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Modekönigin. Anny von Panhuys
Читать онлайн.Название Modekönigin
Год выпуска 0
isbn 9788711570500
Автор произведения Anny von Panhuys
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Sie selbst war davon felsenfest überzeugt. Sie würde Heino nie vergessen können. Sie mußte ihn liebbehalten, obwohl er ihr geschrieben, er hätte sie nicht mehr lieb.
Ihre Liebe war echt, war groß. Ihre Liebe würde niemals sterben.
VII.
In ein ganz kleines Hotelchen der Wilhelminenstraße im Hamburger Stadtteil St. Pauli hatte sich Heino Staufen verkrochen. Er aß, trank und schlief und dachte zuweilen daran, daß er ins Ausland wollte, ohne aber zu wissen wohin.
Ein Tag verging nach dem anderen und er kam nicht weiter. Es war zuviel Unschlüssigkeit in ihm, die ihn zwischen allerlei Zukunftsplänen immer hin- und herriß.
Zuweilen überfiel ihn die Sehnsucht nach Elisabeth so stark, daß sie ihn wie ein Fieber schüttelte, aber er machte sich dann immer wieder klar, Elisabeth hatte ihn nicht wahr und aufrichtig geliebt, sonst hätte sie nicht direkt gegen seinen Wunsch und Willen gehandelt. Die blödsinnige, eitle Hoffnung, sich vielleicht die Krone der Modekönigin aufsetzen zu dürfen, hatte ihre Liebe schon umgeworfen.
Allzu standfest war sie also nicht gewesen.
Hätte sich Elisabeth an jenem unglückseligen Mittag vernünftiger gezeigt, wäre das ganze Unheil nicht geschehen, durch das nun vielleicht seine Zukunft zerstört wurde.
Er besaß kein Zeugnis über seine Arbeitsjahre bei Mosbach, er hatte in Untersuchungshaft gesessen, war dicht am Gefängnis vorbeigestreift und befand sich zwar in Freiheit, aber nur, weil man ihm die Unterschlagung nicht hatte beweisen können, die man ihm zur Last gelegt.
„Wegen Mangels an Beweisen“ war er freigesprochen worden. Nur deshalb.
Jeder Mensch, der es wußte, und wenn er der elendste Schuft war, durfte ihm verächtlich zurufen: „Beweise erst deine Unschuld!“
Und wie sollte ihm das gelingen?
Er war ziemlich früh aufgestanden mit dem festen Vorsatz, sich heute zum Entschluß durchzuringen, wohin er die Fahrt wagen sollte.
Er mußte zum Entschluß kommen, sonst wurde seine Brieftasche immer leerer und die Gefahr bestand, daß er bald überhaupt nicht mehr fort konnte.
Heino besann sich nicht lange, nahm seinen Hut und verließ das Zimmer.
Zuerst lief er ein Stück an der Binnenalster entlang und später wanderte er durch die Parkanlagen von Uhlenhorst, wo die Paläste der Großkaufleute in herrlichen Gärten träumen, wo die verwöhnten Alsterschwäne feierlich vornehm über das schimmernde Wasser ziehen.
Eine Bank lud zum Niedersitzen ein.
Heino Staufen war sehr verstimmt, es fiel ihm nicht ein, was er tun, wohin er ins Ausland fahren sollte.
Es war um diese Stunde hier weniger belebt.
Ab und zu ging jemand unfern vorbei, aber Heino Staufen blieb der einzige, der hier ausruhte.
Aus den nahen Gärten zog der starke Duft der Rosen heran, umkoste ihn wohlig, ließ einen Traum von Liebe und Glück wieder erstehen, den er noch vor kurzem geträumt.
Er schloß leicht die Augen.
„Ich habe dich nicht mehr lieb!“ hatte er Liesel geschrieben und es war doch Lüge. Er hatte sie noch immer lieb, obwohl ihre Liebe nicht des kleinen Opfers fähig gewesen, das er von ihr erwartet hatte.
Er merkte es nicht, daß sich Frauenfüße näherten. Süßer Veilchenduft umkoste ihn.
Ihm fiel das gar nicht auf, so tief hatte er sich in seine Gedanken eingesponnen. So fest eingesponnen, daß er es auch nicht merkte, wie sich eine sehr hübsche blonde und elegant gekleidete Dame auf seiner Bank niederließ.
Leise stöhnte er auf: „Liesel, mein Liesel, warum hast du mir das getan?“
„Ich weiß es nicht, mein lieber Hans“, erwiderte prompt eine vergnügte weibliche Stimme ganz in seiner Nähe.
