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Hitler 1 und Hitler 2. Das sexuelle Niemandsland. Volker Elis Pilgrim
Читать онлайн.Название Hitler 1 und Hitler 2. Das sexuelle Niemandsland
Год выпуска 0
isbn 9783955101473
Автор произведения Volker Elis Pilgrim
Жанр Документальная литература
Издательство Bookwire
Unter allen gespeicherten Aussagen über Adolf Hitler ist kein Hauch einer Andeutung zu finden, der heranwachsende Jugendliche hätte auch nur eine Zuckung zum anderen Geschlecht hin durchblitzen lassen – in Aussicht immerhin auf seine gesellschaftlich normierte Bestimmung als Mann, eine Frau zu nehmen und mit ihr Kinder in die Welt zu setzen. Bei den Beschreibungen des jungen Hitlers kommt das Thema Mädchen nicht vor.
Aus den originalen, in den Kartons und Mappen des ehemaligen Hauptarchivs der NSDAP betrachtbaren Materialien ergibt sich, dass das einstige Nazi-Institut nur sehr selten Eingriffe oder Schnitte in die schriftlich festgehaltenen Aussagen zur frühen Jugend Hitlers gemacht hat. Im Gegenteil: Die Beziehung zum anderen Geschlecht wäre das »Normalste von der Welt« gewesen und hätte in die Darstellung des Knaben und Jünglings Adolf hineingehört. Dieses »Normalste« fehlt jedoch über ein dutzendmal. (Bleibtreu, Bloch, Schichtl-Hörl, Wendt und BAB, NS 26/14, 17a, 65) Dass in die Interviews nach 1945 mit den Verwandten nicht retuschierend eingegriffen worden ist, um Äußerungen zu Hitlers Heterosexualität rauszuschneiden, versteht sich von selbst. (Gilbert 50, die Fundstellen zu den Schwestern in Toland und Kershaw, Koppensteiner bei Sigmund 06)
Mit dieser Tabula rasa in Hitlers Hetero-Angelegenheiten zu seiner Knaben- und Jünglings-Zeit geht es in der zeitlichen Reihenfolge des Heranwachsenden ohne Unterbrechung oder jemalige Kurskorrektur immer weiter.
Der »Unberührte« in »strenger mönchischer Askese«
7. Zeuge – Hitlers Jugendfreund August Kubizek
Als siebenter (Einzel)Zeuge zu Hitlers nun ausgesprochen = beschrieben fehlender Heterosexualität muss wieder jemand Herausragendes aus den Hitler-Lebens-begleitenden Personen herangezogen werden – sein Jugendfreund August Kubizek: Kubizek hat Hitler im Alter der Jünglinge von 16/17–19/20 jugendfreundschaftlich extrem nahegestanden und hat über die Beziehung der beiden zueinander ausführliche Schilderungen in seinem Buch Adolf Hitler. Mein Jugendfreund hinterlassen.
Zuerst waren Hitler und Kubizek in Linz ein unzertrennliches Freundespaar. Sie lebten dann 1908 ungefähr ein halbes Jahr in einem Zimmer in Wien zusammen. Aus Kubizeks Buch ergibt sich nun Schwarz auf Weiß: Hitlers heißeste Zeit zwischen 16 und 19 war heterosexuell kalt – und das auch noch per definitionem. Heiß war nur die Freundschaft Adolf-August.
Kubizek seinerseits bestreitet jegliches »Andersrum« Hitlers. (Kubizek 95, S. 231, 236 f.) Räusche miteinander soll es nur während der gemeinsamen Opernbesuche gegeben haben. Und in Richtung junger Mädchen hätte es bei Adolf das einzige, normativ abgehakte Von-fern-Bebalzen hinsichtlich der Linzerin Stefanie Isak gegeben, von dem die Betroffene nicht einmal etwas gemerkt hat. (a. a. O., S. 16 ff., 64 ff., 75 ff., 105 ff., 111 ff., 192 ff., 228 ff., 232 f.) Dass die gesamte Stefanie-Affäre eine Erfindung des halb-kujauistisch vorgehenden Kubizek war, wird im zweiten Buch im Detail nachgewiesen werden.
