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man als Angestellter denn von diesem Staatsgeheimnis mit, wenn Hitler persönlich am Berghof anwesend war? Wie haben sich die beiden die Zeit vertrieben?

      Plaim-Mittlstrasser: So gegen 15 Uhr sind die beiden immer gemeinsam ins Teehaus gegangen […] – Vom Haupthaus zum Teehaus brauchte man zu Fuß ungefähr zehn Minuten […] – Im Teehaus gab es meist Käsekuchen, was Hitlers Lieblingsmehlspeise war […] Diese Besuche des Teehauses waren sozusagen der tägliche Fixpunkt, wo Eva Braun und Hitler zusammentrafen. [Aber nie allein, es gingen immer Leute mit!] Die restliche Zeit hat Hitler in seinem Arbeitszimmer verbracht, wo man ihn keinesfalls stören durfte. – Ich glaube, das hat auch in gewisser Hinsicht für Eva Braun gegolten. – Die Stimmung im Teehaus war immer sehr freundlich. Manchmal hat Eva versucht, Hitler eine kleine Freude zu bereiten, beispielsweise hat sie sich extra für ihn ein Dirndl angezogen. Aber trotz aller Freundlichkeit zwischen den beiden kann ich mich nicht erinnern, dass Hitler und Eva Braun beim Nachmittagstee oder ähnlichen halb öffentlichen Gelegenheiten jemals Händchen gehalten hätten oder dass es gar einen Kuss gegeben hätte. Die Aufenthalte im Teehaus haben normalerweise ungefähr eine Stunde gedauert. Nicht länger. Danach hat sich Hitler sofort wieder in sein Arbeitszimmer zurückgezogen. Alleine. Und das bedeutete, dass im Haus wieder absolute Ruhe herrschen musste, damit er auf keinen Fall gestört wurde. – Deshalb kann ich zumindest so viel sagen: Hitler ist untertags nie in seinem Bett gelegen. Auch Eva Brauns Bett schien tagsüber immer unangetastet.« (a. a. O., S. 71 ff.)

      »Kuch: Und wie sah es in Hitlers Schlafzimmer aus?

      Plaim-Mittlstrasser: Ich habe ein sehr einfaches Bett in Erinnerung. Schon damals habe ich mich darüber gewundert, dass der Führer nicht einmal eine Daunendecke hatte, sondern mit einer gewöhnlichen Steppdecke schlief. Eva Braun zum Beispiel hatte eine dicke Daunendecke. Auf dem Nachttisch lag ein Buch von Wilhelm Busch […] Und dann war da noch das Badezimmer mit einer Badewanne, einem Waschbecken und einer Waage […] Daneben gab es dann den so genannten Kofferraum, durch den man in das Zimmer von Eva Braun kam.

      Kuch: Hatte Hitler eigentlich ein Einzel- oder ein Doppelbett?

      Plaim-Mittlstrasser: Er hatte ein einfaches Einzelbett. Ein ausgesprochen schlichtes Einzelbett.

      Kuch: Und Eva Braun?

      Plaim-Mittlstrasser: Deren Bett war größer. Außerdem konnte man ihr Bett zu einer Sitzcouch umfunktionieren, die dann wie eine richtige Wohnzimmer-Couch aussah.

      Kuch: Hat Hitler denn bei Eva Braun genächtigt oder in seinem eigenen Bett geschlafen?

      Plaim-Mittlstrasser: Das lässt sich nur sehr schwer nachvollziehen. Eigentlich hat nie jemand genau gewusst, wo er geschlafen hat […]« (a. a. O., S. 107 ff.)

      Anna Plaim-Mittlstrassers Auskünfte haben zwei Teile. Der erste Teil fasst etwas Ähnliches zusammen, das Hitlers Zahnarzt Hugo Blaschke bemerkt hat: Wenn Braun und Hitler miteinander zugange sind, wenn sie – von anderen Menschen begleitet – gemeinsam eine Stunde im Teehaus verbringen, kommt nichts rüber, das auf Erotisches schließen lässt. Und Plaim-Mittlstrasser lässt keinen Zweifel daran, dass der tägliche Ritus »zehnminütiger Gang vom Berghof zum Teehaus mit einstündigem Verbleiben« immer im Verbund mit mehreren Menschen unternommen wurde. Teehaus hieß für Braun und Hitler nicht: Endlich allein!

      Der zweite Teil von Plaim-Mittlstrassers Wahrnehmungen: Die Gestalt der Betten des Paares und der Umgang mit ihnen am Tage. Hitlers Bett = Einperson-schmal. Und »Hitler ist untertags nie in seinem Bett gelegen.« Eva Brauns Bett dagegen eine Sitzcouch, die am Tage zu einer richtigen Wohnzimmer-Couch geklappt wurde. »Auch Eva Brauns Bett schien tagsüber immer unangetastet.«

      Für die Nachtzeit Hitlers »hat nie jemand genau gewusst, wo er geschlafen hat«. Und am Tage wurden die Braun-Hitler-Schlafzimmer entweder nicht benutzt (seines) oder als Wohnzimmer hergerichtet.

