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nachjelaufen. Bis wir uns darüber einig waren, ob sie’s sein könnte oder nich, war sie schon losjejondelt.“

      Die Besitzerin der Konditorei lächelte wohlwollend.

      „Sie wohnt noch nicht lange in der Gegend hier, aber sie ist schon eine von unseren allerbesten Kunden. Sie bewohnt genau gegenüber von uns, auf der anderen Straßenseite, die Etage über’m Blumengeschäft. Zusammen mit ihrer Tante. Sie vermieten Zimmer und es wohnen zwei Herren bei ihnen.“

      Sie entfernte sich wieder, zwei Kunden waren eingetreten.

      Emma bezweifelte Elisabeths Scharfblick nicht mehr. Die Dunkelhaarige war die Inderin gewesen; die hier als Tante galt, spielte bei Frau Weilert wohl die Gesellschafterin und die beiden Pensionäre hatten sicher in den Rollen des Maharadschas und seines Sekretärs gastiert.

      Jetzt hatte auch Emma die Unruhe gepackt. Sie zahlte und wartete auf der Sraße auf Elisabeths Rückkehr.

      Bald kam sie denn auch. Ihre Erregung war unverkennbar.

      Sie berichtete: „Der Name Weber steht an der Korridortür da drüben im ersten Stock, hinter der die Person verschwunden ist. Ich holte sie noch ein und war nur eine halbe Treppe hinter ihr. Sie dachte aber gar nicht daran, sich umzugucken. Als die Korridortür aufging, hörte ich eine Männerstimme. Es war bestimmt die knarrende Stimme vom Maharadscha.“

      „Wir müssen sofort auf die nächste Polizeiwache“, entschied Emma.

      Elisabeth nickte: „Natürlich, das müssen wir.“ Dann meinte sie nachdenklich: „Nun stimmt das doch mit der Polizei, die komischen Karten mit dem Bleistiftgeschnörkel haben recht behalten.“

      „Siehst du!“ triumphierte Emma. „Hättest du die Kressin ausreden lassen, Liliken, wüßten wir nu vielleicht mehr un könnten die Jeschichte janz anders anpacken!“

      Auf dem ziemlich nahen Polizeirevier hörte man die beiden aufmerksam an und setzte sich dann telefonisch mit Frau Weilert in Verbindung.

      Zwei Stunden später befand sich der „Maharadscha mit Gattin, Gesellschafterin und Sekretär“ bereits unter der Obhut der Polizei, ebenso ein großer Koffer mit hocheleganten Toiletten, die ihre Herkunft aus Frau Weilerts Ateliers nicht verleugnen konnten.

      Man hatte bei der Haussuchung auch einige ungemein kostbare Schmuckstücke gefunden, die aus einem erst kürzlich begangenen Juwelenraub stammten.

      Jedenfalls hatte die Polizei mit dem vierblättrigen Kleeblatt einen guten Fang gemacht.

      Als Elisabeth der falschen Inderfürstin gegenüberstand, funkelten sie die nachtdunklen Augen an und das bräunliche Gesicht entstellte Wut.

      „Nimm dich in acht vor mir, blonde Kröte, ekelhafte Spionin, und behalte es gut im Gedächtnis, das hast du uns nicht umsonst getan. Wenn ich wieder frei bin, dann wehe dir!“

      Der Kommissar befahl ihr grob, sie möge den Mund halten.

      Frau Weilert, die ihre wertvollen Modelle in tadellosem Zustand zurückerhielt, freute sich sehr und konnte gar nicht liebenswürdig genug zu den beiden Mädels sein. Sie vergab ihnen lächelnd den kleinen Schwindel, daß sie unter dem Vorwand, Elisabeth fühle sich nicht wohl, im Osten Berlins herumgebummelt waren.

      Elisabeth aber war von dem Tage an, den Frau Weilert einen Glückstag nannte, in tief niedergedrückter Stimmung. Die Drohung der Fürstin von eigenen Gnaden war nicht geeignet, ihre Nerven zu beschwichtigen, die seit dem Besuch bei der Hellseherin unaufhörlich schwangen.

      Frau Weilert schenkte Elisabeth ein sehr elegantes Herbstkostüm zur Belohnung, Emma erhielt einen Mantel.

      Ein paar Tage nach der Verhaftung der Gauner meinte Frau Weilert, nun wäre es bald soweit, die Wahl der Modekönigin stände dicht bevor.

      „Sie müssen sich von jetzt ab mehr als je pflegen, Kindchen“, riet sie, „Sie müssen mit Ihrem Körper und Gesicht umgehen wie mit einem Heiligtum. Sie sollten auch morgens und abends die stumpfsinnige Eisenbahnfahrt nicht mehr machen. Wenigstens vorläufig nicht. Ich räume Ihnen bei mir ein Zimmer ein, sprechen Sie, bitte, mit Ihrer Mutter darüber.“

      Elisabeth freute sich über das Angebot.

