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Modekönigin. Anny von Panhuys
Читать онлайн.Название Modekönigin
Год выпуска 0
isbn 9788711570500
Автор произведения Anny von Panhuys
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Fast gleichzeitig ward ein Schlüssel ins Schloß geschoben und im nächsten Augenblick stand Ricardo Espada in der Kabine.
„Aber lieber, verehrter Herr Staufen, wie konnte ich ahnen, daß Sie hier einfach festgehalten wurden! Meine Frau und ich wunderten uns, weil Sie sich gar nicht oben sehen ließen, weil Sie scheinbar gar kein Interesse für die Fahrt durch den Hafen bezeigten. Doch wir wollten Sie nicht stören, weil wir annahmen, Sie kleideten sich vielleicht um oder wären müde. Irgend jemand von der Bemannung hat wahrscheinlich nicht gewußt, daß die Kabine jetzt bewohnt ist und hat ordnungsgemäß den Schlüssel abgezogen. Ich bitte natürlich tausendmal um Verzeihung und bedaure den kleinen Irrtum außerordentlich.“
Heino Staufen dachte noch ein wenig verärgert, daß ihm der kleine Irrtum ziemlich große Aufregung verschafft hatte und dann mußte er doch lachen.
Wie harmlos und einfach war die Erklärung für etwas, dem er überwichtige Bedeutung beigelegt.
Er begriff jetzt nicht mehr, wie er sich gleich so sehr darüber hatte aufregen können.
Ricardo Espada faßte ihn freundschaftlich unter.
„Wollen frühstücken, Verehrtester, dabei unterhalten wir uns dann gemütlich von Ihrem Mißgeschick. Meine Frau wird große Augen machen, wenn sie hört, mit was für Pech Ihr Aufenthalt auf dem Lobo begann.“
Die blonde Frau aber machte keine großen Augen, sondern lachte vergnügt: „Schade, daß wir Ihre Attacke gegen die Tür nicht gehört haben.“
Heino kam sich ganz dumm vor, weil er, anstatt sofort einen Irrtum anzunehmen, erst nach schwerwiegenden Gründen herumgesucht.
Er war jetzt sogar froh, daß niemand vorhin sein Toben gehört.
Es gab ein reichliches Frühstück mit Schinken, Eiern, köstlichen Marmeladen und Tee. Der chinesische Steward servierte alles tadellos. Man saß unter dem Sonnensegel und die Unterhaltung war fröhlich und angeregt.
Das Wetter war herrlich und Heino Staufen verspürte gar keine Lust mehr, in seine Kabine zurückzugehen. Die Zeit verging hier oben so schnell und der reine Odem des Wassers scheuchte so manchen quälenden Gedanken weg.
Längst war man über Kuxhaven hinaus, als das Mittagessen in der Messe eingenommen wurde. Er eilte danach sofort wieder nach oben und sah die sagenumwobene Insel Helgoland aus der Nordsee auftauchen, felsig, poesieumsponnen. Er stand allein an Backbord und sog den kraftvollen Odem des Meeres ein, wie ein Verschmachteter wohl einen langen Trunk tut.
In das Meer wollte er seine Liebe werfen, damit sie untergehen und ihn nicht mehr stören sollte.
Er nahm sich vor, nicht mehr an Elisabeth zu denken und dachte nun erst recht an sie. Ihr entzückender Liebreiz ward so lebendig vor ihm, daß er davor erschauerte.
Herrgott, im Himmel, war das schwer, so ein wunderschönes Lieb vergessen zu wollen! Nein, zu müssen!
Im fremden Lande würde und sollte es ihm bestimmt gelingen. Sie war es ja nicht wert, daß er sich ihretwegen so sehr quälte, daß er ihretwegen so litt.
Ihre Liebe war nichts weiter als eine kleine flügellahme Alltagsliebe gewesen. Die Aussicht darauf, vielleicht alle Konkurrentinnen in dem Wettbewerb um den Titel Modekönigin zu schlagen, hatte ihr mehr gegolten als seine Person.
Er machte eine Bewegung, als werfe er etwas in die wogenden, aufschäumenden Wasser.
Symbolisch warf er seine Liebe in die dunkle geheimnisvolle Tiefe der See.
Aber sie ging nicht unter, sie schwamm auf den Schaumkronen der Wogen.
Seine Lippen zuckten.
So würde die Liebe immer neben der Jacht herschwimmen und ihn hinübergleiten nach Spanien.
Eiseskälte überrann ihn, denn noch eine andere, fast schlimmere Sorge folgte ihm hinüber in das fremde Land. Ein Spuk war es, ein Gaukelspiel seiner Sinne. Der armselige Vagabund, der Mann mit dem Strick aus dem Stadtwalde, folgte ihm.
