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im Königsamt hervortreiben und die ‚Selbstreinigungskräfte‘ des römischen Gemeinwesens aktivieren – mit seinem Königsmord fällt er darüber hinaus ein Urteil, das der im Prolog ausgestellten Programmatik einer Unterscheidung ‚guter‘ wie ‚böser‘, edler wie verwerflicher Machthaber zuarbeitet.

      Anhang

      I. Die Caesar-‚Vita‘ (Kaiserchronik, V. 209–602): Gliederung

       Die Römer entscheiden sich für Caesar als Feldherrn (V. 247–256)

       Caesars Heeresmacht (V. 257–266)

       Aufbruch; Kampf gegen die Schwaben (V. 267–296)

       Kampf gegen die Baiern (V. 297–324)

       Kampf gegen die Sachsen (V. 325–342)

       Kampf gegen die Franken (V. 343–454)

      1 Caesars Kampf gegen Rom mit Hilfe der ‚Deutschen‘ (V. 455–525)

       Der siegreiche Caesar wird in Rom abgewiesen, kehrt ze Dûtisken landen zurück, zieht dort ein Heer zusammen, zieht damit nach Rom und setzt sich in einer Schlacht mit Erfolg gegen seine Gegner zur Wehr (V. 455–514)

       Empfang für Caesar in Rom; das ‚Ihrzen‘ als Ehrbezeugung (V. 515–525)

      1 Die Danielvision (V. 526–590)

      2 Dûtiske man in Rom; Caesars restliche Amtszeit und sein Ende (V. 591–602)

      II. Die Tarquinius-‚Vita‘ (Kaiserchronik, V. 4301–4834): Gliederung

      1 Einleitung: Die Herrschaft des Tarquinius (V. 4301–4304)

      2 Conlatinus, der Trierer: Herkunft, römisches Exil, Aufstieg, Heirat mit der Römerin Lucretia (V. 4305–4346)

      3 Viterbo I: Geselligkeit und Krieg (V. 4347–4414)

      4 Viterbo II: Conlatinus’ Lobpreis auf Lucretia und die ‚Frauenwette‘ zwischen König und Fürst (V. 4415–4470)

      5 Rom: Die ‚Bewährungsprobe‘ für die Königin und für Lucretia; öffentlicher Lobpreis Lucretias durch den König (V. 4471–4562)

      6 Viterbo III: Das Gespräch zwischen Almenia und Totila und die Beendung der Belagerung Viterbos durch die Römer (V. 4563–4644)

      7 Die Folgen der verlorenen Wette: Tarquinius’ Verärgerung, ‚Schlafkammergespräch‘ des Königspaares, die Forderung der Königin nach Wiederherstellung ihrer Ehre durch die Schändung Lucretias (V. 4645–4694)

      8 Lucretias Vergewaltigung durch Tarquinius (V. 4695–4726)

      9 Lucretias Veröffentlichung der Schandtat des Königs und ihr Selbstmord (V. 4727–4792)

      10 Die Absetzung des Königs, seine Ermordung durch Conlatinus; Conlatinus als ellender man (V. 4793–4830)

      11 Schluss: Die Regierungszeit des Tarquinius und die gewaltsame Art seines Todes (V. 4831–4834)1

      Wahrheit (er)finden?

       Zur Bedeutung topischer Wirklichkeitskonstruktion in den Figurenhandlungen der Kaiserchronik und des Trojanerkriegs Konrads von Würzburg

       Silvia Reuvekamp

      I. Poetik exemplarischen Erzählens in volkssprachiger Geschichtsdichtung – Perspektiven der Forschung

      In mehreren aktuellen Beiträgen insbesondere zur Kaiserchronik1 und zum Trojanerkrieg2 begegnen Udo Friedrich und Gert Hübner der für das Thema des vorliegenden Bandes zentralen Frage nach dem spezifischen Wahrheitskonzept, Geltungsanspruch und Sinnpotential eines dezidiert poetischen Erzählens von Vergangenheit in einer providentiellen Wissensordnung unabhängig voneinander mit einem theoretisch geschärften Konzept exemplarischen Erzählens.3 Beiden geht es darum, die poetische Qualität der Texte im Anschluss an die Rhetorik als entscheidende zeitgenössisch verfügbare Reflexionstradition für Prozesse der Textgenese zu beschreiben und nicht im Rekurs auf anderen epistemologischen Bedingungen aufruhende Kategorien der Ästhetik. Und von hier aus lenken beide den Blick auf topische Organisationsformen des volkssprachigen Erzählens von Geschichte, die beispielhafte Einzelszenen und Handlungskonstellationen je neu aus dem breit gefächerten Fundus des eigenen kulturellen Wissens heraus modellieren und jenseits logischer Schlussverfahren verknüpfen. Die in der Forschung immer wieder identifizierten Brüche, Inkonsistenzen und Spannungen im Sinngefüge der Texte erklären sich in einem solchen Verständnisrahmen weder als inkonsequente höfisch-christliche Überformungen kulturell entfernter Stofftraditionen noch als Kulminationspunkte von Antagonismen im kollektiven Imaginären der adeligen Trägerschicht volkssprachiger Literatur, sondern aus der generischen A-Systematik topischen Wissens und der situationsspezifischen Aktualisierung dieses Wissens in exemplarischen Wirklichkeitskonstruktionen.

