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Das Leben am Hofe. Philipp zu Eulenburg
Читать онлайн.Название Das Leben am Hofe
Год выпуска 0
isbn 9788075838612
Автор произведения Philipp zu Eulenburg
Жанр Документальная литература
Издательство Bookwire
9. April 1894.
Wir fuhren heute früh unter Kanonendonner und endlosen Evivas von der Piazetta auf der »Moltke« ab. Bernhard Bülow zu verlassen wurde mir schwer. Ich fühle mich angesichts der Lage in Berlin recht einsam und in Aufgaben verwickelt, die allein zu lösen mühevoll und ein sehr undankbares Geschäft sind, da ich unmöglich allen es recht machen kann, und sich so viele Menschen, die ich gern habe, in feindlicher Haltung gegenüberstehen. Stiergefechte! – und lauter rote Tücher!
Abbazia, 11. April 1894.
Gestern fand ich eine große Menge Arbeit vor, – aber was half es: ein Vortrag, bei dem im Galopp die Sachen mit dem Kaiser erledigt wurden (die man hübsch im Schritt erwägen müßte!). Dann Essen, Tennis, »Tristable« usw. Ich mußte daher auch wieder, während ich mich wusch und anzog, Staatsdepeschen diktieren und die halbe Nacht Berichte und Briefe schreiben.
Heute kam der Kaiser auf den glücklichen Gedanken, nach der Insel Therso mit der »Tristable« zu dampfen. Ich hatte ruhige Stunden in meiner Kabine für Arbeit und die Erledigung von allerhand mehr oder minder fatalen Angelegenheiten, an denen es ja in der Wilhelmstraße niemals fehlt. Der Kaiser macht zum zweiten Male dieselbe Jagdpartie auf den Felsen mit dem bewußten Führer und Jäger, und wieder sah man Geier über dem Rest des toten Pferdes schweben. Der Kaiser kam mit einem großen Geier zurück. Bei dem herrlichen Wetter und der göttlichen Beleuchtung war die Fahrt schön. Auch hatte ich sehr angenehme lange Gespräche mit der Kaiserin und amüsierte mich viel mit den lustigen Prinzen.
12. April 1894.
Abends große Abreise in dem kaiserlichen Sonderzug von Matuglie nach Wien. Der Tag war gräßlich! Arbeit, Abschied von zahllosen Menschen, die alle etwas wünschten. Fast jeder will einen Orden haben. Ich wußte nicht, wo mir der Kopf stand – und dabei die hohe Familie! – als ob es gar keine Abreise gäbe. Dasselbe Tagesleben, Tennis usw. – beneidenswert! Nicht einmal eine Handtasche selbst einpacken und niemals ein Billett nehmen – Halbgötter!
Daß nun die Tennis-Partien aufhören, tut mir nur wegen der reizenden Lilli Metternich und wegen der braven Linschi Pàlffy leid. Sie gibt sehr scharfe Bälle und warf noch zum Abschied der Kaiserin einen solchen mitten auf den Magen. »Siehste wohl!« rief nur der Kaiser, während die Arme ganz blaß aufstand und Linschi puterrot wurde. Er hatte allerdings schon öfters gesagt, die Kaiserin solle sich nicht immer auf einen Stuhl ganz in der Nähe setzen, um sein Spiel zu beobachten, es könne ihr doch einmal ein Ball an den Kopf fliegen, – nun war er an den kaiserlichen Magen geflogen und wohl nicht weniger schmerzhaft gewesen.
So lustig auch bisweilen das Spiel war, das ich sehr gern spiele, so hatte der Platz doch einen unseligen Fehler: es lagen daran drei dreistöckige Häuser, aus deren Fenstern die ganze Zeit mit Ferngläsern »zugeguckt« wurde, – und ebenso leicht konnte ein guter Schütze mit einer kleinen Büchse den Kaiser von dort aus erschießen.
