mann bleiben bei ihm, und wenn heute nacht wirklich Soldaten nach ihm suchen, dann bringt ihr ihn in den kleinen Raum, der sich unterhalb der Pulverkammer befindet. Da gibt es ein schmales Versteck, das selbst wir nur durch einen Zufall gefunden haben. Dort paßt ein Mann genau der Länge nach hinein, und dann stellt ihr ein paar Fässer darüber.“

      „Wir sollten ihm die Eisen abnehmen“, sagte Big Old Shane. „Es sind nur die ganz gewöhnlichen Manschetten. Die kann man aufbiegen, wenn man etwas Kraft aufwendet.“

      „Das tun wir am besten gleich.“

      Für Big Old Shane war das Problem gleich darauf gelöst. Die schmalen Eisenbänder wurden aufgebogen und über Bord geworfen. Damit war er von den Dingern befreit.

      Dann kam jedoch wieder einmal alles ganz anders, als die Arwenacks es geplant hatten.

      Ali Mustafa schlug plötzlich die Augen auf.

       10.

      Der Blick war völlig klar, etwas erstaunt vielleicht, doch dann lag ein jähes Erschrecken darin, als er die vielen Männer sah, die ihn im Halbkreis umstanden.

      Mit einem Ruck wollte er aufspringen.

      Hasard legte ihm die Hand auf die Schultern und drückte ihn auf die Koje zurück.

      „Nur keine Aufregung“, sagte er besänftigend. „Sie sind vorerst in Sicherheit. Ihnen wird nichts passieren. Sie sind doch von der Galeere geflüchtet, oder?“

      Als Jung Hasard das übersetzte, nickte der Mann kläglich. Noch einmal sah er sich scheu um. Dabei kehrte auch schlagartig seine Erinnerung zurück.

      „Ja, ich bin von der Galeere“, sagte er heiser. „Mein Name ist Ali Mustafa.“

      „Ali Mustafa“, wiederholte Hasard und nannte seinen Namen. „Den Namen haben wir doch erst kürzlich gehört.“

      „Bei Aladin“, sagte Dan O’Flynn. „Der hat von einem Ali Mustafa erzählt, der zu Unrecht verurteilt wurde.“

      „Richtig, so war der Name“, sagte Hasard. „Sind Sie dieser Ali, der die Kadis und den Henker verflucht hat?“

      „Ja, ich habe das getan.“ Ali Mustafa setzte sich ganz langsam aufrecht hin. „Aber man hat mich betrogen und zu Unrecht verurteilt. Das ist auch wahr. Ich sollte zum Tode verurteilt werden, und man band mich vor ein Kanonenrohr.“

      Hasard nickte. „Ich kenne Ihre Geschichte so einigermaßen. Ein Mann namens Aladin aus Sulukule hat sie uns erzählt. Man sprach in ganz Istanbul darüber. Ihr Fall hat viel Aufsehen erregt.“

      Der Kutscher hielt Ali eine Muck hin. Der Mann trank dankbar und in langen Schlucken, dann bedankte er sich.

      „Sie begeben sich in Gefahr, wenn Sie mich weiterhin an Bord behalten“, sagte er leise. „Ich will Ihnen keine Schwierigkeiten bereiten. Ich bin nur geschwommen, bis ich nicht mehr konnte. Dann habe ich mich an einem Schiff hochgezogen und zu einer Kammer verschleppt. Mir war in dem Moment alles egal.“

      „Das kann ich mir vorstellen. Wir haben die Vorfälle auf der Galeere von Anfang an beobachtet. Es war eine Meuterei, nicht wahr?“

      „Ja, und ich war der Initiator. Mein Freund Ahmed war auch daran beteiligt, aber er hat es nicht überlebt. Er ist vor meinen Augen untergegangen, und ich konnte ihm nicht mehr helfen.“

      Ali Mustafa strich mit der Hand über seinen sichelförmigen schwarzen Schnauzbart.

      „Wir konnten nicht anders“, setzte er wie entschuldigend hinzu. „Die meisten hatten nichts verbrochen und waren unschuldig. Da ist es besonders schwer, wenn man für etwas büßen muß, was man nicht getan hat.“

      Als auf dem Deck über ihnen Schritte erklangen, glomm Furcht in den Augen des Türken auf.

      „Soldaten?“ fragte er heiser.

      Hasard schüttelte den Kopf.

      „Nein, keine Soldaten, jedenfalls bis jetzt noch nicht. Es sind unsere Leute, die an Deck Wache gehen.“

      „Aber sie werden kommen. Sie werden nach den Gefangenen suchen, und wenn sie mich finden, wird man ihnen Ärger bereiten.“

      „Davon bin ich überzeugt, aber man wird Sie nicht finden. Wir bringen Sie später in Sicherheit, doch im Moment geht das nicht, der Hafen ist noch in Aufruhr.“

      Hasard sah den Türken noch einmal nachdenklich an. Als sein Blick auf den Schnauzbart und die vielen Bartstoppeln fiel, lächelte er.

      „Wir haben zwar ein kleines Versteck an Bord, aber ich habe gerade eine andere Möglichkeit in Betracht gezogen. Wir werden Sie für einige Zeit in unsere Mannschaft aufnehmen. Das würde gar nicht einmal auffallen. Sie müßten nur die Rolle eines Taubstummen spielen, falls die Soldaten hier aufkreuzen.“

      „Das würde mir nicht schwerfallen“, sagte Ali erleichtert. „Aber die Kerle kennen mein Gesicht.“

      „Man müßte ihm den Schnauzbart abrasieren und die Haare kürzer scheren“, meinte Mac Pellew. „Wenn er dann noch ein paar Klamotten von uns trägt, fällt er überhaupt nicht auf. Kein Mensch wird vermuten, daß er die Frechheit hat, öffentlich an Bord zu arbeiten.“

      „So ähnlich dachte ich mir

Скачать книгу