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Seewölfe Paket 29. Roy Palmer
Читать онлайн.Название Seewölfe Paket 29
Год выпуска 0
isbn 9783954399970
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Bookwire
Die Ruderer auf der Backbordseite reagierten wie ein Mann. Verkrampfte Hände lösten sich und ließen die Riemen los, die unkontrolliert ins Wasser tauchten und hochgewirbelt wurden.
Auf der Steuerbordseite pullten die Männer wie besessen weiter und taten so, als sei nichts geschehen.
Zuerst geriet der Schlagmann vor Verblüffung aus dem Takt. Er hieb auf die Trommel, sah sich dann verwirrt um und schlug zweimal hintereinander drauf. Dann versuchte er, den Takt wiederzufinden, geriet aber immer mehr aus dem Konzept.
Die beiden Aufseher trauten ihren Augen nicht und konnten nicht glauben, was sie sahen. Die eine Seite hatte das Rudern eingestellt, die anderen pullten verbissen weiter.
„Auf Riemen, ihr Bastarde!“ brüllte der eine. Sein kantiges Gesicht war dunkelrot angelaufen. Er schwang die Peitsche und wußte nicht, wohin er zuerst schlagen sollte.
Ali Mustafa spürte voller Genugtuung, wie die Galeere hart aus dem Kurs lief. Dagegen konnte auch der Rudergänger nichts mehr tun, obwohl er sich verzweifelt bemühte.
Ein Offizier stürzte den Niedergang hinunter und brüllte den Schlagmann an, der wahllos auf die Trommel schlug. Dann begann er zu toben, als er sah, daß sich auf der Backbordseite keine Hand mehr rührte.
„Pullen, ihr Hunde!“ schrie er. „Bewegt euch sofort. Ich lasse auf der Stelle jeden erschießen, der nicht sofort zu den Riemen greift. Und ihr“, wandte er sich brüllend an die Aufseher, „schlagt auf die Bastarde ein und steht nicht herum!“
Seine Worte verhallten. Immer noch rührte sich auf der Backbordseite keine Hand, während die Ruderer an Steuerbord weiterpullten und die Riemen mit aller Kraft durch das Wasser zogen.
Die beiden Wächter reagierten endlich. Nur der Schlagmann war völlig kopflos geworden und hieb wie wild auf die Trommel ein.
Ein zweiter Offizier tauchte auf, auch er knallrot im Gesicht und mit einem irren Flackern in den Augen.
„Wir laufen auf die Mauer“, schrie er wild. „Hört sofort auf zu pullen.“
Ein paar Kerle grinsten ganz offen. Der eine Offizier gab den Befehl, weiterzupullen, der andere befahl, das Pullen einzustellen.
Also blieb alles beim alten Zustand. Die einen pullten wie besessen, die anderen rührten sich nicht.
Dafür schwangen die Aufseher jetzt ihre Peitschen und setzten sie erbarmungslos und mit aller Härte ein. Sie schlugen wahllos zu und droschen nach allen Seiten auf Köpfe, Rücken, Arme und Beine.
Der eine Offizier riß seine Pistole aus dem Bandelier und spannte den Hahn. Dann wollte er abdrücken, indem er wahllos auf die Männer anlegte, die nicht pullten.
In diesem Augenblick erklangen von oben laute Schreie. Offiziere und Wachmannschaften brüllten, die Ruderer schrien, und im Unterdeck hockte mit stoischem Gesichtsausdruck der Kerl, der immer noch wahllos die Trommel schlug.
Da gab es ein entsetzliches Krachen und einen mörderischen Aufprall. Die Galeere wurde auf der Stelle wie von einer riesigen Faust gestoppt.
Die gewaltigen Riemen zerbrachen und splitterten. Einige schoben sich mit Urgewalt durch die Bänke und zerfetzten das Holz.
Krachen, Splittern, Bersten und laute Schreie. Das Schiff bäumte sich auf. Die beiden Offiziere rasten wie Kanonenkugeln durch die Gänge, begleitet von den Aufsehern, die auf den Anprall ebenfalls nicht vorbereitet waren.
Auf dem Oberdeck war ebenfalls der Teufel los. Da schrien alle wild durcheinander, und da war offenbar auch einiges zu Bruch gegangen.
Das war der Zeitpunkt, als draußen gerade die Dämmerung einsetzte.
Im Unterdeck brannte keine Lampe. Es herrschte ein Zwielicht, in dem man gerade noch die Männer erkennen konnte.
Ali Mustafa tastete in dem Chaos um sich. Eine Hand berührte leicht seinen Arm. Es war Ahmed.