Das war um so fataler, als zweimal schon durch meinen Geheimpolizisten, Herrn von Tausch von Berlin, der mir seine Beobachtungen mitteilen mußte, die Meldung an mich gelangt war, es seien italienische Anarchisten auf dem Wege nach Abbazia. Einmal kam sogar ein österreichischer Geheimpolizist (man nennt solche Leute hier »Vertraute«) von Triest gereist, um uns mitzuteilen, daß »ganz a gefährlicher Russ« unterwegs sei. Ich ließ ihn kommen und mir erzählen. »Woran ist der Mann kenntlich?« fragte ich ihn. »Er tragt halt einen Zylinderhut.« »Und hat er nicht etwa auch eine Reisemütze in der Tasche?« fragte ich den Vertrauten. »Wann der Excellenz-Herr befehlen, werde ich Genaueres zu ergründen suchen.« »Nein, lassen Sie das nur sein, – aber wie sah denn der Mann im übrigen aus, also ohne Zylinderhut?« fragte ich nun. – »Grauslich!« antwortete mit kraus zusammengezogener Stirn der Vertraute, den ich aber entließ, – nicht ohne Herrn von Tausch zu sagen, daß er sich bemühen solle, derartige Schafsköpfe nicht vorzulassen.
Dennoch – ich muß es zu meiner Schande gestehen – habe ich, wenn ich mit dem Kaiser ging oder Tennis spielte, öfters um mich gesehen, ob etwa ein Mann mit einem Zylinderhut in der Nähe sei. Auch habe ich bisweilen die Leute, die mir begegneten, genau angesehen, ob sie nicht etwa ganz besonders »grauslich« ausschauten. Aber es gab leider deren zu viele, so daß ich es aufgab. Ich fand schließlich, daß alle grauselich aussahen, wenn man sie genau anschaute, – mit Ausnahme von der kleinen Lilli Metternich, die sogar hübsch blieb, wenn sie schwitzte.
Herrn von Tausch aber beglückte ich sehr, als ich ihm einen kleinen Franz-Joseph-Orden bei der Abreise überreichen konnte. Er hatte tatsächlich den ganzen Sicherheitsdienst in Abbazia allein besorgt. Die hiesigen Lokalbehörden versagten vollkommen.
1. Geb. Coburg (von den katholischen, österreichischen Coburgs, Schwester des Königs von Bulgarien).
2. Sie heiratete 1896 den » Roi de France« Herzog von Orleans, einen eitlen, liederlichen Kerl, den ich flüchtig in Wien in der Burg kennenlernte, als er aus dem Zimmer des Kaisers trat. Er hatte einen hellblauen Frack an und trug den Orden du Saint Esprit. Die Ehe wurde bald getrennt.
3. Bei seiner Anwesenheit in Abbazia fuhr Kaiser Franz Joseph nach Fiume, um der Erzherzogin Joseph einen Besuch zu machen. Ladislaus kam langsam durch den Vorgarten geschritten und der Kaiser fragte ihn. »Ist deine Mama zu Hause?« – »Nein«, sagte Ladislaus, »der Momma ist net zu Haus«. »Man sagt nicht der Mama, sondern die Mama«, korrigierte der Kaiser. – »Aber der Momma ist – doch net zu Haus«, war die Antwort. – »Dummer Bub«, sagte der Kaiser und fuhr davon. Graf Goluchowsky erzählte mir später diese Geschichte, und als ich einst dem Kaiser Franz Joseph zufällig den kleinen Ladislaus nannte, sagte er nur: » Sser ein dummer Bub«. Aber alle hatten ihn doch wegen seiner Freundlichkeit lieb und die Familie betrauerte ihn tief als er noch ganz jung, verunglückte. Auch hierbei trug Torheit die Schuld: auf der Jagd hatte eine angeschossene Wildkatze sich in einem Gebüsch versteckt. Um sie herauszutreiben drehte er das gespannte Gewehr um, stieß den Kolben hinein, das Gewehr entlud sich, und der Schuß traf ihn in das Herz.
4. Graf Nigra, italienischer Botschafter in Wien. Eine berühmte Persönlichkeit.
5. Sekretär und Leibjäger.
6. Der deutsche Militärattaché in Rom.
7. Die alte Gräfin Robilant war eine geborene Gräfin Waldburg-Truchfeß. (Mit deren Familie durch meine Urgroßmutter Eulenburg Verwandtschaft besteht.) Ihr Vater war preußischer Gesandter am Hofe in Turin.
Ich trete meinen Botschafterposten in Wien an und besuche meine Kollegen
(Tagebuchnotizen.)
17. Mai 1894.
Ankunft in Wien, Abend.
18. Mai 1894.
Ich melde meine Ankunft dem Grafen Kálnoky.
19. Mai 1894.
Besuch beim Grafen Kalnoky. Er empfängt mich mit außerordentlicher Liebenswürdigkeit. Die Besprechung der Lage im Mittelmeer bezüglich der Meerengen habe ich in meinem Bericht Nr. 102 dargestellt.
Bezüglich der Unterhaltung über die etwas schwierige Situation, die