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und ein wenig stockend. „Mockturtlesuppe – hast du so fein gegessen?“

      „Weißt du denn, was Mockturtlesuppe ist?“ fragte Wilm belustigt.

      „Nein. Natürlich nicht. Aber es klingt so vornehm.“

      „Richtig. Du hast die richtige Nase, Regele“, sagte Axel und stopfte einen Riesenbissen in den Mund, „aber wo werde ich fein essen gehen ohne dich! Wir drucken die Karten nur in unserer Druckerei, daher habe ich eine. Und hier“ – er drehte sie um –, „hier habe ich alle unsere lieben Verwandten aufgeschrieben, damit wir aussuchen können. Zu wem möchtest du, zu Onkel Henry oder Tante Traudel oder...“

      „Kann ich nicht lieber hierbleiben? Und ihm“ – sie wies schüchtern mit dem Kinn zu dem jungen Mann hinüber – „hier die Wirtschaft führen? Das ist doch das einfachste“, sagte Regine und goß Tee ein. „Autsch, das war heiß. Ich bin doch darauf eingerichtet.“

      „Nein, Regele. Wilm ist doch nicht dein Bruder, das geht nicht, weißt du. Was wolltet ihr denn auch auf die Visitenkarte draußen an der Tür schreiben?“

      Regine sah zu Wilm hinüber. Er hatte ein blasses, gescheites Gesicht und war ebenso kräftig und blond wie Axel schwarz. Trotz der Schmalheit seiner Wangen hatte er zwei Grübchen darin, ganz leicht hingetupfte, winzige Grübchen. Nett sah er aus.

      „Du siehst mich ja so an?“ fragte Wilm lächelnd.

      „Ja. Eigentlich schade, daß Sie nicht auch mein Bruder sind“, sagte Regine langsam. Die beiden jungen Männer lachten.

      „Nein, gut so. Später, Regele, heirate ich dich mal, und dann kannst du mir die Wirtschaft führen. Das ist viel hübscher, findest du nicht?“ sagte er vergnügt. „Wirst du mich mögen?“

      „Vielleicht“, sagte Regine ernsthaft. – „Vielleicht, wenn...“

      „Na?“ fragte Wilm, nun doch gespannt. „Wenn du keinen Netteren mehr kennenlernst bis dahin, ja? Wolltest du das sagen?“

      „Nein. Wenn Axel mich dann nicht mehr braucht“, antwortete Regine unbeirrt. Wilm schwieg ein wenig beschämt.

      „Nun also: Verwandtenauswahl. Hier!“ Axel deutete mit der Gabel auf die oberste Zeile, die er auf die Rückseite der Karte geschrieben hatte. „Tante Barbara. Deine Patin. Bezirksschwester in Marburg. Fünfzig Jahre. Sehr lieb und nett.“

      „Ja, sie ist lieb! Aber sie hat, glaube ich, keinen Platz für mich“, sagte Regine nachdenklich. „Jedenfalls schrieb sie einmal von einem winzigen Zimmer, in dem sie mit ihrer Schwester wohnt. Aber nett ist sie, denn sie schickt mir zu jedem Geburtstag etwas und zu Weihnachten auch. Zu der ginge ich gern. Aber sie ist sicher den ganzen Tag unterwegs.“

      „Das war ich doch auch“, brummte Axel. „Weiter erst mal! Tante Traudel, Gärtnerin, Mann verloren, fünf Kinder, allerdings zwei davon schon groß. Nein, zu der können wir dich nicht geben, die hat schon genug auf dem Hals. Aber wie wäre es mit Onkel Henry? So sehr nahe verwandt ist er ja nicht mit uns, dafür sozusagen das Staatsstück der Familie. Vaters Vetter, verwitwet, kinderlos, Besitzer einer Papierfabrik in Lütjendortmund, gut wattiert, soviel ich weiß, großes Haus, sicher dicker Wagen.“

      „Ach, das ist der, von dem erzählt wurde, er könnte Mutter nicht leiden?“ fragte Regine eifrig. „Der soll Vater doch übelgenommen haben, daß er Mutter heiratete, weil sie nur von einem kleinen Hof stammte, oder was weiß ich, warum. Jedenfalls hat er von den Eltern nichts wissen wollen, und wenn sie ihn einluden, kam er meistens nicht.“

      „Ja der“, sagte Axel zögernd, „kommt der in Frage?“

      „Lieber nicht“, meinte Regine. „Weiter! Wen hast du noch?“

      „Onkel Hannes“, sagte Axel und zeigte auf die letzte Zeile seiner Aufstellung. „Hannes Westphal, Lehrer in Grüningen. Sehr nette Frau, vier Jungen. Wie wäre das, Regele?“

      „Wo liegt denn Grüningen?“ fragte Regine. Axel schob den Teller von sich und griff nach den Zigaretten.

