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als der Junge es ein Stück weiter ins Wasser zog.

      Hasard hielt den Atem an. Seine Augen waren jetzt auf die jungen Franzosen gerichtet. Ein junger Mann und ein Mädchen tanzten nach einer lustigen Melodie. Die anderen saßen im Kreis um sie herum und klatschten in die Hände.

      Wieder dieses Knirschen. Hasard zuckte regelrecht zusammen. Aber noch hatten die jungen Leute nichts bemerkt.

      Jetzt schwamm das Boot auf den Wellen!

      Hasard sah, wie sich der Schatten Dans über dem Heck des Bootes erhob. Geräuschlos glitt er hinein und schlängelte sich unter der Ducht hindurch nach vorn.

      Lautlos hob er einen der beiden Riemen und legte ihn in die Rundsel an Steuerbord. Dann nahm er den anderen Riemen auf.

      Er schafft es, dachte Hasard erleichtert. Sie merken nicht einmal, daß ihnen ihr Boot unter dem Hintern weggeklaut wird!

      Hasard hatte sich getäuscht.

      Als Dan den Backbordriemen in die Rundsel schob, geschah es. Einer der Bretonen hatte bemerkt, daß mit dem Boot etwas nicht stimmte. Er rief seinen Kameraden etwas zu und lief auf das Boot zu, um es wieder an Land zu ziehen.

      In diesem Augenblick sprang Dan O’Flynn auf, packte den Steuerbordriemen und drehte das Boot mit ein paar kräftigen Schlägen herum.

      Hasard durfte nicht länger zögern. Die Füße des Bretonen hatten das Wasser schon fast erreicht, da schickte Hasard die erste Kugel aus seiner Pistole.

      Dicht vor den Füßen des jungen Franzosen spritzte sie Sand hoch. Der Knall der Waffe stand klar in der kühlen Nachtluft. Der Mann blieb abrupt stehen und wirbelte herum.

      „Halt! Keine Bewegung!“ brüllte Hasard, obwohl er wußte, daß die Männer seine Worte nicht verstanden. Aber er versprach sich von seinem Gebrüll eine moralische Wirkung.

      Das Bürschchen hatte sich auf die Ducht gesetzt und pullte jetzt, als wolle er sich mit dem kleinen Boot auf den Weg nach England machen. Hasard sah aus den Augenwinkeln, wie er langsam in der Dunkelheit verschwand.

      Doch dann mußte sich Hasard wieder auf die Franzosen konzentrieren, die ihren Schreck überwunden hatten. Die Mädchen hatten sich verschreckt aneinandergedrängt und blickten mit großen Augen auf den dunklen Felsen, hinter dem der Mann hocken mußte, der geschossen hatte.

      Die jungen Männer verständigten sich mit ein paar Worten. Hasard hatte den kurzen Überraschungsmoment genutzt, die erste Ladung seiner Pistole zu erneuern.

      Er hatte gerade wieder Pulver auf die Pfanne des ersten Radschlosses geschüttet, als die jungen Männer ihren ersten Schreck überwunden hatten und zu dritt auf den Felsen losstürmten, hinter dem sich der Feind verbarg.

      Hasard brüllte wieder.

      „Bleibt stehen, ihr verdammten Hornochsen! Sonst schluckt ihr heißes Blei!“

      Er sah, wie sich zwei der jungen Männer und die Mädchen abwandten und in Richtung Dorf davonliefen. Dort hatte man sicher den Schuß vernommen und sich bereits seinen Teil gedacht. Hasard wußte, wie mißtrauisch und angriffslustig die Fischer von der Belle Ile waren.

      Er zielte sorgfältig. Er wollte keinen der jungen Männer verwunden oder gar töten.

      Die Kugel, die dicht vor den Füßen des ersten Mannes Sand hochspritzte, hielt die jungen Burschen nur kurz auf. Wahrscheinlich glaubten sie, er hätte seine einzige Kugel verschossen. Hasard jagte die zweite gleich hinterher.

      Er hatte nicht mehr genau zielen können, denn in dem Moment, in dem er abdrückte, verlor sein linker Fuß den Halt am Felsen. Er rutschte ab.

      Hasard hörte im Fallen einen heiseren Schrei. Wahrscheinlich hatte die Kugel einen der Männer getroffen. Hasard hoffte, daß die Verwundung nicht zu schlimm war.

      Ihm blieb keine Zeit mehr. Dan O’Flynn war mit dem Boot sicher schon ein gutes Stück vorangekommen. Und wenn sie Blacky und Smoky erreichten, brauchten sie sich vor einer Auseinandersetzung mit den drei oder vier jungen Bretonen nicht mehr zu fürchten.