      Sie fühlte sich zu Hause nicht besonders wohl. Trotz aller Mühe, die sie sich gab, blieb ihr der Vater noch immer ein Fremder.

      Die Mutter aber ging völlig in seinen Wünschen auf.

      Als Elisabeth zu Hause von dem Angebot sprach, verwahrte sich Robert Tann sehr lebhaft: „Das gibt es nicht, das ist ausgeschlossen. Die Schneidermadame soll dich nicht beherbergen. Das Recht, unserem Kind ein Daheim zu bieten, lassen wir uns nicht nehmen, nicht wahr, Martheken?“

      Martha Tann hatte sich durch das Glück, den geliebten Mann wiederzuhaben, beinahe zur jungen Frau zurückverwandelt. Sie kleidete sich modern und nett und das Lächeln wich jetzt nie von ihrem Gesicht.

      „Bleibe bei uns, Liesel“, bat sie, „wir haben eine herrliche Wohnung in Aussicht.“

      Elisabeth erklärte, ihr Aufenthalt bei Frau Weilert würde ja nur vorübergehend sein und die Hin- und Herfahrerei strenge sie ziemlich an. Da gab man nach.

      Elisabeth bezog nun in der großen Wohnung der bekannten Modekünstlerin ein sehr hübsches und bequemes Zimmer. Morgens erschien bei ihr zuerst die Masseuse, ein Weilchen später der Friseur, der auch Gesichtsund Handpflege übernommen hatte.

      Elisabeth wurde von Frau Weilert wie eine Kostbarkeit von unschätzbarem Wert behandelt. Sie sah in ihr schon die gekrönte Modekönigin von Berlin. Elisabeth war noch zu jung, um nicht schließlich doch etwas eitel darauf zu werden, daß solch Kultus mit ihr getrieben wurde. Sie war der Mittelpunkt des Weilertschen Modesalons, um ihre Person drehte sich jetzt hier alles.

      Frau Weilert ging oft mit ihr des Abends aus. In vornehme Restaurants, ins Theater, in Kabarette. Und Elisabeth trug bei den Gelegenheiten die erlesensten Kleider und Mäntel.

      Die geschäftstüchtige kluge Frau Weilert machte dadurch das junge schöne Mädchen schon zur Modekönigin, ehe noch die Wahl stattgefunden.

      Ein so wundervolles und auffallendes Geschöpf wie Elisabeth Tann konnte nicht unbemerkt bleiben. Wohin sie kam, erregte sie Aufsehen.

      Sie fragte sich selbst oft ganz naiv, wie war es nur möglich, daß Heino sie hatte verlassen können? Sie, die überall von neidischen Blicken der Damen und begehrlichen Blicken der Herren verfolgt wurde.

      Sie wehrte sich jetzt mit aller Macht gegen ihre Liebe, die noch oft so gebieterisch und stürmisch aufbegehrte.

      Sie schob auch immer wieder die Erinnerung zurück an das, was die Hellseherin gesagt hatte.

      Sie wollte nicht daran denken.

      Sie glaubte weder das, was die arme Kreuzlahme in dem schwarzen Spiegel gesehen haben wollte, noch das, was sie aus den Karten herausgelesen hatte.

      Vielleicht stimmte es, daß sich Heino Staufen zur Zeit wirklich auf einem Schiff befand.

      Dann wünschte sie von Herzen, er möchte sein Bestimmungsziel gut erreichen. Seine und ihre Wege würden doch niemals mehr zueinander führen. Sie würde ihn nie Wiedersehen, damit mußte sie sich endgültig abfinden.

      Mit all ihrem Stolz mußte sie die Sehnsucht in sich bekämpfen, mit all ihrem Stolz. Denn sie war nicht so schuldig, daß er sie so hart strafen durfte, so grausam hart, mit dem Verluste seiner Liebe.

      Sie lebte jetzt wie ein verwöhntes Prinzeßchen und Emma meinte neckend: „Wenn du nich Modekönigin werden solltest, bereitest du unserer Ollen die jrößte Enttäuschung ihres Lebens. Ich jlaube, dann bricht ihr das Herz vor Verzweiflung.“

      Die Zeitungen interessierten sich schon für Elisabeth, Modeblätter brachten ihr Bild mit der Unterschrift: „Das schönste und graziöseste Mannequin von Berlin, vielleicht von ganz Europa!“

      Filmregisseure warfen auch schon ihre Netze nach der bezaubernden Blondine aus.

      Frau Weilert

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