Der ganze Kubizek ist ein hohes Lied der nicht-sexuellen Freundesliebe, in der sogar perspektivisch bei Zukunfts-Fantasien Hitlers im Falle eines Lotto-Hauptgewinns Mädchen und Frauen für Lebensund Liebesgemeinschaften nicht vorkamen. (a. a. O., S. 105 ff.) Kubizek beschließt seine Auslassungen über Hitlers Sexualität: Hitler wäre ein »Einsamer« gewesen, der »in strenger mönchischer Askese« gelebt hätte, »unberührt von einer wahrhaft großen, mitreißenden Liebe«. (a. a. O., S. 239)
Hitler verlässt im November 1908 die Zimmergemeinschaft mit Kubizek, lebt für weitere eineinhalb Jahre in Wien – wo überall, ist Hitler-biografisch umstritten (Sigmund 06, S. 146 ff.) –, bis er ab Februar 1910 im Wiener Männerheim des XX. Bezirks in der Meldemannstraße 27 landet, das Lothar Machtan, der Lüfter von Hitlers homosexuellem Geheimnis, mit Verweis auf den Hitler-zeitgenössischen Sexualforscher Magnus Hirschfeld als Stätte der fluktuierenden homosexuellen Interessen und ihres Auslebens enttarnt: Jünglinge ab 14 Jahren fanden im Männerheim Aufnahme, ältere Männer kamen, schauten sich um, bedienten sich oder ließen sich anmachen. (Machtan, S. 63)
Mehr als drei Jahre zwischen 21 und 24 in diesem Schwulenmilieunahen Wiener Fluidum gelebt zu haben, ist sowieso ein Zertifikat für Non-Heterosexualität, wenn nicht massive Zeugnisse von Frauen- und Mädchen-Beziehungen existierten, die das Sein im Männerheim als etwas bloß Unterkunfts-Praktisches aus finanziellen Gründen rationalisieren würden. Wie die Hitler-Forscherin Brigitte Hamann mit ihrem Buch Hitlers Wien nachgewiesen hat, existiert kein einziges Zeugnis zu Hitlers »Anstalten« gegenüber Weiblichkeiten jeglichen Alters während seiner Männerheim-Zeit. (Hamann 96)
Heterophobisch – Angst vor Mädchen und keine Jugendliebe
8. Zeuge – Hitlers Wiener Männerheim-Kumpel Reinhold Hanisch
Über das erste halbe Jahr (zwischen Februar und Ende Juli 1910) von Hitlers 3 ¼-jähriger Zeit im Wiener Männerheim gibt es den sich ausführlich äußernden Zeugen Reinhold Hanisch, von dem mindestens zweimal Aussagen hinterlassen wurden – die erste nachweisliche gegenüber einem österreichischen Freund. Dieser Text ist später im Hauptarchiv der NSDAP gelandet. (Hanisch 36) Darüber hinaus gab es Gespräche zwischen Hanisch und den ersten beiden kritischen Hitler-Biografen Rudolf Olden und Konrad Heiden, die beide Hanischs Äußerungen mitunter ohne genaue Nachweise in ihre Hitler-Biografien einfließen ließen. Eine Publikation unter Pseudonym kam 1933 in Bratislawa [Pressburg] heraus, die unter anderem Hanisch zugeschrieben wurde. (Louisade) Hanischs zweite Aussage erschien 1939 nach seinem Tod 1936 in der US-Zeitschrift New Republic. (Hanisch 39)
Die Hitler-Wien-Zeit-Spezialistin Brigitte Hamann musste sich für ihre Beweisführungen mit Hanischs Glaubwürdigkeit als Zeugen zu Hitlers Wiener Umständen auch schon vor dessen Eintreffen im Männerheim auseinandersetzen. Trotz Hanischs biografischer Zwielichtigkeit in der Nähe zur Kriminalität und wiederholter Begehung von Delikten wie Diebstahl und Urkundenfälschung, trotz Hanischs Meldung unter falschem Namen bei seinem ständigen, fluchtartigen Wohnwechsel plädiert Brigitte Hamann zugunsten von Hanischs Glaubwürdigkeit zumindest in den Angelegenheiten von Hitlers sexuellem Fluidum. (Hamann 96, S. 265 ff., Joachimsthaler 2000, S. 331, Anm. 115)
Da die Beziehung zwischen Hanisch und Hitler im August 1910 im Streit geendet hatte, wollte das Hauptarchiv der NSDAP bei der Aufbewahrung und für die einstmalige Nutzung der Hanisch-Aussagen auf Nummer Sicher gehen. Hitler hatte Anfang August 1910 Hanisch durch einen anderen Männerheim-Freund wegen Veruntreuung zweier seiner Bilder anzeigen lassen. Hitler selbst machte am 5. August 1910 vor der Wiener Kriminalpolizei eine Aussage. Das Dokument des Polizeikommissariats im XX. Bezirk blieb erhalten und enthält Fälschungs-resistente Einzelheiten. (Hitler 80 I, S. 52)
Das Hauptarchiv der NSDAP veranlasste von einem ehemaligen Bekannten des später zerstrittenen Freundespaares Hanisch-Hitler eine eidesstattliche Erklärung vor einem Wiener Amtsgericht. In dieser Erklärung gab der Bekannte der ehemaligen Freunde, der Kunstprofessor Carl Leidenroth, zu Protokoll, dass vor Mitte 1910 Hanisch und Hitler eng miteinander befreundet gewesen wären und Hanisch regelmäßig auf dem Wiener Kunstmarkt alle damals von Hitler gemalten Bilder vertrieben hätte. Die eidesstattliche Erklärung wurde am 27. August 1935 abgegeben, noch vor dem »Anschluss« Österreichs an Nazideutschland nach dem Einmarsch der deutschen Armee im März 1938 (BAB, NS 26/64, Bl. 32)
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