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zwei Entkommenen und Hunderten Versuchen, an Jungs im Alter von acht bis 13 zu Lustmordzwecken heranzutreten, äußerte sich Bartsch in Gefangenschaft über die Abnormität der im Serienkiller wirkenden Sexualfunktions-Störung.

      Der amerikanische Journalist und Europa-Korrespondent Paul Moor widmete sich dem – in Deutschland Schauer erregenden – Serienkiller, der zwischen seinem 14. und seinem 19. Jahr sexualmörderisch tätig geworden war. Moor beleuchtete während einer achtjährigen Brieffreundschaft jeden Winkel in der Persönlichkeit des Heranwachsenden und motivierte Bartsch zu Geständnissen und Selbstzeugnissen, die in der Geschichte der Serienkiller bis heute eimalig blieben. Bartsch definierte das Morden selbst, vor allem die Opfer-Quältour, als eine Art von »High«. Das gesamte ausgedehnte Töten war für ihn ein Orgasmus: »[…] dass er den Höhepunkt der geschlechtlichen Erregung nicht bei seiner Masturbation erreichte, sondern beim Schneiden des Fleisches [seiner noch lebenden Opfer], jenes ihn zu einer Art Dauerorgasmus brachte.« (Moor, S. 48)

      Auch andere berühmte Serienkiller erklärten das »Lustbetonte« ihres Tötens.

      Der »Schlächter von Hannover«, Fritz Haarmann (1879–1925, hingerichtet), der 30- bis 60-fache (selbst eingestandene) Mörder männlicher Jugendlicher, fand es am schönsten, den Kehlkopf der von der Straße oder dem Hauptbahnhof Hannover aufgegriffenen Jünglinge beim »Liebesspiel« im Bett durchzubeißen und sie dann zu erwürgen. Während dieser Prozedur sei Haarmann in eine »Liebesraserei« geraten. (Blazek, S. 89 f.)

      Der 30 Jahre lang aktive, sich mit »BTK« (»Bind, Torture, Kill«) definierende amerikanische Serienkiller Dennis Rader (geboren 1945, seit 2005 im Gefängnis, mindestens zehn nachgewiesene Getötete) »verlustierte« sich dabei, die von ihm in seine Gewalt gebrachten, prinzipiell weiblichen Opfer zu fesseln und zu quälen, bis sie starben und die Stadien dieser Quältour zu fotografieren, um sich die Bilder zwischen seinen Morden immer wieder nachschauernd beim Masturbieren ansehen zu können. Er gestand in seinen Vernehmungen, er hätte Frauen qualvoll töten müssen, um seine sexuellen Fantasien zu befriedigen. (Douglas/Dodd, S. 168, 238)

      Der blutrünstige »Vampir von Oregon« (USA), der Mechaniker und Rasenmäher-Spezialist Dayton Rogers (geboren 1953, ab 1987 inhaftiert, 2015 das vierte Mal höchstrichterlich zum Tode verurteilt), musste für eine sexuelle Reaktion Blut sehen. Nur dessen Hervordringen aus dem Körper seiner weiblichen Opfer erregte ihn. Er fesselte während seiner vier- bis fünfjährigen Mord-Aktivität vermutet acht nackte Frauen stehend und verstümmelte sie bei lebendigem Leibe in Zeitlupen-Allmählichkeit mit seinem Messer von den Füßen an Körper-aufwärts, bis die Malträtierten starben. (King, S. 2)

      So hatte auch Rogers Vorbild und Staatsgenosse in Oregon, der Elektromechaniker Jerome [»Jerry«] Brudos (1939–2006), praktiziert. (a. a. O., S. 11)

      So eiferte den beiden am Ende des 20. Jahrhunderts der kanadische »Frauen-Verwurster von Vancouver« nach – Robert Pickton (geboren 1949, seit 2002 im Gefängnis), der seine geschätzt 50–100 weiblichen Opfer stehend kreuzigte, um sie von unten nach oben zu schächten und später die Weichteile der Geschlachteten auf seiner Schweinefarm zunächst zu verfüttern und sie dann auch als Büchsenfleisch zu veräußern, womit er den deutschen Serienkiller Fritz Haarmann zu Anfang des 20. Jahrhunderts übertrumpfte, der das Fleisch von dessen etwa 60 getöteten Jungs und Jünglingen auf dem Hannoveraner Schwarzmarkt verkauft hatte. (Brueckweh, S. 61 f.) In Hannovers Fluss Leine fand man 285 Knochen von jungen Männlichkeiten im Alter zwischen zehn und 22. (Blazek, S. 7 f.)

      Der französische »Ritter Blaubart« Michel Fourniret (geboren 1942, seit 2003 im Gefängnis) – ab Anfang vierzig etwa 20 Jahre lang aktiv mit ungefähr 20 ausschließlich weiblichen Opfern – gab in seinem schriftlichen Geständnis zu, er habe es »gebraucht«, mindestens einmal pro Jahr ein junges Mädchen zu vergewaltigen und »mit allen Schikanen« zu töten. (Stabenow, Lichfield)

       Anomalia masculinis

      Sofort erheben sich zwei Fragen: Was ist mit der Orgasmus-Strecke auf normalem Wege los? Und warum brauchen Serienkiller es Mords-kompliziert, wenn es von Natur aus einfacher zu haben wäre?

