Скачать книгу

Sexualität eigentlich zum Körper gehört, die medizinischen Biografen aber nur alles andere von Hitlers Körper behandeln und von seiner Sexualität lediglich von fern etwas wissen wollen (Recktenwald, Röhrs, Schenck, Redlich, Neumayr, Plouvier, Eberle/Neumann).

      Unter den Mammut-Biografien – genannt im Folgenden oft »die 2000er«, weil die manchmal zwei- und mehrbändigen Werke ein Volumen ab 500 Seiten aufwärts bis zu 1000/2000 Seiten erreichen – gibt es zwei Positionen:

      Erstens: Hitler hatte mehr oder weniger gar keine Sexualität. Denn Sex = Privatleben = aufgesogen von seiner politischen Tätigkeit (Olden, Heiden, Orr, Görlitz/Quint, Bullock, Fest, Joachimsthaler, Kershaw, Longerich).

      Zweitens: Hitler = normaler Heteromann wie du und ich (P. u. R. Gosset, Maser, Toland, Irving, Steinert, Ullrich, Plouvier).

      Wenn Hitler von psychiatrisch-psychopathologischer Seite her betrachtet wurde, dann lag seine Krankheit im Kopf oder in seiner Psyche = oben oder im oberen Drittel des menschlichen Person-Aufbaus (Binion, Bromberg/Volz Small, Coolidge, Langer, Miller, Rosenbaum, Stierlin, Waite).

      Ursache-Folge-Forschungen geschahen auch dann nicht, wenn Hitler heterosexuelle Perversionen angedichtet wurden, wie von seinen ehemaligen Jüngern und späteren Abtrünnigen Hanfstaengl und Otto Strasser, auf den sich der Psychopathologe Langer nur nebenbei bezieht (PERVERSO). Die einzige Ausnahme war Machtan, der Hitler als homosexuell definierte und ihn in Schwierigkeiten mit der – die männliche Homosexualität tabuierenden und unterdrückenden – männerbündischen Gesellschaft darstellte.

      Aus sexualwissenschaftlich-maskulogischer Perspektive ist Hitler noch nicht vorgenommen worden. Er wurde bisher auch nicht als Anlage-bedingt Destruktions-deviant beschrieben. Letzteres nicht, weil er weder als Serienkiller erkannt noch das Serienkiller-Syndrom selbst als männliche Sexual-Aberation schon enttarnt worden wäre.

      All das wird im ersten Buch von Hitler 1 und Hitler 2 geschehen. Denn bevor im vierten Buch die eigentliche Wesensveränderung von Hitler 1 zu Hitler 2 behandelt wird, muss zuerst freigelegt werden, was Hitlers Serienkiller-Anlage mit seiner Wesensveränderung zu tun hat. Denn Hitler 1 war weder als Serienkiller im Besonderen noch sonstwie als sexual-aberativ im Allgemeinen auffällig geworden. Was für eine Sexualität lag bei ihm vor, aus der, mit der oder in die hinein seine Wesensveränderung geschah?

      Für die Beantwortung dieser Frage konnte Machtans Studie über Hitlers Homosexualität nur ungefähr Richtung-weisend sein, denn Machtan kommt zu dem Ergebnis: Hitler war ein »gewöhnlicher Homosexueller«, der seinen Trieb unterdrücken, bedecken, einschränken, ja phasenweise stilllegen musste. Mit diesem Ergebnis ist nichts gesagt worden zu einer Verbindung zwischen Hitlers Sexualität und Massenmord-Praxis. Da dazu bisher nichts bekannt ist, muss diese Verbindung erst noch unter Beweis gestellt werden. (zweites Buch)

      Der Titel des laufenden Absatzes Der Mann »ohne Unterleib« wurde aus den Jahrmarkts-Amusements der Zaubertrickser entnommen. Aus dem Bereich einer Publikums-Foppung entstand das geflügelte Wort »Die Frau ohne Unterleib«, einer lebenden Frau, der mit einer Versenkungsmaschine der Unterleib abgesägt zu werden schien, der in Wirklichkeit drangeblieben war. Die Publikums-Foppung geschah per optischer Täuschung.

      Hitler kam aus der politischen Versenkung als Mann ohne Unterleib, dem Unterleibliches angedichtet werden musste, was schon durch seine Zeitgenossen nicht unbeträchtlich geschah, sich aber bis einschließlich zum Fall von Eva Braun als Zaubertrick entlarvte.

      Nach dem Tod seiner Nichte Geli Raubal in seiner Wohnung am Münchener Prinzregentenplatz im September 1931 musste Hitler sich als Mann mit Unterleib darstellen, weil die zeitgenössische demokratische Anti-Nazi-Presse der Weimarer Republik endlich einen Zugriff hatte, den unangenehm Volks-verführerischen Klamauk-Politiker der äußersten Rechten in den Griff zu bekommen: Hitler = ein Einzelgänger, dessen Sexualität »nicht ganz dicht« zu sein schien.

      Hitler musste sich ab Ende 1931 einen Unterleib anschaffen, sich das Image eines Mannes mit Unterleib zulegen. Dieses Image wird bis heute nicht als die unechte Wirklichkeit Hitlers erkannt.

