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Das große Lise-Gast-Buch. Lise Gast
Читать онлайн.Название Das große Lise-Gast-Buch
Год выпуска 0
isbn 9788711508770
Автор произведения Lise Gast
Издательство Bookwire
Wie schön rollte der Wagen jetzt auf der ebenen Glätte nach der holprigen Zubringerstraße! Es war ein Genuß zu fahren. „Weißt du was? Jetzt trinken wir erst einmal richtig Kaffee“, schlug er vor. „Hier gibt es schöne Rasthäuser.“
„Kommt jetzt eins?“ fragte Regine.
„Ja, dort halte ich meistens. Die Leute haben ein zahmes Reh. Willst du es einmal ansehen?“
„Ist deshalb hier das Bild von dem Rehbock?“ fragte Regine interessiert. Sie waren an einem Schild vorbeigefahren, auf dem ein lebensgroßer Rehbock zu sehen war.
„Nein“, sagte Herr Burger und lachte, „das nicht. Aber hier ist ein Wildwechsel. Weißt du, was das ist? Ein Weg, den die Rehe benützen, wenn sie über die Autobahn wechseln. Da müssen die Fahrer besonders achtsam sein, damit sie kein Tier verletzen, sowohl bei Tag als auch in der Nacht.“
„Fahren Sie denn auch in der Nacht?“ staunte Regine.
„Natürlich, oft. So, jetzt sind wir da.“
Herr Burger fuhr den Wagen rechts heran und bremste. Hier war auch eine Tankstelle, und Wagen aller Art standen dort. Regine sprang hinaus, ihr Fahrer folgte. Sie gingen zum Rasthaus hinüber.
Das war ein schöner, neuer Bau, hell, mit schmiedeeisernen Gittern vor den Fenstern, und darin war es besonders gemütlich. Die Wände waren mit hellem Holz getäfelt, die Tische weiß gescheuert, und alles war freundlich und sauber. Herr Burger bestellte für Regine und sich selbst je ein tüchtiges Fernfahrerfrühstück.
„Ich lade dich selbstverständlich ein, du brauchst nichts zu bezahlen“, sagte er beruhigend. Regine sprang hinaus in die Küche, sie wollte so gern das zahme Reh sehen.
Als sie durch die Gaststube ging, stieß sie um ein Haar mit einem Herrn zusammen, der eben durch die hintere Tür hereintrat. Sie wich ihm gerade noch aus und war selbst sehr erschrocken, weil es beinah einen Zusammenstoß gegeben hätte. Aber ihr „Oh, Entschuldigung!“ bekam nur ein undeutliches Brummen zur Antwort. Sie war froh, gleich darauf draußen zu sein. In dem Augenblick, in dem sie den Herrn angesehen hatte, hatte sie ihn erkannt. Es war der Fahrer des dunkelroten Wagens, der sie während der Fahrt einigemal zu überholen versucht hatte.
In der Küche stand eine freundliche, runde Frau am Herd und brühte eben Kaffee auf. Ihr ganzes Gesicht glänzte vor Behagen und Gutmütigkeit. Regine fragte sie zutraulich nach dem Reh.
„Natürlich kannst du es sehen. Es ist draußen im Garten hinter dem Haus. Nein, es tut nichts, du kannst es gern streicheln. Warte, ich gehe mit dir, ich muß sowieso draußen nach dem Rechten sehen.“
Die Frau wollte einen Eimer mit Hühnerfutter aufnehmen, der neben dem Herd stand. Regine bückte sich rasch und kam ihr zuvor.
„Ich kann ihn auch tragen!“
Sie gingen zusammen hinaus in den Garten. Der war mit einem Drahtzaun umgeben. Gleich dahinter begann der Wald.
„Den Zaun haben wir nur der Hühner wegen gesetzt. Unser Rickele reißt nicht aus“, sagte die Frau und lockte das Reh. Es äugte aus seinen sanften braunen Lichtern zu ihnen herüber, hob das lackschwarze Geäse und kam ganz vertraut zu ihnen heran. Regine streichelte es vorsichtig, damit es nicht erschrecke, und sprach zärtlich mit ihm. Nein, was für ein unwahrscheinlich zartes Tier solch ein Reh war. Sie hatte noch nie eins so nahe gesehen.
Sie fütterten dann zusammen die Hühner und freuten sich an dem eifrigen Gepicke der bunten Schar. Schließlich aber meinte die Frau, sie müsse jetzt schnell wieder in die Küche, die Herren warteten ja auf den Kaffee.
