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atmete fast auf, als er Batuti röhrendes Organ vernahm.

      „Voraus! Voraus!“ brüllte der riesige Gambia-Neger, der sich aufgerichtet und am Mast festgeklammert hatte.

      „Verdammt noch mal, was siehst du voraus?“ schrie der Seewolf. Er hielt das Spektiv ans rechte Auge und suchte damit die Wellenberge ab, die vor ihnen herliefen. Aber er konnte nichts erkennen.

      „Weiß ich nicht genau!“ brüllte Batuti. „Schwimmt was auf dem Wasser!“

      Hasards scharfe Stimme peitschte übers Deck.

      „Dan O’Flynn in den Mars!“

      Wenn einer von ihnen erkennen konnte, was der Gegenstand war, den Batuti entdeckt hatte, dann war es Donegal Daniel O’Flynn, der die schärfsten Augen von ihnen hatte.

      Der Junge aus Falmouth kletterte wie ein Affe die Wanten hinauf. Er klammerte sich neben Batuti an den Mast und ließ sich von dem Schwarzen die Richtung weisen.

      Es dauerte einen Augenblick, bis Dan den Gegenstand mit den Augen erfaßt hatte. Er wartete ab, bis er auf einem Wellenkamm erschien, und er erkannte sofort, um was es sich handelte.

      „Ein Boot!“ schrie er hinunter. „Ein paar Männer sitzen darin und pullen! Sie müssen ihr Schiff verloren haben!“

      „Wie weit sind sie entfernt?“

      „Keine Seemeile!“ rief O’Flynn. „Etwa zwei Strich Steuerbord!“

      Hasard nickte Brighton zu, und der Bootsmann gab den Befehl an den Rudergänger Pete Ballie weiter.

      Nach ein paar Minuten konnten sie alle das Boot sehen, das wie ein Korken auf den Wellen tanzte. Die Männer darin waren jetzt deutlich zu sehen. Es waren acht, und sie kämpften einen heroischen Kampf gegen die aufgewühlte See, die sie zu verschlingen drohte.

      Der Seewolf zögerte mit seiner Entscheidung nicht eine Sekunde.

      „Alle Mann klar!“ rief er. „Wir holen sie an Bord! Seht zu, daß ihr das Boot an Bord hieven könnt, dann haben wir wenigstens ein neues.“

      Hasard war der Ansicht, daß die Männer nur von einer der fünf Karavellen stammen konnten, die sie am Morgen gesichtet hatten. Er wunderte sich ein bißchen, daß die Männer ihr Schiff verloren hatten, denn er kannte keine seetüchtigeren Schiffe als die schlanken Karavellen mit den Lateinersegeln. Aber vielleicht hatte ein besonders starker Brecher das Schiff leckgeschlagen. Doch wieso waren dann in dem Beiboot, das mehr als zwanzig Mann fassen konnte, nur acht Männer?

      Hasard hatte keine Zeit mehr, über diese Dinge nachzudenken. Das wichtigste war erst einmal, die Männer an Bord zu holen. In der Nußschale hatten sie kaum eine Chance, die nächste Stunde zu überleben, denn die See wurde immer ruppiger.

      Ben Brighton jagte drei Mann in den Großmast, um das Großmarssegel für den Augenblick der Bergung zu setzen, damit die Galeone manövrierfähiger wurde.

      Hasard war aufs Hauptdeck hinuntergegangen und half den Männern, die Taue bereitzulegen, die sie den Schiffbrüchigen zuwerfen wollten.

      Ben Brightons klare Stimme hallte über das Deck. Die „Isabella“ bäumte sich auf und durchstieß mit ihrem stumpfen Bug die mächtige Welle, die sie zu überrollen drohte.

      Das Beiboot schien auf die Galeone zuzufliegen. Gischtumsprüht tanzte es sekundenlang auf einer Wellenkrone, bis es wie von schweren Gewichten plötzlich nach unten in ein Wellental gezogen wurde.

      Nur der Geistesgegenwart Ben Brightons war es zu verdanken, daß das Boot nicht an der Bordwand der Galeone zerschellte. Sie hörten die Männer in dem Boot vor Entsetzen brüllen, und dann flogen die Taue auf das Boot zu.

      Zwei der Schiffsbrüchigen hatten Glück. Sie packten jeder ein Tau. Einer von ihnen wurde sofort über Bord gerissen. Er wurde von der See verschluckt.

      Blacky, der das Seil hielt, zog daran wie ein Irrer. Am Widerstand spürte er, daß der Mann nicht losgelassen hatte. Smoky und ein anderer Mann sprangen hinzu. Gemeinsam holten sie das Tau Hand über Hand ein. Sie sahen, wie das bärtige Gesicht des Schiffbrüchigen auftauchte, der mit einer Welle auf die „Isabella“ zugeschwemmt wurde.