      Jeder weiß, dass ein genital orientiertes, Schleimhaut-Kontakt-organisiertes Liebesverhältnis gerade aus Zwischenzeiten lebt. Die Liebenden wollen es auch mal am Tage machen, am hellichten Tage das Partnerchen ansehen und anfühlen, wollen erneut geil werden. Und Geilwerden verlangt nach zwei-Menschen-breiten, ausgeklappten und nicht Sitzcouch-eng eingeklappten Befriedigungsplätzen für die Erregung.

      Das brauchte jemand wie Hitler nicht, der sich woanders erregte, vor Kinoleinwänden und in Sportstadien. Deswegen lässt er sein Bett tagsüber unberührt und Eva Brauns zusammenklappen.

      Plaim-Mittlstrasser berichtet auch von Gäste-Zimmer-Herrichtungen nach langanhaltenden Benutzungen in ausgedehnten Nächten. Die Zimmermädchen mussten immer alles wieder sauber machen, was von den Berghof-Gästen bis Mittag hinein zerwühlt worden war. Die Gäste-Zimmer wurden auch noch am Tage vor Anbruch der neuen Nacht immer wieder so gestaltet, als hätten die Gäste gewechselt. (a. a. O., S. 31 f.)

      Solch eine Information zur Wieder-Instandsetzung eines tagsüber benutzten Schlafzimmers Hitlers und Brauns gibt es bei Plaim-Mittlstrasser nicht. Im Unterschied zu den Gäste-Zimmern blieben die Braun-Hitler-Schlafzimmer ganztags »kalte Pracht«.

      Demnach bestätigt das ehemalige Zimmermädchen Anna durch ihren Bericht über den Tagesumgang mit den Klosterbruder- und Klosterschwester-Schlafzimmern des Herrscherpaares das Gleiche wie Berghof-Verwalter und Laken-Inspizient Herbert Döhring: Keine Spuren. Plaim-Mittlstrasser tut es nur etwas züchtiger, indem sie von Möbel-Arrangements spricht.

      Es sieht gemäß Plaim-Mittlstrassers Erzählungen aus eineinhalb Jahren manchmal täglicher Erfahrung mit Braun und Hitler dürftig um die Unter-Gürtel-Bedingungen des Paares aus. Am Tage blieben die »Führer«-»Mätressen«-Betten nachweislich unberührt. Auch im Teehaus »nix«, denn Braun-Hitler gingen dorthin nie allein. Und dann weiß das Zimmermädchen nicht einmal, wo der Herr des Nachts geschlafen hat. Niemand wüsste das.

      Plaim-Mittlstrassers assoziatives Verlegenheitswort »nachvollziehen« sagt alles. Sie ist von Kurt Kuch in Umschreibungen und Umkreisungen des Themas gefragt worden, wo und wann die Geschlechtsakte zwischen Hitler und Braun vollzogen wurden. Das jedoch kann sie »schwer nach-vollziehen«. Sie weiß nichts Bestimmtes. Sie hat keine Schlafzimmer-Türen klappern hören. Sie kann die Licht-Frage nicht beantworten: Vorhänge wann auf oder zu? Zur Akustik des Erotischen kommen ihr keine Erinnerungen. Liebesakte machen Geräusche. Plaim-Mittlstrasser war nicht taub.

       Hitler minus die Frauen

      Die nunmehr 14 Personen, die Hitlers unterbelichtete Heterosexualität bekundeten, teilen sich in drei Gruppen.

      Erstens: Die Besuchs- oder Begegnungsfreunde wie Hoffmann (1.), Schwarz (2.), Hanfstaengl (4.) und die drei Münchener Freunde aus der 1913/14-Zeit (9.).

      Zweitens: Die intervallisch Gerufenen und dann nonstop Anwesenden wie die Sekretärinnen Schroeder (3.) und Junge (11.), der Hausverwalter Döhring (5.), die Ärzte Brandt (12.) und Blaschke (13.), das Zimmermädchen Anna (14.) und auch die funktional temporär Permanenten wie Hitlers Münchener Vermieter Popp (9.)

      Drittens: Die Ganzzeit-Körper-Nahen, die rund um die Uhr minütlich, zumindest von Stunde zu Stunde in Hitlers Gegenwart Weilenden, wie der Kammerdiener Linge (6.), der Zimmer-Freund Kubizek (7.), der Männerwohnheim-Genosse Hanisch (8.) und der Melde-Kamerad Brandmayer im Felde (10.).

      Bei den letztgenannten ist die Nähe am engsten, weil sie über einen längeren Zeitraum ununterbrochen bestand und weder von Hitler noch von den Freunden/Begleitenden ausgesetzt wurde, solange die Gemeinschaft hielt. Kurze Abwesenheiten durch Dienste, Reisen, Tätigkeiten und Urlaube änderten an der prinzipiellen Enge zwischen Hitler und den genannten Personen nichts.

      Die dritte Gruppe hat daher den höchsten Authentizitäts-Wert, weil die Nähe zwischen Hitler und den vier Männern wegen deren Funktion und Bedeutung für Hitler Eltern-Kleinkind-Beziehungs-ähnlich total war, was es sonst im Leben eines Erwachsenen nicht gibt, nur bei der ausgefallenen Position des Männerbünde-Führers und späteren Reichskanzlers, dem etliche Männer multifunktional ganz nah zur Hand gehen mussten. Die Total-Nähen zu Kubizek, Hanisch und Brandmayer ergaben sich Ausbildungs-,

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