       Der »Führer« war kein »Ficker«

      So überzeugend Lothar Machtan in seinem Buch Hitlers Geheimnis die homosexuelle Orientierung Adolf Hitlers freigelegt hat, der Historiker bleibt für Hitler 2 die Akte schuldig. (Machtan, zweite Buch) Damit befindet er sich in bester Gesellschaft mit der Hetero-Mehrheitsfraktion der Hitler-Biografik, die auch nicht belegen kann, dass Hitler ein geschlechtsaktiver, erst recht nicht, dass er ein phallisch-vaginal penetrativ-friktiv agierender Frauenliebhaber gewesen war.

      Im Gegenteil: Es wimmelt von Statements aus der Hitler-umgebenden Nazi-Szene, sexuell habe der »Führer« nicht richtig getickt. Alle Äußerungen auf einen Nenner gebracht: Der »Führer« war kein »Ficker«. Sogar dem Verhältnis Hitlers zu seiner »Geliebten« und Lebensgefährtin Eva Braun wurde immer wieder die Plakette »platonisch« verpasst.

      Wie sich am Schluss der Verhandlung zu Hitlers nicht-existenter Heterosexualität herausstellen wird, hielten mit sehr unterschiedlichen Schilderungen schließlich an die 40 seiner Nahen aus nächster Nähe den Daumen nach unten. Die zu Unrecht vergessenen Görlitz/Quint hatten 1952 schon alles zu Hitler 1 durchschaut: »Neben den natürlichen Beziehungen zum anderen Geschlecht fehlte [bei Hitler 1] eine zweite Beziehung zur Umwelt gleichfalls völlig, so natürlich und mächtig sie in den großen imperialen Militärstaaten Europas in diesen Jahrzehnten auch war, der Militärdienst.« (Görlitz/Quint, S. 71, 468 ff.) Das Phallische im Weichen wie im Harten war nicht Sache von Hitler 1.

      1.–6. Zeuge:

      Heinrich Hoffmann, Franz Xaver Schwarz, Christa Schroeder, Ernst Hanfstaengl, Herbert Döhring und Heinz Linge sprachen Hitler glattweg die Potenz gegenüber seiner Teilzeitgefährtin Eva Braun ab.

      1. Allen voran der Stifter dieses Verhältnisses, Hitlers Münchener Leibfotograf Heinrich Hoffmann, der den vier Jahre lang fotoscheuen Hitler 2 erstmals 1922/23 vor seine Kamera gebracht hatte und ihm später dutzende Male ihn konterfeiend zuleibe rücken durfte, sodass einem solch fotoanalytischen Auge auf den politischen Star-Redner der extremen bayerischen Rechten auch ein Gucken durch den Hosenschlitz Hitlers zuzutrauen ist.

      Hoffmanns erste Aussage über seine Einschätzung des Verhältnisses Braun-Hitler machte er am 1. Juli 1949 bei seinem Verhör in der öffentlichen Sitzung vor der Spruchkammer München: »Hitler hat sie alle Vierteljahr mal gesehen. Erst Jahre später hat er mir gegenüber geschildert, dass Fräulein Braun ihm sehr angenehm sei. Ich meine, Hitlers Verhältnis zu Eva Braun war immer ein platonisches. – Hitler ist ab 1930 öfters in meinem Geschäft gewesen und hat bei solchen Gelegenheiten die Braun bei mir kennengelernt und sie öfters gesehen.« (Hoffmann 49, S. 434)

      In Hoffmanns Buch von 1974, Hitler wie ich ihn sah, kommt der Stabbruch über die Sexualität zwischen Braun und Hitler nicht expressis verbis vor. Doch Hoffmann erreicht sein Urteil über das Trockengebiet Braun-Hitler auf andere Weise. Er beschreibt einen Hitler bar jeder sexuellen Zündung gegenüber Braun: »Hitler lernte Eva Braun in meinem Geschäft kennen, wie eben jeden anderen Angestellten auch. Er sprach mit ihr über völlig unpersönliche Dinge. Nur manchmal ging er aus seiner Zurückhaltung heraus und machte ihr auf seine Art harmlose kleine Komplimente. Weder ich noch sonst irgend jemand merkte ihm intensiveres Interesse an … Er dachte nicht daran, mit Eva eine engere Bindung einzugehen.« (Hoffmann 74, S. 136)

      2. Der Schatzmeister der NSDAP Franz Xaver Schwarz tutete in dasselbe Horn: »Die Beziehung« Hitlers zu Braun sei »rein platonisch« gewesen, vermeldete Schwarz am 26. Oktober 1945 den Interviewern der U. S. Army Interrogation Division beim Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg. (Schwarz, S. 9)

      Schwarz war als Duz-Freund und oberster, nie entthronter Finanzmann der Partei Hitler so nah, dass sich ihm über Hitlers Verhältnis zu Eva Braun das Essentielle vermittelt hat – vor allem auch deshalb, weil Eva Braun bei Schwarz zu Hause verkehrte. Aus solch

Скачать книгу