      „Vielleicht dreihundert Kilometer von hier. Irgendwo in Westfalen. Hm. Ich finde ja, daß es dort vielleicht am ehesten paßt. Aber es ist sehr weit von hier. Hättest du denn Lust? Vier Jungen!“

      „Warum denn nicht?“ fragte Regine verwundert. „Ich werde doch mit vier Jungen fertig werden!“

      „Das glaube ich auch“, sagte Wilm trocken. Regine sah Axel an.

      „Wenn du meinst?“

      „Ich denke, wir versuchen es.“

      „Aber die Reise dahin ist sehr teuer.“

      „Ja, das ist sie. Aber das ist nicht ausschlaggebend. Wir haben ja noch etwas Geld von den Eltern, wenn wir auch immer so tun, als wär’ das nicht da. Es ist der Notgroschen – aber hier könnte man vielleicht einmal etwas davon nehmen.“

      „Oh, ich weiß was. Ich kenne einen Fernfahrer, der immer einmal diese Strecke fährt“, griff jetzt Wilm ein. „Grüningen, das liegt doch nicht weit hinter Kassel? Na, wunderbar. Wir müssen ihn nur mal fragen. Da fährst du ganz umsonst mit.“

      „Mit einem Laster?“ Regines Augen blickten erwartungsvoll. „Das wäre fein! Viel feiner als mit der Eisenbahn! Wann fährt er denn?“

      „Ich muß mich erkundigen. Also du würdest dort hinwollen?“

      „Erst müssen wir aber doch anfragen, ob du kommen kannst“, gab Axel zu bedenken. „Du kannst doch nicht so auf gut Glück loskutschieren.“

      „Du, Axel, ich würde lieber nicht anfragen“, sagte Wilm jetzt langsam. „Sieh einmal, vier Jungen haben die Leute schon, das ist heutzutage schon zum Haareraufen. Und nun noch ein Mädel dazu?“

      „Ich schicke aber doch einen Zuschuß. Ich will es ja nicht umsonst“, ereiferte sich nun Axel. „Alles, was ich irgendwie entbehren kann, schicke ich ihnen als Unterhaltshilfe.“

      „Trotzdem! Ich finde es viel besser, Regine fährt einfach los. Wenn sie hinkommt, müssen eure Verwandten sich damit abfinden. Außerdem, ich nähme deine kleine Schwester auch und wenn ich zwölf Jungen hätte.“

      „Schmeichler“, sagte Axel, aber es tat ihm doch gut. Man sah seinem Gesicht deutlich an, daß er sich Gedanken machte. „Nein, aber ganz unangemeldet kann man es nicht gut tun. Dem Vormund sage ich, Westphals rissen sich um dich. Damit er sich nicht etwa dazwischenschiebt. Das bekomme ich schon in Ordnung, der ist froh, wenn ich ihm einen Vorschlag mache.“

      „Dann gib ihr doch einen Brief mit!“ rief Wilm.

      „So wie im Märchen vom Teufel mit den drei goldenen Haaren?“ sagte Regine. „Und die Räuber? Wenn ich nun unterwegs unter die Räuber gerate? Und sie vertauschen den Brief und schreiben einen andern?“

      „Na, ich werde wohl etwas anderes hineinschreiben als dieser menschenfreundliche König“, sagte Axel. „Nein, wir machen es noch anders. Ehe du hier wegfährst, schreibe ich an Westphals. Dann kommt der Brief an, kurz bevor du dort eintriffst. Sie sind dann vorbereitet und können doch nicht mehr absagen. Ist das nicht ausnehmend schlau?“

      Nach langem Hin und Her beschlossen sie, es so zu machen. Axel war dabei nicht recht behaglich zumute, aber er wußte auch nicht, wie er es anders machen sollte. Wilm versprach, mit dem Fernfahrer zu reden, den er gut kannte. Regine wäre bei ihm bestimmt in guter Hut, versicherte er.

      „Du bist also nicht traurig?“ fragte Axel schließlich. Er hatte nicht fragen wollen, aber es ließ ihm keine Ruhe. Regine sah ihn an.

      „Nein, gar nicht!“ sagte sie, und gleich darauf fiel sie ihm um den Hals, drückte ihr Gesicht fest an seine Schulter und schluchzte. Wilm stand auf und suchte sehr umständlich nach Streichhölzern. Er fand keine, obwohl zwei Schachteln auf dem Tisch lagen. Zuletzt ging er, Unverständliches murmelnd, hinaus. Drinnen im Zimmer war es still.

      „Ich

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