      Für die Kaiserchronik arbeitet Friedrich gegenüber den in der Forschung immer wieder beschriebenen typologisch-heilsgeschichtlichen Sinnlinien4 die Virulenz eines dazu in Spannung stehenden situativ-exemplarischen Erzählens heraus. Zentrale, aber nicht diskursiv behandelte Problemzusammenhänge des Textes würden narrativ an konkreten historischen oder als historisch konstruierten Situationen so entfaltet, dass sie auf kulturspezifische Grundüberzeugungen der eigenen Zeit beziehbar würden. Komplexität gewinne dieses Erzählen demnach, weil das Exempel als grundsätzlich polyvalente Erkenntnisform5 jenseits logischer Schlussverfahren keine eindimensionalen ‚Regel-Fall-Mechanismen‘6 entwerfe, sondern vielschichtige Bezüge zwischen den erzählten Situationen und einem breit gefächerten Archiv kollektiv geteilten Erfahrungswissens nahelege. Im vervielfältigten paradigmatischen Bezug der Einzelgeschichten modelliere die Kaiserchronik neben der heilsgeschichtlichen Zielgerichtetheit historischer Ereignisse gleichzeitig „die Vielfalt und Variabilität von Erfahrung“7, ohne dabei die gegenläufigen Sinndimensionen gegeneinander abzugrenzen. Greifbar würde in solchen Spezifika des Erzählens die poetische Überschreitung rhetorischer Funktionen des Exempels8 in der volkssprachigen Geschichtsdichtung. Was der Forschung bislang als Störungen oder Brüchigkeit übergreifender Sinnlinien und Deutungsmuster erscheinen musste, fasst Friedrich so als eigenständige Ebene der Sinnstiftung, die auf je selbstgewählten Lektürewegen erfahrbar werden lasse, dass Wirklichkeit nicht in Wahrheit aufgehe, Geltungsansprüche immer nur kontextbezogen und relativ sein könnten und die Frage nach Kausalitäten stets eine uneindeutige bleibe.9

      Vergleichbare Organisationsformen und Dynamiken beobachtet Friedrich im Trojanerkrieg; auch Konrad systematisiere sein heterogenes Material nicht in einer kohärenten Erzähllogik oder übergreifenden Morallehre, sondern integriere es „über flexible rhetorische Techniken.“10 Dabei inseriere er dem historischen Stoff eine Axiologie von Werten, die ganz nach topischen Prinzipien Koexistenzen und Interferenzen ohne übergeordnete Hierarchien nicht nur zulasse sondern gleichsam hervortreibe.11 Die Komplexität, die sich im Erzählen durch die paradigmatische Vervielfältigung der ohnehin schon polyvalenten oder semantisch ambivalenten rhetorischen Formen ergebe, unterscheide sich allerdings insofern vom modernen Erzählen, als poetische Desorganisation nicht programmatisch ausgestellt die Kontingenz einer nicht mehr geordneten Welt demonstriere, sondern „in einer reflektierten Methode“12 die gleichwohl unüberschaubare Bandbreite von Erfahrung innerhalb einer providentiellen Ordnung modelliere.

      Einige Zeit vor Friedrich hatte bereits Hübner für Konrads Trojanerkrieg in durchaus vergleichbarerer Weise die erkenntnisstiftende Funktion einer Vielfalt nach zeitgenössischen Maßstäben topischer Wahrscheinlichkeit präparierter konkreter situativer Umstände des Scheiterns und ihrer paradigmatischen Verknüpfungen gegenüber der übergreifenden providentiellen Begründung des Untergangs betont.13 Wie Friedrich lenkt damit auch Hübner den Blick von den in der Forschung als problematisch

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