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schwierigen Lage.“

      „Na ja, es hat alles bestens geklappt. Gegen Mittag werden wir Ali wegbringen. Er kennt sich hier aus und hat ja auch gesagt, daß er Freunde hat, die ihn aufnehmen werden. Damit ist er dann vorerst in Sicherheit und kann später immer noch untertauchen.“

      Auch Ali wirkte sehr erleichtert, als die Soldaten endlich abgezogen waren und das nächste Schiff durchsuchten. Ein ganzer Felsen war ihm von der Seele gerutscht.

      „Ich habe Blut und Wasser geschwitzt“, gab er zu. „Als der Kerl mich ansprach, hätte ich im ersten Schreck fast geantwortet. Aber dann habe ich mir auf die Zunge gebissen.“

      „Er hat nichts gemerkt“, sagte Hasard.

      Gegen Mittag zog ein kleiner Trupp los zum Landgang. Ali befand sich unter ihnen, und so schlenderten sie durch die Stadtviertel, wo Ali dann unauffällig nach vielen Dankesworten verschwand. Sie waren am Hafen nur noch einmal flüchtig kontrolliert worden.

      Am Nachmittag erschien der Hauptmann zu ihrer großen Überraschung erneut. Er sah noch übernächtigter und vergrämter aus. In seinem Gesicht sprossen Bartstoppeln.

      „Fünf Ihrer Männer sind heute mittag an Land gewesen“, sagte er. „Aber nur vier sind zurückgekehrt. Wo ist der fünfte Mann?“

      Hasard zuckte mit den Schultern und blieb wieder die Gelassenheit in Person.

      „Wo habt ihr Jack gelassen?“ fragte er den Profos.

      „Jack ist auf dem großen Basar geblieben“, sagte der Profos trocken. „Er sieht sich die Märkte und die Spiele an.“

      „Da hören Sie es“, sagte Hasard. „Er wird später zurückkehren.“

      Aber der Hauptmann blieb mißtrauisch und musterte einen nach dem anderen.

      „Man hat euch an Land beobachtet“, sagte er.

      Er drehte sich um und murmelte ein paar Worte zu einem der Soldaten, der gleich darauf verschwand, über die Pier stiefelte und zu der Galeere eilte, die gerade mit dem Ablegemanöver begann. Dort rief er etwas hinauf und deutete auf die Dubas der Seewölfe.

      „Jetzt wird’s aber lustig“, sagte Hasard, als die Galeere gerudert wurde und Kurs auf sie nahm.

      Dan O’Flynn schluckte trocken, als das Ungeheuer sich anfangs schwerfällig, dann immer schneller, in Bewegung setzte.

      Der Hauptmann stand da und grinste hinterhältig. Seine Soldaten gingen ein paar Yards über die Pier, als wollten sie sich vor dem schwimmenden Monstrum in Sicherheit bringen.

      „Die will uns tatsächlich rammen“, ächzte der Profos, „aber unverkennbar.“

      Es war beileibe keine bloße Drohgebärde, wie Hasard sah. Das Schiff hielt genau auf sie zu. Der riesige Rammsporn zielte auf die Dubas.

      „Ihr habt einen Verbrecher gedeckt!“ schrie der Hauptmann. Dann hatte er es ebenfalls sehr eilig, ein paar Yards zu verschwinden.

      Hasard konnte immer noch nicht glauben, was er sah. Das gewaltige Schiff setzte zum Rammstoß an, und dieser Rammstoß galt ihnen, das war gar keine Frage mehr.

      „Leinen los!“ rief er. „Klar bei Backborddrehbassen!“

      Unaufhaltsam schob sich das Monstrum näher heran. Es war jetzt höchstens noch fünfzig Yards entfernt. Wenn der Rammsporn sie traf, würde er die Dubas in zwei Teile spalten oder total zersplittern.

      Die Arwenacks rannten nur so.

      Carberry kappte achtern die Leinen, Smoky tat es vorn, und Batuti und Roger Brighton drückten das Schiff von der Pier ab.

      An den Drehbassen standen Al Conroy, Ferris Tucker und Jack Finnegan. Der Kutscher brachte in aller Eile glimmende Lunten an Deck und verteilte sie.

      In einem wahren Affentempo wurden die Segel gesetzt.