      „Los!“ schrie Blacky, und die drei Männer, die das Tau hielten, rannten über das Deck nach Backbord.

      Hasard sah, wie der bärtige Mann gegen die Bordwand der „Isabella“ krachte. Das mußte das Ende für ihn sein. Doch der Bärtige schien die Kraft eines Bären zu besitzen, oder aber die Todesangst verlieh ihm ungeahnte Kräfte, Er ließ das Tau nicht los, und nachdem Blacky und Smoky noch einmal kräftig zogen, konnten ihn die anderen Männer der „Isabella“ packen und über das Schanzkleid an Bord zerren.

      Der zweite Mann in dem Boot hielt immer noch das Tauende in der Hand, das Batuti durch seine Hand gleiten ließ, wenn sich das Boot von der Galeone entfernte. Hasard sah die aufgerissenen Augen des Mannes. Einen Moment sah es so aus, als wolle er ebenso wie sein Kamerad ins Wasser springen, doch er fand nicht den Mut dazu.

      Der Kutscher und der hagere Gary Andrews, dessen Wunde auf der Brust allmählich verheilte, kümmerten sich um den geborgenen Schiffbrüchigen, der ein paar französische Worte hervorsprudelte.

      Hasard schnauzte Gary Andrews an, er solle sich gefälligst unter Deck scheren und sich in seine Koje legen. Jetzt, da die Entzündung der riesigen Schnittwunde, die er sich bei dem Überfall der Spanier auf der „Santa Barbara“ zugezogen hatte, im Abklingen war, war es unklug, das Risiko einzugehen, daß die Wunde wieder aufbrach.

      Andrews verschwand brummend im Niedergang.

      Der Franzose erholte sich ziemlich schnell. Anscheinend hatte er sich beim Aufprall auf die Bordwand nicht verletzt. Er erhob sich, schüttelte seinen bärtigen Kopf und stützte sich am Schanzkleid ab.

      Ben Brighton schrie vom Quarterdeck.

      „Aufpassen Männer, jetzt haben wir es!“

      Die Galeone krängte stark nach Steuerbord. Das Boot jagte auf einem Wellenkamm heran.

      Arme packten zu. Tampen flogen ins Boot, das knirschend die Bordwand der Galeone berührte. Mit einem Schlag wurden drei Männer über das Schanzkleid gezerrt. Ein vierter rutschte beim Sprung vom Dollbord aus. Sein rechtes Bein geriet außenbords.

      In diesem Augenblick schwappte eine Welle das Boot wieder gegen die Galeone.

      Der Franzose schrie markerschütternd auf. Sein Gesicht war vor Schmerz verzerrt. Die Augen quollen hervor.

      Hasard preßte die Zähne aufeinander, als das Boot von einer Woge von der Galeone weggerissen wurde. Das Bein des Franzosen, der sich schreiend an einen Tampen geklammert hatte, war nur noch ein blutiger Stumpf. Das Dollbord hatte seinen Unterschenkel an der Bordwand der Galeone abgequetscht.

      Blacky riß den Mann zu sich heran und packte ihn bei den Schultern. Der Franzose hatte vor Schmerzen den Verstand verloren. Er schlug wie ein Berserker um sich.

      Blacky zögerte nicht. Er machte kurzen Prozeß. Seine Faust traf das Kinn des Franzosen und schickte ihn auf die Decksplanken. Seine geretteten Kameraden kümmerten sich um ihn. Einer von ihnen band seinen Schal ab und schlug ihn um das verstümmelte Bein, um es abzuschnüren. Der Kutscher und O’Flynn halfen den Franzosen, den Verletzten unter Deck zu bringen.

      Drei Männer hatten den Sprung aus dem Boot nicht geschafft. Sie schrien sich die Kehle wund, als sie sahen, daß sich die Galeone immer weiter von ihnen entfernte.

      Aber Ben Brighton hatte das einzig Richtige getan. Wäre er an dem Boot drangeblieben, hätten die nun folgenden Brecher, die die „Isabella“ von Steuerbord überschütteten, das Boot unweigerlich an der Bordwand zerschmettert.

      Der Bootsmann brauchte fast zehn Minuten, bis er die Galeone wieder in eine günstige Position manövriert hatte.

      Die Männer im Boot saßen an den Riemen und pullten. Ben Brighton schrie sie an, das Boot tanzen zu lassen, doch seine Stimme ging im heulenden Sturm unter.

      Hasard

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