      Diese Fragen beantwortete ebenfalls Jürgen Bartsch am präzisesten unter allen Serienkillern. »Normal« geht es bei ihnen nicht – oder nicht befriedigend genug: »Es ging mir da [bei wechselseitiger Onanie mit einem gleichaltrigen 16/17-Jährigen] um eine bloße sexuelle Befriedigung. Das Dumme ist nur, so besonders befriedigend war all das gar nicht […] Nun ja, eine gewisse Befriedigung war es, aber […] nichts Halbes und nichts Ganzes.« (Moor, S. 258) »Dazu kam, dass für meinen Trieb die sexuelle Befriedigung durch Sadismus [den Quälmord] weitaus ›schöner‹ war, weitaus erregender war, als etwa Onanieren. Infolgedessen hat das Onanieren [nach dem Mord] eine verhältnismäßig untergeordnete Rolle gespielt in dem eigentlichen Geschehen.« (a. a. O., S. 310) »[…] daß Sadismus [= das Knabenschlachten in Bartschs Fall] […] viel länger anhält, somit auch die ›Lust‹, als etwa der vergleichsweise läppische Drang zum Onanieren. Denn ist es nicht ein Unterschied, ob Sie eine Badewanne voll Wasser laufen lassen (Onanieren) oder eine ganze Talsperre ([Tötungs]Sadismus)? […] Ich habe ja verschiedentlich [bei den Tötungen] onaniert, aber wer nun meint, na ja, dann wäre ich ja ›befriedigt‹ gewesen, der irrt sich gewaltig. Nichts, aber auch gar nichts, hat es bei den Taten geholfen, wo der [Tötungs]Sadismus die Hauptrolle spielte. Für mich war das Onanieren ja schließlich (im Bett) in diesen Fällen beim Fantasieren [der Tötungen] nur eine Not-Ersatzhandlung.« (a. a. O., S. 311)

      Bartsch musste anschließend doch noch quältöten, wenn er versucht hatte, seine Erregung durch eine Selbstbefriedigung abklingen zu lassen. Diese brachte ihm »nichts Halbes und nichts Ganzes«.

      Der orgastische Entspannungs-Reflex funktioniert beim Serienkiller nicht – nicht während der »normalen« Tätigkeit phallisch-friktiv provozierter Samen-Entleerung. Dieser Reflex löst sich erst während des Quältötungs-Aktes oder unmittelbar danach, unabhängig davon, ob nun noch eine Sperma-Abgabe stattfindet oder nicht.

      Die bizarrsten Hinweise auf eine Orgasmus-Störung aller Serienkiller haben der Amerikaner Dennis Rader (»BTK«) und der Russe Anatoli Sliwko, der »Jünglings-Club-Ausweider«, gegeben. Beide Männer praktizierten quälmörderisch jahrzehntelang mit zeitlich weit gestreckten Unterbrechungen, Rader 30 Jahre lang von 1974 bis 2005 (mindestens zehn bewiesene Opfer) in Wichita, US-Staat Kansas, Sliwko 22 Jahre lang von 1964 bis 1985 (mindestens sieben bewiesene Opfer) in der russischen Stadt Nevinnomyssk.

      Sliwko (1938–1989, hingerichtet) war im Gegensatz zu Rader Trieb-mäßig auf jugendlich männliche Opfer ausgerichtet. Als angestellter Lehrer fand er sie leicht in dem von ihm geleiteten städtischen Jugendclub Tschergid in der Gegend von Stawropol. Mit einer Droge versetzte Sliwko seine 14–17-jährigen Opfer, die er mit der Animierung für ein abenteuerliches Erlebnis geködert hatte, in Bewusstlosigkeit, hängte sie in diesem Zustand nackt auf und delektierte sich sexuell an ihnen.

      Zugegebenermaßen 43-mal veranstaltete Sliwko – Ehemann, zweifacher Familienvater und geachteter Stadtbürger – dieses komplizierte Lust-Umwegs-Verfahren. 36-mal weckte er seine Opfer wieder auf, die nichts von dem Vorgang mitbekommen hatten. Aber mindestens siebenmal »musste« Sliwko seine Sexual-Objekte ermorden, was auf dem Wege des körperlichen Zerfleischens geschah, wonach Sliwko einige Leichenteile – mit Petroleum getränkt – verbrannte und in eine Lust-Trance geriet. Den Rest vergrub er im Wald.

      Während Sliwkos Jünglingstötung lief eine von ihm installierte Kamera. Das Wiederanschauen der seriellen Morde ermöglichte Sliwko erneute orgastische Höhepunkte. Doch sobald das ihm in der Folgezeit immer mehr vertraute Geschehen seine sexuelle Attraktivität eingebüßt hatte, musste er den nächsten ohnmächtigen Jugendlichen ermorden. Die reinen sexuellen Delektierungen an den bewusstlos Aufgehängten ohne tödliches Finale brachten dem Serienkiller – nur mit Hilfe seiner synchron in ihm abgespulten Ermordungs-Fantasie – plötzlich keinen Lust-Höhepunkt mehr. Der geschah erst wieder bei der Zerfleischung eines Neuen.

      Da noch keine Buchpublikationen über

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