Auch der Gedanke an ihn verkörperte sich. Auf den Wassern standen die Füße des Armseligen und er reckte sich wichtig zu ihm empor, schrie ihm ins Ohr: „Warum wecktest du mich nicht, warum gabst du mir kein Trostwort, warum hattest du nicht ein paar elende Pfennige übrig für einen Wegemüden, Halbverhungerten?“
Gigantisch wuchs die Gestalt über ihn hinaus, schon schien ihr Kopf mit den vom Schweiß angeklebten grauen Haarsträhnen gegen den Himmel zu stoßen.
Mit riesigen Fäusten drohte er ihm: „Du hättest mir das Leben retten können und hast es nicht getan, du hast schwere Schuld auf dich geladen und bist nun nicht mehr wert wie ein gewöhnlicher Mörder!“
Heino Staufen wehrte sich verzweifelt gegen seine allzu lebhafte Einbildungskraft.
Der Mann mit dem Strick mochte gar nicht daran gedacht haben, zu sterben, und er dreifacher Narr kämpfte wie ein Verzweifelter gegen den grausigen Spuk.
Heino Staufen lachte sich selbst aus.
Er war heute nicht zurechnungsfähig. In ihm arbeitete noch zuviel, das ihn durcheinander brachte.
Vor allem der Bruch mit Elisabeth. Danach die Untersuchungshaft, dann auch der seine Ehre schwer belastende Freispruch.
Und vielleicht litt er auch stark unter dem Abschied von der Heimat.
Es war doch ein bedeutungsvoller Schritt, den er getan. Er ließ die Heimat hinter sich, fuhr einer unsicheren Zukunft im fremden Lande entgegen.
Morgen würde er sich frischer fühlen und mit den Spukgeistern seiner erregten Phantasie leichter fertig werden.
IX.
Elisabeth und Emma zogen ihre Uniformkittel aus und schlüpften in die Kleider, die sie ein paar eleganten ausländischen Kundinnen vorführen sollten. Frau Else Weilert betrat etwas überhastig, wie es ihre Art war, den Ankleideraum.
„Dalli, Mädels, dalli, es sind verwöhnte Damen, die auf euch warten. Ein waschechter Maharadscha mit seiner Gattin und deren Gesellschafterin sind heute euer Publikum. Auch sein Sekretär ist dabei. Also macht meinem Atelier keine Schande.“ Ihr Iltisgesicht war wie in Seligkeit gebadet. „Königliche Hoheiten haben schon bei mir gekauft, aber Maharadschas haben mich noch nicht beehrt. Das gibt für uns eine Bombenreklame! Also bringt die Kleider zu allerbester Geltung. Die Gattin des Maharadscha, übrigens eine unglaublich interessant wirkende Dame, will kaufen und ihre Gesellschafterin ebenfalls, die reichlich vollschlank ist. In fünf Minuten müßt ihr antreten, Kinder, solche Herrschaften haben keine Übung im Warten.“
Sie verschwand und in rasender Eile beendeten zwei Schneiderinnen das Ankleidewerk an den beiden Mannequins.
Die Direktrice und der Modellzeichner befanden sich indessen bei den kauflustigen Besuchern.
Elisabeth trug nun ein mattgraues Kleid von dünnem allerfeinstem Tuch mit schmalem Gürtel, den eine köstliche alte Schnalle von nachgedunkeltem Silber zusammenhielt. Dazu einen sehr tief den Kopf deckenden kleinen Hut aus dunkelgrauem Taft mit moosgrünen Tupfen.
Sie sah entzückend aus.
Mit ihrem leichten, ein wenig tänzelnden Schritt trat sie hinaus auf die kleine Bühne, lässig vornehm wie eine junge Dame der großen Gesellschaft, die einen Spaziergang macht.
Sie sah unten im kleinen Saale zwei Herren und zwei Damen sitzen und wunderte sich ein bißchen, wie einfach sich so vornehme Leute kleideten. Aber sie liebten es natürlich nicht, im Alltagsleben aufzufallen. Nur die juwelenfunkelnden Hände der schlanken, tiefbrünetten jungen Frau verrieten, daß sie zu den mit Reichtümern gesegneten Menschen gehörte. Die Gesellschafterin war üppig und hatte etwas Verschlagenes im Gesicht.
Die Frau des Maharadscha ließ die schweren Lider ein wenig sinken, es war, als sinne sie nach. Dann aber ruckten die Lider völlig hoch.
O, was hatte sie für unwahrscheinlich große schwarze Augen!
„Das