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Hitler 1 und Hitler 2. Das sexuelle Niemandsland. Volker Elis Pilgrim
Читать онлайн.Название Hitler 1 und Hitler 2. Das sexuelle Niemandsland
Год выпуска 0
isbn 9783955101473
Автор произведения Volker Elis Pilgrim
Жанр Документальная литература
Издательство Bookwire
Görtemaker versucht, Christa Schroeders Wahrnehmung von Hitlers Gesamt-Verhalten gegenüber Frauen zu konterkarieren, indem sie die Bemerkung Schroeders zu Hitlers (Hetero)Sexualtod – nämlich alle Verhältnisse mit Frauen wären bei Hitler unfleischlich gewesen – gegen eine Antwort Schroeders in deren erstem Verhör durch die Amerikaner nach April 1945 ausspielt. (Görtemaker 11 I, S. 169 f.)
US-Offiziers-Frage: »Sah Hitler Fräulein Braun als seine Ehefrau an?« – Antwort Schroeders: »So behandelte er sie!« – Nachfassende Frage: »Hat er sie wirklich so gesehen?« – Verstärkende Antwort: »Ja, natürlich!« (Schroeder 45, S. 3)
In diesem Schlagabtausch kommt nur Äußeres zur Sprache, wie »als Ehefrau ansehen« und »so behandeln«. All das wird zum genauen Verständnis auch noch einmal wiederholt: Es geht um ein Rollen-mäßiges Ansehen und Behandeln. Die darunter liegende, ja lauernde Frage des gemeinsam Schleimhaut-berührend gestalteten nächtlichen Bettes zwischen Hitler und Braun wird nicht angesprochen, von Schroeder deshalb weder bejaht noch verneint.
Niemand kann jemals bestreiten, dass Hitler »das Fräulein Braun« als »Ausdruck« seines »Eheweibes« im Juli 1936 auf seinen zum Berghof umgebauten Landsitz Haus Wachenfeld auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden mitgenommen und dort positionell Ehe-ähnlich installiert hat – als ein lebendes Inventar, das rituell dem nahen Umkreis gezeigt und gleichzeitig vor dem ganzen deutschen Volk verheimlicht wurde. Mehr weiß bis heute niemand.
Durch solche uneindringlichen, weil ins Sexuell-Eigentliche nicht einsteigenden Frage-und-Antwort-Hin-und-Hers wird die sexuelle Frage noch nicht einmal berührt, geschweige denn beantwortet. Im Verhör Schroeders 1945 wurde nur von der sozialen Seite des Ehe-ähnlichen Verhältnisses zwischen Braun und Hitler gesprochen = zusammen wohnen und sich bis in die tiefste Nacht hinein zusammen darstellen, wovon alle Hitler-Nahen mehrfach beredtes Zeugnis abgelegt haben.
Doch die Lampe über ein gemeinsames nächtliches Lager zwischen Braun und Hitler hat auch von den damals Nahen niemand gehalten. Das muss die Geschichsschreibung nun mit anderen Beleuchtungen unternehmen.
Einziger Zeuge zu Hitlers Geschlechtsteil nie danach befragt
Von den sechs soeben nur kurz zitierten Kontra-Zeugen kommen alle noch einmal oder mehrmals zu Wort, oder über sie werden weitere Einzelheiten berichtet, die ihre Aussage konturieren. Solch ein Verfahren mit einem Ein-bis-zwei-Zeilen-Zitat, um dann prompt in die »Liebesgeschichte« zwischen Braun und Hitler zu segeln, wie Görtemaker es achtmal gemacht hat, ist überholt. Ullrich geht genauso vor – mit zusätzlich vier weiteren Jas, die alle in der kommenden Ja-Liste zu durchleuchten sind.
Neben der Verteidigung der Aussage Schroeders, der 3. Nein-Sagerin, muss sogleich eine Konturierung des 4. Nein-Sager Ernst Hanfstaengl angefügt werden. Auch Hanfstaengl schien in einem Interview von seinem Verdikt, Hitler sei im »medizinischen Sinne impotent« gewesen, abzuweichen. Er schwenkte in die Relativierung eines »Doch-etwas«- und »Manchmal-Sex« ein: »Hitlers Potenz war teils beschränkt und teils ins Abnorme pervertiert […] Nach Mitteilung eines Reichsministers, dessen Namen Hanfstaengl nicht nennen wollte, der Hitler beim Ankleiden nackt gesehen hatte, war der Geschlechtsteil nur sehr gering entwickelt. Zu einer Befriedigung dürfte Hitler mit Frauen nur sehr selten und mit ganz bestimmten Typen von tadelloser Gestalt, wie z. B. Eva Braun, gekommen sein. Aus dieser teilweisen Impotenz resultierte der Sager, dass Deutschland seine [Hitlers] Braut sei etc. […]« (Hanfstaengl 51, S. 1)
Mit dem Zitat einer zweiten Aussage Hanfstaengls soll hier im Prolog des Geschichts-Prozesses »auf die Schnelle« nur darauf hingewiesen werden: Bei der Zeugen-Konturierung ergibt sich manchmal eine Verschärfung der Aussage, manchmal eine Abschwächung. Schwarz (2.), Schroeder (3.) und Döhring (5.) verschärften und präzisierten, Hoffmann (1.) begann später zu schwanken, worauf Görtemaker selbst schon hingewiesen hat. (Görtemaker 11 I, S. 41, 170) Aber darum Hoffmann ganz auf die Seite der Ja-Sager zu ziehen, wie Görtemaker es tut, ist schon wieder bedenklich, was sich später erweisen wird, sodass Hoffmann Anführer der Nein-Liste bleibt.
