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denen die Post ab«. (AMORO)

      Der Normspezialist Karl Brandt hätte so etwas zum Ausdruck gebracht, wenn diese Charakterisierung des Verhältnisses Hitler-Braun der Wahrheit entsprochen hätte. Stattdessen kommen Brandts Pincetten-Wörter »Auserwählte an seiner Seite«, die Hitler »aus dem gesellschaftlichen Nichts herausführte« und »an seiner Seite platzierte«, mit der er »gefühlsmäßig tief verbunden« war.

      Aber mit was für Gefühlen? »Umsorgte sie wie ein Vater«, »ihr das Leben an seiner Seite so angenehm und glücklich wie möglich zu machen«, »er überschüttete sie mit Charme und Freundlichkeit« – und mit sonst gar nichts! Er schüttete eben gerade nicht seinen Samen in sie. In dieser Hinsicht ging Braun leer aus.

      All das bedeutet in der Aufhäufung der Superlative immer noch nicht, Hitler hätte den Körper der Eva Braun glücklich gemacht, sondern nur ihr Budget. »Glücklich machen« ist im Deutschen ein anderer Ausdruck für Sex: Eine Frau glücklich zu machen heißt, sie sexuell zu befriedigen. Damit ist nicht gemeint, »ihr das Leben an seiner Seite so glücklich wie möglich zu machen«, wie Brandt es festhielt. Die Aufplusterung des ganzen glücklich gemachten Lebens der Eva Braun überdeckt nur, dass ein bestimmter Körperteil dieser Frau durch diesen Mann nicht glücklich gemacht wurde.

      Brandts »Treue« Hitlers gegenüber Eva Braun hat deutlich mehr soziale und weniger sexuelle Implikationen, wie es in der Formulierung »an seiner Seite platzierte« zum Ausdruck kommt. Und die Unsinnigkeit der Frage von Hitlers möglichen Fremdgängen enthält auch den verschwommenen Hinweis darauf, dass es fraglich ist, ob Hitler und Eva Braun überhaupt miteinander »gegangen« sind.

      Noch oft wird bei der Analyse von Zeugen-Texten zu Tage treten: Nicht immer wollte ein Autor das sagen, was er vortrug. Ja, nicht immer weiß er genau, was seine Worte zum Ausdruck bringen. Aber der Text weiß es. Und das allein zählt als Zeugnis für die nächsten Generationen. Karl Brandt macht den Unterschied zwischen Romanze und Versorgungs-Verhältnis und teilt etwas über Treue mit, wobei er nicht direkt sagt, um welche Treue es sich handelt, um eine sexuelle oder eine soziale.

      Der Brandt-Text ist zweimal veröffentlicht worden. Anton Joachimsthaler zitiert ihn vier Jahre nach Ulrich Schlie in der Kurzfassung der englischen Version vom Januar 1946 vor den Nürnberger Investigatoren, gespeichert in der Musmanno-Collection. Da heißt es: »Klar, Hitler war nicht der ideale Liebhaber, den sich Evas romantisches Herz ausgemalt hatte, aber er war ein Mann, der sie unterstützte und sich um sie sorgte. Hitler versuchte immer, ihr das Leben mit ihm so angenehm und glücklich wie möglich zu machen.« (Joachimsthaler 03, S. 604, Anm. 811) »Unterstützen« und »sich um sie sorgen« bedeutet nicht, in sie verliebt zu sein, erst recht nicht auf sie geil zu sein.

      Im Englischen heißt es bei Brandt »make life for her with him as pleasant and happy as possible«. Wieder fällt das allgemeine Wort »life« und kommen nicht etwa die Begriffe »relationship«, »defacto marriage«, geschweige denn »love-affaire«, die Engeres und Sexuelles bezeichnet hätten.

       König Adolf verrät: Kein Sex mit »Mätresse« Eva

      13. Zeuge – Hitlers Zahnarzt Dr. Hugo Blaschke

      Könnte in der Darstellung seines Kollegen Brandt im weitesten Sinne doch etwas »Erotisches« inbegriffen sein, wenn der von »[Zusammen] Leben« zwischen Braun und Hitler spricht, so macht Hitlers Zahnarzt eisern klar: Keine Anzeichen von zu diesem »Leben« gehörendem Sex wären nach außen hin für ihn jemals wahrnehmbar gewesen.

      Hugo Blaschke kann auf 14 Jahre »Mundauf« Hitlers verweisen. Gerade der Mund ist ein wesentlicher Teil, der zur »Erotik« eingesetzt wird. Jemand wie Hugo Blaschke, der professionell den geöffneten Mund eines Mannes regelmäßig über eine lange Zeit vor sich hatte, ist auch befähigt, das in sexuellen Aktionen dieses Mannes zum Mund gehörende Verbindungsorgan Penis der Wahrheit nahekommend einzuschätzen.

