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Modekönigin. Anny von Panhuys
Читать онлайн.Название Modekönigin
Год выпуска 0
isbn 9788711570500
Автор произведения Anny von Panhuys
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
„Kosten Sie ihn nur!“ lächelte ihn jetzt die blonde Frau an.
Heino Staufen fand, sie konnte zwar charmant lächeln, aber nach dem Likör langte er trotzdem nicht.
Die seltsamen Worte des Chinesen scheinen ihm nicht mehr sinnlos hingesprochen.
Der Beweis war wohl dadurch erbracht, daß man ihm wirklich den goldenen Schnaps anbot, vor dem der Chinese gewarnt hatte.
Er entgegnete höflich, doch bestimmt: „Ich bitte es mir nicht zu verübeln, aber ich habe direkten und unbezwinglichen Widerwillen gegen derartige Spirituosen.“
Er bemerkte deutlich, wie sich zwei scharfe Falten auf der Stirn des Spaniers bildeten, wenngleich ein mattes Lächeln um seinen Mund hängen blieb.
Er schien etwas sagen zu wollen, unterdrückte es aber, meinte nach geraumer Zeit: „Also lassen wir den Likör, plaudern wir ein wenig. Diese Kabine ist mein Tuskulum, hier fühle ich mich wohl, hier arbeite ich am liebsten. Viel lieber als auf dem festen Land. Zur Zeit beschäftige ich mich mit der Verbesserung der Röntgenphotographie. Es handelt sich um sofortige Entwicklung der Platten und um enorme Verbilligung der ganzen Sache, so daß sich der kleinste und ärmste Arzt einen Apparat anschaffen kann, wenn meine Erfindung erst einmal der Allgemeinheit übergeben worden sein wird.“
Er rieb seine schmalen, hart wirkenden Hände gegeneinander.
„Ich probiere nun schon seit längerer Zeit mit meinem Apparat an allem Lebenden herum, was mir in den Weg gerät. Meine arme Frau ist mein bevorzugtes Opfer.“
Er hob den verschleierten Blick.
„Wie wäre es, Herr Staufen, würden Sie sich nicht auch einmal für den guten wissenschaftlichen Zweck zur Verfügung stellen? Ich möchte mit meinem neuen Apparat eine Aufnahme Ihres inneren Menschen machen.“
Heino fand, den Gefallen mußte er dem Spanier eigentlich tun. Es wäre wenigstens eine geringe Erkenntlichkeit für die Gastfreundschaft, die er hier genoß.
„Ich bin noch nie geröntgt worden“, gab er zurück. „Bedarf es dazu von meiner Seite besonderer Vorbereitungen?“
Ricardo Espada verneinte.
„Bewahre! Es ist eine höchst einfache Sache. Sie legen sich ohne Kleider auf eine Art langen Tisch und ich schiebe Ihnen den Aufnahmeapparat an die betreffenden zu durchleuchtenden Körperstellen.“
Er erhob sich, zog den grünen Vorhang, der ein Stück der Kabine verhüllte, beiseite und Heino Staufen sah ein Etwas, das einem Operationstisch so verzweifelt glich, daß ihm ein Frösteln über den Rücken ging.
Genau so einen Tisch hatte er einmal gelegentlich in einem Krankenhause gesehen.
Es war plötzlich ein dumpfer Schreck in ihm, der ihm sekundenlang die Zunge lähmte.
Und weiter trat die Erinnerung an den chinesischen Steward vor ihn hin. Der gar so sonderbaren Warnung mußte doch etwas Besonderes zugrunde liegen. Er durfte sie nicht in den Wind schlagen.
Er zwang sich zu einem leichten Ton.
„Über die Röntgenaufnahme sprechen wir noch, nicht wahr? Es braucht wohl nicht allzu bald zu sein?“
Ricardo Espadas Augen senkten sich zwingend in die seinen.
„Im Gegenteil, ganz im Gegenteil. Ich möchte Sie schnellstens um die Gefälligkeit bitten. Ich schlage vor, wir lassen keine Nacht mehr verstreichen und machen uns sofort ans Werk.“
Heino Staufen störte der zwingende Blick, der ihn nicht losließ.