      Mit langen Sätzen jagte Hasard am Strand entlang. Das Laufen im weichen Sand strengte mächtig an. Er spürte, wie sich seine Muskeln in den Waden langsam verhärteten.

      Vor sich hörte er die laute Stimme Blackys, der den Jungen mit dem Boot entdeckt hatte, und als Hasard seine Männer erreichte, hatten sie bereits alle vier Fässer eingeladen.

      Die Bretonen waren verdammt schnell auf den Beinen. Ihre Schatten hoben sich vom hellen Strand deutlich ab. Wahrscheinlich hatten sie Blacky und Smoky, die bis zu den Knien im Wasser standen, nicht gesehen, sonst wären sie sicher stehengeblieben und hätten Hasard nicht weiter verfolgt.

      So liefen sie genau in die Falle.

      Hasard blieb plötzlich stehen und warf sieh den drei Burschen entgegen. Ehe sie sich auf die veränderte Situation einstellen konnten, krachte Hasards Faust bereits gegen das Kinn des ersten Mannes.

      Der junge Bretone überschlug sich fast. Er landete mit dem Gesicht im Sand. Benommen richtete er sich wieder auf und spuckte den Sand aus, den er im Mund hatte.

      Den nächsten Franzosen mähte Hasard mit einem Rundschlag nieder. Der Bursche heulte auf und hielt sich die Nase, aus der Blut schoß und auf sein Hemd spritzte.

      Der dritte hatte seine Chance genutzt. Er war Hasard von hinten angesprungen und versuchte, ihm die Luft abzuschnüren.

      Da war Blacky heran. Er schnappte den Franzosen im Genick, zog ihn von Hasards Rücken und hielt ihn am ausgestreckten Arm von sich.

      „So was“, sagte er. „Einen Mann von hinten anspringen! Wo gibt’s denn so was?“

      Mit der flachen Hand schlug er zu, daß der Kopf des jungen Burschen hin und her flog.

      Der vierte Mann, der Hasard verfolgt hatte, war in einiger Entfernung stehengeblieben und traute sich nicht näher heran. Hasard war es nur recht. Sie hatten keine Zeit, sich hier am Strand mit den Franzosen herumzuprügeln. Sicher waren die Fischer im Dorf schon alamiert. Und sie hatten andere Sachen auf Lager als diese jungen Kerle, das wußte Hasard nur zu gut.

      „Laß ihn los, Blacky“, sagte er hastig, „rein ins Boot! Wir müssen so schnell wie möglich von hier verschwinden.“

      Er streute ein bißchen Pulver auf die Fackel, die Smoky ihm reichte, und schlug zwei Feuersteine aneinander. Zischend begann die Fackel zu brennen. Hasard schwenkte sie ein paarmal hin und her. Es war das verabredete Zeichen für Ben Brighton, von wo er die Männer zu erwarten hatte.

      Hasard scheuchte Blacky und Smoky ins Boot. Dan hatte für sie die Ducht geräumt. Die beiden kräftigen Männer schnappten sich die Riemen, und nachdem Hasard sich übers Dollbord geschwungen hatte, legten sie los. Hasard reichte die Fackel dem Bürschchen Dan hinüber, der im Bug saß und ihn angrinste.

      Hasard war froh, daß das Unternehmen bisher so gut geklappt hatte. Jetzt hatten sie genügend Wasser, um noch eine ganze Woche auf See zu bleiben. Er hoffte, daß die Fischer von der Belle Ile den Zwischenfall nicht so ernst nahmen und alles dransetzten, die Bootsdiebe zu erwischen.

      Hasard atmete auf, als er die beiden Fackeln an Bord der „Isabella“ aufleuchten sah. Im nächsten Augenblick zuckte er zusammen.

      Dicht neben dem Boot stieg eine kleine Wasserfontäne hoch. Nur Sekundenbruchteile später hörte er den entfernten Knall einer Muskete.

      „Weg mit der Fackel!“ fauchte er Dan O’Flynn an, der sie sofort ins Wasser warf, wo sie zischend erlosch.

      Blacky und Smoky legten sich noch kräftiger in die Riemen. Sie hatten die dunklen Schatten auf dem glitzernden Wasser, die sich schnell näherten, bereits entdeckt.

      Hasard drehte sich um. Was er sah, ließ seinen Atem stocken. Die verdammten Fischer hatten schnell reagiert. Sie hatten ein halbes Dutzend Boote bemannt und waren drauf und dran, ihnen den Weg zur „Isabella“ abzuschneiden.

      Wieder fauchte eine Musketenkugel heran, aber diesmal lag sie

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