      Von Blaschke ist ein ausführliches Statement im Interview mit Robert Kempner übermittelt, dem Nürnberger Ankläger und Investigator. Im Gespräch zwischen Kempner und Blaschke bleibt alles trocken, wenn es um das Verhältnis Braun-Hitler geht:

      »Blaschke: Sie [Eva Braun] war kein kluger Mensch. Am liebsten hat sie zwei Filme am Tag gesehen. Wenn sie gekonnt hätte, hätte sie sich vier Filme am Tag angesehen. Das Komische ist ja, ich glaube nicht, dass ein Mann, wenn er eine Frau gern hat, es verbergen kann, trotz größter Selbstbeherrschung. Obwohl Hitler nie angab, so wie Göring: In den ganzen Jahren habe ich nicht einmal gemerkt, dass er [Hitler] die Frau liebt. Das muss man als Mann [von Mann zu Mann] doch merken!

      Kempner: Ich weiß nicht.

      Blaschke: Man müsste es doch merken, durch eine Geste oder so.

      Kempner: Aber Sie wussten es auf der anderen Seite?

      Blaschke: Ich sah nicht durch. Mir persönlich lag sie nicht. Ich habe sie sehr bald, nach zweimonatiger Behandlung, abgegeben, und zwar meinem Assistenten […]

      Kempner: Sie haben sie [Braun und Hitler] zusammen gesehen?

      Blaschke: Links von Hitler saß Eva und links von ihr Bormann.

      Kempner: War das eine Brünette, die Eva?

      Blaschke: Ein bisschen Wasserstoff, sie war nicht ganz hellblond.

      Kempner: Gefärbt?

      Blaschke: Blondiert. Ein bisschen nachgeholfen. Etwas heller gemacht.

      Kempner: Kinder haben die nicht gehabt, oder doch?

      Blaschke: Ich habe nichts gehört. Sie hatte auch das, was man Sex-Appeal nennt, nicht. Sie war sehr gut angezogen. Wenn ich wochenlang oben war, hatte sie nicht zweimal dasselbe Kleid an. Man sah sie nur mittags und abends. Manchmal, wenn es zum Tee im Berghaus [gemeint Teehaus] ging, ging sie auch runter.

      Kempner: Sie sagen, man hat es ihm nicht angemerkt, dass er sie geliebt hat. Aber auf der anderen Seite, wenn einer ständig bei einer so hohen Persönlichkeit sitzt, zwischen Hitler und Bormann, müsste man annehmen, dass was Besonderes los war?

      Blaschke: Die Position hatte sie, aber für mich ist es fraglich, warum. Denn in den 14 Jahren [seit 1931] bin ich mit größeren Abständen manchmal auch daneben gesessen.

      Kempner: Haben Sie nie einen zärtlichen Blick beobachtet?

      Blaschke: Wenn man in Berlin W. [West] aufgewachsen ist, kennt man das. Vielleicht liegt mir das auch, Menschen zu beobachten.

      Kempner: Aber es war nie etwas zu merken?

      Blaschke: Nein.

      Kempner: Nur aus den äußeren Umständen konnte man das schließen?

      Blaschke: Wenn ich eine Frau gern habe, nehme ich doch mal ihre Hand!

      Kempner: Auch nicht in harmloser Weise?

      Blaschke: Nein.

      Kempner: Hat er sie nie angefasst in Gegenwart von Dritten?

      Blaschke: Nein, er hat ihr nur die Hand geküsst. Ich fand es komisch, er küsste allen verheirateten Damen die Hand. Eine seiner Sekretärinnen heiratete, und nach der Heirat hat er ihr auch die Hand geküsst. Vorher nicht […]« (Kempner, S. 73 f.)

      Das ungekürzte Gespräch zwischen Blaschke und Kempner über die Art von Hitlers Beziehung zu Eva Braun erschien in Kempners Das Dritte Reich im Kreuzverhör – 1969 und 2005. Einen verstümmelten Auszug gab es seit 1980 und gibt es wieder zwischen 2003 und 2015 in den Neuauflagen von Biograf Werner Masers fingiertem »Diensttagebuch« des Hitler-Dieners Heinz Linge (Bis zum Untergang), über diesen Text werden in AMORO Einzelheiten vorgebracht. Mit dem Auszug des Blaschke-Interviews versucht Maser, Blaschkes Verdikt der A-Sexualität des Verhältnisses Hitler-Braun lächerlich zu machen.

      Wie wenig von Blaschke in der Hitler-Biografik hängenblieb, ist daran auszumachen, dass in ihr bis hin zu Volker Ullrich immer noch der heterosexuell einwandfreie Hitler herumgeistert,

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