Ricardo Espada schien ihm seinen Willen suggerieren zu wollen. Hypnotisch. Er spürte mit heimlicher Angst das Nachlassen seines eigenen Willens. Wie ein Narkotikum wirkte der Blick dieser verschleierten Augen, in deren Dunkel doch so viel gesammelte Energie lag.
Er gab sich einen innerlichen Ruck. Wehrte sich kraftvoll gegen die verschleierten Augen, die Zwang auf ihn ausübten.
Er entzog dem anderen den Blick, sah die blonde Frau an, deren Züge deutlich Spannung verrieten.
Die erst sinnlos scheinenden Worte des Chinesen wurden zu immer bedeutungsvollerer Warnung.
Die Luft in der Kabine bedrückte ihn.
Ohne Ricardo Espada anzublicken, sagte er: „Verzeihung, Herr Espada, aber mit dem besten Willen wäre es mir unmöglich, sofort Ihren Wunsch zu erfüllen. Ich fühle mich gar nicht wohl und möchte in meine Kabine gehen, mich ein Weilchen niederlegen.“
Er verbeugte sich und wollte zur Tür.
„Wenn Ihnen nicht wohl ist, trinken Sie nur ein Likörchen, verehrter Herr Staufen, das wird Sie ungemein anregen“, empfahl der Spanier und vertrat ihm den Weg.
Der zwingende Blick kam schon wieder auf ihn zu und Heino Staufen dachte, der Blick war wie ein Lasso, mit dem er eingefangen werden sollte, der Blick war wie eine geschickt aufgestellte heimliche Falle, in die man ihn hineindrängen wollte, wenn er nicht von selbst hineintappte.
Der grüne Vorhang war noch immer zurückgezogen, der lange, weiße eiserne Tisch schien ihm das unheimlichste Möbel der Welt.
Er erwiderte fast scharf: „Bedauerlicherweise ist es mir jetzt einfach unmöglich, Ihren Wunsch zu erfüllen, und Likör erregt mir Ekel.“
Er beschrieb einen kleinen Bogen um Ricardo Espada und erreichte so die Tür. Er öffnete sie schnellstens und sah sich nicht mehr um. Er mochte den Operationstisch nicht mehr sehen. In einem Krankenhause oder in der Wohnung eines Arztes wäre er am richtigen Platz gewesen, aber hier in der kleinen Kabine der Jacht, die über das schimmernde Meer zog, schien er ihm ein Schreckgespenst.
Er eilte in seine Kabine, schloß sich ein und sann nach. Er kam zu dem Ergebnis, sich zuletzt sehr sonderbar und unhöflich gegen den Spanier benommen zu haben.
Als Gast hatte man die Pflicht, sich größter Höflichkeit gegen seinen Gastfreund zu befleißigen.
Nun er sich allein befand, dünkte ihm seine Angst blöd und lächerlich. Ebenso blöd und lächerlich wie der Satz des Chinesen.
Was würde denn geschehen sein, wenn er ein Gläschen von dem Goldgelben hinuntergeschluckt hätte? Und was würde denn geschehen sein, wenn er ein paar Röntgenaufnahmen seines Körpers hätte machen lassen?
Harmlosigkeiten waren durch den albernen Chinesen zu Wichtigkeiten geworden.
Er schämte sich seines Benehmens gegen den Spanier.
In der Kabine Ricardo Espadas, in seinem sogenannten Arbeitszimmer, saß sich das Ehepaar gegenüber und blickte sich stumm fragend an.
Auf des Doktors Stirn lagen die Falten so tief wie schmale Rinnen.
„Verstehst du das merkwürdig aufsässige Benehmen des Menschen?“ sagte er leise, als fürchte er Lauscher. „Er benahm sich ja geradezu herausfordernd. Man könnte fast glauben –“
Er brach nachdenklich ab und die Frau vollendete: „Man könnte fast glauben, er wäre gewarnt worden.“
Sie sprachen jetzt Spanisch.
Er nickte: „Ja, das könnte man fast glauben. Aber wer sollte es getan haben? Unsere Leute kümmern sich nicht darum, was wir tun, auch wissen sie nichts.“ Er blickte finster. „Weiß der Teufel, warum sich der Mensch so gegen alles sträubte. Rätselhaft und unbegreiflich im höchsten Grade ist es.“
Die blonde Frau machte eine nachlässige Handbewegung.
„Ricardo mio, wir bilden uns das alles vielleicht nur ein, weil wir – unter uns