„Ich komme mit“, sagte Regine und lief voran, den Eimer in der Hand. Vor der Hintertür des Hauses lagen ein paar Kartoffelschalen verstreut. Regine sprang darüber hinweg, die Frau aber hatte wohl nicht hingesehen. Sie trat darauf und rutschte aus. Bums! Regine drehte sich erschrocken um. Da lag die dicke, freundliche Frau am Boden und stöhnte.
„Warten Sie, ich helfe Ihnen auf!“ Regine war sehr hilfsbereit und stützte die Verunglückte. Diese ächzte und humpelte mühsam in die Küche hinein.
„Mein Fuß! Ich muß ihn mir vertreten haben!“
Ja, nun war guter Rat teuer. Die Wirtsfrau hockte auf einem Küchenstuhl und rieb stöhnend an ihrem Knöchel herum, und drinnen mußte bedient werden.
„Gebrochen ist er nicht“, murmelte sie auf Regines mitfühlende Frage hin. „Aber er tut so weh. Ruf die Maria, sie muß oben sein. Sie soll schnell herunterkommen!“
Regine lief die Treppe hinauf und meldete das Unglück oben. Bevor aber Maria herunterkam, war Regine schon wieder bei der Wirtsfrau.
„Warten Sie, bleiben Sie sitzen! Ich bring’ erst einmal den Kaffee hinein zu den Herren“, sagte sie geschäftig. „Wie viele Tassen? Drei?“
„Ja, für dich und deinen Fahrer. Aber zuerst bekommt der Herr an dem Tisch am Fenster“, sagte die Frau.
„Ach, der Brummbär? Ja, der muß zuerst bekommen, er war ja auch früher hier als wir“, sagte Regine und stellte Tasse und Zuckerschälchen auf einem kleinen, blanken Tablett zurecht. „So, und noch Milch? Ja, danke. Wollte er auch etwas zu essen?“
„Frag ihn, erst hat er nur einen Kaffee bestellt. Wir haben Kuchen da und auch Brötchen.“
Regine ordnete das Geschirr auf dem Tablett und nahm es dann vorsichtig auf. Ihr machte so etwas Spaß. Sie hatte sich immer gewünscht, einmal Bedienung zu spielen und den Leuten Essen und Trinken bringen zu dürfen.
„Bitte schön, der Herr!“ sagte sie mit einem kleinen Knicks und wartete, bis der Brummbär seine Zeitung weggelegt hatte. Dann stellte sie zierlich und nett das Tablett vor ihn hin.
„Wünschen der Herr auch etwas zu essen? Kuchen hätten wir da, aber auch frische Brötchen und Butter.“
„Ja, gehörst du denn hierher?“ fragte der Gast und sah sie an.
„Im Augenblick ja“, sagte Regine keck, „im Augenblick ist die Frau Wirtin verhindert. Also, was darf ich bringen?“
„Bring einen Kuchen. – Warst du nicht vorhin in dem Laster, der mich durchaus nicht überholen lassen wollte?“
„Doch. Aber man darf doch nur überholen, wenn kein Fahrzeug entgegenkommt“, antwortete Regine ein wenig fragend, „oder...“
„Doch, doch. Sag mal – na, erst bringst du mir einmal den Kuchen, ja?“
Regine lief. Jetzt sollte aber erst Herr Burger sein Frühstück haben, fand sie. Sie brachte es ihm und erzählte ganz schnell, was geschehen war.
„Wir haben doch einen Augenblick Zeit. Ich meine nur, bis Maria wieder in der Küche ist. Sie richtet oben die Zimmer“, berichtete sie atemlos. Herr Burger lachte.
„Auf eine halbe Stunde kommt es mir nicht an.“
Nichts war Regine lieber als das. Sie fühlte sich nach dem Stillsitzen im Wagen so munter und rührte sich so gern ein bißchen. Wenn sie dieser freundlichen Frau ein wenig helfen konnte, war ihr das nur recht. So lief sie also wieder hinaus, fragte, wo der Kuchen stehe, und verhieß, sie werde nachher dafür sorgen, daß der verletzte Knöchel einen kalten Umschlag bekäme.
„Am besten vielleicht mit essigsaurer Tonerde. Haben Sie welche hier?“
„Wir haben immer allerlei im Haus. Die Maria wird sie dir geben. Ja, von dem Kuchen dort! Schneide aber das Stück nicht zu dünn.“
„Ach, für den alten Querkopf! Er guckte einen an, als ob er einen fressen wollte. Er hat sicher schlechte Laune.“
„Trotzdem muß man höflich sein!“
„Das werde ich schon“, versicherte Regine eifrig. „So – ist es so recht? Warten Sie nur, wenn