Der »Widerrufs-Linge« (6. Nein-Sager und 2. Ja-Sager [AMORO]) gerät zu einem der aufwendigsten Einzelthemen, das sich zum Buch im Buch verselbstständigt.
Bei Hanfstaengl scheint es sich zunächst um eine Abschwächung seines Stabbruchs über Hitlers Sexualität zu handeln. Hitler wäre »im medizinischen Sinne impotent« gewesen, ein »Neutrum«, ein »sexuelles Niemandsland«. Doch aus »nichts« und »nie« machte Hanfstaengl 1951 plötzlich »sehr selten«.
Aber seit der ersten Ausgabe seiner Memoiren 1957 Unheard Witness ist er in seinem Urteil gefestigt, an dem er nie wieder rüttelt, wie aus allen seinen späteren deutschen und englischen Büchern und von seinen Fernseh-Auftritten entnommen werden kann (HETERO, 10. Ja-Sager Albert Speer) Die negativen Urteile Hanfstaengls und Speers über Hitler schärften sich im Laufe der Jahrzehnte des Abstands von ihrem einstigen Idol immer mehr. Deswegen summierte Hanfstaengl schließlich:
»Je näher ich Hitler kennenlernte, um so mehr kamen mir auch gewisse Anomalien zu Bewusstsein, die sich in seinem Verhalten gegenüber dem weiblichen Geschlecht zeigten … Seine offensichtliche Verliebtheit in meine Frau … seine dauernden Blumengeschenke, Handküsse und verzehrenden Blicke [seien] allein in seiner außergewöhnlichen Fähigkeit zur Selbstdarstellung und keineswegs in einem ursprünglichen erotischen Begehren zu suchen … Mit dem ihm eigenen Talent, sich und andere bis zur Glaubwürdigkeit betören zu können, lebte er sich auch in die Rolle des leidenschaftlichen Liebhabers hinein, ohne sie jedoch, wie ich zu behaupten wage, bis zur Vereinigung mit dem weiblichen Partner steigern zu können. Hitler war nach meiner Überzeugung im medizinischen Sinne impotent. Hierfür einen eindeutigen Beweis zu erbringen, ist mir ebenso wenig möglich, wie Zitate von Frauen vorzulegen, die mit oder gegen ihren Willen in die Verlegenheit gerieten, Hitler in seiner hoffnungslosen Lohengrinrolle zu erleben. Dem Sinne nach waren diese Äußerungen jedoch sämtlich auf die gleiche Tonart abgestimmt wie eine Bemerkung meiner damaligen Lebensgefährtin, die mir bereits in den Anfängen unserer Bekanntschaft mit Hitler erklärte: ›Glaube mir, er ist ein absolutes Neutrum, aber kein Mann – trotz seines dauernden Schmachtens.‹ Sowenig mir nun daran liegt, diese Intima um ihrer selbst willen zur Sprache zu bringen, so aufschlussreich erscheinen sie mir andererseits als ein Ergebnis aus allmählich oder nachträglich gewonnenen Einsichten in die Phänomenologie des Typus Hitler und seines ruhelosen Aggressionstriebes. Infolge eines psychischen oder organischen Defektes zum sexuellen Nonvaleur degradiert, entlud sich das aufgestaute Übermaß seiner Libido – gleichsam zur Selbstbestätigung seiner Männlichkeit – in neurotischen und schließlich in rhetorischen Ersatzreaktionen. Hierfür war Hitlers gelegentlicher Ausspruch kennzeichnend: »Die einzige Braut, die für mich in Frage kommt, ist die Masse, ist das Volk – ist Deutschland!« (Hanfstaengl 70, S. 61)
Auch schon im US-Geheimdienst-Papier für den US-Präsidenten Roosevelt vom 3. Dezember 1942 über Adolf Hitler hielt Hanfstaengl seine Beobachtung fest:
»Während der wahre Hitler für den Diagnostiker schwer fassbar ist, gibt es gewisse Fakten, die beweisen, dass seine sexuelle Situation unhaltbar, ja sogar hoffnungslos ist. Es scheinen psychische, wenn nicht auch physische Hindernisse zu bestehen, die eine tatsächliche und vollständige sexuelle Erfüllung immer unmöglich machen.« (Hanfstaengl 05, S. 357)
In Hanfstaengls Aussage 1951 gegenüber einem deutschen Befrager vom Münchener Institut für Zeitgeschichte untermauerte er seine Einschätzung mit dem Hinweis auf das »sehr-gering-Entwickelte« von Hitlers »Geschlechtsteil«. (Hanfstaengl 51, S. 1)
Der namenlose, von Hanfstaengl angeführte »Minister« konnte niemand anders sein als Hitlers früherer Fahrer und Diener Emil Maurice, der Hitler in ihrer sechs- bis siebenjährigen Freundschaft zwischen 1922 und 1928 bestens gekannt hat, weil beide frühe Kumpels waren, verbunden im Du und zusammengeschweißt in ihrer Haftzeit 1924 nach Hitlers versuchtem Münchener Novemberputsch