Er riß die Augen weit auf und blickte in ein lachendes, sehr unregelmäßiges, aber feines interessantes Gesicht mit schönen dunklen Augen, blondem Haar, sonnengebräuntem Teint und den herrlichsten Zähnen der Welt.
Er suchte seine Peinlichkeit durch Unhöflichkeit zu überwinden.
„Ich heiße nicht Hans“, erwiderte er schroff.
Sie lachte genau so ungeniert wie vorhin.
„Dann habe ich mich eben geirrt, ich dachte, wer nach einer Gretel oder Liesel seufzt, müßte immer Hans heißen. In Gedichten und Liedern pflegt das so zu sein.“
Er mußte unwillkürlich auch ein wenig lachen.
„So gefallen Sie mir besser, als wenn Sie seufzen“, lobte sie, ihm zunickend, „und jetzt erleichtern Sie Ihr Herz: Was hat denn die böse Liesel eigentlich angestellt?“
Es war bei der Frage soviel Schelmerei in den dunklen Augen, daß er sich über ihre Art nicht zu ärgern vermochte.
„Sie hat mich nicht lieb gehabt, trotzdem sie es behauptete“, erwiderte er in selbstspöttischem Ton. „Nun bin ich aus ihrer Nähe gegangen. Bei der Gelegenheit darf ich mich Ihnen wohl vorstellen, wie es die Höflichkeit erfordert: Ich heiße Heino Staufen, bin stellungsloser Kaufmann und unterwegs auf der Reise nach Irgendwo. Es fahren zwar täglich viele Schiffe hier aus dem Hafen, aber ich bin mir über die Himmelsrichtung meines Zieles noch nicht einig.“
Sie neigte den Kopf, murmelte einen Namen, den er nicht verstand und fragte: „Sie haben also noch kein festes Reiseziel? Aber wo auf der weiten Herrgottserde müßte Ihnen das besser einfallen als in einer großen Hafenstadt, die den größten, vielmehr bedeutendsten Hafen des Kontinents besitzt?“
Ihm ward ordentlich leicht zumute, weil er einmal mit jemand über das Thema sprechen konnte. Er empfand es als Wohltat.
„Die Wahl fällt mir sehr schwer, denn meine Reisekasse ist auch nicht besonders gefüllt. Jedenfalls werde ich in Europa bleiben müssen. Ein fremdes Land genügt mir schließlich auch schon, es braucht nicht gleich ein fremder Erdteil zu sein, wie ich anfangs meinte.“
Es klang wie mühsam verhaltenes Fragen hindurch, als bitte er verstohlen um einen Rat.
Die dunklen Augen blickten ihn nachdenklich an.
„Vielleicht vermag ich Ihnen behilflich zu sein. Ich bin Deutsche, mit einem Spanier verheiratet und würde mich freuen, einem Landsmann einen Gefallen erweisen zu können. Wenn Sie Lust hätten, nach Spanien zu reisen, sollten Sie sich uns anschließen, unsere Jacht liegt im Hafen.“
Heino Staufen erschrak vor dem Vorschlag, der ihm blendend erschien.
Er sagte mit merklicher Erregung: „Sie sind sehr gütig, gnädige Frau, aber wer weiß, wie Ihr Gatte darüber denkt?“
Ein Ausdruck von Fanatismus überleuchtete ihr feines Gesicht.
„Mein Mann und ich stimmen in allem völlig überein, die Sorge braucht Sie also nicht zu belasten.“
Heino Staufen war von dem Vorschlag ganz benommen. Wie kam das Glück dazu, sich plötzlich seiner so deutlich zu erinnern? Es hatte doch niemals mehr an ihn gedacht in der letzten Zeit.
Es bot sich ihm die Aussicht, mit einer Privatjacht in ein anderes Land zu fahren und er hatte schon an die Reise im Frachtdampfer gedacht.
Er sagte: „Aber vorstellen müßte ich mich doch Ihrem Gatten. Vielleicht bin ich ihm persönlich unangenehm. Man kann das niemals wissen.“
Sie wehrte ab.
„Bewahre! Wenn Sie mir gefallen, gefallen Sie ihm auch. Aber kennenlernen muß er Sie natürlich, ebenso wie Sie ihn kennernlernen müssen. Möglicherweise ist er Ihnen unsympathisch.“ Sie hatte jetzt eine etwas gönnerhafte Miene. „Ich halte es zwar für ausgeschlossen, mein Mann könnte Ihnen unsympathisch sein,