      „Jetzt geht es uns genauso wie den anderen“, knirschte Ben. „Die sind doch nicht mehr normal, diese Halunken.“

      Der Rammsporn kam näher. Er wirkte wie ein riesiges Ungeheuer, das sich auf sein wehrloses Opfer stürzen will. Jede noch so kleine Einzelheit war zu erkennen.

      „Feuert nach oben auf die Armbrüste und Segel!“ rief Hasard. Er hatte selbst die Ruderpinne übernommen und legte Hartruder. Sie hatten nur noch ein paar Sekunden Zeit, dann würde sie die schwimmende Festung in Kleinholz verwandeln.

      An den gespannten Armbrüsten standen Männer, die auf den Befehl zum Feuern warteten. Aber der wurde nicht gegeben. Die Distanz war so zusammengeschrumpft, daß sich der Einsatz von Waffen nicht mehr lohnte. Das Gewicht und der Rammsporn genügten, um ein kleineres Schiff zu versenken. Und sehr groß war die Dubas nicht.

      Hasard gelang es buchstäblich im allerletzten Augenblick, vor dem gewaltigen Rammsporn freizukommen.

      Da blitzte die erste Drehbasse auf. Al Conroy hielt mit dem groben Schrot genau in die Segel.

      Der Blei- und Eisenhagel löste sich unter grellem Blitz und urweltlichem Getöse. Das Segel zerfetzte.

      Ein zweiter Blitz zuckte aus dem nächsten schwenkbaren Rohr und prasselte auf dem Rammsporn. Aus dem Holz wurden große Brocken gefetzt, aber mehr geschah nicht.

      Die Galeere lief hart an ihnen vorbei. Dabei hörte Hasard, wie der Hauptmann etwas brüllte. Augenblicklich wurde der Riemenschlag des unheimlichen Schiffes langsamer. Und dann glitt sie auf die Pier zu, an der vorher die Arwenacks vertäut hatten.

      Kein Schuß fiel mehr. Es war noch einmal gutgegangen, aber viel hätte an einer Ramming nicht mehr gefehlt.

      „Was jetzt?“ fragte Ben. „Verschwinden wir gleich? Wir werden sonst eine Menge Ärger kriegen.“

      „Wenn wir verschwinden, kriegen wir noch mehr Ärger“, sagte Hasard. „Wir segeln zu den Piers im Binnenhafen von Unkapani und machen dort fest. Ich werde versuchen, den Kerlen eine vernünftige Erklärung abzugeben.“

      Der Hauptmann und die Soldaten sahen ihnen nach. Dann setzten sie sich langsam in Marsch und gingen zur anderen Seite hinüber.

      Mac Pellew hatte in der Zeit, in der sie im Goldenen Horn nach Nordwesten hochsegelten, nichts anderes zu tun, als Blacky zu „frisieren“, denn der hatte fast das gleiche Aussehen und dieselbe Haarfarbe wie Ali Mustafa. Auch die Figur stimmte überein.

      Nach einer guten halben Stunde war der Hauptmann wieder da. Es sah nach Ärger aus, aber das konnte Hasard schnell beilegen, denn „rein zufällig“ erschien „Jack“, der mit Händen und Füßen erklärte, daß er sich verspätet habe. Und dann habe er von Land aus beobachtet, daß das Schiff in Bedrängnis geraten sei und verholt habe.

      Das alles ließ Hasard dem Hauptmann durch Philip und Jung Hasard verklaren. Blacky stieß dabei immer wieder urige laute aus und wedelte mit Armen und Beinen.

      Der Hauptmann schluckte das schließlich und rang sich sogar noch zu einer Entschuldigung durch. Er war müde und wollte nur noch schlafen, nichts als schlafen, deshalb hatte er auch nicht mehr so genau hingesehen.

      Als er endlich abzog, waren die Arwenacks erleichtert.

      „Na, das ging ja noch einmal gut“, sagte Hasard. „Ich hatte mit wesentlich größeren Schwierigkeiten gerechnet, aber ich wollte auch nicht einfach aus Istanbul flüchten und verschwinden. Die Stadt ist es wert, daß wir sie uns noch gründlicher ansehen.“

      Das fanden die anderen auch. Sie wollten noch ein paar Tage bleiben, denn in dieser Stadt gab es noch viel zu entdecken. Sie steckte immer wieder voller Überraschungen …

      ENDE

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       1.

      Der Wartende beschloß,

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