„Die Ruderbank ist zum Teufel gegangen“, sagte er. „Da ist alles zersplittert.“
Sie erhoben sich. Ali fühlte Splitter, Holzstücke, den Teil eines zu Bruch gegangenen Riemens. Neben ihm hing reglos ein Mann halb zwischen den Bänken und rührte sich nicht mehr.
Noch ein paar Bänke waren bei dem Anprall zerborsten.
„Die Kette“, sagte Ali leise, „was ist mit der Kette, Ahmed? Ist sie noch heil?“
„Ich weiß nicht.“
Sie drängten von der Bank weg. Andere Männer waren ebenfalls aufgesprungen und versuchten, in dem Chaos und Getümmel zu entkommen. Aber da war noch die Kette, mit der ihre Beine angeschlossen waren und die durch die Eisenringe lief. Diese Kette war mit Schlössern gesichert.
Ali Mustafa schlug einem der Aufseher beide Fäuste ins Genick. Der Peiniger hatte sich gerade erhoben und suchte seine Peitsche, um die Ruderer zur Räson zu bringen. Er sackte zusammen und blieb unter der Bank liegen.
„Die Offiziere“, sagte Ali keuchend. „Da vorne bei dir muß einer liegen. Schnapp dir den Kerl, ich reiche nicht heran. Die Offiziere haben die Schlüssel.“
Immer noch wußte im Unterdeck kaum jemand, wo die Galeere jetzt lag, ob sie mit der steinernen Mauer oder einem anderen Schiff kollidiert war. Aber das war jetzt auch egal. Der Zeitpunkt zur Flucht war so günstig wie noch nie, und den gedachten die Männer auch auszunutzen.
Ahmed schnappte sich den bewußtlosen Offizier und durchsuchte mit zitternden Händen dessen Taschen. Als er in der Aufregung den Schlüssel nicht gleich fand, zerfetzte er ihm die Uniform.
„Ruhig bleiben“, zischte Ali, „laß dir Zeit, nichts überstürzen. Es ist gleich dunkel, und damit vergrößern sich unsere Chancen.“
Ahmed suchte immer noch fieberhaft weiter. Mit jedem Augenblick wurde er unsicherer und nervöser. Da lag die Rettung so nahe, und er fand den verdammten Schlüssel nicht, der sie von den Ketten erlösen würde.
Er drehte den Bewußtlosen hin und her, und dann fand er endlich, was er so fieberhaft suchte. Der Offizier trug den Schlüssel an einer dünnen Lederschlaufe um den Hals.
Von da an wurde Ahmed ruhiger und gefaßter, wenn auch sein Herz noch bis zum Hals schlug und ihm fast die Luft abdrückte.
Innerhalb kurzer Zeit hatte er das Schloß geöffnet und zog mit fliegenden Fingern die Kette durch die Ringe.
Dann waren sie frei und trugen nur noch ihre eisernen Manschetten um die Fußgelenke.
Vom Oberdeck her rumorte es. Kein weiterer Offizier ließ sich blicken. Sie waren offensichtlich mit sich selbst beschäftigt und kümmerten sich nicht um die Gefangenen.
Ein paar Männer drängten bereits nach vorn und verstopften in ihrer Eile den Niedergang. Sie wollten nur raus, und so drängten und schoben sie rücksichtslos.
Inzwischen war es fast dunkel geworden. Über dem Hafen lag ein seltsames Zwielicht. Auf einigen Schiffen brannten bereits Laternen. Auch am Hafen flackerten Lichter auf.
Ali hielt Ahmed am Arm zurück.
„Warte noch“, sagte er heiser. „Oben an Deck sind viele Wachen. Es wird nicht mehr lange dauern, bis sie einen Überblick haben, und dann werden sie eingreifen. Wir nehmen den achteren Niedergang, laufen an Deck und springen über Bord. Das muß alles ganz schnell gehen, sonst erwischen sie uns doch noch, und alles war umsonst.“
Sie kümmerten sich nicht mehr um die schreiende und brüllende Horde, die jetzt zu einem Teil das Oberdeck erreicht hatte. Die Kerle drängten rücksichtslos nach oben und schrien und brüllten wie die Irren. Über ihnen waren Schüsse zu hören. Männer prügelten sich, und laute Flüche hallten über Deck.
Ali und Ahmed schlichen den achteren Niedergang hinauf und sahen sich immer wieder vorsichtig um. Ein paar anderen Männern war anscheinend bereits die Flucht gelungen, denn sie hörten Schreie im Wasser und bemerkten, daß an Deck